Deutsche Jagdbuchsammlungen, ihr Verbleib und ... - Jagdbibliothek
Deutsche Jagdbuchsammlungen, ihr Verbleib und ... - Jagdbibliothek
Deutsche Jagdbuchsammlungen, ihr Verbleib und ... - Jagdbibliothek
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Vorwort<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Jagdbuchsammlungen</strong>,<br />
<strong>ihr</strong> <strong>Verbleib</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong>e Dokumentation<br />
Von Matthias Hartmann<br />
Wenn man heute von <strong>Jagdbuchsammlungen</strong><br />
spricht oder hört, handelt es sich fast<br />
immer um die über die Grenzen Deutschlands<br />
hinaus bekannte „Bibliotheca Tiliana“<br />
des Jagdwissenschaftlers Prof. Dr.<br />
Dr. h.c. Kurt Lindner (1906-1987). Diese<br />
weltweit wohl einzigartige Bibliothek bewegt<br />
seit <strong>ihr</strong>er Versteigerung im Jahre 2003<br />
die interessierte Öffentlichkeit. Aber ist sie<br />
die einzige bekannte <strong>und</strong> erwähnenswerte<br />
<strong>Jagdbibliothek</strong>? Gibt es weitere deutsche<br />
<strong>Jagdbibliothek</strong>en <strong>und</strong> wer sind oder waren<br />
<strong>ihr</strong>e Besitzer? Diese Fragen zu beantworten,<br />
ist Aufgabe dieses Beitrages.<br />
Häufig werden Sammlungen <strong>und</strong> <strong>ihr</strong>e<br />
Stücke erst nach dem Ableben des Eigentümers<br />
bekannt. Sei es durch Besitzvermerke<br />
<strong>und</strong> Exlibris in Einzelstücken oder<br />
auch durch Versteigerungs- oder Antiquariatskataloge,<br />
in denen ganze Sammlungen<br />
erstmalig katalogisiert <strong>und</strong> beschrieben<br />
werden. Beides ist in vielen Fällen nicht<br />
erfolgt, <strong>und</strong> somit nichts über die Entstehung,<br />
den Werdegang, den <strong>Verbleib</strong> <strong>und</strong><br />
natürlich auch nichts über den Sammler<br />
selbst bekannt.<br />
Um es gleich vorweg zu sagen, Sammlungskataloge,<br />
in denen ein Sammler seine<br />
Errungenschaften zu Lebzeiten katalogi-<br />
siert <strong>und</strong> beschreibt, gibt es leider nur allzu<br />
selten. Es handelt sich um genau zwei<br />
Sammlungen, die für die deutschsprachige<br />
Jagdliteratur von Bedeutung sind.<br />
Der erste Sammlungskatalog erschien<br />
4-bändig 1928-37 in einer Auflage von<br />
300 Exemplaren unter dem Titel „Hunting,<br />
Hawking, Shooting. Illustrated in a<br />
Catalogue of books mansucripts, prints<br />
and drawings”. Sein Autor war Carl Franz<br />
Georg Richard Schwerdt (1862-1939), ein<br />
in Bonn geborener englischer Sammler. Er<br />
trug eine Vielzahl von überaus seltenen,<br />
teils deutschsprachigen Jagdtiteln zusammen.<br />
Sie sind sämtlich gut kollationiert,<br />
Einbände <strong>und</strong> Provenienzen beschrieben<br />
sowie die Tafeln der einzelnen Werke genauestens<br />
erfasst. Wer einmal ein mit vielen<br />
Kupfertafeln versehenes Werk wie „Der<br />
vollkommene Teutsche Jäger“ von Fleming<br />
auf Vollständigkeit geprüft hat, weiß, wie<br />
