Die Burgergemeinde Bern - Burgerbibliothek Bern
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die Patronenkistchen. Am 31. August schrieb die Regierung<br />
allen eidgenössischen Ständen: «Mit tiefem<br />
Bedauern müssen wir es Euch anzeigen - seit vorgestern<br />
Abends haben wir die volle Gewissheit,<br />
dass eine schon lange vorbereitete und höchst<br />
wahrscheinlich auch über andere Kantone sich erstreckende<br />
Verschwörung gegen die neue Ordnung<br />
der Dinge bestand, den Umsturtz der gegenwärtigen<br />
Regierung auf blutigem Wege bezweckend».<br />
Am 4. September wurde der Siebnerausschuss verhaftet.<br />
<strong>Die</strong> rasch geprägte Formulierung: «Erlacherhofverschwörung»<br />
bot den Rahmen zu einer Fülle<br />
von Massnahmen gegen Stadtrat, Bürgerschaft und<br />
Patriziat. Am 3. September erteilte die Regierung<br />
dem Regierungsstatthalter von <strong>Bern</strong>, Jakob Emanuel<br />
Roschi, den Auftrag, binnen vierzehn Tagen<br />
die Einwohnergemeinde <strong>Bern</strong> zu versammeln, damit<br />
die Stadt <strong>Bern</strong> ihren Gemeinderat, sowie ihre<br />
Sitten- und Untergerichte wähle. Der im Amtsblatt<br />
veröffentlichte Auftrag enthält darüber hinaus den<br />
folgenden bezeichnenden Passus:<br />
«Obgleich sich nach den Bestimmungen des angeführten<br />
Dekrets von selbst versteht, dass die Verwaltung<br />
des Burgerguts ausschliesslich der Burgerschaft<br />
überlassen bleibt, und dass sich der neu zu<br />
wählende Gemeinderath auf keine Weise darein zu<br />
mischen oder damit zu befassen hat, haben Wir<br />
dennoch, um absichtlich ausgestreuten Besorgnissen<br />
zu begegnen, für zweckmässig erachtet, diese<br />
Zusicherung hiemit noch ausdrücklich auszusprechen.»<br />
Am 5. September 1832 fasste der Regierungsrat<br />
den Beschluss, den Regierungsstatthalter von <strong>Bern</strong><br />
ebenfalls zu beauftragen, «in möglichst kurzer Zeit<br />
die Generalversammlung der stimmfähigen Mitglieder<br />
der <strong>Burgergemeinde</strong> von <strong>Bern</strong>» einzuberufen.<br />
So fanden denn in diesen Herbsttagen voller politischer<br />
Hochspannung in der Stadt <strong>Bern</strong> zweimal Gemeindewahlen<br />
statt.<br />
Am 19./20. September wählte die Bürgerschaft<br />
eine Kommission von 31 Mitgliedern zur Vorberatung<br />
eines Organisationsreglementes für die <strong>Burgergemeinde</strong>,<br />
wobei die Vertreter patrizischer Richtung<br />
einen durchschlagenden Erfolg errangen: «von<br />
den erwählten 31 sind wohl 28 unzweifelhaft zur aristokratischen<br />
Partei zu zählen», schrieb der liberale<br />
«<strong>Bern</strong>er Volksfreund».<br />
Am 17. Oktober trat dann die Einwohnergemeinde<br />
<strong>Bern</strong> zur Wahl ihrer Behörden zusammen.<br />
Auch hier setzte sich - zum Leidwesen der Regierung<br />
- das patrizische Lager durch. Als Präsident<br />
wurde alt Ratsherr Karl Zeerleder gewählt. Der regierungstreue<br />
«<strong>Bern</strong>er Volksfreund» hätte lieber<br />
Oberstleutnant Carl Friedrich Wäber an diesem<br />
Platze gesehen, «damit er die verschiedenen Fäden<br />
ordentlich zusammenspinne und daraus ein ganzes<br />
und gutes Gewäbe bilden werde. Nun aber ist das<br />
Gegenteil der Fall, indem Zeer-läder alles zerstören<br />
wird».<br />
Damit war die Einwohnergemeinde der Stadt<br />
<strong>Bern</strong> konstituiert: Es gab jetzt eine politische Gemeinde<br />
in <strong>Bern</strong>, die de jure von der <strong>Burgergemeinde</strong><br />
abgetrennt war; in der Praxis allerdings gaben<br />
die Burger den Ton an, obwohl die Bürgerschaft<br />
nur noch rund 14% der Stadtbevölkerung<br />
ausmachte.<br />
Im Oktober wurde der von einer Redaktions-<br />
Kommission ausgearbeitete «Entwurf eines organischen<br />
Reglements für die Bürgergemeinde der Stadt<br />
<strong>Bern</strong>» veröffentlicht. Am 12. November genehmigte<br />
die 31er-Kommission den Entwurf und Hess ihn zuhanden<br />
der Burgerversammlung vom S.Dezember<br />
1832 drucken. «Wie viele Jahre werden noch verstreichen<br />
müssen, bis gewisse Menschen, sklavische<br />
Anhänger des Alten, erfassen werden, dass die neue<br />
Zeit nicht mehr die alte ist, und dass, was lange den<br />
einen gefrommt hat, für alle übrigen ungeniessbar<br />
geworden», ereiferte sich der «<strong>Bern</strong>er Volksfreund»<br />
in seinem ersten Kommentar über den Entwurf.<br />
Auch innerhalb der Bürgerschaft gab es Kritik. «Von<br />
einem Bürger, ehemaligen Patrizier» (!) wurde die<br />
Anregung gemacht, die Hälfte des Stadtgutes unter<br />
die Burger zu verteilen: «ich will nicht, dass Alles<br />
verschwendet werde, aber warum sollen die Lebenden<br />
auf Kosten der noch nicht Lebenden darben?».<br />
<strong>Die</strong> Mehrheit der Burgerschaft aber stellte sich hinter<br />
den Entwurf. Am 5. Dezember 1832 nahmen die<br />
Burger in der Versammlung im Münster mit 219 ge-