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Die Gesellschaft zu Pfistern «Pfistern» ist die einzige bernische Gesellschaft mit einem lateinischen Namen: «Pistor» = Müller, Bäkker. Sie hatte nicht nur die handwerkliche und gewerkschaftliche Aufsicht über die Brotherstellung, sondern betrieb auch gemeinschaftliche Verkaufsstellen, die sog. «Brot-Schaalen» in der Kramgasse und Gerechtigkeitsgasse. 1341 erschienen die Pfister erstmals in den Urkunden, als sie sich [zusammen mit den Metzgern und Küfern) über die Verunreinigung des Stadtbachs durch die Gerber beklagten. 1363 hatten sie eigene Gesellschaftssatzungen, und 1406 erschien die «Grosse Pfisterordnung», in welcher der Backlohn, die Zahl der Ofenfüllungen, die Art des Brotes und der Betrieb der Brot-Schaalen geregelt war. Die Aufsichtskommission der «Brotschauer» bestand aus einem Ratsherrn, einem Mitglied des Grossen Rates und zwei Vertretern der Pfisternzunft; daneben gab es auch die «Mühleschauer». Der Pfistern-Venner stand dem südwestlichen Stadtviertel vor (westlich der Kreuzgasse, südlich der Kram-, Markt- und Spitalgasse] sowie dem Landgericht Seftigen [entspricht dem heutigen Amtsbezirk Seftigen und dazu dem westlichen Teil des Amtsbezirks Thun). Es gereicht Pfistern zur Ehre, dass ihr - neben mehrerenSchultheissenausdenFamilienvonWattenwyl und von Graffenried - Johann David Wyss [1743-1818], der Verfasser des «Schweizer Robinson», die hochgebildete Julie Bondeli [1731-1778], Mittelpunkt literarischen Lebens weit über Bern hinaus, sodann Sophie Dändliker-von Wurstemberger [1809-1878], Gründerin des Diakonissenhauses Bern, der Dichter Rudolf von Tavel [1866-1934], Korpskommandant Alfred Ernst [1904-1973] und Bildhauer Max Fueter [1898-1983] angehörten. Seit 1431 stand das Pfistern-Zunfthaus an der Ecke Kornhausplatz-Zytgloggenlaube [heute «Merkur»). Es wurde 1595-1598 von Daniel Heintz gänzlich neu erbaut, 1848/49 durch ein «Hotel Pfistern» ersetzt und 1921 verkauft, worauf die Gesellschaft an die Kramgasse 9 übersiedelte: Dieses heutige Gesellschaftshaus war 1770 für Johann Ludwig Stürler gebaut worden. Es zeichnet sich durch eine markante Fassade und ein prächtiges Treppenhaus aus. Das Regence-Hinterhaus an der Münstergasse 8 datiert von 1740. Pfistern besitzt den reichsten Silberschatz aller bernischen Gesellschaften, nicht nur durch die Zahl und den künstlerischen Wert, sondern auch durch die phantasievolle Vielfalt der Stücke: Da gibt es neben Akelei-, Jagd-, Herz- und Fortunapokalen etwa den imponierenden «Pfister» mit Mühlenrad und Brezel, den Grossen und den Kleinen Hirsch, den Berseth-Hahn, den Dohna-Bären und den Dohna- Adler, den Graffenried-Löwen und die Jonquiere- Taube. Heute ist Pfistern mit rund 1660 Angehörigen die zweitgrösste bürgerliche Gesellschaft. Die Waisenkommission [13 Mitglieder] betreut im Jahresdurchschnitt 20 Fürsorge- und sieben Vormundschaftsfälle. Mehrere besondere Fonds erlauben, Bedürftige ausserhalb des Armenetats zu unterstützen, sowie Stipendien oder Ausbildungsdarlehen an junge Stubengenossen auszurichten. Ausserhalb der Gesellschaft werden Beiträge für wissenschaftliche, kulturelle und soziale Institutionen ausgegeben. Alle zwei Jahre findet ein Jugendfest statt für benachteiligte Kinder, die nicht der Gesellschaft angehören; ferner gibt es die Grosse Mahlzeit für Männer, Damenanlässe und den Familienausflug.
Abb. 64: Grosses Boll im Gesellschaftssaal Bibliographie Friedrich Jäggi: Die Pfistern-Stuben im sechzehnten Jahrhundert (Berner Taschenbuch), Bern 1868. Philipp Thormann: Die Gesellschaft zu Pfistern in Bern, Bern 1966. Robert L.Wyss; Die Goldschmiedearbeiten der Gesellschaft zu Pfistern, Bern 1966. 127
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