hilfreich der Schwerdtsche Sammlungskatalog<br />
sein kann. Die Sammlung kam<br />
1939 <strong>und</strong> 1946 bei Sotheby’s unter den<br />
Hammer. In insgesamt 6 Auktionskatalogen<br />
wurde sie angeboten. Wer heute einen<br />
deutschsprachigen Jagdtitel aus der Sammlung<br />
Schwerdt erwirbt, kann sich glücklich<br />
schätzen. Das r<strong>und</strong>e stilvolle Schwerdt-Ex-<br />
4 NeudammeriN SoNderbaNd Jagdliteratur<br />
SoNderbaNd Jagdliteratur<br />
<strong>Deutsche</strong> JagDbuchsammlungen Vorwort<br />
Abb. 1 Vier Einbände der Sammlung Schwerdt (von rechts)<br />
Abb. 2 Exlibris der Sammlung Schwerdt<br />
NeudammeriN 5
Vorwort <strong>Deutsche</strong> JagDbuchsammlungen<br />
libris ist bei den meisten Stücken im Innendeckel<br />
angebracht. Bei einigen Stücken<br />
ist das goldgeprägte Wappen Schwerdts in<br />
Form von zwei gekreuzten Schwertern mit<br />
Lilien auf dem Buchrücken zu finden.<br />
Der zweite Sammlungskatalog wurde<br />
2006 von Hans Ekkehard Baron v. Knorring<br />
in einer Auflage von 200 Exemplaren<br />
herausgebracht. Er beinhaltet die Jagdbuchsammlung<br />
„Bibliotheca Venatoria E.v.K.“.<br />
Sein Titel lautet „Alte deutsche Jagdliteratur<br />
des 16.-19. Jahrh<strong>und</strong>erts. Ein Beitrag<br />
zur Jagdbibliographie“. Ein Vorläufer<br />
dieses Sammlungskataloges erschien<br />
1982 im Selbstverlag in kleinster Auflage<br />
<strong>und</strong> zeigt die Sammlung in <strong>ihr</strong>en Anfängen.<br />
Der Katalog enthält 1363 Nummern.<br />
Auch hier finden sich genaueste Wiedergabe<br />
des Titels, exakte Kollationierung,<br />
Beschreibung des Einbandes sowie eine<br />
hervorragende Darstellung der bisherigen<br />
Besitzer anhand der Besitzvermerke <strong>und</strong><br />
Exlibris. Der Schwerpunkt der Sammlung<br />
liegt zeitlich gesehen zwischen 1800 <strong>und</strong><br />
1900. Sie beinhaltet aber auch zahlreiche<br />
äußerst seltene Stücke aus dem 16.-18.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert. Da sich die Sammlung weiterhin<br />
an Neuerwerbungen erfreut, kön-<br />
nen wir uns sicherlich auf einen Supplementband<br />
freuen.<br />
Neben der Sammlung „Bibliotheca<br />
Venatoria E.v.K.“ gibt es zurzeit nur noch<br />
eine katalogisierte <strong>und</strong> somit einsehbare<br />
deutschsprachige private Jagdbuchsammlung.<br />
Es handelt sich dabei um die vogelk<strong>und</strong>liche<br />
Sammlung des Mainzer Kaufmanns<br />
Jakob Moyat (1861-1933). Sie<br />
ist bisher die einzige deutsche Jagdbuchsammlung,<br />
die nach dem Tode des Besitzers<br />
nicht dem Verkauf zum Opfer gefallen<br />
ist. Sie beinhaltet zahlreiche sehr<br />
seltene Vogelfangtitel <strong>und</strong> ist deshalb zu<br />
den <strong>Jagdbuchsammlungen</strong> zu zählen. Moyat<br />
vermachte seine Sammlung der Stadtbibliothek<br />
Mainz (ca. 1100 Titel) <strong>und</strong><br />
dem Naumann-Museum in Köthen. Die<br />
