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ennpunkt<br />

2/<strong>2011</strong> 4,00 Euro Magazin für Fotografie<br />

April <strong>2011</strong> bis Juni <strong>2011</strong><br />

Galerien • Buchbesprechungen • Fotoszene<br />

Portfolio Miriam Tamayo


2 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

FÜR ORIGINALE<br />

„Ich fotografiere für den Fine Art Druck. Erst die Kombination von hochwertigen traditionellen<br />

Büttenpapieren und modernster Drucktechnik bringt die sinnliche Qualität meiner Bilder optimal<br />

zur Geltung.“ Manfred Kriegelstein Die Digital FineArt Collection bietet exklusive Künstlerpapiere<br />

mit edler Haptik und bestechender Optik für den Inkjetdruck. Brillante Schwarz-Weiß-Aufnahmen<br />

oder subtile Farbfotografie werden dank unserer feinen Papiere der Individualität Ihrer Kunstwerke<br />

mehr als gerecht. Mehr Papierkunst unter www.hahnemuehle.de<br />

P A P I E R E M I T M U S E U M S Q U A L I T Ä T, A L T E R U N G S B E S T Ä N D I G U N D M E H R F A C H P R Ä M I E R T .


Impressum:<br />

<strong>brennpunkt</strong><br />

Magazin für Fotografie<br />

Erscheint vierteljährlich,<br />

erhältlich in Fotogalerien,<br />

Geschäften, Buchhandlungen<br />

und über Abonnement.<br />

Jahresabo 13,50 Euro<br />

Einzelpreis 4,00 Euro<br />

Konten:<br />

Postbank Berlin<br />

Konto-Nr. 3751 06-104<br />

BLZ 100 100 10<br />

Redaktionsschluss:<br />

jeweils am 10. vor dem Erscheinungsmonat<br />

Herausgeber:<br />

edition buehrer<br />

c/o Dietmar Bührer<br />

Odenwaldstraße 26<br />

12161 Berlin<br />

Telefon u. Telefax: (0 30) 8 53 35 27<br />

e-Mail: buehrer-berlin@t-online.de<br />

e-Mail: brennp@web.de<br />

Internet: http://www.edition-<strong>dibue</strong>.de<br />

Copyright bei <strong>Edition</strong><br />

Druck:<br />

schöne drucksachen<br />

Bessemerstraße 76a, 12103 Berlin<br />

ISSN 0932-7231<br />

Redaktion:<br />

Dietmar Bührer V.i.S.d.P.<br />

Michael Gebur<br />

Klaus Rabien<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Hinweis:<br />

Für unverlangt eingesandte<br />

Manuskripte und Fotografien<br />

wird keine Haftung übernommen.<br />

© RUSSEL JAMES, »Emanuela«,<br />

Necker Island, 2010<br />

In eigener Sache ....................................................................................................................... 5<br />

Galerien<br />

� Karl Ludwig Lange ............................................................................................................. 6<br />

� Dirk Hasskarl »one man´s trash is another man´s treasure« .................................................. 7<br />

� Das XX. Jahrhundert ............................................................................................................ 8<br />

� YTO BARRADA ................................................................................................................... 9<br />

� Alice Springs ........................................................................................................................ 10<br />

� Daniel Sebastian Schaub »Authentische Räume« ................................................................. 11<br />

� Max Scheler ........................................................................................................................ 12<br />

� Gerhard Kassner »Berlinale Porträts« ................................................................................... 14<br />

� Hein Gorny, Adolph C. Byers, Friedrich Seidenstücker ........................................................ 15<br />

� Abschlussarbeiten der Fotoklasse 25 ................................................................................... 16<br />

� Margareta Broich »Wenn der Vorhang fällt« ........................................................................ 18<br />

� KARIN SZÉKESSY »LES FILLES DANS L`ATELIER« ................................................................. 19<br />

� Amin El Dib »empty rooms« ................................................................................................ 20<br />

� Knut Wolfgang Maron »Dakota -Bar, Barns and rotten cars« ................................................ 21<br />

� Stefanie Seufert »Photographische Aggregatzustände« ......................................................... 22<br />

� Manfred Paul »Fotografien« ................................................................................................. 24<br />

� Clemens Kalischer »Country Road« ..................................................................................... 25<br />

� Just Loomis »As we are« ...................................................................................................... 26<br />

� Stefan Heyne »Woran denkst Du?« ...................................................................................... 27<br />

� Henrik Isaksson Garnell »Apsis« .......................................................................................... 28<br />

� Die Mauer–Leben mt der Mauer .......................................................................................... 29<br />

� Max Scheler »Photographien« ............................................................................................. 30<br />

� Birgit Kleber »Photographien« ............................................................................................. 31<br />

� World Press Photo 11 .......................................................................................................... 32<br />

� Micha Bar-Am »Israel« ......................................................................................................... 33<br />

� Ingo Kuzia, Akira Nakao »Stadtlandschaft Berlin« ................................................................ 34<br />

� Jacques H. Sehy »Lichtzeichnungen« ................................................................................... 34<br />

� Rüdiger Lubricht »Verlorene Orte / Gebrochene Biografien« ............................................... 35<br />

� RUSSEL JAMES .................................................................................................................... 36<br />

� Alfred Ehrhardt im Bildarchiv »Volk und Welt« .................................................................... 38<br />

� Cornelia Janetscheck von Vietinghof »Marie« ...................................................................... 39<br />

� Marikel Lahana »Nobody knows« ........................................................................................ 40<br />

� Sibylle Mundt, Claudia Prokop, Michael Magdeburg .......................................................... 41<br />

� Wolfgang Scholvien »Michael Schumacher« ........................................................................ 44<br />

Galeriebesprechungen<br />

� Lebens Räume (Klaus Rabien) ............................................................................................. 42<br />

Ausstellungen in Berlin ............................................................................................................. 45<br />

Ausstellungen<br />

� Martin Munkacsi »Think white you shoot« ........................................................................... 46<br />

� Thomas Lüttge, Hugo Jaeggi ................................................................................................ 47<br />

� Nadar Kander »Yangtze–The Long River« ............................................................................ 48<br />

Fotoszene<br />

� Amin El Dib »Autonome Bilder« .......................................................................................... 49<br />

� Das Plagiat (Manfred Kriegelstein) ....................................................................................... 60<br />

Portfolio<br />

� Miriam Tamayo .................................................................................................................... 50<br />

Buchbesprechungen<br />

� Die Tricks der Photoshop-Profis ......................................................................................... 61<br />

� Scott Kelbys Ligthtroom 3 ................................................................................................... 61<br />

� Das Photoshop-Buch, People & Porträt .............................................................................. 61<br />

Vorschau 3-<strong>2011</strong> ...................................................................................................................... 62<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

3


Rede anlässlich der Verleihung des Verdienstkreuzes<br />

am Bande des Verdienstordens<br />

der Bundesrepublik Deutschland<br />

an Herrn Dietmar Bührer am<br />

7. Februar <strong>2011</strong><br />

Sehr geehrter Herr Bührer, sehr geehrte<br />

Angehörige und Freunde von Herrn Bührer,<br />

es ist – auch für mich – ein besonderes<br />

Ereignis, ein Verdienstkreuz zu übergeben<br />

und so freue ich mich sehr, dass ich<br />

Ihnen, sehr geehrter Herr Bührer, heute<br />

im Auftrag des Herrn Bundespräsidenten<br />

das Verdienstkreuz am Bande des<br />

Verdienstordens der Bundesrepublik<br />

Deutschland überreichen darf.<br />

Von Konrad Adenauer stammt der Ausspruch:<br />

»Ehrungen – das ist, wenn die Gerechtigkeit<br />

ihren liebenswürdigen Tag hat«.<br />

Heute ist solch ein »liebenswürdiger« Tag.<br />

Der Bundespräsident hat Ihnen, sehr geehrter<br />

Herr Bührer, das Verdienstkreuz am Bande<br />

verliehen. Damit wird Ihr langjähriges<br />

soziales Engagement zu Recht öffentlich<br />

gewürdigt.<br />

Sehr geehrter Herr Bührer, Sie haben sich<br />

besondere Verdienste durch Ihren beruflichen,<br />

persönlichen und fotografischen<br />

Umgang mit Inhaftierten vor und hinter<br />

den Mauern der Justizvollzugsanstalt Tegel<br />

erworben. Lassen Sie mich daher Ihren<br />

beruflichen Werdegang in der JVA Tegel<br />

und Ihre fotografische Karriere in einigen<br />

Sätzen skizzieren:<br />

Ihre Laufbahn in der JVA Tegel begann am<br />

1. Januar 1990, als Sie als Industriemeister<br />

in der Fachrichtung Druck eingestellt<br />

wurden. Zwei Jahre später absolvierten Sie<br />

die Laufbahnprüfung für den Werkdienst<br />

und waren zunächst als Mitarbeiter und<br />

stellvertretender Leiter der Druckerei, seit<br />

2001 dann bis zu Ihrem Ausscheiden als<br />

Leiter der Druckerei tätig. Dort waren Sie<br />

im Schwerpunkt mit der Ausbildung und<br />

Anleitung der Inhaftierten betraut. Daneben<br />

übernahmen Sie vielfältige Sonderaufgaben<br />

und unterstützten die Anstaltsleitung<br />

umfangreich bei internen Projekten. So<br />

haben Sie zahlreiche öffentlichkeitsrelevante<br />

Unterlagen über den Organisationsentw<br />

icklungsprozess in den Jahren 1995 bis<br />

1999 erstellt und die Broschüren anlässlich<br />

des 100-jährigen Bestehens der JVA Tegel<br />

© Michael Gebur<br />

»Die Berliner Justizsenatorin,<br />

Frau Gisela von der Aue, überreicht Dietmar<br />

Bührer das Verdienstkreuz am Bande«, <strong>2011</strong><br />

durch eigene Fotografien, das Layout oder<br />

beim Druck maßgeblich mit gestaltet.<br />

Darüber hinaus haben Sie am Logo der<br />

Anstaltsbetriebe und der Erstellung von<br />

Produktmappen und Werbebroschüren für<br />

die Produkte der Anstaltsbetriebe im Rahmen<br />

des Projekts »Reorg« mitgearbeitet.<br />

Ihre fotografische Kariere begann indes<br />

schon 20 Jahre früher. Seit 1970 widmen<br />

Sie sich als Autodidakt der Fotografie. Seitdem<br />

haben Sie zahlreiche Einzelausstellungen<br />

durchgeführt und an vielen Gruppenausstellungen<br />

mitgewirkt. Seit 1984 –<br />

und damit seit über einem Vierteljahrhundert<br />

– geben Sie das Fotomagazin »<strong>brennpunkt</strong>«<br />

heraus und haben damit die Berliner<br />

Fotokunstszene bundes- und europaweit<br />

bekannt gemacht. Im selben Jahr – 1984 –<br />

wurden Sie auch in die Gesellschaft für<br />

Photographie berufen. Seit 1987 gehören<br />

Sie als Ehrenmitglied dem Deutschen Verband<br />

für Fotografie an. 4 Jahre später – im<br />

Jahr 1991 – erhielten Sie den Willy-Hengl-<br />

Preis. Zuletzt gewannen Sie beim Fotowettbewerb<br />

der Stiftung „Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus“<br />

mit dem Titel »Die Würde<br />

des Menschen ist unantastbar« den 1. Preis<br />

in der Kategorie »Menschenwürde«.<br />

Die letztgenannte Auszeichnung beweist,<br />

dass ein Foto für Sie mehr ist als nur die<br />

visuelle Nachbildung einer Situation. Sie<br />

zeigt, dass Sie die Fotografie als Kunst verstehen,<br />

mit der Inhalte transportiert werden<br />

können und sollen. Dies findet sich ein-<br />

In eigener Sache<br />

drucksvoll auch in der von Ihnen geschaffenen<br />

künstlerischen Verbindung von Vollzugsalltag<br />

und Fotografie wieder. Sie haben<br />

Ihre Liebe zur Fotografie in bemerkenswerter<br />

Weise mit den Eindrücken Ihres Arbeitsumfeldes<br />

und Ihren persönlichen Erfahrungen<br />

in der Vollzugsanstalt verbunden. Betrachtet<br />

man Ihre Fotografien vom Vollzugsalltag, so<br />

spürt man, dass Sie nicht einfach die fotografische<br />

Linse auf bestimmte Schauplätze<br />

gehalten haben. Vielmehr merkt man Ihren<br />

Bildern mit dankenswerter Klarheit an, dass<br />

Sie genau wissen, was Sie dort fotografiert<br />

haben. Es ist beeindruckend, wie Sie sich<br />

dem schwierigen Thema »Vollzug« aus fotografischer<br />

Perspektive mit großer Sensibilität<br />

gewidmet haben, ohne dass Ihre Bilder<br />

dabei an Realitätsnähe oder Ausdruckskraft<br />

verloren hätten. Besonders anschaulich<br />

wird dies in Ihren Büchern »Zeitgitter/Gitterzeit«,<br />

»Tegelzeit« »Seelsorge im Knast« und<br />

»Zellenstille – Knastgedichte«. Der zuletzt<br />

genannte Bildband enthält neben Fotos aus<br />

dem Vollzugsalltag mehrere Gedichte, die<br />

im Rahmen einer Literaturgruppe mit Inhaftierten,<br />

einer Sozialarbeiterin der JVA Tegel<br />

und Ihnen entstanden sind.<br />

Mit solchen Veröffentlichungen haben Sie<br />

den Justizvollzug auf künstlerische Art in die<br />

Öffentlichkeit gerückt. Im Jahr 2000 haben<br />

Sie zusammen mit anderen Bediensteten der<br />

JVA Tegel an einer Tagung der Evangelischen<br />

Akademie Loccum über künstlerische<br />

Projekte in Vollzugsanstalten teilgenommen<br />

und dabei aus Ihren Werken vorgelesen.<br />

Ihre Publikationen und Lesungen haben<br />

dazu beigetragen, in der Öffentlichkeit<br />

Verständnis für die Situation von Inhaftierten<br />

zu wecken.<br />

Mit Ihrer Arbeit mit Inhaftierten haben<br />

Sie den betreffenden Gefangenen darüber<br />

hinaus dabei geholfen, sich mit ihrer Situation<br />

bewusst auseinanderzusetzen, ihre<br />

Fähigkeiten auf einem bisher meist unbekannten<br />

Gebiet zu entdecken und positiv<br />

einzusetzen. Damit haben Sie für die Gefangenen<br />

eine neue Tür geöffnet und einen wertvollen<br />

Beitrag auf dem Gebiet der Resozialisierungsarbeit<br />

geleistet. Sehr geehrter Herr<br />

Bührer, Sie haben Mut bewiesen, mit Menschen<br />

zu arbeiten, die keine Lobby haben,<br />

und zwar in einem Maß, das über Ihre rein<br />

beruflichen Verpflichtungen weit hinausging.<br />

Hiefür möchte ich Ihnen heute meinen<br />

besonderen Dank und meine Anerkennung<br />

aussprechen.<br />

Gisela von der Aue<br />

Justizsenatorin<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

5


Galerien<br />

Karl-Ludwig Lange<br />

»Von den Brücken:<br />

Stadtautobahnen und<br />

Eisenbahnanlagen«<br />

Westberlin 1973 – 1988<br />

Karl-Ludwig Lange, 1949 in Minden<br />

geboren, kam 1967 nach Berlin, erhielt<br />

eine Fotografenausbildung und begann<br />

1973, die Stadt zu fotografieren.<br />

In der Kommunalen Galerie Berlin<br />

werden nun zwei Werkkomplexe aus<br />

dem Westberlin der Jahre 1973-1988<br />

vorgestellt: Gleisanlagen und Schnellstrassen,<br />

jeweils von den Berliner Brücken<br />

aus gesehen.<br />

Es sind für Lange auch Geschichtsorte.<br />

Die Gleisanlagen stehen für Waren-<br />

Umschlag und sind ein Symbol für die<br />

Industriestadt Berlin, aber sie waren<br />

auch Ausgangspunkt für den Transport<br />

von Juden in die Vernichtung.<br />

Schnellstrassen – entlang der Bahntrassen<br />

gebaut! – waren der trotzige Versuch,<br />

die Inselstadt mit der Entwicklung<br />

im Westen Schritt halten zu lassen, was<br />

uns heute bekanntlich zu Gute kommt.<br />

Von Anfang an fotografierte Karl-<br />

Ludwig Lange in Zyklen und war<br />

auf Vollständigkeit bedacht. Um das<br />

jeweilige Stadtbild umfassend zu<br />

würdigen, entwickelte er seine Art von<br />

Panoramen, nämlich zwei, drei oder<br />

mehr Aufnahmen einer Stadtansicht<br />

von unterschiedlichen Standorten<br />

zu machen, mit Lücken und auch<br />

Überschneidungen, gegebenenfalls in<br />

unterschiedliche Himmelsrichtungen.<br />

Dies ergibt eine dynamische Darstellung,<br />

die es dem Betrachter erlaubt, in den<br />

Bildern auf Entdeckungsreise zu gehen,<br />

unterstützt von der Präzision und dem<br />

Detailreichtum auf den Fotografien.<br />

Er kann wahrlich den Blicken des<br />

Künstlers folgen und eine Zeitreise<br />

unternehmen.<br />

. Hansgert Lambers<br />

www.kultur.charlottenburgwilmersdorf.de<br />

www.kommunalegalerie-berlin.de<br />

6 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Karl-Ludwig Lange, »Wilmersdorf, Blick von der Paulsborner Brücke gen Halensee«, 1985<br />

© Karl-Ludwig Lange, »Stadtautobahn«, 1985<br />

bis 24. April <strong>2011</strong><br />

Kommunale Galerie Berlin<br />

Hohenzollerndamm 176<br />

10713 Berlin-Wilmersdorf<br />

Di – Fr 10 – 17 Uhr<br />

Mi 10 – 19 Uhr<br />

So 11 – 17 Uhr


Dirk Hasskarl<br />

»one man’s trash<br />

is another man’s<br />

treasure«<br />

photographs & short clips 2004-<strong>2011</strong><br />

Endlich einmal wieder lässt uns der Berliner<br />

Fotokünstler, Musiker und Kürzestfilmemacher<br />

Dirk Hasskarl einen Blick<br />

in seine Schatzkammer werfen. Die<br />

Galerie pixel:grain zeigt fünf Bildstorys<br />

und einen visuellen Roman von Hasskarl.<br />

Arbeiten, die allesamt als Schnappschüsse<br />

einer konträren Weltgleichzeitigkeit<br />

funktionieren und in ihrer intellektuellen<br />

Originalität verzaubern.<br />

Dabei stehen Hasskarls Werke in einem<br />

Spannungsverhältnis, das uns schon im<br />

Titel der Ausstellung anspringt: »Dein<br />

Müll ist mein Schatz. Mein Schatz ist<br />

dein Müll«.<br />

Der Betrachter entscheidet: Trash oder<br />

Treasure?<br />

Im Bildarrangement »mekong vs. thuringia«<br />

begegnen sich mitteldeutsche und<br />

asiatische Fauna in einem nie gesehenen<br />

fotografischen Wettstreit. Im Beuysschen<br />

Sinne zeigen die Pflanzen ihre<br />

Wunden. Sie offenbaren sich in ihrer<br />

Verletzlichkeit und fordern von uns:<br />

Respekt statt Kettensäge!<br />

Seltsame, hochpolitische Fischwesen<br />

treffen wir in den beiden Bildtafeln<br />

»greed & flow«. Goldfische gierig. Goldfische<br />

strömend. Wir sehen Fischwesen,<br />

die die Transformation gepackt haben.<br />

Weg von der Gier (greed), hin zum Strömen,<br />

zum Fließen (flow). Das ist Hasskarls<br />

poetische Gesellschaftskritik: »Vergiss<br />

die Gier. Lass es fließen. Und alles<br />

wird gut«.<br />

In den großformatigen an Altarbilder<br />

gemahnenden Tafeln von »confessions«<br />

beichten, gestehen, berichten Menschen<br />

als Schattenrisse. Fast erscheinen<br />

sie uns als überindividuelle Wesenheiten,<br />

die den Betrachter an die eigenen<br />

Leichen im Seelenkeller gemahnen:<br />

Erzähl uns dein Geheimnis!<br />

In seiner Videoinstallation nähert sich<br />

Hasskarl schließlich der visuellen Langform,<br />

dem absurden Bildroman.<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

© Dirk Hasskarl, »Greed«, 2009, (Original in Farbe), 150x100 cm, Archival Pigment Print, <strong>Edition</strong><br />

