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03.01.2013 Aufrufe

Unterrichtsmaterial zum Kinofilm BEAUTIFUL BITCH 4. Filmanalyse: Intro – Rückblende - Musik Film ist keine Sprache in dem Sinne, wie Englisch, Französisch oder Mathematik Sprachen sind. Filmsprache stellt sich vielmehr im Filmemachen selbst immer wieder aufs Neue her. Welche Gestaltungsmittel Filmemacher auswählen, hängt von der Absicht ab, wie ihre Bilder, Töne und Montagen beim Zuschauer wirken sollen. Kommunikation über Filme gelingt, wenn Filmemacher Gestaltungsformen (er)finden, ihre Erzählinhalte so zu transportieren, dass sie interpersonell wirken und verstanden werden. 4.1. Einheiten für die Filmanalyse Bei der Filmanalyse muss nicht der gesamte Film untersucht werden. Man kann sich auch auf einzelne Filmabschnitte, die Sequenzen genannt werden, konzentrieren. Als kleinste filmische Einheit wird in der Regel nicht das fotografische Einzelbild gesehen, sondern die Einstellung, also der Filmabschnitt, der zwischen einem Ein- und Ausschalten der Kamera entsteht, oder anders gesagt, zwischen zwei Schnitten liegt. Die Einstellung besitzt eine Einstellungslänge und zeigt, dem Filmformat/Bildschirmformat entsprechend einen bestimmten Bildausschnitt - die Einstellungsgröße. Der Begriff Szene bezeichnet einen Teil des Films, der durch Einheit von Ort und Zeit charakterisiert werden kann. Eine Szene kann so aus mehreren Einstellungen bestehen. Als Syntagma oder Sequenz bezeichnet man den inhaltlich geschlossenen Abschnitt einer Filmhandlung bezeichnet. Der Unterschied zur Szene besteht darin, dass eine Sequenz auch aus einer Verknüpfung mehrerer Handlungsorte bestehen kann. Im Folgenden werden die ersten beiden Sequenzen beispielhaft in Hinblick auf Einstellungsgrößen, Ton, Montagetechnik und ihrer Funktion für die Handlung analysiert. Erste Sequenz: Das Bild ist dunkel. Zuerst ertönt eine Stimme aus dem off (Milkas): Sag mal, hast Du nie Mitleid mit Deinen Opfern? Dann wird das Bild eingeblendet. Bica wird von Milka gefilmt. Das erkennt man an dem oberen, linken Bildrand, in dem REC aufleuchtet. Der Bildausschnitt entspricht dem Blick durch eine Digitalkamera. Bica wird in der Halbnahen aufgenommen. Ihr Gesicht und ihre Mimik sind zusehen, im Hintergrund die Einrichtung eines Jugendzimmers. Bica sieht ernst in die Kamera und zuckt die Schultern. Sie lächelt verlegen. Die Stimme aus dem off fragt weiter: „Auch nicht, wenn du eine alte arme Frau beklaust. Stell dir doch einmal vor, du bist alt und man klaut dir dein ganzes Geld.“ Bica antwortet: „Diebe beklauen Diebe nicht.“ Milka, die Stimme aus dem Off, fragt: „Echt nicht? Und woher wissen die, das Du einer bist?“ Bica versucht es ironisch: „Das sieht man mir doch an.“ Milka lässt nicht locker: „Also, ich seh's dir nicht an.“ Bica muss lachen. Wird gesprächiger. Das Zoomen verändert die Bildeinstellung in die Nahe. Im Mittelpunkt ist das lebendige Gesicht. Bica macht einen neuen Anlauf, und verhaspelt sich etwas: „Ist doch egal, weil wenn einem andere, die woanders leben, wo man leben kann…. Freiwillig gibt uns doch keiner was, deshalb muss man es sich einfach nehmen. Das machen doch eigentlich alle so, weil, anders geht es ja nicht.“ Die Lebendigkeit der Einstellung wird unterstützt durch das wacklige Bild. Die Kamera steht nicht auf dem 18