Titel der Stadtbibliothek Mainz sind über<br />
Internet abrufbar.<br />
Eine Besonderheit stellt die äußerst<br />
reichhaltige Falknerei-Bibliothek des<br />
Sprachwissenschaftlers Christoph Gustav<br />
Moritz Freiherr v. Biedermann (1862-<br />
1913) dar. Der Werdegang <strong>und</strong> <strong>Verbleib</strong><br />
ist noch nicht umfassend geklärt. Im Gegensatz<br />
zu den meisten Sammlungen ist<br />
diese noch zu Lebzeiten des Besitzers aufgr<strong>und</strong><br />
eines Jagdunfalls mit einem Falken<br />
<strong>und</strong> anschließender schwerer Krankheit<br />
veräußert worden. Die finanziellen Sorgen<br />
zwangen die Familie v. Biedermann zum<br />
Verkauf. Jedoch ist <strong>ihr</strong> Inhalt aufgr<strong>und</strong><br />
vorhandener Antiquariatskataloge erhalten<br />
geblieben. Es existieren 2 Lagerkataloge<br />
des Antiquariats Baer aus Frankfurt am<br />
Abb. 3 Etikett der Sammlung v. Knorring Abb. 4 Lagerkatalog Baer von 1902<br />
6 NeudammeriN SoNderbaNd Jagdliteratur<br />
SoNderbaNd Jagdliteratur<br />
<strong>Deutsche</strong> JagDbuchsammlungen Vorwort<br />
NeudammeriN 7
Vorwort <strong>Deutsche</strong> JagDbuchsammlungen<br />
Main. Der erste Katalog mit der Lagernummer<br />
454 erschien 1902 <strong>und</strong> enthielt<br />
1068 Titel. Im Vorwort wird auf die Provenienz<br />
hingewiesen: „Vorliegender Katalog<br />
enthält die Bibliothek eines angesehenen<br />
Jagdliebhabers, der sich auch durch seine<br />
Arbeiten auf dem Gebiete der Jagdbibliographie<br />
einen Ruf in Fachkreisen erworben<br />
hat …“ Wir können davon ausgehen, dass<br />
dieser Katalog eine Gesamtaufnahme der<br />
Sammlung v. Biedermann ist. Der zweite<br />
Katalog mit der Lagernummer 572 erschien<br />
1909 <strong>und</strong> listet 986 jagdliche <strong>und</strong><br />
forstliche Titel auf. Auch wurde der Katalog<br />
um moderne Jagdliteratur <strong>und</strong> andere<br />
Sachgebiete erweitert. Insgesamt verzeichnet<br />
der Katalog 1335 Nummern. Ein<br />
Verweis auf den ehemaligen Besitzer der<br />
Sammlung wird nicht mehr gegeben.<br />
Warum die Sammlung 7 Jahre später<br />
nochmals angeboten wurde, ist nicht bekannt<br />
<strong>und</strong> man kann nur darüber spekulieren.<br />
Sehr wahrscheinlich ist der Katalog<br />
von 1902 – obwohl gedruckt – nie veröffentlicht<br />
worden. Es erscheint unvorstellbar,<br />
dass diese seltenen Titel keinen Abnehmer<br />
gef<strong>und</strong>en haben. Der im Besitz<br />
des Verfassers befindliche Katalog ist bisher<br />
das einzig bekannte Exemplar. Lindner<br />
schreibt in seinem Vorwort zu seiner „Bibliographie<br />
der deutschen <strong>und</strong> der niederländischen<br />
Jagdliteratur“, dass Schwerdt<br />
1909 einen Großteil der raren Stücke von<br />
v. Biedermann übernehmen konnte <strong>und</strong><br />
bezieht sich auf den Lagerkatalog 572. Der<br />
Lagerkatalog von 1902 war ihm <strong>und</strong> wahrscheinlich<br />
auch Schwerdt nicht bekannt.<br />