© Dirk Hasskarl, »Thuringia vs. Mekong #2«,<br />

(Polyptychon), 2009, 60x45 cm, (Original in<br />

Farbe)<br />

Verdichtet, ja geradezu eingedampft,<br />

fasst er das alltägliche Welttheater des<br />

Globus in hochkomische Kürzestfilme.<br />

Nihilistisch rauschen an uns vorbei:<br />

amerikanische Güterzüge, sizilianische<br />

Blaskapellen, strömendes Chiemseewasser,<br />

thailändisches Trash-TV ...<br />

Wir erfahren und lernen: Film ist mehr<br />

als Hollywood und Berliner Schule. Film<br />

kann aufregendes, humoriges, abgründiges,<br />

visuelles Experiment sein.<br />

Fazit: Hasskarls Arbeiten sind im besten<br />

aller Sinne originell. Sie sind einmalige<br />

Wachpillen für Herz und Hirn. Wer sich<br />

ihnen öffnet, erfährt Momente bildhafter<br />

Offenbarungen. Also: Treasures!<br />

Matthias Herrmann, Limburg, <strong>2011</strong><br />

Eröffnung:<br />

Donnerstag, den 5. Mai <strong>2011</strong>,<br />

um 18 Uhr<br />

© Dirk Hasskarl, »Wired (01)«, Panjim, India<br />

2010, 80x57 cm, (Original in Farbe)<br />

6. Mai bis 15. Juni <strong>2011</strong><br />

Galerie: pixelgrain<br />

Rosenstraße 16/17<br />

10178 Berlin-Mitte<br />

Mo – Fr 10 – 19 Uhr<br />

Sa 14 – 19 Uhr<br />

7


Galerien<br />

Das XX. Jahrhundert<br />

– Menschen – Orte –<br />

Zeiten<br />

Zwei Jahrzehnte<br />

Fotosammlung<br />

am Deutschen<br />

Historischen Museum<br />

Seit zwanzig Jahren sammelt das Deutsche<br />

Historische Museum Fotografien<br />

zur Zeitgeschichte und zum Alltagsleben.<br />

Teilnachlässe von Fotografen und<br />

Bildagenturen konnten gekauft oder<br />

auch als Schenkungen übernommen<br />

werden. Neben diesen Erwerbungen<br />

und Übernahmen hat das DHM künstlerisch<br />

ambitionierte Fotografie gesammelt.<br />

So gelang es im Jahr 2007 das<br />

Archiv des »Jurypreis Junger Bildjournalismus«<br />

mit über 400 prämierten Arbeiten<br />

zu übernehmen, der alle zwei Jahre<br />

zwischen 1992 und 2002 stattfand. Seit<br />

2009 befinden sich auch die Arbeiten<br />

aller Preisträger des »Deutschen Jugendfotopreises«<br />

ab 1960 bis heute als Dauerleihgabe<br />

in der Sammlung.<br />

Die Ausstellung zeigt in über 250 Motiven<br />

die fotografischen Highlights der<br />

Sammlung von den letzten Jahren des<br />

19. Jahrhunderts bis zum Ende der DDR<br />

1990 in einem chronologischen Überblick.<br />

Die aus den vielen Regalmetern<br />

mit Fotografennachlässen ausgewählten<br />

Fotografien laden zu einem Rundgang<br />

durch die bewegte Geschichte der<br />

letzten 130 Jahre ein. Darüber hinaus<br />

stellen Themen wie Porträt, Sport und<br />

Modefotografie Schwerpunkte der<br />

Sammlung vor.<br />

Der Fotoband »Menschen, Orte, Zeiten.<br />

Fotografie am Deutschen Historischen<br />

Museum« bietet mit 616 Abbildungen,<br />

detaillierten Bestandsangaben und über<br />

hundert Kurzbiografien zu Fotografen<br />

und Agenturen eine Übersicht über die<br />

Sammlung am DHM.<br />

8 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Michael Ruetz, Protestmarsch gegen Fluglärm der Hahn Air Force Base im Hunsrück,<br />

11. Juli 1969, Stiftung Deutsches Historisches Museum<br />

Agentur Puck / Horst Urbschat, Postzustellung im zerstörten Berlin, Herbst 1945<br />

Stiftung Deutsches Historisches Museum<br />

bis 3. Oktober <strong>2011</strong><br />

Deutsches Historisches Museum<br />

Ausstellungshalle von I. M. Pei<br />

Unter den Linden 2<br />

Hinter dem Zeughaus<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

täglich 10 – 18 Uhr


YTO BARRADA<br />

Das Werk Yto Barradas reflektiert die<br />

besondere Situation ihrer Heimatstadt<br />

Tanger. Im Norden Marokkos gelegen,<br />

bildet sie eine Schnittstelle zwischen<br />

arabischer, afrikanischer und europäischer<br />

Kultur.<br />

Yto Barradas, (* 1971), 2010<br />

© Benoît Peverelli (Original in Farbe)<br />

Die Motive von Barradas meditativen<br />

Fotoarbeiten, Filmen und Installationen<br />

schärfen das Bewusstsein für den<br />

Wandel, der diese Region prägt: die sich<br />

beständig verschiebenden Grenzen in<br />

Kultur, Wirtschaft und Politik. Zugleich<br />

untersucht sie, welche Auswirkungen<br />

diese Veränderungen auf den urbanen<br />

Raum und die einheimische Pflanzenwelt<br />

haben. Im Zuge ihrer Auseinandersetzung<br />

mit dem Stellenwert von<br />

Bildern in einer postkolonialen Welt,<br />

engagiert sich Barrada als Mitbegründerin<br />

und Direktorin für die Cinémathèque<br />

de Tanger. Ihre Werke wurden in vielen<br />

internationalen Ausstellungen gezeigt,<br />

unter anderem im Museum of Modern<br />

Art (San Francisco und New York), auf<br />

der Biennale in Venedig 2007 und im<br />

Jeu de Paume, Paris.<br />

Die Deutsche Bank präsentiert die<br />

Künstlerin des Jahres <strong>2011</strong>.<br />

© Yto Barradas, »Belvedere 1«, 2001<br />

© Yto Barradas, »Red Walls No 3«, 2010<br />

(Original in Farbe)<br />

htpp://www.deutsche-guggenheim.de<br />

© Yto Barradas, »Ferris Wheel«, 2001<br />

(Original in Farbe)<br />

15. April bis 19. Juni <strong>2011</strong><br />

Deutsche Guggenheim<br />

Unter den Linden 13<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

täglich 10 – 20 Uhr<br />

Montags freier Eintritt<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

9


Galerien<br />

Alice Springs<br />

June Newton hat von 1970 an unter dem<br />

Pseudonym Alice Springs ein eigenständiges<br />

photographisches Werk geschaffen.<br />

Seit 2005 wird es regelmäßig in<br />

wechselnden Ausstellungen der Helmut<br />

Newton Stiftung in »June’s Room« präsentiert.<br />

Die jetzige Retrospektive in<br />

Berlin erlaubt erstmals einen umfassenden<br />

Blick auf das vier Dekaden umspannende<br />

Gesamtwerk; gezeigt werden<br />

Werbe- und Modebilder sowie Aktphotographien<br />

und Porträts.<br />

Am Anfang des eigenen Œuvres stand<br />

eine Grippe ihres Mannes. June Newton<br />

ließ sich von ihm die Handhabung<br />

von Kamera und Belichtungsmesser<br />

erklären und photographierte 1970 in<br />

Paris anstelle des eigentlich gebuchten<br />

Helmut Newton ein Werbebild für<br />

die französische Zigarettenmarke Gitanes.<br />

Das Porträt des rauchenden Models<br />

war der Startschuss für eine neue Karriere.<br />

Anfang der 1970er Jahre photographierte<br />

Alice Springs mehrere Kampagnen<br />

für den französischen Haarstylisten<br />

Jean Louis David; die Werbebilder<br />

erschienen – unter Nennung ihres<br />

Namens – als ganzseitige Anzeigen in<br />

renommierten Modezeitschriften. Und<br />

1974 war das erste Alice-Springs-Motiv<br />

auf dem Cover der französischen Elle<br />

zu sehen.<br />

Ab Mitte der siebziger Jahre kamen zahlreiche<br />

Porträtaufträge hinzu, und so entstanden<br />

teilweise ikonische Aufnahmen.<br />

Die Liste der von Alice Springs porträtierten<br />

Künstler, Schauspieler und Musiker<br />

liest sich wie ein who’s who der internationalen<br />

Kulturszene aus den vergangenen<br />

vierzig Jahren diesseits und jenseits<br />

des Atlantik. Manche Aufnahmen<br />

sind im Auftrag für Zeitschriften zwischen<br />

Paris und Los Angeles entstanden,<br />

andere aus freiem Antrieb.<br />

Alice Springs dokumentiert nicht allein<br />

das Aussehen der Prominenten oder<br />

der namenlosen Zeitgenossen, sondern<br />

fängt deren Ausstrahlung, mitunter<br />

deren Aura ein. Ihren Blick für und<br />

auf die Menschen konzentriert sie meist<br />

auf deren Gesichter; zuweilen fasst sie<br />

sie im engen Bildausschnitt als Brust-<br />

oder Dreiviertelporträt, dann bekom-<br />

10 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Yves Saint Laurent and Hazel, Paris, 1978<br />

© Alice Springs<br />

Brigitte Nielsen and son, Beverly Hills, 1990<br />

© Alice Springs<br />

men auch die Hände eine besondere<br />

Bedeutung. Möglicherweise hilft ihr die<br />

tiefe Kenntnis des Schauspiels, gleichzeitig<br />

auf und hinter die Fassade des<br />

Menschlichen zu schauen. Das gilt insbesondere<br />

für ihre Doppelporträts, in<br />

denen die Interaktion der Protagonisten<br />

– wie auf einer Bühne – geradezu<br />

inszeniert ist.<br />

Gerhard Richter, Bonn, 1987<br />

© Alice Springs<br />

Wir entdecken in den Bildern eine<br />

gewisse Vertrautheit, vermeintlich<br />

zumindest; tatsächlich schwanken sie<br />

zwischen Distanz und Nähe. Es begegnet<br />

uns in ihren subtilen Porträts ebenso<br />

die eitle Pose oder ein natürliches Selbstbewusstsein<br />

wie der schüchterne Blick.<br />

Dramatische Posen sind selten, und<br />

der Arbeitsprozess wird auch nicht von<br />

großen Gesten der Photographin begleitet.<br />

Ihre Bildnisse werden zu visuellen<br />

Kommentaren, zu Interpretationen der<br />

Dargestellten.<br />

Matthias Harder<br />

bis 15. Mai <strong>2011</strong><br />

Helmut Newton Stiftung<br />

Jebensstraße 2<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – So 10 – 18 Uhr<br />

Do 10 – 22 Uhr


Daniel Sebastian<br />

Schaub<br />

»Authentische Räume«<br />

Daniel Sebastian Schaubs aktuelles Projekt<br />

»Authentische Räume« zeigt Ladengeschäfte<br />

für Waren und Dienstleistungen.<br />

In abgekoppelten und entlegenen<br />

Stadträumen entstanden Ladengeschäfte<br />

mit einer besonderen Gestaltungsweise<br />

und einer hohen Ausdruckskraft.<br />

Fernab der gängigen Logik permanenter<br />

Veränderung haben diese Orte<br />

einen Platz im urbanen Raum eingenommen<br />

und ihre Anwesenheit über lange<br />

Zeit gesichert. Gerade ihre besondere<br />

Lage macht es möglich, dass sie eine<br />

authentische Wirkung und eine starke<br />

Unmittelbarkeit entfalten können. Auf<br />

Grund ihrer hohen Individualität sind<br />

sie unverwechselbar und symbolisch<br />

höchst wertvoll.<br />

Die aktuellen Aufwertungstendenzen<br />

in marginalisierten Stadtlagen erzeugen<br />

jedoch erhebliche Veränderungen und<br />

führen langfristig zum Verschwinden<br />

dieser bedeutsamen Orte und der damit<br />

zusammenhängenden Milieustrukturen.<br />

Hierdurch reduziert sich nicht nur das<br />

breite Spektrum an individuellen Ladengeschäften<br />

für Waren und Dienstleistungen<br />

sowie die Differenziertheit an stadträumlich<br />

interessanten Orten, sondern<br />

auch die Vielfalt an sozialen Lebensformen<br />

und Seinsweisen.<br />

Biografie<br />

Daniel Sebastian Schaub.<br />

Seit 2001 in Berlin lebend.<br />

Geboren 1981 in Kehl.<br />

Studium der Soziologie.<br />

Studium der Fotografie.<br />

Freischaffender Künstler.<br />

Kontakt<br />

Telefon: 030-895 688 04<br />

Mobil: 0151-144 348 36<br />

info@transformationselder.de<br />

www.transformationsfelder.de<br />

© Daniel Sebastian Schaub<br />

© Daniel Sebastian Schaub<br />

bis 22. Mai <strong>2011</strong><br />

Cafe Aroma Photogalerie<br />

Hochkirchstraße 8<br />

10829 Berlin-Schöneberg<br />

Mo – Fr 18 – 24 Uhr<br />

Sa – So 14 – 24 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

11


Galerien<br />

Max Scheler<br />

Mit Schelers Blick auf die Welt bleibt<br />

das damals lebendig<br />

Immer wieder zog es den Photographen<br />

Max Scheler ins Ausland. Seinem<br />

sicheren gesellschaftlichen Auftreten,<br />

seiner Vielsprachigkeit und seiner<br />

grundsätzlichen Neugier auf die Welt<br />

verdankte er das Privileg, dass ihn die<br />

Verantwortlichen der Magazine überall<br />

auf der Welt einsetzten. So hat Scheler,<br />

gemessen an den wenigen Jahren<br />

seines photographischen Schaffens, ein<br />

Werk hinterlassen, das zu den bedeutendsten<br />

der Nachkriegszeit gehört. Es<br />

verbindet Tagesaktualität mit langfristig<br />

angelegten Bildessays, und hinter<br />

der Dokumentation steckt gelegentlich<br />

auch Interpretation.<br />

Zunächst geschult an der Bildsprache<br />

von Herbert List, der für ihn seit den<br />

1940er Jahren eine Art Vaterrolle übernommen<br />

hatte, begann Scheler nach<br />

ein paar Semestern Studium der Kunstgeschichte<br />

und Literatur um 1950 mit<br />

der eigenen Photographie und assistierte<br />

List bei der Dunkelkammerarbeit.<br />

Eine professionelle Ausbildung<br />

zum Photographen hatte Scheler nicht,<br />

aber auch List und einige von Schelers<br />

gleichaltrigen Kollegen waren Autodidakten.<br />

Anfang der fünfziger Jahre entstanden<br />

erste Aufnahmen, die bereits<br />

den eigenen Stil vorbereiteten. Gelegentlich<br />

ging die Rolleiflex auch von<br />

Hand zu Hand, wie man anhand einiger<br />

Kontaktbögen sehen kann, so dass<br />

man heute nicht mehr mit Sicherheit<br />

sagen kann, wer bei manchen Aufnahmen<br />

definitiv der Bildautor war, Scheler<br />

oder List. Dieser befand sich seinerzeit<br />

auf dem Zenit seiner Karriere,<br />

auch wenn die meisten Bücher über<br />

sein photographisches Werk erst später<br />

erscheinen sollten, posthum veröffentlicht<br />

von Max Scheler.<br />

Die Mittelformatkamera Rolleiflex<br />

tauschte Scheler jedoch bald gegen<br />

die leichtere und schnellere Leica ein.<br />

1953 entstand ein Schlüsselbild für<br />

beider Werk, dass das Lehrer-Schüler-Verhältnis<br />

aufbrach: List photographierte<br />

im römischen Trastevere, wo er<br />

den inzwischen weltgewandten Max<br />

12 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Max Scheler, »Imbissstube an der Karl-Marx-Allee«, Ost-Berlin 1963<br />

Scheler besuchte, vorbeieilende Passanten<br />

auf der Piazza vor dem Haus; »Blick<br />

aus dem Fenster« wurde zum deskriptiven<br />

Titel der Serie. Erstmals benutzte List<br />

eine Kleinbildkamera, Schelers Leica,<br />

inklusive Teleoptik.<br />

Ein Jahr zuvor traf der erst 24jährige Scheler<br />

in Paris Robert Capa und wurde Junior-<br />

Mitglied der legendären Photographenkooperative<br />

Magnum. Dadurch war er<br />

bei den ganz Großen angekommen,<br />

und so veröffentlichte er seine Momentaufnahmen<br />

auch in LOOK und LIFE.<br />

Zuhause in Deutschland entwickelte<br />

Scheler seinen kritischen Blick: Bilder<br />

aus dieser Zeit zeigen weniger die Verheißungen<br />

des Wirtschaftswunders als<br />

vielmehr die harte Arbeit der Werktätigen,<br />

in den Stahlwerken im Ruhrgebiet<br />

oder den Bergwerken im Saarland.<br />

Das Amerika der fünfziger Jahre wirkte<br />

auf Scheler wie eine Befreiung. Für ihn<br />

war die »Neue Welt«, was für List Griechenland<br />

war: Flucht- und Sehnsuchtsort.<br />

Aus den USA berichtete Scheler über<br />

die unterschiedlichsten Themen, über<br />

Armut und Reichtum, von der Bigotterie<br />

der Weißen und dem Stolz der Schwarzen,<br />

vom hegemonialen Anspruch der<br />

Militärmacht und den vergessenen Indianern<br />

in den Reservaten. Scheler war<br />

ein begeisterter Anhänger des »American<br />

Way of Life«, und das zu einer Zeit,<br />

als andere das Land des »Kalten Krieges«<br />

beschuldigten und wegen der Brutalität<br />

der amerikanischen Soldaten in Vietnam<br />

heftig kritisierten. Doch auch er zeigte<br />

nicht nur die Sonnenseiten, sondern<br />

© Max Scheler, »Retusche«, Peking 1967<br />

auch deren Schatten. Amerikanische<br />

Politiker gehören zu Schelers bekanntesten<br />

Motiven, so porträtierte er John<br />

F. Kennedy während seiner kurzen Präsidentschaft<br />

im »Oval Office« des Weißen<br />

Hauses, und er photographierte<br />

dessen Trauerfeier und Beisetzung nur<br />

einige Monate später, im November<br />

1963. Immer wieder taucht auch die<br />

damalige »First Lady«, Jacqueline Bouvier<br />

Kennedy, in seinen Bildern auf. Sie<br />

wurde gleich nach dem Amtsantritt von<br />

»JFK« in vielen Medien zur Stilikone und<br />

durch ihre Heirat mit Aristoteles Onassis<br />

1968 zu »Jackie O.«, einer Kultfigur


© Max Scheler, »Jackie und John F. Kennedy erwarten Hassan II von Marokko«, Washington 1963<br />