Unterrichtsmaterial zum Kinofilm BEAUTIFUL BITCH Stativ sonder wird aus der Hand heraus bedient. Sie kann somit die Bewegungen von Bica, die auch ihre inneren Bewegungen veranschaulichen, schneller einfangen. Die Szene, die zur Mitte der Filmhandlung gehört, ist dem Titel vorangestellt. Sie führt dem Zuschauer das Thema und die Hauptperson vor: Bica klaut und hat kein Mitleid mit ihren Opfern. Damit wird das Hauptthema auf den Kopf gestellt. Erst später wird sich herausstellen, dass Bica selbst ausgenützt und um ihre Kindheit und Unschuld beraubt wurde. Es geht mehr als um Geld oder eine Handtasche. Die Erklärung wird nur angedeutet, und zwar in den Halbsätzen, mit denen Bica versucht zu erklären, warum sie klaut. Das Unverständnis von Milka wird sich später als Leitmotiv der Beziehung zwischen den Mädchen, die in kaum zu überbrückenden Gegensätzen leben, entwickeln. Gleichzeitig sprüht die Szene vor Unbeschwertheit und Nähe zwischen beiden Mädchen. Die Szene führt den Titel ein und charakterisiert Bica als „Beautiful Bitch“. Zweite Sequenz: Die nächste Szene schließt chronologisch nicht an, sondern stellt sich - für den Zuschauer allerdings erst sicher erkennbar nach Abschluss der Sequenz - als Rückblende heraus. Sie ist aber auch wichtig für die Charakterisierung von Bica. Sie besteht aus drei Szenen, die die Vorgeschichte von Bicas Aufenthalt in Düsseldorf erzählen. Dramaturgisch zusammengehalten wird die Sequenz durch die Musik und durch den abschließenden Off-Kommentar. Die erste Szene beginnt mit Musik. Ein Autotransporter fährt auf einer Landstraße. Charakteristisch für den Einsatz von Musik ist nicht nur hier, dass diese für die Bewegung der Protagonisten im Film steht, sie veranschaulicht den Rhythmus der Ereignisse. Mittels der parallelen Montage entdeckt der Zuschauer Bica, die sich im Lastzug versteckt hat. Die Kamera zeigt ihren Blick auf die Straße und ihr Gesicht im Dunkeln. Nachdenklich und traurig hält sie eine Puppe in der Hand. Die Szene ist ein Bruch, ein atmosphärischer Kontrast zur vorhergehenden. Kindergeräusche und die Musik leiten zur nächsten Szene über – wieder eine Rückblende. Bica geht mit einem kleinen Jungen in der Hand über eine Brücke. Die Bildunterschrift in der nächsten Bildeinstellung verortet die Szene in Bukarest, der Hauptstadt Rumäniens. Das musikalische Motiv hat den Zuschauer bereits auf die kulturelle und soziale Atmosphäre, die das Leben der Kinder auf der Straße umgibt, vorbereitet. Die Musik ist neben den Geräuschen des Straßenlebens der einzige Ton in der Szene. Die Kamera begleitet Bica: mit ihrem Bruder, im Streit mit einem anderen Straßenmädchen um die Tüte mit Farbe zum „Schnüffeln“, das Klauen der Kekse für den Bruder. Die Kamera bleibt nahe an den Personen und nimmt ihre Bewegungen auf. Die Bildeinstellungen wechseln zwischen Totale, Halbtotale und Halbnahe: Sie zeigen das Handeln der Kinder und das, was ihnen die Straße an Leben und Überleben bietet. Gleichzeitig wird auch Cristu vorgestellt. Er steht beobachtend am Straßenrand. Im Gegen- 19

<strong>Unterricht</strong>smaterial zum Kinofilm BEAUTIFUL BITCH<br />

Stativ sonder wird aus der Hand heraus bedient. Sie kann somit die Bewegungen von Bica, die auch ihre<br />

inneren Bewegungen veranschaulichen, schneller einfangen.<br />

Die Szene, die zur Mitte der Filmhandlung gehört, ist dem Titel vorangestellt. Sie führt dem Zuschauer<br />

das Thema und die Hauptperson vor: Bica klaut und hat kein Mitleid mit ihren Opfern. Damit wird das<br />