Sicherlich hätte er Teile der Sammlung<br />
auch 7 Jahre früher gekauft.<br />
Leider ist bis zum heutigen Tage nur<br />
ein Standort eines Exemplars aus dieser<br />
einmaligen Sammlung bekannt.<br />
An die Bibliothek des Forstwissenschaftlers<br />
<strong>und</strong> Ornithologen Johann Matthäus<br />
Bechstein erinnert ein 1822 erschienener<br />
Verkaufskatalog unter dem Titel<br />
„Verzeichniß der geb<strong>und</strong>enen <strong>und</strong> ungeb<strong>und</strong>enen<br />
Bücher, mathematischen <strong>und</strong><br />
optischen Instrumente, Jagdgeräthe, gemahlten<br />
<strong>und</strong> aufgelegten Vögel“. Der 110<br />
Seiten starke Katalog enthält Bücher aus<br />
allen Bereichen der Naturwissenschaften.<br />
Die Sammlung des berühmten Ornithologen<br />
Paul Leverkühn (1867-1905)<br />
wurde von dem Antiquariat Max Weg im<br />
Jahre 1907, Antiquariats-Katalog 104,<br />
angeboten. Der Verkaufskatalog enthält<br />
3142 Nummern, wovon einige aus anderen<br />
Sammlungen stammen. Der jagdliche<br />
<strong>und</strong> als solcher gekennzeichnete Teil der<br />
Sammlung beginnt ab der Nummer 2979.<br />
Allerdings finden sich zahlreiche weitere<br />
jagdliche Titel im Hauptteil des Kataloges.<br />
Viele Bücher dieser Bibliothek fanden sich<br />
in der „Bibliotheca Tiliana“ wieder <strong>und</strong><br />
bereichern nun neue Sammlungen. Die<br />
Abb. 5 Besitzvermerk Paul Leverkühn<br />
8 NeudammeriN SoNderbaNd Jagdliteratur<br />
handschriftliche Signatur Leverkühns ist<br />
gut lesbar, was eine sichere Herkunftsbestimmung<br />
zulässt.<br />
Unter der Überschrift „Eine interessante<br />
Jagd-Bibliothek“ erschien 1879 im Band<br />
22 der bei Wallishauser publizierten Jagd-<br />
Zeitung ein besonderer Artikel. Besprochen<br />
wird die aus 1640 jagdlichen <strong>und</strong><br />
forstlichen Werken bestehende Sammlung<br />
des Franz Reichard von Reichardsperg.<br />
Abb. 6 Etikett der Sammlung v. Reichardsperg<br />
Der Artikel endet mit einem sorgenvollen<br />
Ausblick: „Dieses Werk beharrlichen<br />
Fleißes <strong>und</strong> verständnißvollen Bemühens<br />
ohne Vorurtheil würdigend, kann man sich<br />
der Sorge um die Zukunft dieses Schatzes<br />
nicht entschlagen. Wir müssen zunächst<br />
bemerken, dass wir nicht ohne eine gewisse<br />
Beängstigung die Bibliothek in einem<br />
Holzhause fanden; wir wünschten sie in<br />
einem gemauerten, feuersichereren Baue<br />
untergebracht zu sehen. Doch hauptsächlich<br />
die Sorge um <strong>ihr</strong>e Zukunft beschäftigte<br />
uns. Mit der Zeit könnte sie in den<br />
Besitz irgendeiner ausländischen Anstalt<br />
oder zersplittert in öffentliche <strong>und</strong> private<br />
Bibliotheken übergehen; in beiden Fällen<br />
wäre dies lebhaft zu bedauern. Es wäre zu<br />
SoNderbaNd Jagdliteratur<br />
<strong>Deutsche</strong> JagDbuchsammlungen Vorwort<br />
wünschen, dass diese unschätzbare Sammlung<br />
Eigenthum des Landes würde. Unsere<br />