© Max Scheler, »Atombunker zu verkaufen«, Los Angeles 1961<br />

des internationalen Jet-Set. Schelers<br />

Doppelporträt von Kennedy und seiner<br />

Frau im Profil, 1963 in Washington entstanden,<br />

wurde später zu einer Ikone im<br />

eigenen Werk. Auch die Wahlkämpfe<br />

im Jahr 1964, Barry Goldwater gegen<br />

Lyndon B. Johnson, und vier Jahre später,<br />

Richard Nixon gegen Hubert Humphrey,<br />

begleitete Scheler für den Stern<br />

mit seiner Kamera.<br />

Schelers Photographien blieben stets<br />

diskret, gelegentlich begleitet von einem<br />

melancholischen Unterton; sie zeigen<br />

die Zeitgenossen mit einer Mischung<br />

aus Zurückhaltung, Bewunderung und<br />

Respekt. Es sind anrührende, amüsante,<br />

überraschende und im besten Sinne<br />

unterhaltsame Geschichten. Doch auch<br />

um die Krisenregionen machte er keinen<br />

Bogen, ganz im Gegenteil: Scheler reiste<br />

bereits 1956 nach Ägypten während der<br />

Suez-Krise, wo sein enger Freund David<br />

»Chim« Seymour zeitgleich erschossen<br />

wurde. Im Jahr zuvor hatte er auch die<br />

Quemoy-Krise photographisch begleitet,<br />

insbesondere die Evakuierung der<br />

Inselbevölkerung durch amerikanische<br />

Kriegsschiffe. So waren es nicht nur<br />

gesellschaftliche, sondern auch politisch-brisante<br />

Themen, die sein viel-<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

schichtiges Gesamtwerk prägen. Das<br />

Festland-China bereiste Scheler für den<br />

Stern 1967 – zu Beginn (und anlässlich)<br />

der so genannten Kulturrevolution.<br />

Auf dieser Reise ins »Reich der Mitte«<br />

wurden ihm »Aufpasser« an die Seite<br />

gestellt, die peinlich genau darauf achteten,<br />

dass der westliche Besucher nicht<br />

etwas aufnahm, das der chinesischen<br />

Propaganda widersprach. Doch Scheler<br />

war nicht offiziell als Photograph im<br />

Lande, sondern inoffiziell als Tourist;<br />

und so gelang es ihm, Bilder zu machen,<br />

die auch den ungeschönten Alltag zeigten:<br />

alte Männer in den Straßen oder<br />

vor Tempeln, spielende Kinder oder<br />

auch eine Gruppe von missgelaunten<br />

Frauen, die alle die gleiche Mao-Gipsbüste<br />

präsentieren. Scheler konnte sich<br />

und seinen Stil grundsätzlich der Situation<br />

und dem Auftrag anpassen, ohne<br />

sich von den herrschenden Regeln einengen<br />

zu lassen.<br />

Es waren die Photojournalisten, die<br />

den Menschen die Welt durch die<br />

Illustrierten bis ins Wohnzimmer<br />

brachten. Dieser aufklärerische und<br />

humanitäre Impuls war typisch für<br />

Scheler; und ab Mitte der Siebzigerjahre<br />

hat er als Bildchef zunächst von<br />

GEO, später von Merian der nächsten<br />

Photographen-Generation die Chance<br />

gegeben, im Auftrag der Magazine<br />

zu reisen. Schelers eigene Bilder<br />

erzählen von den großen menschlichen<br />

Emotionen, von Freunde und Trauer,<br />

Begeisterung und Verzweiflung; sie<br />

lassen das Damals lebendig werden.<br />

Was er in dem Vierteljahrhundert als<br />

aktiver Photograph geschaffen hat, ist<br />

einzigartig.<br />

Matthias Harder<br />

31. Mai bis 31. Juli <strong>2011</strong><br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – So 12 – 18 Uhr<br />

13


Galerien<br />

Gerhard Kassner<br />

»Berlinale Portraits«<br />

2003 – 2010<br />

Das Leben ist kurz und jede Minute<br />

zählt. Besonders, wenn man weltberühmte<br />

Stars vor der Linse hat...<br />

Seit 2003 lichtet der Berliner Fotograf<br />

Gerhard Kassner (*1959) nationale und<br />

internationale Celebrities des Berlinale<br />

Wettbewerbs und des Panoramas ab.<br />

Jahr um Jahr entstehen so neue intime,<br />

eindringliche und manchmal auch witzige<br />

Porträts. Großformatige Momentaufnahmen<br />

für die Ewigkeit.<br />

Mit ca. 35 Fotografien aus den Jahren<br />

2003 – 2010 präsentiert das Hotel Bogota<br />

einen kleinen Auszug aus Kassners Portfolio<br />

und stimmt auf die diesjährigen 61.<br />

Internationalen Filmfestspiele in Berlin<br />

ein. Zwar fernab des roten Teppichs,<br />

aber mit derselben Intensität und erhöhten<br />

Konzentration im Blick »begegnen«<br />

wir Nicole Kidman, den Rolling Stones,<br />

Jack Nicholson und Kate Winslet, Seite<br />

an Seite mit Doris Dörrie, Martin Scorsese<br />

und Madonna.<br />

Parallel zum Auftakt der Kosslick-Ära<br />

hatte Gerhard Kassner 2003 begonnen,<br />

die erst in diesem Jahr verfügbare,<br />

hochauflösende Digitaltechnik einzusetzen,<br />

welche das bis dahin genutzte<br />

Polaroidverfahren ablöste, und größere<br />

Portraits möglich machte. In einheitlichem<br />

Stil, auf einer Größe 80 x 120 cm<br />

und mit freundlicher Unterstützung von<br />

Canon, fertigt Kassner 3x täglich, immer<br />

vor der jeweiligen Pressekonferenz, die<br />

Portraits an.<br />

Sein Studio befindet sich in der VIP-<br />

Lounge, die im Pressezentrum des<br />

Grand Hyatt ist. Nach der Begrüßung,<br />

Make-up Auffrischung und ein wenig<br />

Smalltalk bleiben oftmals nur 1 - 3<br />

Minuten, um den Star und dessen Aura<br />

einzufangen. Bei der wenige Stunden<br />

später stattfindenden Filmpremiere geht<br />

es über den roten Teppich zum Signieren<br />

der Bilder. Anschließend werden<br />

14 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Gerhard Kassner vor seinen Portraits, Berlinale Palast, 2007, Foto: Dirk Michael Deckbar<br />

Schauspielerin Sarah Polley, Berlinale Portrait 2010, Potsdamer Platz, Foto: Gerhard Kassner<br />

diese im Berlinale Palast ausgestellt. Auf<br />

diese Art entstehen jedes Jahr zwischen<br />

100 und 120 Portraits, welche sich auf<br />

die fünf Etagen des Berlinale Palastes<br />

verteilen.<br />

www.bogota.de<br />

bis 11. April <strong>2011</strong><br />

Hotel Bogota<br />

Schlüterstraße 45<br />

10707 Berlin-Charlottenburg<br />

Mo – So 11 – 23 Uhr


Hein Gorny<br />

Adolph C. Byers<br />

Friedrich Seidenstücker<br />

»Hommage à Berlin«<br />

Photographien 1945-1946<br />

Mehr als 65 Jahre später als geplant, im<br />

Mai <strong>2011</strong>, wird das nie realisierte Buchprojekt<br />

»In Memoriam« der Photographen<br />

Hein Gorny (1904 – 1967) und<br />

Adolph C. Byers (1913 - 1974) in Form<br />

einer Ausstellung und einer Publikation<br />

unter dem Titel »Hommage à Berlin« in<br />

der Berliner Collection Regard präsentiert.<br />

1945 hatten sich der deutsche Photograph<br />

Hein Gorny und der US-Amerikaner<br />

Adolph C. Byers zusammengetan,<br />

um eine abenteuerliche, damals<br />

fast unmögliche Photoexkursion zu<br />

begehen. Entstanden sind einzigartige<br />

Luftaufnahmen, die die Stadt Berlin<br />

und deren Zerstörung durch den Krieg<br />

dokumentieren. Mit einer durch die<br />

Neue Sachlichkeit geprägten Bildsprache,<br />

für die Gorny bereits durch seine<br />

viel publizierten Tier- und Werbeaufnahmen<br />

bekannt geworden war, sowie<br />

dramatischen Hell-Dunkel-Kontrasten,<br />

werden die Ruinen ehemals bedeutender<br />

Bauwerke auf eindrucksvolle<br />

Weise photographisch nachgezeichnet.<br />

So rücken Ansichten solcher Bauten,<br />

wie das Brandenburger Tor, der Reichstag,<br />

der Gendarmenmarkt oder der Alexanderplatz,<br />

die zum tradierten Repertoire<br />

der Berlin-Bilder gehören, in den<br />

Blick. Hein Gorny konzentrierte sich<br />

aber auch auf weniger bekannte Architekturen,<br />

wie den Kaiserhof, die Ahmadiyya-Moschee<br />

in Wilmersdorf oder<br />

den Gasometer in der Nähe des Victoria-Luise-Platzes.<br />

Die eingangs genannten Luftaufnahmen<br />

werden durch Photographien<br />

ergänzt, die Gorny und Byers auf dem<br />

Boden Berlins aufgenommen haben.<br />

Mit weiteren Aufnahmen des Tierphotographen<br />

Friedrich Seidenstücker, der<br />

auch als einer der Pioniere der unprätentiösen<br />

Street Photography gilt, gelang<br />

Hein Gorny und Adolph C. Byers eine<br />

Hein Gorny, Adolph C. Byers, Brandenburger Tor, 1945 – 1946<br />

Copyright Hein Gorny / A.C. Byers - Collection Regard<br />

Hein Gorny: (Siegesallee, Tiergarten., Berlin),<br />

1945-1946, Silbergelatineabzug/gelatin silver<br />

print, 17,3 x 23,2; (18,1 x 23,8), Copyright<br />

Hein Gorny - Collection Regard<br />

unverwechselbare, kraftvolle wie einfühlsame<br />

Assemblage von Nachkriegszeugnissen.<br />

Alle 80 Silber Gelatine Photographien<br />

stammen aus der Collection Regard von<br />

Marc Barbey. Seit 2005 widmet sich der<br />

in Paris gebürtige Geschäftsmann dem<br />

Aufbau seiner Sammlung, die von den<br />

Anfängen der Photographie bis hin zu<br />

den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts<br />

reicht. Neben dem umfangreichen<br />

Œuvre von Hein Gorny, mit dessen<br />

Nachlassverwaltung die Collection<br />

Regard betraut ist, beinhaltet diese u.a.<br />

auch Werke von Lotte Jacobi, Heinrich<br />

Riebesehl, Siegfried Lauterwasser und<br />

Robert Capa.<br />

7. Mai bis 9. Oktober <strong>2011</strong><br />

Collection Regard<br />

Kontakt: Marc Barbey<br />

Steinstraße 12<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

Zusammen mit dem künstlerischen<br />

Leiter, Antonio Panetta, arbeitet Barbey<br />

kontinuierlich an der Verfeinerung und<br />

Erweiterung des fotografischen Repertoires.<br />

Hierbei liegt ein besonderer Schwerpunkt<br />

auf dem Thema »Berlin« und der<br />

deutschen Photographie im Allgemeinen.<br />

Die Sammlung selbst liegt in Berlin-<br />

Mitte und hat sich zum Ziel gesetzt,<br />

neben der Präsentation verschiedener<br />

thematischer Ausstellungen als Ort des<br />

internationalen Dialogs und der fokussierten<br />

Auseinandersetzung mit der Photographie<br />

zu fungieren.<br />

Anlässlich der Ausstellung »Hommage<br />

à Berlin« erscheint im Mai ein gleichnamiges<br />

Buch mit einem Text des Photohistorikers<br />

und Berlinkenners Enno<br />

Kaufhold.<br />

Fr 14 – 19 Uhr<br />

und nach terminlicher Vereinbarung<br />

15


Galerien<br />

Abschlussarbeiten der<br />

Fotoklasse 25<br />

Julia Bahr,<br />

Sibylle Brühn,<br />

Jan Dams,<br />

Daniel Gebhardt,<br />

Johanna Henning,<br />

Tanya Kahana,<br />

Herbert Leass,<br />

Erika Mor,<br />

Beate Ronneburger,<br />

Claudia Warstedt,<br />

Nina von Waechter<br />

Künstlerische Leitung:<br />

Ursula Kelm<br />

»Ich fotografiere, um herauszufinden,<br />

wie etwas aussieht, wenn es fotografiert<br />

wurde«. (Garry Winogrand)<br />

Nach zehn Monaten intensiver Auseinandersetzung<br />

mit den Möglichkeiten<br />

des Mediums Fotografie, stehen die elf<br />

Teilnehmer der 25. Fotoausbildungsklasse<br />

der Berliner Galerie imago fotokunst<br />

nun vor den Ergebnissen ihrer<br />

fotografischen Beschäftigung und präsentieren<br />

vom April bis Mai <strong>2011</strong><br />

einen Überblick ihrer Abschlussarbeiten.<br />

Ob klassische Street Photography,<br />

persönliche Portraits, hyperrealistisch<br />

Inszeniertes, Abstraktes, Märchenhaftes,<br />

Schrill-Farbiges oder Kontrastreiches<br />

in Schwarz-Weiß: Die Ausstellung<br />

lotet unterschiedliche ästhetische Spielräume<br />

des Mediums aus und dokumentiert<br />

zugleich die Auseinandersetzung<br />

der Ausbildungsklasse mit Geschichte<br />

und Technik der Fotografie.<br />

Jeder der Teilnehmer war unermüdlich<br />

auf der Suche nach seiner ureigenen<br />

Foto-Serie, seinem persönlichen<br />

16 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Johanna Henning<br />

© Claudia Warstedt © Daniel Gebhardt<br />

Motiv, den besten seiner Bilder. Zahlreiche<br />

Bilder wurden vorgeschlagen,<br />

diskutiert und dann einige doch wieder<br />

verworfen. Die unermüdliche Suche<br />

ging weiter: Plötzlich tauchen Barbie-<br />

Puppen zwischen 50er Jahre Vasen auf,<br />

entfalteten argentinische Wasserfälle ihr<br />

Rauschen, abstrakte Farbspiele kreuzten<br />

Kreuzberger Straßenzüge, nächtliche<br />

Tankstellen warfen ihre Schatten<br />

voraus und neben filmischen Waldgängen<br />

im Nirgendwo wurden faszinierende<br />

Frauenportraits sichtbar. Die Vielzahl<br />

der visuellen Eindrücke und Perspektiven<br />

zu einem Gesamteindruck zu<br />

formen, so lautete am Ende die Hauptaufgabe<br />

des Kurses unter der künstlerischen<br />

Leitung von Ursula Kelm. Was ist<br />

der richtige Bildausschnitt, eine gelungene<br />

Komposition oder eine, dem Motiv<br />

angemessene Technik? Wann ist ein Bild<br />

abstrakt und soll es genauso oder doch<br />

anders sein? Was erzählt eine Aufnahmetechnik<br />

oder ein bestimmtes Motiv?<br />

© Herbert Leass


© Jan Dams<br />

© Nina von Waechter © Beate Ronneburger<br />

© Tanya Kahana<br />

Und was verschweigt es oder deutet es<br />

nur an? Diese und viele andere Fragen<br />

wurden lang und lebhaft im Kreis der<br />

angehenden Fotografen diskutiert. Klar<br />

war dabei meist, dass es keine einfachen<br />

und keine fertigen, auf alle Fotos<br />

gleichermaßen anwendbaren Antworten<br />

geben kann. Es entspann sich ein<br />

intensiver künstlerischer Dialog, der<br />

den gezeigten Fotos sehr zugute kam.<br />

Jeder Teilnehmer hat so seinen eigenen<br />

Weg wählen und finden können, überzeugende<br />

Bilder bei imago fotokunst in<br />

der Berliner Linienstraße zu präsentieren.<br />

Daniel Gebhardt<br />

Eröffnung<br />

am 29.April <strong>2011</strong>,19 Uhr<br />

© Erika Mor<br />

© Sibylle Brühn<br />

© Julia Bahr<br />

30. April bis 28. Mai <strong>2011</strong><br />

imago fotokunst<br />

Linienstraße 145<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

Di – Fr 12 – 19 Uhr<br />

Sa 14 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

17


Galerien<br />

Margarita Broich<br />

»Wenn der Vorhang<br />

fällt«<br />

Fotografien<br />

Als Schauspielerin zählt Margarita<br />

Broich zu den Großen, als Fotografin ist<br />

sie für viele eine Neuentdeckung. Erstmals<br />

zeigt der Martin-Gropius-Bau eine<br />

Werkgruppe der Künstlerin mit über 60<br />

Künstlerportraits, darunter Ben Becker,<br />

Kate Winslet, Veronika Ferres, Klaus<br />

Maria Brandauer, Christoph Schlingensief,<br />

Thomas Quasthoff u.v.m. Margarita<br />

Broichs hält darin flüchtige Momente<br />

fest, wenn die Rolle den Künstler verlässt<br />

in den Pausen oder wenige Minuten<br />

nach dem Ende der Vorstellung. Die<br />

Rolle steht den Spielern noch ins Gesicht<br />

geschrieben, die Welt der Kulissen und<br />

Spiegel umgibt sie noch, aber sie spielen<br />

nicht mehr. Sie befinden sich in Garderoben,<br />

in Theaterfluren oder beim Maskenbildner.<br />

Sie schminken sich ab, sind<br />

umgeben von den Utensilien ihrer Verwandlung.<br />

Broich portraitiert die Künstler mit dem<br />

Instinkt einer Kollegin. Ihre Fotografien<br />

fangen renommierte und zu ihrem<br />

Bekanntenkreis gehörende Künstler in<br />

jenen Momenten ein, da sie aus ihrer<br />

eben gespielten Rolle von der Bühne<br />

zurückkehren. So nüchtern die äußere<br />

Situation der Aufnahmen bisweilen<br />

erscheint, so besitzt jede Fotografie<br />

doch ihren eigenen Charme. Dem<br />

Betrachter geben die Fotografien Blicke<br />

frei, die zu den intimsten im Bühnengeschäft<br />

gehören: Martin Wuttke mit blonder<br />

Warhol-Mähne und Pudel Taxi, rauchend<br />

nach der Vorstellung von »Gretchens<br />

Faust«. Klaus Maria Brandauer<br />

nach 10-stündigem Wallenstein-Epos<br />

auf einem Hocker mit Bierflasche sitzend.<br />

Es sind Momentaufnahmen voller<br />

Spannung.<br />

Margarita Broich, 1960 in Neuwied<br />

geboren, studierte zunächst Fotodesign<br />

in Dortmund und arbeitet als Theaterfotografin<br />

am Bochumer Schauspielhaus<br />

unter Claus Peymann, bevor sie<br />

selbst Schauspiel an der Hochschule der<br />

Künste in Berlin studierte. Seitdem ist<br />

sie an zahlreichen deutschsprachigen<br />

18 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Ben Becker, Jedermann, Salzburger Festspiele, 17.8.2010, © Margarita Broich<br />

Bühnen und in Fernsehfilmen präsent<br />

und arbeitet mit Regisseuren wie Claus<br />

Peymann, Robert Wilson und früher mit<br />

Christoph Schlingensief zusammen<br />

Katalog<br />

Margarita Broich und Hanns Zischler<br />

»Wenn der Vorhang fällt«,<br />

Schauspielerportraits<br />

112 Seiten, 70 Abbildungen, 26,5 x 24,5<br />

cm, zweisprachig deutsch/englisch<br />

Alexander Verlag<br />

Museumsausgabe 15,- Euro<br />

Buchhandelsausgabe 28,- Euro<br />

ISBN 978-3-89581-248-4<br />

bis 30. Mai <strong>2011</strong><br />

Martin-Gropius-Bau<br />

Niederkirchnerstraße 7<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Mi – Mo 10 – 20 Uhr<br />

Dienstags geschlossen


KARIN SZÉKESSY<br />

»LES FILLES DANS<br />

L´ATELIER«<br />

Karin Székessy portraitiert seit den<br />

60iger Jahren in ihren Aktphotographien<br />

nicht das Reale, sondern begibt<br />

sich auf die Suche nach der Wahrheit<br />

hinter dem scheinbar Ersichtlichen. In<br />

Licht- und Schattenspielen, verzerrten<br />

Perspektiven oder artifiziellem Farbenspiel<br />

inszeniert Karin Székessy den Akt<br />

als vielschichtiges Bildnis. Leidenschaft,<br />

Einsamkeit und Schönheit zeigen sich<br />

in Zeit und Raum mit einer melancholischen<br />

Poesie in den Photographien, die<br />

wie Maren Deicke feststellt, mit »zum<br />

Teil objekthaft ästhetisierten Körper im<br />

weichen Tageslicht, (...) in denen selbst<br />

sexuelle Schlüsselreize wie Busen oder<br />

Schenkel ohne Aggressivität, ohne die<br />

Herausforderung: `Nimm mich, wenn<br />

Du kannst´.... dargestellt werden.«<br />

© KARIN SZÉKESSY, »Mme Recamier«, 1975<br />

Meist wird in ihren Aufnahmen die<br />

feminine Erotik, die weibliche Eleganz<br />

zelebriert - `Madame Recamier´ (1975)<br />

gehört zu den Klassikern der Bildgeschichte.<br />

Entblößt und doch vielsagend<br />

verhüllt wirkt Karin Székessy in ihren<br />

Arbeiten durch Posen, Draperien und<br />

Requisiten der Trivialität purer Nacktheit<br />

entgegen. Ihre hüllenlosen Modelle<br />

verbergen ihre Identität teilweise hinter<br />

Accessoires und Masken wie in `La<br />

belle et la bête´, sie posieren sinnlich<br />

mit einer unwirklichen Körperblässe<br />

oder inszenieren sich wie `Madame<br />

est seule ´ in manieristischer Art. Karin<br />

Székessy führt den Betrachter in eine<br />

Traumwelt und umgibt den weiblichen<br />

Körper mit Rätseln und Geheimnissen.<br />

© KARIN SZÉKESSY, »Schattenhand«, 2000<br />

Nach Max Bense zeigen »ihre Schöpfungen<br />

das doppelte Gesicht der Realität«,<br />

auch wenn sie bemerkt: »Ich photographiere<br />

weibliche Körper und dirigiere<br />

sie, damit sie schön sind.«<br />

In Karin Székessys Aktphotographien<br />

entstehen Körperlandschaften der Sanftheit<br />

und Stille, frei von Bewertungen<br />

und Sichtweisen, unberechenbar und<br />

voller Überraschungen.<br />

Miriam Stewering<br />

bis 30. April <strong>2011</strong><br />

Johanna Breede<br />

PHOTOKUNST<br />

Fasanenstraße 69<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – Fr 11 – 18 Uhr<br />

