COMPLEX - Visus Technology Transfer GmbH
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<strong>COMPLEX</strong> | eGK<br />
16 EHEALTHCOM<br />
behält zwar weiterhin Priorität. Als<br />
nächster Punkt auf der „Tagesordnung“<br />
folgt allerdings die bundesweite<br />
Netzanbindung. Das ursprüngliche<br />
Ziel, zunächst eRezept und Notfalldatensatz<br />
einzuführen, liegt vorerst auf<br />
Eis.Für erste Anwendungen nachdem<br />
Online-Rollout soll der Versichertenstammdatendienst<br />
(VSDD) eingeführt<br />
werden, mit dem die Patientendaten<br />
auf der eGK online aktualisiert werden<br />
können. Die Leistungserbringer<br />
sollen zudem die Möglichkeit zur<br />
„Mehrwertkommunikation“ erhalten.<br />
Hinter diesem sperrigen Begriff verbirgt<br />
sichPraktikables wie der eArztbrief,eine<br />
sichere und schnelle Punktzu-Punkt-Kommunikation<br />
vonArzt zu<br />
Arzt. Genau genommen eine Akzeptanzfördermaßnahme<br />
für Ärzte –indes<br />
mit ungeahnter Wirkung.<br />
DIE ENTSCHEIDUNG des vorgezogenen<br />
Online-Rollouts provozierte die<br />
Ärzteschaft, die ihren Unmut gleichin<br />
der Gesellschafterversammlung zu Protokoll<br />
gab. „Es ist völlig unangemessen,<br />
ausschließlichaus Gründen eines politisch<br />
motivierten Zeitdrucks unabwendbare<br />
Entscheidungen mit erheblichen<br />
Folgen zu treffen“, tadelte Prof.<br />
Dr. Christoph Fuchs,Hauptgeschäftsführer<br />
der Bundesärztekammer,ineiner<br />
entsprechenden Pressemitteilung.<br />
Besonders bei der Interpretation der<br />
Freiwilligkeit der Online-Anbindung<br />
gehen die Ansichten vonKostenträgern<br />
und Leistungserbringern auseinander.<br />
Für die Kostenträger gilt allein der<br />
Startpunkt der Online-Anbindung als<br />
freiwillig. Das ist kaum verwunderlich,<br />
denn sollte die Ärzteschaft nicht ge-<br />
schlossen die Möglichkeit nutzen, Versichertendaten<br />
auf der eGK online abzugleichen,<br />
würde sichdie Investition<br />
der Kostenträger in eGK-fähige Kartenterminals<br />
und Update-fähige Gesundheitskarten<br />
garnicht lohnen. Die Krankenkassen<br />
planen für die Ausgabe der<br />
eGK an ihre Versicherten einschließlichder<br />
Lichtbildbeschaffung und Anschreiben<br />
sowie für die Ausstattung der<br />
Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser<br />
mit Kartenterminals für das laufende<br />
Jahr einen Gesamtbetrag vonrund 655<br />
Die Entscheidung für den<br />
vorgezogenen Online-Rollout<br />
provozierte die Ärzteschaft.<br />
Millionen Euro ein. Dies hatten die Kassen<br />
kürzlichimZusammenhang mit einer<br />
„kleinen Anfrage“ der Fraktion „Die<br />
Linke“ dargelegt.<br />
Aus der Sicht der Leistungserbringer<br />
bezieht sich die Freiwilligkeit<br />
auf die Online-Anbindung generell.<br />
So hatte die Ärzteschaft es auf<br />
dem 111. Ärztetag erneut gefordert.<br />
Und so ist es aus der Sicht der KBV<br />
auchdurchdie Bundesmantelverträge<br />
gedeckt, wie Dr.Roland Stahl, Pressesprecher<br />
der KBV auf eine Anfrage von<br />
E-HEALTH-COM bestätigt. Dr. Franz-<br />
Joseph Bartmann, Telematikbeauftragter<br />
der Bundesärztekammer,befürchtet<br />
als Reaktion auf die „harte Haltung“<br />
der Kostenträger daher eine ebensolcheReaktion<br />
der Ärzte: „Unter der Voraussetzung,<br />
dass die Online-Anbindung<br />
nicht wie bisher geplant freiwillig<br />
ist, könnte das auchunabsehbare Konsequenzen<br />
bereits für die Umsetzung<br />
des Basis-Rollouts haben“, so Bartmann.<br />
Der Dissens in der Gesellschafterversammlung<br />
der gematik könnte<br />
sich jetzt zu einem ernsthaften Problem<br />
für das eGK-Projekt ausweiten,<br />
um dessen Akzeptanz es in der breiten<br />
Öffentlichkeit momentan ohnehin<br />
nicht besonders gut bestellt ist.<br />
EIN GEDANKENSPIEL: Die Kassen,<br />
speziell jene, die in Nordrhein viele<br />
Versicherte haben, sollen in Kürze<br />
die Pauschalen für die Lesegeräte der<br />
Leistungserbringer zahlen und die elektronischen<br />
Gesundheitskarten, um ein<br />
Mehrfaches teurer als die alten KVKs,<br />
an ihre Versicherten ausgeben. So wurde<br />
es auf Bundesebene beschlossen.<br />
Solange der Online-Rollout nicht vollzogen<br />
ist, müssen die Kassen die Gesundheitskarten<br />
weiterhin austauschen.<br />
Soviel ist klar. Ohne eine<br />
Garantie der Ärzte, sichgeschlossen an<br />
die Telematikinfrastruktur anzubinden,<br />
würde sichdaran aber auchnach<br />
dem Online-Rollout nichts ändern.<br />
Genug Motivation, Geld in ein System<br />
zu investieren, das sich anschließend<br />
nicht auszahlt? „Aus Sicht der Krankenkassen<br />
muss die Zeit der Offlinephase<br />
auf zwei Quartale nachAusgabe<br />
der eGK begrenzt sein, damit es nicht<br />
zu kostenintensiven Doppelstrukturen<br />
kommt und der Versicherte schnellstmöglichvon<br />
den Vorteilen der eGK profitieren<br />
kann“, sagt Wilfried Jacobs,Vorstandsvorsitzender<br />
der AOK Rheinland/Hamburg.<br />
Ein straffer Zeitplan.<br />
Für den es bisher keinen Konsens gibt.<br />
Ist der Rollout in Nordrhein also gefährdet?<br />
Jacobs fürchtet dieses Problem<br />
nicht: „Der Rollout in Nordrhein wird<br />
durch die freiwillige Teilnahme nicht<br />
gefährdet, wobei Zeitverzögerungen<br />
nicht auszuschließen sind.“<br />
Gerade der Faktor Zeit ist in diesem<br />
Fall aber nicht ganz unwichtig: Für die<br />
Regierung, die sichspätestens zur Bundestagswahl<br />
an Prestigeprojekten wie<br />
der Gesundheitskarte messen lassen<br />
muss,könnte eine weitere Verzögerung<br />
durchaus zu einem Problem werden.<br />
Wenn sichder Basis-Rollout verzögert<br />
und der Rollout der Karten bis zum September<br />
nicht begonnen hat, wäre der<br />
Lackdes internationalen IT-Glanzstücks<br />
zumindest ordentlichangekratzt. Trotz<br />
der Probleme hält sichdas Bundesministerium<br />
für Gesundheit bisher raus.