Meinung ist, dass die Landesbehörden auf<br />
diesen Schatz aufmerksam gemacht werden<br />
mögen, <strong>und</strong> insbesondere der Landesausschuss<br />
als Beschützer der immer mehr<br />
emporblühenden Lemberger Forstschule,<br />
oder wohlhabende Private es verhindern<br />
mögen, dass diese Bibliothek ins Ausland<br />
wandere. Es wäre dies ein höchst beklagenswerther<br />
Verlust!“<br />
Die Sorge um die Zukunft der Bibliothek<br />
war berechtigt. 1882 wird die Bibliothek<br />
von Alfred Graf Potocki (1817-1889),<br />
österreichischer Ministerpräsident, über-<br />
Abb. 7 Stempel der Sammlung Graf Potocki <strong>und</strong><br />
Besitzvermerk v. Reichardsperg<br />
NeudammeriN 9
Vorwort <strong>Deutsche</strong> JagDbuchsammlungen<br />
nommen <strong>und</strong> in seinem Jagdhaus Julin untergebracht.<br />
Die nach diesem Jagdhaus benannte<br />
„Biblioteka Julinska“ wächst bis zum<br />
Jahr 1926 auf 1847 Werke an. Ihr weiterer<br />
Weg ist von den Kriegsereignissen geprägt,<br />
<strong>und</strong> es ist dabei verw<strong>und</strong>erlich, dass die Bücher<br />
in den Kriegswirren nicht verloren gingen.<br />
1974 werden etwa 500 Titel, davon ca.<br />
200 jagdliche, im Auktionshaus Reiss versteigert.<br />
Zahlreiche Titel werden von Kurt<br />
Lindner erworben <strong>und</strong> der Bibliotheca Tiliana<br />
zugeführt. Den grünen Stempel der<br />
„Biblioteka Julinska“ weisen alle Exemplare<br />
auf. Die Zugehörigkeit zur Sammlung<br />
Reichardsperg wird durch eine handschriftliche<br />
Signatur auf dem Titelblatt oder ein<br />
grünes Bibliotheksetikett auf dem Innendeckel<br />
gekennzeichnet.<br />
1987 versteigerte Sotheby’s in Monaco<br />
die wertvollsten Jagdbücher <strong>und</strong> Handschriften<br />
der Sammlung des französischen<br />
Industriellen Marcel Jeanson (1885-1942).<br />
Abb. 8 Exlibris der Sammlung Jeanson<br />
Da die Sammlung nur wenige deutschsprachige<br />
Titel enthielt, gehört sie genau<br />
genommen nicht in diese Auflistung. Die<br />
wenigen Stücke zählen aber zu den Seltenheiten<br />
der deutschen Jagdliteratur <strong>und</strong><br />
stammen teilweise aus der Sammlung<br />
Schwerdt <strong>und</strong> sind allein deshalb schon erwähnenswert.<br />
Unter anderem befand sich<br />
in der Sammlung ein Beizbüchlein von<br />
1497 aus der Sammlung Schwerdt, welches<br />
Lindner in seiner Bibliographie als z.<br />
Zt. nicht nachweisbar angibt. 2003 wurden<br />
bei Claude Aguttes in Frankreich weitere<br />
Teile der Jeanson Sammlung versteigert.<br />
Unter anderem kamen dort deutsche<br />
Jagdtitel von Amman, Fleming, Fouilloux,<br />
Lebwald <strong>und</strong> Stimmer unter den Hammer.<br />
Der reich bebilderte <strong>und</strong> mit genauen<br />
Beschreibungen ausgestattete Auktionskatalog<br />
von Sotheby’s sowie der Katalog<br />
von Aguttes dokumentieren die besondere<br />
Sammlung leider auch erst nach dem Tod<br />
des Sammlers <strong>und</strong> den damit einhergehendem<br />