Sa 11 – 16 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

© KARIN SZÉKESSY, »Im Studio VII«, 1974<br />

19


Galerien<br />

Amin El Dib<br />

»empty rooms«<br />

Der experimentelle Ausstellungsraum<br />

»in our empty rooms«, einer Textzeile<br />

aus T.S. Eliots »The Waste Land« entlehnt<br />

und später zu »empty rooms«<br />

verknappt, bestand in Berlin-Kreuzberg<br />

von 1996 bis 1999. Der Berliner<br />

Kunsthistoriker Matthias Harder und<br />

der griechische Künstler Thrafia Daniylopoulos<br />

initiierten den Raum in dessen<br />

Privatwohnung, später kamen als Kuratoren<br />

noch Sotirios Bahtsetzis, Gritta<br />

Ewald und Sarah Canarutto hinzu. Die<br />

Idee war eine Art Salon mit sonntäglichen<br />

Vernissagen und Finissagen. Der<br />

Ausstellungsschwerpunkt lag auf dem<br />

Medium Installation, doch auch Objektkunst<br />

oder Photographie wurde für die<br />

monatlich wechselnden Präsentationen<br />

ausgewählt.<br />

Amin El Dib hat mit seiner Bildserie<br />

der Künstler und Kuratoren von »empty<br />

rooms« etwas Interessantes versucht –<br />

und es ihm gelungen: Eine unkonventionelle<br />

Dokumentation kreativer Menschen,<br />

die – jenseits einer mimetischen<br />

Ähnlichkeit des Menschen mit sich<br />

selbst – eine Art künstlerische Selbstrepräsentation<br />

im privaten Kontext darstellt.<br />

Der Berliner Photograph verwandelt<br />

die Wohnungen oder Studios<br />

der Protagonisten gewissermaßen in<br />

eine Bühne; er selbst wird zum Regisseur<br />

eines seltsamen Schauspiels. Die<br />

Künstler und Kuratoren werden mehrfach<br />

aufgenommen und schließlich<br />

(meist) in Triptychen vorgestellt. Es sind<br />

drei völlig unterschiedliche Szenen, ja<br />

Akte eines Stückes, das sich der Photograph<br />

individuell und teilweise spontan<br />

für sie ausgedacht hat. Es geht ihm wohl<br />

auch um die Aufhebung der traditionellen<br />

Verbindung von Künstler und Werk<br />

im Künstlerbildnis. So entstanden in den<br />

vielen Einzelsitzungen über einen Zeitraum<br />

von mehreren Jahren keine Repräsentationsporträts.<br />

Gleichzeitig erscheinen<br />

die Künstler in ihrem Arbeitskontext<br />

oder im Ausstellungsraum, teilweise<br />

mit oder vor den von ihnen verwendeten<br />

oder herumliegenden Materialien:<br />

Karin Rosenberg beispielsweise verschwindet<br />

hinter einer Bahn Luftpols-<br />

20 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Amin El Dib, »Brigitte Waldach«<br />

terfolie, Catrin Otto unter einem Sitzsack,<br />

manche werden über Körperdetails,<br />

vorzugsweise über Hände, oder<br />

über Spiegelungen ihrer Körper charakterisiert,<br />

einige Künstler blicken<br />

konzentriert und andere beiläufig in<br />

die Kamera.<br />

In Gänze betrachtet, mutet die Zusammenstellung<br />

der hier als Bildnisse versammelten<br />

Menschen möglicherweise<br />

etwas willkürlich an – doch der verbindende<br />

Punkt bleibt »empty rooms«,<br />

eine lockere Vereinigung von kulturell<br />

Gleichgesinnten und Überzeugungstätern,<br />

vergleichbar einer Produzentengalerie,<br />

die als Institution einige Zeit später<br />

in Berlin bekanntlich Hochkonjunktur<br />

hatte. Es war ein internationales Projekt,<br />

das bereits damals die Internationalität<br />

der in Berlin lebenden Künstler<br />

offenbarte, verbunden mit einer Londoner<br />

Partnerinstitution, dem Museum of<br />

Installation.<br />

Von den raumbezogenen Arbeiten<br />

selbst sieht man in diesen S/W Photographien<br />

nichts, es geht Amin El Dib<br />

schließlich auch nicht um Kunstdokumentation,<br />

sondern um die Künstler und<br />

Organisatoren dahinter. »empty rooms«<br />

war bezüglich Besucherresonanz und<br />

Medienecho ein großer Erfolg, ökonomisch<br />

jedoch ein Desaster, denn alles<br />

wurde auf eigene Kosten ohne jegliche<br />

Drittmittelfinanzierung organisiert. Das<br />

konnte natürlich keine Zukunft haben,<br />

und so starb das Projekt in zwei Schritten:<br />

zunächst, als »empty rooms« 1999<br />

aus der Kreuzberger Linienstraße (später:<br />

Axel-Springer-Straße) aus- und in die<br />

Studiogalerie im Haus am Lützowplatz<br />

einzog und gänzlich, nachdem die fünf<br />

dort verabredeten Ausstellungen organisiert<br />

waren. In dieser Umbruchphase<br />

jedoch entstanden die meisten Porträts<br />

von Amin El Dib.<br />

Es sind häufig Grenzbereiche, die der<br />

Photograph betritt und die uns nicht<br />

unbeeindruckt lassen, ja teilweise verstören<br />

können. Auch in den Porträts der<br />

26teiligen »empty rooms«-Serie irritieren<br />

uns die mitunter radikalen, durch<br />

den Bildrand determinierten Schnitte<br />

durch die Köpfe der Künstler – ein künstlerisches<br />

Stilmittel, das seit der damals<br />

avantgardistischen Photographie des<br />

»Neuen Sehens« Verwendung findet.<br />

Jenseits von Aufträgen und somit Zwängen<br />

seitens Zeitschriften oder der Porträtierten<br />

sind Amin El Dibs Bildnisse<br />

im wahrsten Wortsinn freie Arbeiten. So<br />

etwas kann nur im engen Zusammenspiel<br />

zwischen dem Photographen und<br />

seinem Gegenüber entstehen, indem<br />

die Protagonisten nämlich auf die ungewöhnlichen<br />

Bildideen eingehen und<br />

gleichsam mitspielen. Das Echo der<br />

Kunst, repräsentiert durch die Künstler<br />

und Kuratoren, hallt in den Photographien<br />

von Amin El Dib vielfach und<br />

subtil wider.<br />

Matthias Harder<br />

Vernissage: 13. April <strong>2011</strong>, 19 Uhr<br />

14. April bis 22. Mai <strong>2011</strong><br />

PHOTOPLATZ<br />

im Hotel Bogota<br />

Schlüterstraße 45<br />

10707 Berlin-Charlottenburg<br />

Mo – So 11 – 23 Uhr


Knut Wolfgang Maron<br />

»Dakota -Bar, Barns<br />

and rotten cars«<br />

Mit seinen neuen Farbfotoarbeiten zeigt<br />

Knut Wolfgang Marin Maron Einblicke<br />

in die Vergänglichkeit des amerikanischen<br />

Traums.<br />

Beispielhaft für die Kultur der amerikanischen<br />

Wegwerfgesellschaft, die sich<br />

zuguterletzt selbst entsorgen muss, zeigt<br />

der Pionier der zeitgenössischen Farbfotografie<br />

erstmals einen repräsentativen<br />

Auszug aus seinem neuen umfangreichen<br />

Zyklus. In seiner Ästhetik, die<br />

Vanitas darstellt, entwickelt Maron ein<br />

Szenario der schönen neuen Welt, die<br />

in der dialektisch interpretierten Schönheit<br />

des Zerfalls, an die Visionen eines<br />

Andrei Arsenjewitsch Tarkowski, erinnert.<br />

Der amerikanische Traum wird<br />

zum schöngefärbten Alptraum.<br />

© Knut Wolfgang Maron<br />

»Das Universum Knut Marons überrascht<br />

weder durch befremdende<br />

Formen noch durch neue Sujets. Seine<br />

tiefgreifende Andersartigkeit ist nicht<br />

mehr Ergebnis eines Abweichens von<br />

den bisher zulässigen Grenzen der<br />

Kunst. Sie resultiert vielmehr aus einer<br />

meditativen Rückkehr der Kunst zu sich<br />

selbst, aus einer Vertiefung ihrer zeitlosen<br />

Wahrheiten. Knut Maron schockiert<br />

uns nicht, er sieht die Dinge nur anders.<br />

© Knut Wolfgang Maron<br />

Die Kunst partizipiert hier nicht mehr an<br />

dem Vorwärtsdrang moderner Zivilisation<br />

mit ihren technologischen Durchbrüchen<br />

und revolutionären Ambitionen.<br />

Und genau dadurch befreit sie<br />

sich von einer letzten Hörigkeit, nämlich<br />

derjenigen, sich der Entwicklung<br />

der uns umgebenden Gesellschaft anzudienen,<br />

ja sich ihr anzuhängen.<br />

Weil er die Grundgegebenheiten<br />

seines Mediums mit der Beherrschung<br />

eines neu geschaffenen Universums<br />

in Übereinstimmung bringt, hat er es<br />

nicht nötig, etwas zu vertuschen oder<br />

nachzuweisen. So kommt er zu der<br />

Farbenskala, die uns erstaunt und in<br />

eine andere Welt versetzt, wo unsere<br />

gewohnten Vorstellungen von Altem<br />

und Neuem, von Natürlichem und<br />

Künstlichem, von Realismus und Traum<br />

nicht mehr gelten, da sie durch eine<br />

souveräne Vision ersetzt worden sind«.<br />

Jean Claude Lemagny<br />

»Sich zum Blick machen, zum reinen<br />

aufmerksamen Blick, nicht berühren,<br />

nicht stören, nicht aufrühren - für Knut<br />

Maron ist die ehrfürchtige Betrachtung<br />

vielleicht die Haltung menschlichen<br />

Seins schlechthin. Auf die Natur, die uns<br />

ihre Flüsse, ihre verletzten Eingeweide,<br />

ihre Felsen und Bäume entgegenhält,<br />

gibt es eine mögliche Antwort: Die<br />

Gabe des Blickes.«<br />

Dominique Baqué<br />

© Knut Wolfgang Maron<br />

bis 28. Mai <strong>2011</strong><br />

Galerie zone B<br />

Brunnenstraße 149<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

Maron studierte an der Folkwangschule<br />

in Essen in der Klasse Prof. Dr. Otto Steinert<br />

und Prof. Erich vom Endt gemeinsam<br />

mit Gosbert Adler, Joachim Brohm<br />

und Andreas Gursky. Wesentliche Prozesse<br />

der Auseinandersetzung unter den<br />

Folkwangschülern spielten sich dabei<br />

im Farblabor der ersten, von Erich vom<br />

Endt an einer deutschen Hochschule<br />

,konzipierten professionellen Farbfotoabteilung<br />

ab. Erste Farbarbeiten Marons<br />

von 1979 stellte Ute Eskildsen bereits<br />

1981 im Museum Folkwang aus . Knut<br />

Maron erhielt neben zahlreichen Stipendien<br />

und Preisen bereits 1993 den<br />

Leopold Godowsky Jr. Award für Farbfotografie<br />

des Photographic Recource<br />

Centers , Boston USA. Knut Maron ist<br />

in zahlreichen Sammlungen vertreten<br />

u.a. im Museum Folkwang, Essen im<br />

Museum Ludwig, Köln in der Staatsgalerie<br />

Stuttgart, dem Musee Europeen de la<br />

Photo , Paris der Bibliotheque Nationale<br />

de France, Paris dessen Direktor obiges<br />

Zitat zu Marons Bildern über Landschaften<br />

verfasste.<br />

Do 11 – 18 Uhr<br />

Fr + Sa 11 – 18 Uhr<br />

nach telefonischer Vereinbarung<br />

21


Galerien<br />

Stefanie Seufert<br />

»Photographische<br />

Aggregatzustände«<br />

Wenn Stefanie Seufert Objekte für ihre<br />

Bilder auswählt, geht es ihr zunächst um<br />

deren allgemeine Zugänglichkeit: Deshalb<br />

entscheidet sie sich beispielsweise<br />

für Eier, Tabletts, Drahtkörbe und Nadelbäume,<br />

die sie vor neutralen Hintergründen<br />

platziert. Sie möchte vermeiden,<br />

dass der Gegenstand fremd erscheint.<br />

Gleichzeitig erschafft sie Abbilder, die<br />

uns die Dinge neu sehen lassen. Ihre Bildideen<br />

und Konzepte sind immer eng<br />

mit dem verwendeten Material verknüpft.<br />

Seufert wählt souverän für eine<br />

konkrete Sequenz einen experimentellen<br />

Aggregatzustand zwischen Realismus<br />

und Abstraktion und zielt darin auf<br />

das Skulpturale des Objektes ab; sie verwandelt<br />

gewissermaßen das Echte in ein<br />

Modell seiner selbst. Ihre Photographie<br />

entspricht daher weniger einer Behauptung<br />

als vielmehr einer Vermutung.<br />

Die Natur ist ein seit den Anfängen des<br />

Mediums weit verbreitetes Motiv, und<br />

der Wald wiederum – mit all seinen<br />

Konnotationen – wird besonders oft thematisiert.<br />

Dies ist in Deutschland sicher<br />

keine Überraschung, wo doch beispielsweise<br />

Märchen wie »Hänsel und Gretel«,<br />

aber auch die deutschen Romantiker bis<br />

hin zum Photographen Stefan Moses<br />

auf den Wald als wichtigen Referenzpunkt<br />

im jeweiligen Werk rekurrieren.<br />

Der Wald wird vermeintlich von Elfen,<br />

Trollen und Geistern bevölkert, er wird<br />

gelegentlich mit dem Unheimlichen<br />

gleichgesetzt, und jeder Baum steht<br />

© Stefanie Seufert »o.T.«, 2009/10,<br />

Farbfotografien, je 40 x 30 cm<br />

22 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

über die Gleichung Lebensbaum-Weltenbaum<br />

für ein Individuum und seine<br />

Verwurzelung in der Gesellschaft. Doch<br />

bei Seufert ist all das nur eine hintergründige<br />

Referenzfolie; sie zeigt etwa<br />

Nadelbäume im radikalen Anschnitt mit<br />

hellem Himmel als Fond, als wollte sie<br />

alles Dunkle und Mystische des Waldmotivs<br />

eliminieren. Tannen und Fichten<br />

stehen bekanntermaßen auch in Stadtparks<br />

oder deutschen Vorgärten, präzise<br />

gepflanzt, bewusst platziert wie ein<br />

Setztischchen im Wohnzimmer des Einfamilienhauses.<br />

Durch den ausschnitthaften<br />

Blickwinkel ihrer Kamera zeigt<br />

sie zwar einen konkreten Baum, aber<br />

weder dessen Umfeld noch Stamm oder<br />

Wurzeln. Die fehlende Kontextualisierung<br />

macht aus dem einzelnen, stattlichen<br />

Nadelgewächs gleichsam den<br />

Typus eines Baumes – und eine abstrakte<br />

Form. Denn das flächige, meist hochformatige<br />

Bild kann formal durchaus auf<br />

bloße Dreiecksformen oder angedeutete<br />

Risslinien reduziert werden. Dieses<br />

Wechselverhältnis zwischen Materialität<br />

und Bildinformation einerseits und<br />

Reduktion der Objekthaftigkeit andererseits<br />

macht die Spannung im Werk<br />

Seuferts aus.<br />

Auch wenn die Dinge unmanipuliert für<br />

sich selbst stehen, kann in der Rezeption<br />

der ebenso einfachen wie klaren<br />

Motive beim Betrachter eine Verunsicherung<br />

aufkommen, dies spricht ebenfalls<br />

für die besondere Intensität ihres<br />

Werkes. Es sind Bilder für den zweiten<br />

Blick. So rückt Stefanie Seufert in<br />

ihrem Triptychon eines gemusterten<br />

Holztabletts einerseits den Alltagsgegenstand<br />

in den Mittelpunkt, andererseits<br />

eine auf Flächen und Linien reduzierte<br />

Form. Sie photographiert das<br />

Tablett zunächst als liegendes Objekt,<br />

© Stefanie Seufert »o.T.«, 2009/10,<br />

Farbfotografien, je 40 x 30 cm<br />

kippt es für die zweite Aufnahme ein<br />

wenig in die Fläche, wodurch sich das<br />

illusionistische Muster einer flächigen<br />

Wabenform zu verräumlichen scheint.<br />

In der letzten Aufnahme schließlich ist<br />

das Tablett in einer Draufsicht wiedergegeben,<br />

wodurch dieses als Fläche,<br />

die Binnenzeichnung jedoch wie in<br />

einem Escher-Bild aus dreidimensionalen<br />

Würfelformen zu bestehen scheint –<br />

eine simple wie enigmatische Metamorphose<br />

im Dreischritt. Die Suche nach<br />

solchen formalen Prinzipien exemplifiziert<br />

sie an gewöhnlichen Dingen. Der<br />

ältere Kollege und ehemalige Hochschullehrer<br />

Timm Rautert fand für ähnliche<br />

Experimente in den 1970er Jahren<br />

den Begriff der »bildanalytischen Photographie«.<br />

Auch er zerlegte in seiner<br />

medial selbstreflexiven Arbeit die Photographie<br />

als Medium gewissermaßen<br />

in ihre Bestandteile.<br />

Manche ihrer Experimente sind in<br />

der Photographiegeschichte verankert,<br />

etwa die Aufnahmeserie mit dem<br />

Ei: Stefanie Seufert rekurriert hier auf<br />

Hans Finsler oder die Lehre am Bauhaus,<br />

gleichzeitig verbindet sie die Bildidee<br />

subtil mit einem formalen photographischen<br />

Trick: Sie photographiert<br />

zunächst bildmittig ein handelsübliches<br />

weißes Hühnerei auf schwarzem<br />

Grund und stellt davon ein Umkehrnegativ<br />

her. In zehn Zeitintervallen legt sie<br />

das Negativ jeweils wiederum auf ein zu<br />

belichtendes Photonegativ; so entsteht<br />

eine technisch anspruchsvolle, unbetitelte<br />

Serie, die sich aus einer Photographie,<br />

dem Umkehrnegativ und neun<br />

Photogrammnegativen in unterschiedlich<br />

kontrastierenden Grauwertabstufungen<br />

zusammensetzt. Die puristisch<br />

anmutende Sequenz gleicht einer Versuchsanordnung,<br />

einer wissenschaftli-<br />

© Stefanie Seufert »o.T.«, 2009/10,<br />

Farbfotografien, je 40 x 30 cm


© Stefanie Seufert »1-01«, 2006, Farbfotografie, 140 x 98 cm<br />

chen Typologie zum binären System;<br />

und doch könnte man in dieser metamorphotischen<br />

Motivverdoppelung<br />

auch eine ironische Anspielung auf die<br />

Zeit als Prinzip herauslesen, beim Ei-<br />

Motiv als Entwicklung des Lebens oder<br />

profan: als Paraphrase auf weich oder<br />

hart gekochte Eier.<br />

In ihren Lichtbildern, ein Begriff, der<br />

gelegentlich etwas zu schnell als Synonym<br />

für Photographien im Allgemeinen<br />

gesetzt wird, wirkt ähnlich wie<br />

beim Photogramm das Licht als wich-<br />

tigster Bildfaktor auf die entstehende<br />

Photographie ein – und ist gleichzeitig<br />

alleiniges Bildmotiv; das gilt insbesondere<br />

für Seuferts Lichtspuren-, Lichtblitz-<br />

und Scannerlaserlichtaufnahmen,<br />

aber auch für die neuesten Bildserien:<br />

Farbphotogramme aus geometrisch<br />

sich überlagernden Farbflächen ohne<br />

jegliche Realitätsreferenz und monochrome<br />

Farbstreifen, mit denen sie die<br />

verschiedenen Lichtqualitäten handelsüblicher<br />

Baumarktleuchten untersucht.<br />

Hier wählt sie den Weg über die analoge<br />

Kamera (inklusive Objektiv) und<br />

bis 23. April <strong>2011</strong><br />

Morgen Contemporary<br />

Oranienburger Straße 27<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di – Sa 12 –18 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

