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Ausstellungen<br />
Martin Munkacsi<br />
»Think while you<br />
shoot«<br />
Martin Munkacsi (1896 – 1963) zählt<br />
unbestritten zu den wichtigsten Fotografen<br />
des 20. Jahrhunderts. Der Ungar<br />
hat die Anfänge des modernen Fotojournalismus<br />
geprägt und das bis dahin<br />
statische Medium in Bewegung versetzt.<br />
Munkacsi verband journalistische<br />
Genauigkeit mit einem hohen formalästhetischen<br />
Anspruch. Seine Modefotos<br />
waren bahnbrechend, als Sportfotograf<br />
bleibt er unerreicht. In dieser Ausstellung<br />
finden Munkacsis Fotografien<br />
aus dem Nachlass, die zuvor in aller<br />
Welt verstreut waren, wieder zusammen.<br />
Sie enthält Bilder aus allen Schaffensphasen<br />
und dokumentiert so eine<br />
spannungsvolle, technikversessene, glamouröse<br />
und widersprüchliche Epoche.<br />
Die von F.C. Gundlach im Jahr 2005<br />
als Eröffnungsausstellung des Hauses<br />
der Photographie in den Deichtorhallen<br />
Hamburg kuratierte Retrospektive<br />
Martin Munkacsi. »Think while you<br />
shoot« macht vom 23. Februar bis 22.<br />
Mai <strong>2011</strong> im Kunstfoyer der Versicherungskammer<br />
Bayern in München ein<br />
letztes Mal Station. Präsentiert werden<br />
rund 280 Werke, darunter Portraits von<br />
Fred Astaire, Katharine Hepburn, Greta<br />
Garbo, Joan Crawford, Marlene Dietrich,<br />
Max Schmeling, Louis Armstrong,<br />
Frida Kahlo und Diego Rivera.<br />
Für ihn tanzte Fred Astaire auf Zehenspitzen,<br />
für ihn liefen die Damen mit<br />
wehenden Kleidern über den Strand –<br />
Munkacsi brachte Bewegung in die statische<br />
Fotografie der 1920er Jahre. Der<br />
ausdrucksstarke Ungar gilt als unerreichter<br />
Sport- und Reportagefotograf,<br />
als Revolutionär der Modefotografie<br />
und als Inbegriff der Moderne.<br />
»Think while you shoot« – so fasste<br />
Martin Munkacsi sein fotografisches<br />
Credo 1935 im Modemagazin Harper’s<br />
Bazaar zusammen. Die vier Wörter charakterisieren<br />
seine Arbeitsweise auf das<br />
Vortrefflichste: spontan, ungezwungen,<br />
dynamisch, oft vor Lebensfreude überbordend<br />
wirken seine Aufnahmen. Sie<br />
sind Zeugnis einer Gabe, die Munkacsi<br />
46 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />
»Jungen laufen in die Brandung des Tanganyika-<br />
Sees«, Tanganyika, um 1930<br />
© Estate of Martin Munkacsi / Lester Nafzger,<br />
Woodstock<br />
wie wenige andere Fotografen auszeichnet:<br />
das intuitive Begreifen des<br />
Augenblicks. In Windeseile gelang es<br />
ihm, Bewegungen abzuschätzen, vorübergehende<br />
Arrangements zu erspüren,<br />
um im rechten Moment am rechten<br />
Ort zu sein und auf den Auslöser<br />
zu drücken.<br />
Schon seine frühen Arbeiten für die<br />
ungarische Zeitung Pesti Napló lassen<br />
Munkacsis Gespür für Dynamik erkennen.<br />
1928 verlässt er Ungarn in Richtung<br />
Berlin, der quirligen europäischen<br />
Metropole, Inbegriff der »Roaring Twenties«.<br />
Dort hat er die Fortune des Autodidakten:<br />
Der Ullstein Verlag macht ihn<br />
zum Chef-Fotografen der Berliner Illustrirten<br />
Zeitung, dem seinerzeit auflagenstärksten<br />
Bilderblatt der Welt. Munkacsis<br />
Themenspektrum ist weit gefächert:<br />
Es reicht vom Sport über die Reportage<br />
bis zur Mode. Das Jahr 1933 stellt<br />
auch für Munkacsi einen Wendepunkt<br />
dar. Das quirlig-avantgardistische Berlin<br />
verkommt unter den Nationalsozialisten<br />
zum Aufmarschplatz für SA und<br />
SS. Der Ullstein Verlag wird »arisiert«,<br />
der jüdische Chefredakteur Kurt Korff<br />
und der Verlagsdirektor Kurt Safranski<br />
werden entlassen. Im Mai 1934 verlässt<br />
auch Munkacsi Deutschland, um sich<br />
in den USA eine neue Existenz aufzubauen.<br />
Dort wird er mit vielen Publikationen<br />
bei Harper’s Bazaar, Life und<br />
Ladies’ Home Journal den Zenit seines<br />
»Peignoir in a soft Breeze« USA 1936<br />
© Estate of Martin Munskacsi / Lester Natzger,<br />
Woodstock<br />
Ruhms erreichen. Aber auch aus großer<br />
Fallhöhe abstürzen.<br />
Seit 2005 auf Tournee im Haus der Photographie<br />
in den Deichtorhallen Hamburg,<br />
im Martin-Gropius-Bau Berlin,<br />
im International Center of Photography<br />
(ICP) New York, im Museum of Modern<br />
Art San Francisco, im Moscow House of<br />
Photography und im Ludwig Museum<br />
Budapest, hat die Ausstellung das Werk<br />
eines der einflussreichsten Fotografen<br />
des 20. Jahrhunderts der Vergessenheit<br />
entrissen und bei Publikum und Presse<br />
international begeisterte Reaktionen<br />
hervorgerufen.<br />
Dank gebührt der Tochter des Fotografen<br />
Joan Munkacsi (1948-2008), dem<br />
ullstein bildarchiv Berlin, der Stiftung<br />
F.C. Gundlach und der Howard Greenberg<br />
Gallery New York.<br />
Ohne ihre Leihgaben und ihre Unterstützung<br />
wären die Ausstellung und<br />
der bei Steidl in Göttingen erschienene<br />
Bildband nicht vorstellbar.<br />
bis 22. Mai <strong>2011</strong><br />
KUNSTFOYER DER<br />
VERSICHERUNGSKAMMER BAYERN<br />
Maximilianstraße 53,<br />
80530 München<br />
täglich 9–19 Uhr