Verkauf. Das Glück, Stücke aus dieser<br />
Sammlung erwerben zu können, wird nur<br />
wenigen Sammlern beschieden sein.<br />
Nun kommen wir zurück zu der zu Beginn<br />
genannten Sammlung, der 2003 versteigerten<br />
„Bibliotheca Tiliana“ von Kurt<br />
Lindner. Viele der oben genannten Provenienzen<br />
konnte man in der Tiliana finden.<br />
Insgesamt waren es über 12500 Bände,<br />
die Kurt Lindner in vielen Jahren zusammenführen<br />
konnte. Sie ist aufgr<strong>und</strong> <strong>ihr</strong>er<br />
internationalen Ausrichtung wohl die<br />
größte Sammlung jagdlicher Literatur <strong>und</strong><br />
<strong>ihr</strong>er Nebengebiete weltweit gewesen. Sie<br />
10 NeudammeriN SoNderbaNd Jagdliteratur<br />
Abb. 9 Exlibris Bibliotheca Tiliana<br />
sollte nach dem Willen von Kurt Lindner<br />
geschlossen erhalten bleiben <strong>und</strong> nach<br />
Möglichkeit der Öffentlichkeit zugänglich<br />
gemacht werden. Dieser Wunsch hat sich<br />
leider nicht erfüllt. Nach der Versteigerung<br />
im Münchner Buch- <strong>und</strong> Kunstauktionshaus<br />
F. Zisska & R. Kistner, Auktion 41/I,<br />
folgten zwei Lagerkataloge des Nürnberger<br />
Antiquariates Kistner. Der Antiquariats-Katalog<br />
141 erschien 2004, kurze Zeit<br />
später Katalog 145. Dieser enthält überwiegend<br />
„Bücher zur Geschichte, Kunst-<br />
<strong>und</strong> Kulturgeschichte“ <strong>und</strong> dokumentiert<br />
den eigentlichen Umfang <strong>und</strong> die Größe<br />
der „Bibliotheca Tiliana“. Die drei Kataloge,<br />
in der die gesamte Bibliothek Lindners<br />
aufgenommen wurde, gehören neben den<br />
einschlägigen Bibliographien in die Handbibliothek<br />
eines jeden Jagdbuchsammlers.<br />
SoNderbaNd Jagdliteratur<br />
<strong>Deutsche</strong> JagDbuchsammlungen Vorwort<br />
Abb. 10 Exlibris der ersten Sammlung Lindners<br />
Lindner verlor während des Weltkrieges<br />
seine erste, 3000 Titel umfassende Bibliothek.<br />
Nach 1945 begann er sofort mit dem<br />
Aufbau einer zweiten Bibliothek. Fast alle<br />
Exemplare sind mit dem Exlibris der Tiliana<br />
– einem aufragendem Astkreuz mit<br />
drei stilisierten Lindenblättern – <strong>und</strong> zwei<br />
Sammlungsstempeln ausgestattet. Zwei<br />
der 12500 Exemplare weisen ein anderes<br />
Exlibris Lindners auf. Es ist davon auszugehen,<br />
dass es sich um die beiden einzigen<br />
erhaltenen Bücher der ersten Bibliothek<br />
Lindners handelt.<br />
Am Ende kann man leider nur feststellen,<br />
dass sich von den bekannten deutschsprachigen<br />
<strong>Jagdbibliothek</strong>en nur eine einzige<br />
erhalten hat, die des Ornithologen<br />
Moyat. Alle anderen sind nach dem Able-<br />
NeudammeriN 11
Vorwort <strong>Deutsche</strong> JagDbuchsammlungen<br />
ben des Sammlers, wenn auch Jahre später,<br />
veräußert <strong>und</strong> somit zerschlagen worden.<br />
Glücklicherweise ist der Inhalt dieser Fachbibliotheken<br />
häufig durch Verkaufs- oder<br />