© Stefanie Seufert »F1«, Farbfotogramm, <strong>2011</strong><br />

ein Filmnegativ und nicht über das Photogramm<br />

als kameralose Photographie.<br />

Diese Entwicklung entspricht dem noch<br />

radikaleren Ansatz einer bildnerischen<br />

und auch inhaltlichen Reduktion, die<br />

kunsthistorisch bereits in den 1960er<br />

Jahren mit den meist weißen Gemälden<br />

und Lichtobjekten der Zero-Gruppe vorformuliert<br />

wurde. Den Vertretern jener<br />

Bewegung, Otto Piene, Heinz Mack<br />

oder Günther Uecker, ging es bekanntlich<br />

um Abstraktion, Leere und Stille im<br />

Werk.<br />

Auch Stefanie Seufert möchte, wie sie<br />

selbst sagt, das Äußere nach Innen<br />

kehren und die Schwatzhaftigkeit der<br />

zeitgenössischen Kunst und Photographie<br />

auf ein Minimum reduzieren. Dies<br />

gelingt ihr spielend, und gleichzeitig<br />

sieht man ihren präzisen wie zeitlosen<br />

Bildern den formalen und intellektuellen<br />

Spaß bei der Arbeit an.<br />

Matthias Harder<br />

23


Galerien<br />

Manfred Paul<br />

»Fotografien«<br />

Fotografische Aufnahmen von der<br />

Unendlichkeit des Meeres, dem sich<br />

ständig verändernden Licht und der<br />

bewegten Struktur der Wasseroberfläche<br />

sind Sinnbilder der ewigen Wiederkehr,<br />

Bilder, die das Kommen und<br />

Gehen im großen Lebenszyklus der<br />

Schöpfung einfangen. Zu ihnen gehören<br />

Bildnisse vom Menschen, die in ihrer<br />

zeitlosen Schönheit dem Meer gleichen.<br />

Die Kamera hat der natürlichen Vergänglichkeit<br />

des Menschen Halt geboten<br />

und einen Moment des Seins für<br />

immer eingefangen. Stillleben erinnern<br />

als dritter Bildzyklus an die zeitliche<br />

Begrenzung aller Dinge. Sie zeigen die<br />

Schönheit des Vergehens, des Abschieds<br />

von der Dauer, ohne den nichts Neues<br />

wachsen kann.<br />

Prof. Dr. Eugen Blume<br />

Leiter Hamburger Bahnhof, Museum für<br />

Gegenwart - Berlin<br />

© Manfrd Paul, »Weintraube auf weißem Teller«<br />

© Manfrd Paul, aus dem Zykus: »END-ZEIT-LOS«<br />

24 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Manfred Paul, »Verena«<br />

© Manfred Paul, »Tulpen«<br />

© Manfred Paul, aus dem Zyklus:»Strand Nr. 2«<br />

bis 1. Mai <strong>2011</strong><br />

Kunstallianz Berlin<br />

An den Treptowers 3<br />

12435 Berlin-Friedrichshain<br />

Di – So 11 – 18 Uhr


Clemens Kalischer<br />

(1921)<br />

»Country Road«<br />

Bilder aus dem Süden der USA<br />

Die Menschen und die Landschaft<br />

der Appalachian Region faszinierten<br />

Clemens Kalischer. Bei seinen Reisen<br />

durch Virgina, North- und South Carolina,<br />

Tennessee und Georgia in den<br />

1950er Jahren entstanden eindrucksvolle<br />

Fotografien, die mit ihrer Qualität<br />

an die Bilder der großen amerikanischen<br />

Fotografen der 1930er Jahre<br />

wie Walker Evans, Dorothea Lange oder<br />

Margaret Bourke-White erinnern.<br />

© Clemens Kalischer<br />

Vernissage mit dem Künstler<br />

am Freitag, den 8. April <strong>2011</strong>,<br />

19 bis 21 Uhr<br />

9. April bis 28. Juni <strong>2011</strong><br />

Galerie argus fotokunst<br />

Marienstraße 26<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di – Sa 14 – 18 Uhr<br />

© Clemens Kalischer<br />

© Clemens Kalischer<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

25


Galerien<br />

Just Loomis<br />

»As we are«<br />

Anhand von ca. 30 Farb- und S/W-<br />

Fotografien gewährt die Werkschau<br />

einen Einblick in das einfühlsame,<br />

eindringliche wie intime Portfolio des<br />

ehemaligen Assistenten von Helmut<br />

Newton.<br />

In der Tradition von Robert Frank, der<br />

bereits Mitte der 1950er Jahre mit<br />

seiner sozialdokumentarischen Serie<br />

»The Americans« ein neues naturalistisches<br />

Genre ins Leben rief, werden auch<br />

in den Bildern von Just Loomis diese<br />

erzählerischen, ästhetischen und dokumentarischen<br />

Qualitäten sichtbar.<br />

»Loomis verzichtet auf formale Experimente<br />

und vertraut stattdessen seinem<br />

zurückhaltenden und liebevollen Blick<br />

auf die Mitmenschen. Die Aufnahmen<br />

geben die tief empfundenen Begegnungen<br />

des Fotografen mit anderen,<br />

die seinen Blick oft mit Offenheit und<br />

Neugierde erwidern, ohne Künstlichkeit<br />

wieder. Man sieht Kinder neben Kellnerinnen,<br />

Fotomodellen und Stripperinnen;<br />

einsame Fremde und Paare, Alte<br />

und Junge. Immer wieder steht auch die<br />

eigene Familie im Mittelpunkt – alle<br />

sind im Augenblick gebannt, auf einer<br />

Straße in der Nachbarschaft, in einem<br />

vorbeifahrenden Auto oder einem<br />

schwach beleuchteten Motelzimmer in<br />

irgendeinem Vorort. Mit diesen Porträts<br />

und Landschaften, rau und einzigartig<br />

amerikanisch, fängt Just Loomis Erinnerungen<br />

und Sehnsüchte ein; so evoziert<br />

er die Intensität und Spontaneität der<br />

Kindheit. Just Loomis führt uns ein<br />

Amerika vor Augen, das uns gleichzeitig<br />

vertraut und fremd vorkommt: in seiner<br />

Vitalität, dem Gefühl von großer Weite,<br />

in der Vielfalt von Menschen unterschiedlicher<br />

Herkunft und dem Vorhandensein<br />

ikonischer Merkmale«.<br />

Matthias Harder<br />

Und, er zeigt uns seine Helden: Kinder,<br />

Kellnerinnen, die Familie, Menschen,<br />

die er geliebt hat, und andere, denen<br />

er zufällig begegnet ist. Er fokussiert<br />

auf Blicke und Berührungen und zeigt<br />

gerade im Nichtperfekten eine besondere,<br />

subtile Schönheit. So entstehen<br />

26 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Just Loomis »Annabelle and James«, Memphis, 1988, © Just Loomis<br />

außergewöhnliche Porträts, die sich<br />

aus einer seltenen Seelenverwandtschaft<br />

zwischen Fotograf und Objekt<br />

ergeben.<br />

Die Werksschau wird durch eine Anzahl<br />

von bisher teilweise unveröffentlichten<br />

Fotografien der norwegischen Popband<br />

a-ha ergänzt. Bereits 1985, zu einer Zeit,<br />

als die Gruppe um Leadsänger Morten<br />

Harket auf dem Zenit ihrer Karriere<br />

stand, begegneten sich Fotograf und<br />

Musiker. Schnell wurden sie Freunde<br />

und es entstanden die unvergesslichen<br />

Coveraufnahmen für die Alben »Hunting<br />

High and Low«, für das Just Loomis für<br />

den Grammy Award nominiert wurde,<br />

sowie für »Stay on these Roads«, »East<br />

of the Sun« und »Memorial Beach«.<br />

Neben dem Werk »Hunting High and<br />

Low« zeigt die Galerie Hiltawsky auch<br />

das Fototagebuch, welches Just Loomis<br />

im Jahr 1991 während der a-ha Tour<br />

durch Brasilien und Argentinien aufnahm.<br />

Just Loomis lebt und arbeitet in Los<br />

Angeles.<br />

Mehr Informationen unter: www.justloomis.com.<br />

Im Vorfeld der Ausstellung<br />

ist die gleichnamige Publikation »As we<br />

are« mit einem Text von Matthias Harder<br />

bei Hatje Cantz erschienen.<br />

Hardcover, Preis: 39,80 EUR<br />

ISBN: 978-3-7757-2636-8<br />

Just Loomis »Danielle«, Las Vegas, Nevada, 2007<br />

© Just Loomis<br />

9. April bis 21. Mai <strong>2011</strong><br />

Galerie Hiltawsky<br />

Tucholskystraße 41<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Mi – Sa 14 – 18 Uhr


Stefan Heyne<br />

»Woran denkst Du?«<br />

Mit dem Fotokünstler Stefan Heyne präsentiert<br />

die Kommunale Galerie Berlin<br />

in ihrer neuen Ausstellung einen Vertreter<br />

der neuen Abstraktion in der zeitgenössischen<br />

Fotografie und macht<br />

sein Werk erstmals in einem größeren<br />

Umfang dem Berliner Publikum zugänglich.<br />

Nach der Düsseldorfer Schule, die<br />

trotz aller Variationsbreite immer doch<br />

dem Abbildcharakter der Fotografie,<br />

dem Realen und Realität suggerierenden,<br />

verpflichtet und verhaftet blieb,<br />

kommt zunehmend eine ganz neue<br />

Gruppe von Künstlern in den Focus,<br />

die die Fotografie als Kunst viel grundsätzlicher<br />

hinterfragen. Stefan Heyne<br />

hat hier in den letzten Jahren ein Werk<br />

geschaffen, das als eine radikale Reflexion<br />

auf das, was Fotografie sein kann<br />

und wie unsere Wahrnehmung funktioniert,<br />

gelten kann. In seinen Arbeiten<br />

führt er uns zurück zu den Anfängen des<br />

Sehens, bringt uns dazu, bisher Ungesehenes<br />

zu sehen.<br />

In der Ausstellung werden mehr als 30<br />

großformatige Arbeiten gezeigt. Ein<br />

Schwerpunkt sind dabei die Arbeiten<br />

aus 2009 und 2010. Darüber hinaus<br />

wird Stefan Heyne einen ganz neuen<br />

Werkblock vorstellen: Am 2.3.<strong>2011</strong><br />

kurz nach 15 Uhr wurde der Künstler<br />

Augenzeuge des Attentats vom Frankfurter<br />

Flughafen. Gerade selbst in Frankfurt<br />

gelandet und wartend, hat er sich<br />

aus unmittelbarer Nähe mit eigenen<br />

Augen ein Bild von den realen Vorgängen<br />

gemacht. Fotografien dieses Ereignisses<br />

und des Tatortes werden erstmals<br />

in dieser Ausstellung zu sehen sein.<br />

Stärker als in den Fotografien der vergangenen<br />

Jahre konzentriert sich Stefan<br />

Heyne mit den jüngsten Werken auf die<br />

Auflösung alles Gegenständlichen und<br />

die Reduktion auf Licht und Schatten.<br />

Nur schemenhaft taucht im Licht etwas<br />

auf, was von der angrenzenden Dunkelheit<br />

wieder verschluckt wird, doch<br />

© Stefan Heyne / VG BildKunst Bonn, 0456, 120 x 180 cm, 2010<br />

was genau, das bleibt unsichtbar. Vielmehr<br />

machen die Werke genau dieses<br />

Unsichtbare zum Bildgegenstand.<br />

Der aus dem Chiaroscuro, der Hell-<br />

Dunkelmalerei, bekannte Einsatz von<br />

Licht und Schatten wird hier nicht<br />

zur Dramatisierung eines Geschehens<br />

eingesetzt, auch nicht zur Kontrastierung<br />

einer Räumlichkeit. Das aus dem<br />

Barock bekannte Gestaltungsmittel ist<br />

zum Bildgegenstand an sich geworden.<br />

Es ist die bislang radikalste Abstraktion,<br />

die sein Oeuvre hervorgebracht hat und<br />

eine konsequente Fortsetzung seiner<br />

Reflexion über das, was Fotografie im<br />

Kern ist und wie unser Sehen funktioniert.<br />

Heyne hinterfragt in seinen Arbeiten,<br />

was wir Abbildern unserer Welt entnehmen<br />

können. Indem sie uns das<br />

ursprünglich Sichtbare vorenthalten,<br />

nehmen sie uns die Gewissheit, alles<br />

Fotografierte bereits erkannt zu haben,<br />

bevor es wirklich gesehen wurde. Die<br />

gewohnten Betrachtungsparameter sind<br />

gegenstandslos geworden und der Weg<br />

damit frei, sich in die Ungewissheit zu<br />

vertiefen.<br />

Stefan Heyne, geboren 1965 in Brandenburg/<br />

Havel. Lebt und arbeitet in<br />

Berlin.<br />

29. April bis 19. Juni <strong>2011</strong><br />

Kommunale Galerie Berlin<br />

Hohenzollerndamm 176<br />

10713 Berlin-Wilmersdorf<br />

Di – Fr 10 – 17 Uhr<br />

Mi 10 – 19 Uhr<br />

So 11 – 17 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

© Stefan Heyne / VG BildKunst Bonn, 8642,<br />

180 x 120 cm, 2010<br />

Eröffnung am 28. April <strong>2011</strong>, 19 Uhr<br />

27


Galerien<br />

Henrik Isaksson Garnell<br />

»Apsis«<br />

Der schwedische Fotograf Henrik Isaksson<br />

Garnell ist mehr als nur ein Fotograf.<br />

Er ist in gleichem Maße ein talentierter<br />

Erfinder, Bildhauer und Kunstvisionär.<br />

Statt Motive zu gewöhnlichen Naturthemen<br />

zu suchen, deformiert er diese und<br />

schafft so völlig neue Formen.<br />

Isaksson Garnell erschafft Bilder, in<br />

den er Themen der Wissenschaft und<br />

der Natur kombiniert. Seine bearbeiteten<br />

Motive lassen den 24jährigen zum<br />

einen wie einen Künstler, zum anderen<br />

aber auch wie einen verrückten Wissenschaftler<br />

erscheinen. Er bewegt sich<br />

immer zwischen Surrealem und Konkretem,<br />

was in der Fotografie eher selten ist<br />

und sich nur schwer in einer eindeutigen<br />

Begrifflichkeit festlegen lässt.<br />

Henrik Isaksson Garnell begann sehr<br />

früh mit der Schaffung von »nichtkonzeptionellen<br />

Bildern«. Jede Arbeit ist<br />

ein Solitär - stark und kraftvoll zugleich.<br />

Seine kreative Arbeitsweise kennt keine<br />

Kompromisse. Er produziert ausnahmslos<br />

fantastische Arbeiten in großformatigen<br />

Serien.<br />

Isaksson Garnells Ausstellungsserie<br />

»Apsis« untersucht die Frage, wo das<br />

Zentrum der Erde liegt. Er kombiniert<br />

dabei wissenschaftlichen Forschungsdrang<br />

mit ästhetischer Sinnesempfindung.<br />

Als Apsis (griechisch »Wölbung«,<br />

Plural: Apsiden) bezeichnet<br />

man die beiden Hauptscheitel auf der<br />

elliptischen Umlaufbahn eines Himmelskörpers.<br />

Nach der neuzeitlichen<br />

Himmelsmechanik liegt der Fokus auf<br />

dem Zentrum der Masse eines Systems.<br />

Ursprünglich wurden Apsiden vom Erdmittelpunkt<br />

aus gemessen.<br />

Die Apsis von Henrik Isaksson Garnells<br />

persönlicher, elliptischer Umlaufbahn<br />

liegt ganz in der Nähe von Stockholm.<br />

Ein kleines Landhaus ist sein Zuhause -<br />

mitten in der Natur, die für seine künstlerische<br />

Arbeit so bedeutend ist.<br />

28 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Henrik Isaksson Garnell<br />

© Henrik Isaksson Garnell<br />

www.swedishphotography.org<br />

bis 21. Mai <strong>2011</strong><br />

Swedish Photography<br />

Oranienburger Straße 27<br />

Kunsthof<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Mi – Sa 13 – 18 Uhr


Die Mauer<br />

The Wall<br />

Le Mur<br />

Leben mit der Mauer<br />

Vor 50 Jahren, am 13. August 1961<br />

wurde die Mauer errichtet.<br />

Die Menschen in Ost und West mussten<br />

sich mit der Situation arrangieren – im<br />

Schatten der Mauer ging das alltägliche<br />

Leben in Berlin weiter.<br />

Fotografische Zeugnisse von René Burri,<br />

Will McBride, Max Jacoby, Leonard<br />

Freed Barbara Klemm, Ute und Bernd<br />

Eickermeyer, Karl Ludwig Lange, Norbert<br />

Bunge u.a. spiegeln diese Zeit wider.<br />

© Norbert Bunge<br />

© Will McBride<br />

© Leonard Freed<br />

© René Burri<br />

© Norbert Bunge<br />

© Max Jacobi<br />

10. Juni bis 30. Juli <strong>2011</strong><br />

Galerie argus fotokunst<br />

Marienstraße 26<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di – Sa 14 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

29


Galerien<br />

Max Scheler<br />

»Photographien«<br />

Max Scheler hat es verstanden, auf die<br />

Zwischentöne im Umgang mit den Menschen<br />

zu achten. Auch seine Aufnahmen<br />

von Prominenten oder von zeithistorischen<br />

Momenten zeichnen sich durch<br />

diese Gabe aus, die kleinen, unscheinbaren<br />

Gesten und Regungen des Gegenübers<br />

zu bemerken und im richtigen, im<br />

entscheidenden Augenblick im Bild festzuhalten.<br />

Das Schauspiel der menschlichen<br />

Reaktionen beobachtete er aus der<br />

Perspektive distanzierter Gelassenheit.<br />

Eine besondere Fähigkeit zur Empathie<br />

und ein ausgeprägtes Interesse an der<br />

Psychologie von Personen und Situationen<br />

zeichneten bereits die frühesten<br />

Reportagen für die Illustrierte Heute<br />

zu Beginn seiner Karriere aus. »Mein<br />

Hauptinteresse ist die ‚Reportage mit<br />

dramatischem Inhalt’«, bekannte Scheler<br />

1958 anlässlich eines Portraits über<br />

seine Arbeit. »Da, wo das Geschehen in<br />

der Reaktion, im Gesicht des einzelnen<br />

und der Masse fixiert werden kann. Das<br />

menschliche Antlitz in der Emotion, in<br />

der Freude, Trauer, Begeisterung, Hysterie,<br />

Gläubigkeit, Verzweiflung, wie<br />

etwa in Reportagen über Königskrönungen<br />

oder Hochzeiten, über Naturkatastrophen<br />

oder Bergwerksunglücke,<br />

über sportliche Erfolge, über Massendemonstrationen<br />

oder politischen Fanatismus,<br />

religiöse Ereignisse oder Prozessionen,<br />

über den Wahnsinn kriegerischer<br />

Verheerung. Das Psychologische interessiert<br />

mich dabei mehr als das rein<br />

Lichtbildnerische, Ästhetische. Gute<br />

Bildkomposition, graphische Qualitäten,<br />

Verteilung des Lichtes betrachte<br />

ich als Vorraussetzung für jedes gute<br />

Foto. Sie beschäftigen mich höchstens<br />

im Unterbewusstsein«.<br />

Schelers Reportagestil befand sich voll<br />

im Trend der »human interest«-Fotografen,<br />

deren wichtigster Vereinigung, der<br />

Gruppe Magnum, er mehrere Jahre als<br />

Mitglied angehörte.<br />

Ulrich Pohlmann<br />

30 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Max Scheler, »John Lennon mit Fan-Post«, London, 1964<br />