Hauptthema auf <strong>den</strong> Kopf gestellt. Erst später wird sich herausstellen, dass Bica selbst ausgenützt und<br />

um ihre Kindheit und Unschuld beraubt wurde. Es geht mehr als um Geld oder eine Handtasche. Die<br />

Erklärung wird nur angedeutet, und zwar in <strong>den</strong> Halbsätzen, mit <strong>den</strong>en Bica versucht zu erklären, warum<br />

sie klaut. Das Unverständnis von Milka wird sich später als Leitmotiv der Beziehung zwischen <strong>den</strong> Mädchen,<br />

die in kaum zu überbrücken<strong>den</strong> Gegensätzen leben, entwickeln. Gleichzeitig sprüht die Szene vor<br />

Unbeschwertheit und Nähe zwischen bei<strong>den</strong> Mädchen. Die Szene führt <strong>den</strong> Titel ein und charakterisiert<br />

Bica als „Beautiful Bitch“.<br />

Zweite Sequenz:<br />

Die nächste Szene schließt chronologisch nicht an, sondern stellt sich - <strong>für</strong> <strong>den</strong> Zuschauer allerdings erst<br />

sicher erkennbar nach Abschluss der Sequenz - als Rückblende heraus. Sie ist aber auch wichtig <strong>für</strong> die<br />

Charakterisierung von Bica. Sie besteht aus drei Szenen, die die Vorgeschichte von Bicas Aufenthalt in<br />

Düsseldorf erzählen. Dramaturgisch zusammengehalten wird die Sequenz durch die Musik und durch<br />

<strong>den</strong> abschließen<strong>den</strong> Off-Kommentar. Die erste Szene beginnt mit Musik. Ein Autotransporter fährt auf<br />

einer Landstraße. Charakteristisch <strong>für</strong> <strong>den</strong> Einsatz von Musik ist nicht nur <strong>hier</strong>, dass diese <strong>für</strong> die Bewegung<br />

der Protagonisten im Film steht, sie veranschaulicht <strong>den</strong> Rhythmus der Ereignisse. Mittels der parallelen<br />

Montage entdeckt der Zuschauer Bica, die sich im Lastzug versteckt hat. Die Kamera zeigt ihren<br />

Blick auf die Straße und ihr Gesicht im Dunkeln. Nach<strong>den</strong>klich und traurig hält sie eine Puppe in der<br />

Hand. Die Szene ist ein Bruch, ein atmosphärischer Kontrast zur vorhergehen<strong>den</strong>. Kindergeräusche und<br />

die Musik leiten zur nächsten Szene über – wieder eine Rückblende.<br />

Bica geht mit einem kleinen Jungen in der Hand über eine Brücke. Die Bildunterschrift in der nächsten<br />

Bildeinstellung verortet die Szene in Bukarest, der Hauptstadt Rumäniens. Das musikalische Motiv hat<br />

<strong>den</strong> Zuschauer bereits auf die kulturelle und soziale Atmosphäre, die das Leben der Kinder auf der Straße<br />

umgibt, vorbereitet. Die Musik ist neben <strong>den</strong> Geräuschen des Straßenlebens der einzige Ton in der<br />

Szene. Die Kamera begleitet Bica: mit ihrem Bruder, im Streit mit einem anderen Straßenmädchen um<br />

die Tüte mit Farbe zum „Schnüffeln“, das Klauen der Kekse <strong>für</strong> <strong>den</strong> Bruder. Die Kamera bleibt nahe an<br />

<strong>den</strong> Personen und nimmt ihre Bewegungen auf. Die Bildeinstellungen wechseln zwischen Totale, Halbtotale<br />

und Halbnahe: Sie zeigen das Handeln der Kinder und das, was ihnen die Straße an Leben und Überleben<br />

bietet. Gleichzeitig wird auch Cristu vorgestellt. Er steht beobachtend am Straßenrand. Im Gegen-<br />

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