Versteigerungskataloge katalogisiert <strong>und</strong><br />
beschrieben worden, so dass dadurch ein –<br />
wenn auch nur geringer – Teil der bibliographischen<br />
Informationen <strong>und</strong> Besonderheiten<br />
einzelner Stücke erhalten geblieben ist.<br />
Wünschenswert wäre es, wenn die zurzeit<br />
bestehenden <strong>Jagdbuchsammlungen</strong><br />
katalogisiert <strong>und</strong> in gedruckter Form interessierten<br />
Personen <strong>und</strong> vielleicht dadurch<br />
neuen Sammlern zur Verfügung stehen<br />
würden. Der v. Knorringsche Sammlungskatalog<br />
ist ein hervorragendes Beispiel dafür,<br />
denn er hat, neben erfahrenen Sammlern,<br />
schon einigen „frischen“ Sammlern<br />
Hilfestellung beim Erwerb interessanter<br />
Titel gegeben.<br />
So beklagenswert der Verlust der „Bibliotheca<br />
Tiliana“ auch ist, bietet er doch<br />
anderen Sammlungen die Möglichkeit, bestehende<br />
Lücken zu schließen. Auch in der<br />
2008 gegründeten „<strong>Deutsche</strong>n <strong>Jagdbibliothek</strong>“<br />
mit Sitz in Melsungen sind bisher<br />
zahlreiche Stücke aus Kurt Lindners Bibliothek<br />
inventarisiert worden. Diese Institution<br />
könnte erstmalig das schaffen, was<br />
sich auch Kurt Lindner zum Ziel gesetzt<br />
hat: Eine Fachbibliothek, in der systematisch<br />
jagdliches Schrifttum zusammengetragen<br />
<strong>und</strong> der Öffentlichkeit zugänglich<br />
gemacht wird. Im Gegensatz zu Lindners<br />
Bibliothek allerdings mit deutlichem<br />
Schwerpunkt auf deutschsprachiger Jagdliteratur<br />
<strong>und</strong> deren Randgebiete.<br />
Neben der wissenschaftlichen Nutzung<br />
wird diese Bibliothek für Interessierte <strong>und</strong><br />
Sammler ungeahnte Möglichkeiten bieten.<br />
Eine Nutzung der bisher katalogisierten<br />
Bestände vor Ort ist nach Absprache bereits<br />
möglich. Die Möglichkeit der Internetrecherche<br />
wird in absehbarer Zukunft<br />
folgen. Um die Fülle an Fachliteratur, bezogen<br />
auf den inhaltlich hochwertigen<br />
Umfang der Tiliana, wieder zur Verfügung<br />
zu stellen, bedarf es noch vieler Jahre. Die<br />
„<strong>Deutsche</strong> <strong>Jagdbibliothek</strong>“ ist aber noch<br />
jung, <strong>und</strong> es ist nie zu spät, solche großartigen<br />
Vorhaben zu beginnen.<br />
Literatur<br />
Aguttes, C.: Livres de Chasse. D’Histoire<br />
Naturelle et D’Équitation. Bibliothéque<br />
Marcel Jeanson. 2003.<br />
Anonymus: Eine interessante Jagd-Bibliothek.<br />
In: Jagd-Zeitung. 22 Bd. Wallishauser,<br />
Wien 1879. Heft 18, Seite<br />
519-20.<br />
Baer, J.: Antiquariat. Jagd <strong>und</strong> Waidwerk.<br />
Lager-Catalog 454. Frankfurt 1902.<br />
Baer, J.: Antiquariat. Jagd <strong>und</strong> Sport. Lagerkatalog<br />
572. Frankfurt o .J.<br />
(Bechstein, J.M.): Verzeichniß der geb<strong>und</strong>enen<br />
<strong>und</strong> ungeb<strong>und</strong>enen Bücher, mathematischer<br />
<strong>und</strong> optischer Instrumente,<br />