© Max Scheler, »Alfred Hitchock auf der<br />

Reeperbahn«, Hamburg, 1963<br />

Ausstellungseröffnung am Freitag, dem<br />

17. Juni <strong>2011</strong> von 19 bis 21 Uhr<br />

18. Juni bis 20. August <strong>2011</strong><br />

Johanna Breede<br />

PHOTOKUNST<br />

Fasanenstraße 69<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – Fr 11 – 18 Uhr<br />

Sa 11 – 16 Uhr


Birgit Kleber<br />

»Photographen«<br />

Birgit Kleber - 1956 in Hannover geboren<br />

- arbeitete nach ihrer Ausbildung<br />

als Photographin und Bildredakteurin<br />

bei verschiedenen Zeitschriften. In den<br />

USA absolvierte sie Workshops bei Lotte<br />

Jacobi und Berenice Abbott. Seit 1984<br />

arbeitet sie als freie Photographin und<br />

konzentriert sich überwiegend auf Portraitaufnahmen<br />

aus den Bereichen Literatur,<br />

Film, Musik und Kunst sowie der<br />

Photographie, deren Protagonisten hier<br />

eine eigene Ausstellung gewidmet ist.<br />

40 Portraits zeitgenössischer Photographen<br />

versammelt die Ausstellung. Portraits,<br />

die von einer intensiven Beschäftigung<br />

mit dem Gegenüber erzählen.<br />

Alles reduziert sich auf die Landschaft<br />

des Gesichts, die Birgit Kleber einfühlsam<br />

und respektvoll wiederspiegelt.<br />

© Birgit Kleber, »Will McBride«<br />

© Birgit Kleber<br />

Ausstellungseröffnung am Freitag, dem<br />

6. Mai <strong>2011</strong> von 19 bis 21 Uhr<br />

in Anwesenheit der Photographin.<br />

Zur Eröffnung spricht Rainer Traube,<br />

Leiter Kultur Deutsche Welle/TV.<br />

Zur Ausstellung erscheint im JOVIS<br />

Verlag das Buch »Photographers«,<br />

ISBN 978-3-86859-133-0<br />

7. Mai bis 11. Juni <strong>2011</strong><br />

Johanna Breede<br />

PHOTOKUNST<br />

Fasanenstraße 69<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – Fr 11 – 18 Uhr<br />

Sa 11 – 16 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

31


Galerien<br />

World Press Photo 11<br />

Zum WORLD PRESS PHOTO des Jahres<br />

2010 wurde eine Fotografie der südafrikanischen<br />

Fotografin Jodi Bieber<br />

gewählt. Das Siegerfoto zeigt ein Porträt<br />

der 18-jährigen Afghanin Bibi Aisha.<br />

Sie war in ihr Elternhaus geflüchtet, weil<br />

ihr Ehemann sie schlug. Die Taliban griffen<br />

sie auf, ihr Ehemann schnitt ihr zur<br />

Strafe für ihren Ungehorsam Ohren und<br />

Nase ab. Mitarbeiter einer Hilfsorganisation<br />

und US-amerikanische Soldaten<br />

retteten ihr das Leben. Heute lebt Bibi<br />

Aisha in den USA.<br />

Die Jury bezeichnet die Aufnahme als<br />

eines der Bilder, die man nicht vergisst.<br />

Das Bild sorgt weltweit für große<br />

Aufmerksamkeit und wurde vom Time<br />

Magazin auf dem Titel veröffentlicht.<br />

Inzwischen wurde Bibi Aisha in den<br />

USA eine künstliche Nase angepasst,<br />

eine so genannte Epithese. Jurorin Ruth<br />

Eichhorn (GEO) sagte zur Begründung<br />

der Jury: »Es ist ein unglaublich starkes<br />

Foto. Es sendet eine mächtige Botschaft<br />

in eine Welt, in der fünfzig Prozent der<br />

Bevölkerung Frauen sind. Frauen, von<br />

denen viele immer noch in furchtbaren<br />

Umständen leben, von denen viele<br />

Opfer von Gewalt sind.« Mit einem<br />

World Press Photo Award wurden insgesamt<br />

55 Fotografen aus 23 Ländern<br />

in neun Themenkategorien ausgezeichnet.<br />

Unter ihnen auch sechs Fotografen<br />

aus Deutschland. 108.059 Fotos waren<br />

von 5.847 Fotografen aus 125 Nationen<br />

eingereicht worden - so viele wie noch<br />

nie zuvor. Seit 54 Jahren kürt eine internationale<br />

Jury in Amsterdam die besten<br />

Pressefotos des vergangenen Jahres.<br />

Dabei werden in verschiedenen Kategorien<br />

sowohl Einzelfotos als auch Fotoreportagen<br />

ausgezeichnet. Der WORLD<br />

PRESS PHOTO Award, veranstaltet von<br />

der World Press Photo Foundation, ist<br />

der weltweit größte und anerkannteste<br />

Wettbewerb für Pressefotografie.<br />

17. Juni bis 10. Juli <strong>2011</strong><br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – So 12 – 18 Uhr<br />

32 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Jodi Bieber, Südafrika, Institute for Artist Management/Goodman Gallery for Time magazine<br />

World Press Photo des Jahres 2010<br />

»Junge Afghanin, deren Mann ihr Nase und Ohren abgeschnitten hat, weil sie ihn verlassen wollte.«<br />

© Omar Feisal, Somalia, für Reuters<br />

Erster Platz - Kategorie Daily Life Singles<br />

»Ein Mann trägt einen Hai durch die Straßen<br />

Mogadischus«.<br />

© Reinhard Dirscherl, Deutschland<br />

Zweiter Platz - Kategorie Nature Singles<br />

»Fächerfische bei der Jagd nach Sardinen im<br />

Mexikanischen Yucatan«.


Insight:<br />

Micha Bar-Am´s Israel<br />

Er ist international einer der bedeutendsten<br />

Fotografen Israels: Micha Bar-<br />

Am. Der Freundeskreis Willy-Brand-<br />

Haus e.V. würdigt in einer umfassenden<br />

Retrospektive »Insight: Micha Bar-<br />

Am’s Israel« das Werk des inzwischen<br />

81-jährigen Fotografen. 22 Jahre lang<br />

war Micha Bar-Am Nahost-Fotokorrespondent<br />

der New York Times und seine<br />

Fotografien zierten die Titelseiten von<br />

Newsweek, New York Times Magazine,<br />

Paris Match und Stern. Er ist Gründungsmitglied<br />

des International Center of<br />

Photography (ICP) in New York und bis<br />

heute das einzige israelische Mitglied<br />

der legendären Fotoagentur Magnum.<br />

1930 als Michael Anguli in Berlin geboren,<br />

flüchtete Bar-Am als Sechsjähriger<br />

mit seiner Familie aus Hitler-Deutschland<br />

ins damalige Palästina. Bar-Ams<br />

Biographie ist eng mit seinem Hauptmotiv<br />

verwoben, das sich wie ein roter<br />

Faden durch sein Werk zieht: die faszinierende<br />

Komplexität des Lebens im<br />

Nahen Osten. Mit neugierigem Blick<br />

widmet der Autodidakt sich seit Anfang<br />

der 1950er Jahre seiner neuen Heimat<br />

und begleitet dabei den Aufbau des<br />

jungen Staates Israel.<br />

Mit seinen Fotografien blickt Bar-Am auf<br />

die menschliche Dimension der politischen<br />

Konflikte: auf das Schicksal der<br />

Araber in den Grenzregionen, auf den<br />

Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern,<br />

auf die Hoffnungen und Nöte<br />

der neuen Einwanderer der 1950er<br />

Jahre, auf die Narben des letzten Krieges<br />

und die Angst vor dem nächsten. Oder<br />

auch nur auf das einfache Glück und<br />

die Lebensfreude der Menschen, die<br />

ihren Alltag meistern. Dabei gewährt<br />

diese Ausstellung erstmalig Einblicke<br />

in eine Werkgruppe persönlicher Fotografien,<br />

die u.a. bisher unveröffentlichte<br />

Bilder aus dem Album der Familie Bar-<br />

Am beinhaltet. Heute lebt und arbeitet<br />

Micha Bar-Am in Ramat Gan, Israel.<br />

© Micha Bar-Am/ Magnum Photos<br />

© Micha Bar-Am/ Magnum Photos, Ofra, israelische Siedlung, Westbank, 1979<br />

75 Jahre nach seiner Vertreibung aus<br />

Deutschland kehrt der Chronist der Zeitgeschichte<br />

nach Berlin mit dieser Retrospektive<br />

ins Willy-Brandt-Haus zurück.<br />

Die Ausstellung ist eine Kooperation<br />

zwischen dem Freundeskreis Willy-<br />

Brandt-Haus e.V. und den Open Museums<br />

Israel; Kuratorin ist Dr. Alexandra<br />

Nocke, Berlin, Ausstellungskonzeption:<br />

Dr. Alexandra Nocke, Gisela Kayser.<br />

bis 21. Mai <strong>2011</strong><br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – So 12 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

Treffen zwischen David Ben-Gurion und Konrad Adenauer, Speisesaal des Kibbuz Sde Boker, 1966<br />

Begleitend zur Ausstellung erscheint<br />

das Buch (engl./dt.): »Insight: Micha Bar-<br />

Am’s Israel«. Alexandra Nocke (Hrsg.)<br />

Koenig Books, <strong>2011</strong>,<br />

ISBN 978-3-86560-982-3,<br />

29,80 Euro.�<br />

33


Galerien<br />

Ingo Kuzia und<br />

Akira Nakao<br />

»Stadtlandschaft<br />

Berlin«<br />

Eigens für diese Ausstellung haben<br />

sich der japanische Maler Akira Nakao<br />

und der deutsche Fotograf Ingo Kuzia<br />

zu einem Projekt zusammengefunden,<br />

das die »Stadtlandschaft Berlin« zum<br />

Thema hat.<br />

Beide beschäftigt dieses Thema schon<br />

seit Jahren in zentraler Weise. Beide<br />

wollen in der Ausstellung mit ihren<br />

unterschiedlichen Ausdrucksmitteln<br />

in einen Dialog treten. Beide wollen<br />

deutlich machen, welche Spuren der<br />

Mensch in einer Landschaft hinterläßt,<br />

um sie bewohnbar zu machen. Beide<br />

versuchen, sich dem Wesen der Stadtlandschaft<br />

zu nähern. Nicht, indem sie<br />

sie detailgetreu und »nach der Natur«<br />

abbilden, sondern indem sie die inneren<br />

Strukturen einer ganzen Stadtlandschaft<br />

auf das einzelne Gebäude, auf<br />

den Straßenzug, auf das städtebauliche<br />

Ensemble übertragen.<br />

Jacques H. Sehy<br />

»Lichtzeichnungen«<br />

Linien und Flächen, herausgearbeitet<br />

aus Licht und Dunkelheit, Schattierungen,<br />

Graustufen und Kontrasten - nicht<br />

mehr, aber auch nicht weniger bedarf<br />

es in der Bildsprache von Jacques H.<br />

Sehy.<br />

Ausgangsmotiv des Künstlers ist immer<br />

der menschliche Körper, ohne Attribute<br />

von Mode, Status und Zeit. Das photographische<br />

Bild ist kein Dokument eines<br />

geschichtlichen Ereignisses, kein Abbild<br />

eines historischen Moments, sondern<br />

ein sensibel eingefangener, existenzieller<br />

Augenblick des Daseins, ein einfühlsames<br />

Portrait der Innerlichkeit und<br />

der Intimität.<br />

Jacques H. Sehy setzt das Licht kalkuliert<br />

ein. Seine Bildkompositionen sind<br />

Produkt eines virtuosen Spiels mit der<br />

Topographie des Körpers, mit Flächen<br />

34 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Ingo Kuzia, »Olympiastadion«, <strong>2011</strong> (Original in Farbe)<br />

© Akira Nakao, »Zoofenster«, 2010<br />

(Original in Farbe)<br />

Vernissage: 8. April <strong>2011</strong>, 19 Uhr<br />

und Linien, die sich allein aus Kontrasten,<br />

Nuancierungen und Abstraktion<br />

der schwarz-weiß Photographie ergeben.<br />

Einer Metamorphose vergleichbar<br />

läßt er komplexe, hybride Figuren mit<br />

skulpturaler Wirkung entstehen. Fragmentarische<br />

Strukturen werden über<br />

veränderte Wahrnehmung neu konstruiert<br />

und definiert. Die bisher unbekannte<br />

Wirklichkeit der Bilder erzählt<br />

dann eine andere, subjektive, manchmal<br />

surreale Geschichte.<br />

Ulla Lohmann, Hamburg<br />

18. Juni bis 31. Juli <strong>2011</strong><br />

carpentier galerie<br />

Meinekestraße 13<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

www.carpentier-galerie.de<br />

Öffnungszeiten nach Vereinbarung<br />

Akira Nakao tut dies, wo er seine Motive<br />

mit grundrissartigen Farbflächen überlagert.<br />

Ingo Kuzia paßt in seinen Fotografien<br />

die ruhenden Objekte Berlins der<br />

Geschwindigkeit ihrer Umgebung an.<br />

9. April bis 31. Mai <strong>2011</strong><br />

carpentier galerie<br />

Meinekestraße 13<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

www.carpentier-galerie.de<br />

Öffnungszeiten nach Vereinbarung<br />

© Jacques H. Sehy, ohne Titel, 2007<br />

Vernissage: 17. Juni <strong>2011</strong>, 19 Uhr


Rüdiger Lubricht<br />

»Verlorene Orte<br />

Gebrochene<br />

Biografien«<br />

25 Jahre des Vergessens, des Ignorierens,<br />

des Verschweigens und offizieller<br />

Fehlmeldungen kennzeichnen den<br />

Umgang mit dem größten Atomunfall<br />

der Geschichte, der Explosion des Atomkraftwerks<br />

Tschernobyl am 26. April<br />

1986.<br />

Der Fotograf Rüdiger Lubricht holt<br />

die Reaktorkatastrophe aus der sicheren<br />

Entfernung und zeigt in der Ausstellung<br />

»Tschernobyl | Verlorene Orte<br />

| Gebrochene Biografien« Momente<br />

aus der Wirklichkeit vor Ort: die verstrahlten<br />

Lebensräume in der Sperr- und<br />

Todeszone; die Rückkehrer, die trotz<br />

der Strahlengefahr in die Zone zurückkamen,<br />

um dort ihren Lebensabend<br />

zu beschließen; die Liquidatoren, die<br />

damals stolz darauf waren, für ihr Land<br />

und ihre Mitmenschen zu arbeiten und<br />

sich nachträglich die Frage nach dem<br />

Sinn ihres Einsatzes stellen. Ca. 800.000<br />

Liquidatoren riskierten ihr Leben, um<br />

das außer Kontrolle geratene friedliche<br />

Atom zu besiegen, den Reaktorbrand zu<br />

löschen und die Katastrophenfolgen zu<br />

begrenzen. Viele von ihnen sind gestorben,<br />

die noch lebenden Liquidatoren<br />

kämpfen meist mit gesundheitlichen<br />

Problemen. Nur ihrem Einsatz ist es<br />

zu verdanken, dass wir in Westeuropa<br />

von einem größeren Unglück verschont<br />

blieben. Ihrem Andenken ist diese Ausstellung<br />

gewidmet.<br />

»Wenn wir Tschernobyl vergessen,<br />

erhöhen wir das Risiko weiterer solcher<br />

Technologie- und Umweltkatastrophen<br />

in der Zukunft…Mehr als sieben Millionen<br />

unserer Mitmenschen können sich<br />

den Luxus des Vergessens nicht erlauben.<br />

Sie leiden noch immer… Das Vermächtnis<br />

von Tschernobyl wird uns und<br />

unsere Nachkommen begleiten – und<br />

zwar für viele kommende Generationen«.<br />

Kofi Annan, New York 2000<br />

© Rüdiger Lubricht, Riesenrad vor Wohnblocks in Pripjat, 2005<br />

Die Erzeugung von Atomenergie birgt<br />

auch in Zukunft Risiken für Mensch<br />

und Umwelt. Es gibt keine Lösung für<br />

den Atommüll. Künftige Generationen<br />

werden mit dieser hoch radioaktiven<br />

Hinterlassenschaft leben müssen.<br />

Katalog zur Ausstellung:<br />

Rüdiger Lubricht<br />

»Verlorene Orte | Gebrochene Biografien«,<br />

IBB Dortmund,<br />

ISBN 978-3-935950-11-4<br />

14. April bis 29. Mai <strong>2011</strong><br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – So 12–18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

© Rüdiger Lubricht, Liquidator Dimitrij Birkukov, Diagnose Leukämie und Herzerkrankung, 2010<br />

Die Ausstellung ist am Karfreitag,<br />

22. April <strong>2011</strong>, geschlossen, an allen<br />

Osterfeiertagen incl. Ostermontag<br />

von 12 bis 18 Uhr geöffnet.<br />

35


Galerien<br />

RUSSELL JAMES<br />

CAMERA WORK freut sich, erneut<br />

Arbeiten von Russell James zu präsentieren.<br />

Nie zuvor gezeigte Akt-Aufnahmen<br />

der schönsten Frauen der Welt<br />

aus der Serie »V2« werden um Bilder<br />

seines Künstlerprojektes »Nomad – Two<br />

Worlds« und um weitere Ikonen, wie<br />

z.B. reizvolle Bilder aus dem Backstage-<br />

Bereich der legendären Victoria’s Secret-<br />

Show ergänzt.<br />

Russell James’ Aufnahmen von den<br />

acht schönen Frauen Brooklyn Decker,<br />

Miranda Kerr, Candice Swanepoel, Erin<br />

Heatherton, Emanuela de Paula, Jarah<br />

Mariano, Rosie Huntington-Whiteley<br />

und Lindsay Ellingson sind auf der malerischen<br />

Insel »Necker Island« unter dem<br />

Titel »V2« entstanden und in einem, die<br />

Ausstellung begleitenden Buch zusammengefasst<br />

worden. Eine exklusive Auswahl<br />

der Bilder wird nun von CAMERA<br />

WORK zum ersten Mal in Europa ausgestellt.<br />

Die im pazifischen Ozean liegende<br />

Privatinsel des VIRGIN-Gründers Sir<br />

Richard Branson diente Russell James<br />

und seinem Team als Szenerie für das<br />

außergewöhnliche Photoshooting. Die<br />

Insel wird auf Grund ihrer üppigen<br />

Vegetation, dem tiefblauen Meer und<br />

den endlos weißen Sandstränden als<br />

Paradies auf Erden beschrieben und war<br />

somit eine ideale Umgebung, um einige<br />

der attraktivsten Frauen der Gegenwart<br />

hüllenlos abzulichten. So schmiegt auf<br />

traumähnlichen Bildern das südafrikanische<br />

Model Candice Swanepoel ihren<br />

von Blättern und Sand bedeckten Körper<br />

an mächtige Bäume, während Brooklyn<br />

Decker – im vergangenen Jahr zur<br />

»Sexiest Woman Alive« gewählt – sich<br />

in der Hitze der Nacht in den Fluten<br />

des Ozeans räkelt oder Emanuela de<br />

Paula sinnlich und anmutig auf einer<br />

graphisch ausgewogen Schwarzweiß-<br />

Photographie vor der Linie des endlosen<br />

Horizonts posiert. Mit Miranda Kerr,<br />

der Freundin des Schauspielers Orlando<br />

Bloom, besuchte Russell James eine<br />

Nachbarinsel, um auf dieser wundervoll<br />

natürliche und private Aufnahmen<br />

zu machen.<br />

36 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Russel James, »Rosie«, Necker Island, 2010<br />