Jagdgeräthe, gemahlten <strong>und</strong> aufgelegten<br />
Vögel. o. O.1822.<br />
Flemming, H.F. v.: Der Vollkommene<br />
Teutsche Jäger. 2 Bde. Leipzig, 1719–24.<br />
Gasser, C.: Bibliothek Franz Reichard von<br />
Reichardsperg. Bibljoteka Julinska. Vor-<br />
12 NeudammeriN SoNderbaNd Jagdliteratur<br />
trag, gehalten während eines Sammlertreffens<br />
2008.<br />
Giese, M.: Zum Verkauf der <strong>Jagdbibliothek</strong><br />
von Kurt Lindner im Jahre 2003.<br />
Ein Kurzbericht. Würzburger medizinhistorische<br />
Mitteilungen 22, 2003.<br />
532–535.<br />
Kistner, E+R – Buch- <strong>und</strong> Kunstantiquariat:<br />
<strong>Jagdbibliothek</strong> Prof. Dr. h.c. Dr.<br />
Kurt Lindner „Bibliotheca Tiliana“ Teil<br />
II. Antiquariats-Katalog 141, Nürnberg<br />
2004.<br />
Kistner, E+R – Buch- <strong>und</strong> Kunstantiquariat:<br />
Bücher zur Geschichte, Kunst-<br />
<strong>und</strong> Kulturgeschichte Aus Der „Bibliotheca<br />
Tiliana“. Antiquariats-Katalog<br />
145, Nürnberg o.J..<br />
Knorring v., E.: Alte deutsche Jagdliteratur<br />
des 16.-19. Jahrh<strong>und</strong>erts. Ein Beitrag<br />
zur Jagdbibliographie. Augsburg, 2006.<br />
Knorring v., E.: Alte Jagdbücher.<br />
Sammlung v. Knorring. Augsburg, Selbstverlag<br />
1982.<br />
Lindner, K.: Pro captu lectoris… Betrachtungen<br />
eines Büchersammlers.<br />
Wolfenbütteler Hefte 5, Bremen, Wolfenbüttel,<br />
1978.<br />
Lindner, K.: Bibliographie der deutschen<br />
<strong>und</strong> niederländischen Jagdliteratur von<br />
1480 bis 1850. Berlin, 1976.<br />
SoNderbaNd Jagdliteratur<br />
<strong>Deutsche</strong> JagDbuchsammlungen Vorwort<br />
Reiss, G.: Antiquariatskatalog. Wertvolle<br />
Bücher Dekorative Graphik. Auktion<br />
Nr. 8, 1974.<br />
Roosen, R.: Kurt Lindner <strong>und</strong> seine Bibliotheca<br />
Tiliana. In: Librarium. Zeitschrift<br />
der Schweizerischen Bibliophilen-Gesellschaft<br />
1995. 38. Jahr, Heft 1, 26–50.<br />
Roosen, R.: Die Jagdbuchsammlung „Bibliotheca<br />
Venatoria E.v.K.“ In: Mitteilungen<br />
der VÖB 59. 2006. Nr. 2, 48–51.<br />
Schwerdt, C.F.G.R.: Hunting, Hawking,<br />
Shooting. Illustrated in a catalogue<br />
of books, manuscripts, prints and<br />
drawings. Bd. I–IV. London 1928–37.<br />
Sotheby’s: Bibliothéque Marcel Jeanson<br />
Premiére Partie Chasse. 1987.<br />
Tilander, G.: Die seltsame Lebenstragödie<br />
eines bedeutenden Forschers. Über das<br />
Leben <strong>und</strong> Wirken von Baron Christoph<br />
v. Biedermann. In: <strong>Deutsche</strong>r Falkenorden.<br />
1985. 89–92.<br />
Weg, M.: Antiquariats-Katalog No. 104.<br />
Bibliotheca Zoologica VI. Ornithologie.<br />
Hierin die kostbare Bibliothek des Herrn<br />
Hofrats Dr. Paul Leverkühn. Leipzig,<br />
1907.<br />
Zisska & Kistner – Buch- <strong>und</strong> Kunstauktionshaus:<br />
<strong>Jagdbibliothek</strong> Prof. Dr. h.c.<br />
Dr. Kurt Lindner. Auktion 41/1, München<br />
2003.<br />
NeudammeriN 13