Neben der Serie »V2G werden Arbeiten<br />

des Projekts »Nomad – Two<br />

Worlds« gezeigt; einzigartige Collagen,<br />

die in Zusammenarbeit mit australischen<br />

Künstlern entstanden sind. Russell<br />

James’ atemberaubende Landschaften,<br />

seine Photographien von strahlend<br />

schönen Frauen und charismatischen<br />

Persönlichkeiten, werden künstlerisch<br />

ergänzt und bilden ein starkes Symbol<br />

der Versöhnung zweier sich ehemals<br />

feindlich gegenüberstehenden Kulturen.<br />

Das von Russell James ins Leben gerufene<br />

Projekt zieht immer weitere Kreise,<br />

so dass es mittlerweile auch Kooperationen<br />

mit indianischen sowie haitianischen<br />

Künstlern umfasst. »Nomad – Two<br />

Worlds« wird von Prominenten wie Sir<br />

Richard Branson, Heidi Klum, Hugh<br />

Jackman oder Donna Karan unterstützt.<br />

Spektakuläre Eröffnungen der international<br />

tourenden Ausstellung, wie Ende<br />

Februar in Los Angeles, sind auch auf<br />

Grund der Anwesenheit vieler prominenter<br />

Persönlichkeiten gesellschaftliche<br />

Ereignisse der besonderen Art.<br />

So werden auch zur Eröffnung bei<br />

CAMERA WORK voraussichtlich einige<br />

der Topmodels aus der Serie »V2« anwesend<br />

sein. Russell James’ Photographien<br />

erscheinen regelmäßig in Zeitschriften<br />

wie Vogue, W, American Photo oder<br />

GQ. Der 1962 geborene Australier hat<br />

ein ereignisreiches Leben als Polizist


© Russel James, »Adriana Smoking«, Los Angeles, 2003<br />

einer Spezialeinheit oder auch als Photomodel<br />

geführt, bevor ihm letztendlich<br />

mit 34 Jahren in New York der Durchbruch<br />

als Photograph gelang. Seit vielen<br />

Jahren arbeitet er mit den Topmodels der<br />

Welt zusammen.<br />

Seine Teilnahme an Heidi Klums TV-<br />

Format »Germany’s Next Topmodel«<br />

hat ihn auch in Deutschland einem breiten<br />

Publikum bekannt gemacht. Neben<br />

seinem umfangreichen Bildband »Russell<br />

James« aus dem Jahr 2008 ist nun<br />

sein neues Buch »V2« im teNeues Verlag<br />

erschienen. Das Buch ist bei CAMERA<br />

WORK erhältlich.<br />

© Russel James, »Brooklyn«,<br />

Necker Island, 2010<br />

© Russel James, »Heidi Portrait«,<br />

Costa Careyes, Mexico, 2005<br />

© Russel James, »Faith«,<br />

Nashville, Tennessee, 2008<br />

bis 7. Mai <strong>2011</strong><br />

Galerie Camera Work<br />

Kantstraße 149<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – Sa 11 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

37


Galerien<br />

Alfred Ehrhardt im<br />

Bildarchiv »Volk und<br />

Welt«. Leihgaben aus<br />

dem Bildarchiv<br />

Preußischer Kulturbesitz<br />

Die Alfred Ehrhardt Stiftung präsentiert<br />

78 Originalfotografien von Alfred<br />

Ehrhardt aus dem Bestand des Bildarchivs<br />

Preußischer Kulturbesitz (bpk).<br />

Nach der Ausstellung Mikrofotografie –<br />

Schönheit jenseits des Sichtbaren, die<br />

vom September 2010 bis Januar <strong>2011</strong><br />

im Museum für Fotografie zu sehen war,<br />

setzt die Alfred Ehrhardt Stiftung erneut<br />

auf eine Kooperation mit der Stiftung<br />

Preußischer Kulturbesitz.<br />

Der programmatische Ansatz der ersten<br />

vier Ausstellungen der Alfred Ehrhardt<br />

Stiftung zielte auf den Dialog der zeitgenössischen<br />

Fotografie mit dem Werk von<br />

Alfred Ehrhardt zum Thema »Natur«.<br />

Nach diesen Veranstaltungen im ersten<br />

Jahr des Neubeginns in Berlin widmet<br />

die Alfred Ehrhardt Stiftung erstmals eine<br />

Ausstellung ausschließlich den Arbeiten<br />

des Fotokünstlers selbst, dessen Namen<br />

die Stiftung trägt, dessen Werk sie besitzt<br />

und betreut. Die Ausstellung bietet<br />

einen Blick zurück in einen genau definierten<br />

Zeitabschnitt der Rezeptionsgeschichte<br />

des fotografischen Werks von<br />

Alfred Ehrhardt: seine Bild- und Textveröffentlichungen<br />

in der Zeitschrift Volk<br />

und Welt zwischen Januar 1940 und<br />

Juni 1944, ergänzt durch damals nicht<br />

veröffentlichte Bilder aus dem Archiv<br />

dieser Zeitschrift.<br />

Die Kulturzeitschrift Volk und Welt<br />

bestand von 1934 bis 1944, erschien<br />

einmal monatlich in Hannover und<br />

wurde herausgegeben von Prof. Oppermann.<br />

Ihre Haltung war völkisch, national,<br />

zum konservativen Bildungsbürgertum<br />

neigend. In einer werbenden Selbstcharakteristik<br />

beschrieb sie sich folgendermaßen:<br />

»Deutschlands Monatsbuch<br />

‚Volk und Welt’ - die Großzeitschrift der<br />

Anspruchsvollen ist eine einzigartige<br />

Höchstleistung!<br />

38 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Alfred Ehrhardt, »Gehäuse einer heute<br />

noch lebenden Art der Tintenfische in den<br />

ozeanischen Gewässern der Philippinen,<br />

(Nautilus pompilius Lam.)«, um 1940<br />

Vintage, Gelatinesilberabzug, 24,0 x 18,0 cm<br />

© bpk / VG BILD-KUNST <strong>2011</strong><br />

Leihgeber: bpk – Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz<br />

Kunst, Wissen, Unterhaltung pflegt<br />

‚Volk und Welt‘ in vorbildlicher Form.<br />

Jeder Band bietet – stark kartoniert –<br />

über 160 Seiten wertvollen Inhalt mit<br />

etwa 60 zum Teil ganzseitigen Bildern<br />

auf bestem Kunstdruckpapier.« Die Zeitschrift,<br />

die eine Vorgängerin hatte mit<br />

Namen Ernte, ebenfalls hg. von Oppermann,<br />

ging mit neuem programmatischen<br />

Namen und veränderter moderner<br />

Gestaltung auf Erfolgskurs: im Jahr<br />

1934 noch mit einer Auflage von 5.000<br />

Exemplaren, war sie 1938 schon bei<br />

einer Auflage von 47.000 angelangt,<br />

ein Niveau, das bis zum Schluss gehalten<br />

wurde. Eine maßgebliche Rolle bei<br />

dieser Erfolgsgeschichte publizistischer<br />

Modernisierung spielte der wachsende<br />

Einsatz von guter Fotografie im redaktionellen<br />

Konzept. Unter den abgedruckten<br />

Fotografen fehlte kaum ein bekannter<br />

Name der dreißiger Jahre. Einer von<br />

ihnen: Alfred Ehrhardt.<br />

Das Bildarchiv der Zeitschrift Volk und<br />

Welt umfasste insgesamt 25.000 Fotografien.<br />

Seit 1945 in Privatbesitz in<br />

Hannover, wurde es im Jahr 1981 nach<br />

West-Berlin verkauft. Zwei Kulturinstitutionen,<br />

das Bildarchiv Preußischer<br />

Kulturbesitz (bpk) und die Berlinische<br />

Galerie erwarben den Bestand gemein-<br />

sam und teilten ihn anschließend zwischen<br />

sich auf: Das bpk besitzt heute<br />

ca. 13.000 Fotografien, die Berlinische<br />

Galerie etwas mehr als 3.500 Fotografien<br />

aus dem Archiv Volk und Welt.<br />

Der kleineren aber fotografisch »edleren«<br />

Sammlung von Bildmotiven in der<br />

Berlinischen Galerie ist eines gemeinsam:<br />

der Bezug zur Stadt Berlin (tatsächlich<br />

vorhanden oder zumindest behauptet),<br />

während die Sammlung von Bildmotiven<br />

im bpk den quantitativ bedeutenderen<br />

und thematisch vielfältigeren<br />

Anteil des ehemaligen Verlagsarchivs<br />

repräsentiert.<br />

Das ausgestellte Konvolut Alfred Ehrhardts<br />

aus dem Besitz des bpk zeigt uns<br />

die Originalabzüge in dem Zustand, in<br />

dem sie im Verlag Volk und Welt archiviert<br />

waren und so auf die Nachwelt<br />

überkommen sind: Aufgeklebt auf<br />

Karton, mit handschriftlichen Bildbetextungen,<br />

Retuschen, Markierungen,<br />

Stempeln, Aufklebern auf der Rückseite,<br />

Veröffentlichungs- und Honorarvermerken.<br />

»Vom Wind erzeugte Riffelungen im<br />

Wattenmeer«, »Architekturkünste der<br />

Meeresschnecken«, »Zauber der Edelsteine«,<br />

»Eisenblüte«, »Bronzeköpfe«,<br />

oder »Fohlen auf der Weide« …. – an<br />

den Wänden und in Vitrinen präsentiert,<br />

zeigen diese Bilder herausragende<br />

Motive innerhalb des Oeuvres<br />

des Fotografen. Eine sorgfältige Auswahl<br />

der besten Motive innerhalb einer<br />

Serie ergibt einen repräsentativen Querschnitt<br />

des Ehrhardtschen Schaffens bis<br />

1944. Dargestellt ist das ganze Spektrum<br />

seiner Themen – fasziniert von der<br />

Schönheit der Naturformen in der physischen<br />

Natur überträgt sich die Faszination<br />

des Künstlers von den Formen<br />

der Natur über die Fotografie auf den<br />

Betrachter. Damals wie heute.<br />

14. Mai bis 26. Juni <strong>2011</strong><br />

Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

Auguststraße 75<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di – So 11 – 18 Uhr<br />

Do 11 – 21 Uhr


Cornelia Janetscheck<br />

von Vietinghoff<br />

»Marie«<br />

Eine Frau sitzt an einem Tisch und wartet.<br />

Worauf, wie lange schon und in welcher<br />

Stimmung befindet sie sich?<br />

1991 insziniert die Fotografin Cornelia<br />

Janetscheck v V. die Szene, die sie<br />

atmosphärisch an eine Sommernacht<br />

in den Strassen von Paris erinnert.<br />

Inspiriert durch die fotografische Arbeit<br />

in der Forschung an der FU - Berlin<br />

(1978-1981) findet Cornelia Janetscheck<br />

v V. unterschiedlichste Erscheinungsformen,<br />

um ein Foto räumlich erfahrbar zu<br />

machen. »Ich möchte dem Betrachter<br />

eine erweiterte Möglichkeit der Bildwahrnehmung<br />

zur Verfügung stellen,<br />

die zweidimensionale Form einer Fotografie<br />

brechen«, sagt die Fotografin.<br />

Sie experimentiert dabei mit diversen<br />

Trägermaterialien und Techniken. Einige<br />

Ergebnisse dieser experimentellen Fotografie<br />

aus dem Jahr 1991 zeigt Cornelia<br />

Janetscheck v V. in ihrer aktuellen<br />

Ausstellung.<br />

© Cornelia Janetscheck von Vietinghoff<br />

© Cornelia Janetscheck von Vietinghoff<br />

Cornelia Janetscheck arbeitet ohne Grafiksoftware<br />

und Effekt-Plugins. Kreativ<br />

über Software zu arbeiten heißt für die<br />

Fotografin »second hand kreiert«. Das<br />

Experiment in der real- erlebbaren Welt<br />

ist für sie die größere Herausforderung.<br />

Vernissage:<br />

Freitag, 6. Mai <strong>2011</strong>, 19 Uhr<br />

9. Mai bis 17. Juni <strong>2011</strong><br />

Luxad<br />

Mommenstraße 42<br />

10629 Berlin-Charlottenburg<br />

Mo – Fr 10 – 19 Uhr<br />

Sa 12 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

39


Galerien<br />

Marikel Lahana<br />

»Nobody knows«<br />

Im Zentrum ihres Schaffens stehen bei<br />

der französischen Fotografin Marikel<br />

Lahana die Wahrnehmungen von Isolation<br />

und Einsamkeit, von Eingeschlossen-<br />

und Anderssein. Diese Themen<br />

lassen sich aus ihrer Sicht am besten<br />

am menschlichen Körper erforschen.<br />

Um diese zu veranschaulichen, zeigt sie<br />

den Körper meistens von seiner natürlichen<br />

Umgebung isoliert. Marikel sieht<br />

sich in erster Linie als Portraitfotografin<br />

– die jedoch fern von allem Glamour<br />

die Komplexität ihres Gegenübers<br />

mit all seinen Schwierigkeiten, die<br />

ihm im Leben begegnen, zu erfassen<br />

sucht. Bei diesen fotografischen Begegnungen<br />

setzt sie einen Dialog in Gang,<br />

der auch den Betrachter erfasst. Sie<br />

verspürt dabei eine Affinität zu Menschen,<br />

die mit sich hadern und die oftmals<br />

am Rande der Gesellschaft stehen.<br />

Vielleicht weil sie die Spielregeln nicht<br />

akzeptieren wollen oder weil sie, um<br />

sich selbst sein zu können, lieber auf<br />

bürgerliche Sicherheiten verzichten.<br />

In der Serie »La vanité des ecchymoses«<br />

(Die Eitelkeit der Blutergüsse) portraitiert<br />

sie Menschen, die sich nach<br />

einer schmerzhaften Erfahrung in einer<br />

Phase der Erholung befinden. Die<br />

Farben dieser Serie sollen dabei an das<br />

Farbspektrum eines Blutergusses erinnern.<br />

Weitere Bestandteile ihrer Fotografie<br />

sind milchig blasse Pastelltöne<br />

und eine hohe Körnigkeit. Wie bei<br />

ihrem Bild von einer Sanduhr möchte<br />

sie damit auf das unaufhaltsame Zerrinnen<br />

der Zeit hinweisen. Beispielhaft für<br />

die schon bei den Rencontres d’Arles<br />

2009 gezeigte Serie »Fictions Aptères«<br />

(Flügellose Fiktionen) ist Nelson, der<br />

wie folgt beschrieben wird: »Vierzigjähriger,<br />

unangepasster sozialer Träumer,<br />

der nach Leben süchtig ist«. Bezeichnenderweise<br />

schwingt bei Marikels stillen<br />

und nüchternen Fotografien immer<br />

auch eine unterschwellige Gewalt und<br />

wilde Kraft mit.<br />

40 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Marikel Lahana<br />

Im Mittelpunkt ihrer Ausstellung bei<br />

exp12 / exposure twelve steht die Diashow<br />

»Nobody knows«, die musikalisch<br />

von der dynamischen Pariser Pianistin<br />

Trami Nguyen begleitet wird. Speziell<br />

zur Show konzipiert erklingen Jodlowskis<br />

»Série blanche“«, Luigi Nonos »…<br />

Sofferte onde serene« und Kenji Sakais<br />

»Chronofaille III«. Am letzten Ausstellungswochenende<br />

wird die Pianistin<br />

live vor Ort spielen.<br />

Marikel Lahana ist Absolventin der Pariser<br />

Hochschule für Angewandte Kunst<br />

ENSAD. Sie hat sich 2008 an der ENSP<br />

in Arles und 2010 am Studio National<br />

des Arts Contemporain Le Fresnoy diplomiert.<br />

Ein Erasmus-Stipendium führte<br />

sie 2007 an die UIAH in Helsinki, Finnland<br />

und ein Aufenthaltsstipendium der<br />

Alliance Francaise 2009 nach Toronto,<br />

Kanada. Ihre mehrfach ausgezeichneten<br />

Arbeiten wurden international auf<br />

Festivals und in Ausstellungen in Frankreich<br />

gezeigt.<br />

www.marikellahana.com<br />

© Marikel Lahana<br />

Eröffnung: 13. Mai <strong>2011</strong>, 19 Uhr<br />

14. Mai bis 5. Juni <strong>2011</strong><br />

exp12 / exposure twelve<br />

Senefelderstraße 35<br />

10437 Berlin-Prenzlauer Berg<br />

www.exp12.com<br />

Fr – So 14 – 20 Uhr


Sibylle Mundt,<br />

Claudia Prokop<br />

Michael Magdeburg<br />

»Poesie der<br />

Architekturen«<br />

Die zentrale Herausforderung des Fotografierens<br />

von architektonischen Gebäuden<br />

als Ganzes oder im Detail, die Darstellung<br />

räumlicher Gebilde, hat immer<br />

wieder zu äußerst kreativen Arbeiten<br />

angeregt. Vielen Fotografen geht es<br />

dabei nicht mehr um eine rein sachliche<br />

Präsentation architektonischer Formen.<br />

Viel mehr scheint sie zu interessieren,<br />

wie Gebäude in Synthese mit den<br />

gestalterischen Möglichkeiten des Mediums<br />

zu ganz neuen Erfahrungsräumen<br />

werden können. So lösten sich schon<br />

in der Frühzeit der Fotografie Fotografen<br />

von der reinen Sachaufnahme hin<br />

zum künstlerischen Abbild architektonischer<br />

Bauwerke und Ensembles. Diese<br />

Wahrnehmung von Architektur im urbanen<br />

Umfeld STADT und im Zusammenklang<br />

mit ganz individuellen Sichtweisen<br />

spielt dabei eine große Rolle, und<br />

es ist überraschend zu sehen, wie viele<br />

künstlerische Ansätze es dabei gibt. In<br />

dieser Tradition stehen die drei Aussteller,<br />

auch weil sie sich weniger den »heroischen«<br />

als den »alltäglichen« Architekturen<br />

widmen. Gemeinsames Ziel ihres<br />

Abbildens ist meist nicht das ganze Bauwerk,<br />

sondern die ebenso wichtige Darstellung<br />

von Details als ästhetisch-poetisches<br />

Bild.<br />

© Michael Magdeburg<br />

Michael Magdeburg (in Berlin geboren,<br />

lebt in Berlin) steht in seinen frühen Fotografien<br />

der minimalistischen Auffassung<br />

von Sibylle Mundt nahe. Menschenleer<br />

wirkt die Szenerie einer Bushaltestelle<br />

bei Michael Magdeburg, wie eine zart<br />

verblassende Kulisse. Mit seinen Arbeiten<br />

spürt der Fotograf nach der Seele<br />

eines Ortes.<br />

An die Auffassung der malerischen Fotografie<br />

des 19. Jahrhunderts mit ihrer<br />

optischen Verklärung knüpft Michael<br />

Magdeburg mit seiner Handhabung der<br />

Unschärfe und dem bewussten Einsatz<br />

des Gegenlichtes in seinen jüngsten Bildern<br />

an.<br />

Sein Abstraktionsweg geht hin zur Raumauflösung,<br />

bis zu vibrierenden Farbflächen<br />

mit der Ahnung von Räumlichkeit<br />

und in der Unschärfe verschwimmenden<br />

Farbflächen. Magdeburgs monochrome<br />

Bilder und zarte Farbimpressionen<br />

bestechen mit ihrer stillen, meditativen<br />

Ausstrahlung.<br />

© Sibylle Mundt<br />

Bei Sibylle Mundt (1970 in Berlin geboren,<br />

lebt in Halle) sind es immer wieder<br />

die Abschlüsse von Giebelwänden, oft<br />

vor dem Hintergrund des blauen Himmels,<br />

als konstruktivistische transzendente<br />

Raumbilder. Das fein ausdifferenzierte<br />

Flirren und optische Vibrieren<br />

des Bildraumes kommt in der nuancierten<br />

Dualität der Farbflächen zum Ausdruck.<br />

Die Silhouettenlinie erscheint als<br />

schmaler bewegter Streifen in der Bildmitte.<br />

Dagegen werden ihre kahlen<br />

Parkhausräume mit den aufgebrachten<br />

© Claudia Prokop<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

Galerien<br />

Piktogrammen zu nüchternen Zeichenbildern<br />

Claudia Prokop (in Berlin geboren, lebt<br />

in Berlin) faszinieren die Raumdimensionen<br />

großer Bauwerke, gefunden auf<br />

vielen Reisen oder hier in der Stadt,<br />

denen sie in Weitwinkelaufnahmen mit<br />

ihren stürzenden und tiefen Perspektiven<br />

nachspürt. So blickt sie monoperspektivisch<br />

mit einem Objektiv großer<br />

Brennweite mitten hinein in de Weiten<br />

der architektonischen Räumlichkeit.<br />

der fotografische Blick ist sowohl<br />

ästhetischer- als auch kritischer Natur.<br />

Die enorme Verdichtung des Raumes<br />

sowohl in der Horizontalen als auch<br />

in der Senkrechten wird auf eindrückliche<br />

Weise sinnfällig. Dabei werden<br />

viele Ihrer Bilder zu Sinnbildern bis hin<br />

zu Metaphern. Das Treppenhaus wird<br />

etwa zur Metapher für ständige Bewegung,<br />

für ständigen Auf- und Abstieg.<br />

Die drei Künstler finden in der Auseinandersetzung<br />

mit Architektur zu einer<br />

jeweils ganz eigenen Sprache. Die<br />

Fotografien sind sachlich und virtuos<br />

zugleich. Oberflächeneigenschaften<br />

und Lichtspiele werden zum Gegenstand<br />

eines sinnlichen Genusses.<br />

bis 6. Mai <strong>2011</strong><br />

galerie ratskeller<br />

Galerie für zeitgenössische Kunst<br />

Möllendorffstraße 6<br />

(im Rathaus Lichtenberg)<br />

10367 Berlin-Lichtenberg<br />

www.kultur-in-lichtenberg.de<br />

Mo – Fr 10 – 18 Uhr<br />

41


Galeriebericht<br />

Lebens Räume<br />

Unsere alte und neue Hauptstadt war<br />

nie eine Schönheit. Bekanntlich lässt<br />

sich der Mangel an äußeren Reizen ausgleichen<br />

durch Klugheit, zum Beispiel<br />

in der Stadtplanung. Wenn man heute<br />

durch Berlin streift, hat man den Verdacht,<br />

dass Schinkel und seine Schüler<br />

Persius und Stüler im 19. Jahrhundert die<br />

letzten waren, die sich über die Stadt als<br />

Lebensraum Gedanken gemacht haben.<br />

Zum ersten Hotelbau am neuen Hauptbahnhof<br />

sagte der Architekt des ja auch<br />

umstrittenen Bahnhofs, Meinhard von<br />

Gerkan: »Ordinärer kann man einen<br />

öffentlichen Raum nicht verramschen«.<br />

Dabei hatte Berlin zweimal die Chance<br />

zur Erneuerung, nach den Zerstörungen<br />

des 2. Weltkriegs und nach dem<br />

Ende der Teilung 1989. Die Stadt war<br />

vorher schon einmal aus zwei Teilen<br />

zusammengewachsen. Im Ephraimpalais,<br />

unserem Stadtmuseum, waren<br />

unter dem Titel »Berlins vergessene<br />

Mitte« 400 photographische Originale<br />

von 1840 bis heute zu sehen, räumlich<br />

getrennt nach den beiden »Urstädten«<br />

Cölln und Berlin. Vor allem die Panoramen<br />

mit ihrem Reichtum an feinsten<br />

Details erzählen uns Geschichten. Nur<br />

braucht man dazu eine Lupe, weil die<br />

Kuratoren aus lauter Stolz auf den Besitz<br />

der Originale keine großen Reproduktionen<br />

an die Wand hängen. Technisch<br />

wäre das kein Problem, Titzenthaler,<br />

Schwartz und andere haben ja ihre<br />

Motive auf große Glasplatten belichtet,<br />

da ist vom Dachziegel bis zur Hutmode<br />

alles erkennbar. Und alle stürzenden<br />

Linien sind nach Scheimpflug perfekt<br />

entzerrt. Vor allem Max Missmann<br />

hat sich immer einen erhöhten Standort<br />

gesucht, um den Kontext aufzuzeigen,<br />

in dem die Gebäude stehen. Dem<br />

Betrachter wird klar, was heute fehlt:<br />

Dieser Kontext. Seit 7 Jahren ist Ingeborg<br />

Junge-Reyer (SPD) Senatorin für<br />

Stadtentwicklung. Sie hat Architektur<br />

nicht studiert und sagt: »Stadtentwicklungspolitik<br />

ist auch Wirtschaftspolitik«.<br />

Auch? War da noch was?<br />

Das Ephraimpalais zeigt die heutige<br />

Stadtmitte u.a. in den farbigen Panoramen<br />

von Arwed Messmer. Die digitale<br />

Technik macht wieder eine ähnli-<br />

42 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Max Missmann, »Bayerischer Platz«, 1912<br />

che Perfektion möglich wie die Plattenkamera<br />

des 19. Jahrhunderts. Wir<br />

sehen ein Berlin, in dem »alles aufeinandertrifft<br />

und nichts zusammen passt«<br />

(Annett Gröschner). Damit wir aber<br />

auch etwas über die Menschen erfahren,<br />

die in Mitte lebten und leben, finden<br />

wir in der obersten Etage Fotos von Barbara<br />

Metselaar-Berthold, keine Unbekannte<br />

in der Szene. Diesmal hat sie vor<br />

allem Bildpaare zusammengestellt, hat<br />

jeweils ein schwarzweißes Streetphoto<br />

aus den Achtzigern kombiniert mit einer<br />

farbigen Stadtansicht von 2010. Dieses<br />

Konzept funktioniert nicht durchgehend.<br />

Auch die Bezeichnung »Vexierbilder«<br />

trifft nicht zu, weil ein Doppelsinn<br />

nicht erkennbar ist.<br />

Einer der allerersten Chronisten Berlins<br />

war Leopold Ahrendts, im Stadtmuseum<br />

vertreten und in der Galerie<br />

Berinson bis 22. April gewürdigt. Die<br />

kostbaren Albumin- und Salzpapierabzüge<br />

aus den 1850er und 1860er Jahren<br />

stammen aus dem Nachlass der Dichterin<br />

Fanny Lewald und sind ganz wunderbar<br />

erhalten, nach 150 Jahren! Das<br />

soll ein Digiprint mal nachmachen.<br />

Hans-Christian Schink meint in »Photonews«:<br />

»Die Entstehungsgeschichte<br />

eines Kunstwerks, ob mehr oder weniger<br />

ablesbar, ist Teil seiner Aura«. Das<br />

gilt in hohem Maße für Schinks eigene<br />

Arbeit »1 h«, die noch bis 16. April bei<br />

Kicken zu sehen ist. Bei der Belichtungszeit<br />

von einer Stunde wird die Sonnenbahn<br />

durch natürliche Solarisation zu<br />

einem dunklen Balken, der über der<br />

Landschaft zu schweben scheint. 2007<br />

brachte ihm die Beschäftigung mit<br />

diesem Phänomen den REAL Photography<br />

Award ein, der immerhin mit<br />

50.000.- Euro dotiert ist.<br />

Im brennpunt 1/<strong>2011</strong> auf Seite 34 steht<br />

Näheres.<br />

Auch Thomas Wrede war in Landschaften<br />

unterwegs, am liebsten in bizarren,<br />

lebensfeindlichen. Er »zivilisiert« sie<br />

dann am Computer auf witzige und hintergründige<br />

Weise, indem er Modelle<br />

von typischen menschlichen Behausungen<br />

an einen schroffen Berghang oder<br />

eine wilde Felsenküste setzt, mit Auto,<br />

Mülltonne und heimeligem Licht. Er<br />

täuscht uns so perfekt, dass wir erst auf<br />

den zweiten Blick stutzig werden. Die<br />

riesigen Acryls sind zwischen den riesigen<br />

ruppigen Betonpfeilern der Galerie<br />

Wagner + Partner noch bis 9. April<br />

zu sehen.<br />

Viel bescheidener gibt sich Karl-Ludwig<br />

Lange bis 24. April in der Kommunalen<br />

Galerie Wilmersdorf. Er ist uns bekannt<br />

als der Chronist der Teilung, hat fast<br />

zwei Jahrzehnte die Berliner Mauer<br />

dokumentiert, bis zu ihrem Fall. Parallel<br />

war er in Westberlin auf den Brücken<br />

unterwegs, die Bahngleise und<br />

Stadtautobahn überspannen. Das klingt<br />

nicht sehr spannend, ist aber ein ästhetischer<br />

Genuss, der freie Blick über die<br />

urbane Landschaft, perfekt vergrößert in<br />

edlem Schwarzweiß. Und die Sünden<br />

der Stadtplaner werden genau so sichtbar<br />

wie bei Max Missmann vor hundert<br />

Jahren.<br />

Daniel Sebastian Schaub rückt der<br />

oft trostlosen Architektur von Ladengeschäften<br />

in Randlagen auf die Pelle<br />

und nennt sie »Authentische Räume«.<br />

Er hält sie für »symbolisch höchst wertvoll«.<br />

Er liebt Reihungen von Glascontainern<br />

und andere serielle Strukturen<br />

im Stadtbild. Bis 22. Mai zeigt Gino<br />

Puddu seine spartanischen Farbmotive<br />

im Galeriecafé Aroma.<br />

Noch ein bisschen morbider geht es bei<br />

Inge Zimmermann zu in der Inselgalerie.<br />

»Verlassen« nennt sie ihre Architekturfragmente<br />

aus Berlin und Brandenburg.<br />

Doch ihre Motive leben, sie<br />

haben räumliche Tiefe und atmen Vergangenheit.<br />

Dass die ganz furchtbar gewesen sein<br />

kann, zeigt Robert Polidori bei Camera<br />

Work mit seinen beklemmenden Dokumenten<br />

aus Pripyat/Chernobyl. Die nukleare<br />

Katastrophe jährt sich am 26. April<br />

zum 25. Mal. Die damals in panischer<br />

Flucht verlassenen Räume hat Polidori<br />

vor 10 Jahren fotografiert. Da drang die<br />

grausige Aura des Ortes noch in jedes


© ROBERT POLIDORI, MATERNITY WARD,<br />

PRIPYAT, 2001<br />

Detail der großformatigen Aufnahmen<br />

und ist bis heute spürbar.<br />

Kehren wir zurück ins Leben, ein Leben,<br />

das sich »Hinter den Linden« abspielt<br />

und bis 1. Mai zu erkunden ist in der<br />

Galerie exp12 am Prenzlauer Berg.<br />

Gemeint sind die Räume der Lindenoper,<br />

in der das Staatsballett zuhause<br />

war, vor seinem Umzug in die Bismarckstraße.<br />

Kerstin Zillmer hat den<br />

Arbeitsalltag der Tänzer in stillen und<br />

poetischen Bildern eingefangen. Die<br />

<strong>Edition</strong> Braus hat daraus einen Bildband<br />

gemacht.<br />

Auch Arnd Weider war in der Staatsoper<br />

unterwegs, im Foyer, und in anderen<br />

Theatern und Sportstätten. »Heterotopien<br />

– Die äußeren Räume« nennt<br />

er seine Recherchen in der Fotogalerie<br />

am Helsingforser Platz. Die lastende<br />

Schwärze in den Nebenräumen soll<br />

»Projektionsfläche für den Betrachter<br />

sein, die auf dahinter Liegendes lenkt«,<br />

während die hellen Sportplätze eine<br />

kritische Verarbeitung eigener Erfahrungen<br />

sind. Das ist alles ziemlich verrätselt.<br />

Norbert Bunge zieht für seine<br />

Galerie argus fotokunst eine gradlinige<br />

Erzählweise vor. Er hat im riesigen<br />

Archiv des eben 80 gewordenen Will<br />

McBride gestöbert und eine wunderbar<br />

lebendige Serie gefunden, die der Fotograf<br />

1956 (!) in einer einzigen Straße in<br />

Florenz aufgenommen hat, der Via di<br />

Camaldoli. Da war der gebürtige Amerikaner<br />

von München mit dem Fahrrad<br />

hingeradelt, Jahre bevor seine Karriere<br />

bei twen, Stern, Geo und Life begann.<br />

Er erinnert sich: »Die Straße war eine<br />

einzige Bühne, ein Straßendrama voller<br />

Gestik und Geschrei… Die Filme liefen<br />

durch meine Leica wie der Wein durch<br />

die Kehle«. Auf meine törichte Frage, ob<br />

das Drucke seien, rief Norbert Bunge<br />

© Will McBride<br />

gekränkt: »Ich stelle keine Drucke aus!<br />

Das sind alles Barytabzüge des Fotografen«.<br />

Ein hehres Prinzip in unserer Welt<br />

der schnellen Bilder.<br />

Die von Schink beschworene Aura eines<br />

Bildes hängt ja auch mit dem Bildgedächtnis<br />

des Betrachters zusammen.<br />

Das fiel mir auf bei Dana Gluckstein im<br />

Willy-Brandt-Haus. Ihr Thema: »Dignity<br />

– Die Würde des Menschen«, Anlass:<br />

Der 50. Geburtstag von Amnesty International.<br />

Gluckstein hat wunderbare<br />

Porträts vor allem in Afrika und Südamerika<br />

gemacht. Doch das gewollte<br />

Gute macht sich leicht verdächtig, wie<br />

das zu Kolonialzeiten der Fall war. Da<br />

war es das voyeuristische Interesse der<br />

Europäer am Exotischen.<br />

Glucksteins Blick ist ein anderer, ein<br />

weiblicher zumal. Aber es ist auch der<br />

einer amerikanischen Starfotografin, die<br />

an Werbung und Glamour geschult ist.<br />

Sie inszeniert ihre Menschen vor neutralem<br />

Hintergrund, nicht in ihrem Lebensraum.<br />

Das wirkt bei einigen zu plakativ,<br />

andere sind bewegend lebendig wie bei<br />

einem Schnappschuss.<br />

Die räumliche Begrenzung eines Ateliers<br />

zwingt den Fotokünstler zu besonderer<br />

schöpferischer Bemühung, weil er<br />

sich nicht auf ein vorgefundenes Ambiente<br />

stützen kann. Er muss die eigene<br />

Persönlichkeit stärker einbringen und<br />

seine Stars vor der Linse mehr fordern.<br />

Gerhard Kassner (Photoplatz im Hotel<br />

© Dana Gluckstein<br />

Galeriebericht<br />

Bogotá) hat von 2003 bis 2010 im Auftrag<br />

der Biennale alle fotografiert, die<br />

in der Filmbranche Rang und Namen<br />

haben, sehr nahe, sehr perfekt, mit<br />

großer Achtsamkeit. Tilda Swinton hat<br />

er mit unterschiedlichem Outfit dreimal<br />

vor der Linse gehabt, 2005, 2008 und<br />

2009. Ihr Ausdruck ist auf den Bildern<br />

merkwürdigerweise so gleich, dass sie<br />

wie unmittelbar hintereinander entstanden<br />

wirken.<br />

Das könnte Jim Rakete nicht passieren.<br />

Die Kunsthalle Koidl zeigte von<br />

ihm zur Berlinale 87 aufregende Inszenierungen<br />

mit den Protagonisten<br />

der deutschen Filmlandschaft, jeweils<br />

ergänzt mit den Utensilien ihrer Rolle<br />

oder Tätigkeit. Die großen, kraftvollen<br />

Bilder sprangen den Betrachter an<br />

von den hohen Wänden des ehemaligen<br />

Charlottenburger Umspannwerks,<br />

voller Leben, voller Witz und Charme.<br />

Der Berliner würde sagen: Da ist Musike<br />

drin! Und das ist kein Wunder, denn Jim<br />

Rakete hat viele bekannte Musiker als<br />

Produzent betreut und unbekannte mit<br />

seinen Fotos bekannt gemacht.<br />

Schön, dass es solche einsamen Höhepunkte<br />

gibt. In der Bildsprache wird<br />

sonst heutzutage zuviel gequatscht und<br />

zu wenig gesprochen.<br />

Klaus Rabien<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

43


Galerien<br />

Wolfgang Scholvien<br />

»Michael<br />

Schumacher«<br />

Estoril ist eine einzigartige Schwarzweiß-<br />

Reportage, die den jungen Michael<br />

Schumacher am Beginn seiner großen<br />

Karriere zeigt. Wolfgang Scholvien<br />

portraitierte den heute erfolgreichsten<br />

Rennfahrer aller Zeiten im Auftrag des<br />

Stern während seines dritten Formel-1-<br />

Rennens 1991 in Portugal aus nächster<br />

Nähe. Im Jahr 2004 erschien exklusiv<br />

bei Camera Work ein bibliophil<br />

ausgestattetes Portfolio Estoril mit 21<br />

Motiven, Format 52 x 42 cm, Auflage<br />

20 Exemplare, vergriffen.<br />

© Wolfgang Scholvien, »Estoril«, 1991<br />

44 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Wolfgang Scholvien, »Estoril«, 1991<br />

2. Juni bis 2. Juli <strong>2011</strong><br />

imago fotokunst<br />

Linienstraße 145<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

Di – Fr 12 – 19 Uhr<br />

Sa 14 – 18 Uhr


Deutsches Technik<br />

Museum<br />

bis 3. Juli <strong>2011</strong><br />

Mit der Kamera auf Tauchgang in<br />

verborgenen Welten<br />

Unterwasserfotografie<br />

Trebbiner Straße 9<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Di–Fr 9–17.30 Uhr<br />

Sa + So 10–18 Uhr<br />

Petra Rietz<br />

Salon Galerie<br />

bis 14. Mai <strong>2011</strong><br />

Hans Könings<br />

»Die andere Geschichte«<br />

Koppenplatz 11a<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

Mi–Sa 15–18 Uhr<br />

Haus am Waldsee<br />

24. Juni bis 28. August <strong>2011</strong><br />

Mette Tronvoll<br />

»At Eye Level«<br />

Argentinische Allee 30<br />

14163 Berlin-Zehlendorf<br />

Mo–So 11–18 Uhr<br />

CAMERA WORK<br />

bis 7. Mai <strong>2011</strong><br />

Russel James<br />

14. Mai bis 2. Juli <strong>2011</strong><br />

Herb Ritts<br />

Kantstraße 149<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di–Sa 11–18 Uhr<br />

Café Aroma<br />

Photogalerie<br />

2. Juni bis 18. September <strong>2011</strong><br />

Valentina Strada<br />

»36 ore a Berlino«<br />

Hochkirchstraße 8<br />

10829 Berlin-Schöneberg<br />

Mo–Fr 18–24 Uhr<br />

Sa + So 14–24 Uhr<br />

Rathaus<br />

Charlottenburg<br />

bis 29. Mai <strong>2011</strong><br />

Themenwettbewerb des DFV<br />

»Momente«<br />

Otto-Suhr-Allee 100<br />

10585 Berlin-Charlottenburg<br />

Mo–Fr 8-18 Uhr<br />

Rathaus Köpenick<br />

bis 29. April <strong>2011</strong><br />

»17. Fotoklub Forum Berlin <strong>2011</strong>«<br />

Arbeitskreis Freie Lichtbildner Berlin<br />

BSW Fotogruppe Berlin<br />

Colorclub Berlin-Treptow<br />

Fotoclub 1092 Berlin<br />

Fotoclub Berlin-Lichtenberg<br />

Fotoclub Fischerinsel<br />

Fotoclub Ludwigsfelde<br />

Fotofreunde Zehlendorf<br />

fotografen vereinigung kreuzberg<br />

fotografie.berlin e.V.<br />

Fotogruppe´98<br />

Fotogruppe »Natur und Kultur«<br />

(Labsaal)<br />

Fotoklub Eberswalde<br />

Fotoklub Strausberg<br />

Fotostudio Köpenick<br />

Fototreff Bernau<br />

Sinnbildfotoklub Brandenburg<br />

Alt-Köpenick 21<br />

12555 Berlin-Köpenick<br />

Mo–Fr 9–18 Uhr<br />

Sa + So 10–16 Uhr<br />

C / O Berlin<br />

7. Mai bis 19. Juni <strong>2011</strong><br />

Fritz Eschen<br />

»Berlin unterm Notdach«<br />

Fotografien 1945-1955<br />

Ausstellungen<br />

25. Juni bis 4. September <strong>2011</strong><br />

Gregory Crewdson<br />

»On a Lonely Place«<br />

Oranienburger Straße 35/36<br />

Postfuhramt<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Täglich 11–20 Uhr<br />

Caritas Galerie<br />

5. Mai bis 8. Juli <strong>2011</strong><br />

Jörg Rüger<br />

»the beauty of ruins«<br />

Residenzstraße 90<br />

13409 Berlin-Reinickendorf<br />

Mo–Fr 8–18 Uhr<br />

Deutsches<br />

Historisches Museum<br />

12. Mai bis 3. Oktober <strong>2011</strong><br />

Thomas Hoepker, Daniel Biskup<br />

»Ansichten vom Alltag«<br />

Anfang und Ende der kommunistischen<br />

Herrschaft<br />

Unter den Linden 2<br />

Hinter dem Zeughaus<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Täglich 10–18 Uhr<br />

Martin-Gropius-Bau<br />

11. Juni bis 11. September <strong>2011</strong><br />

André Kertész<br />

»Vint«<br />

23. Juni bis 12. September <strong>2011</strong><br />

Daniel Schwartz<br />

Niederkirchnerstraße 7<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Täglich 10–20 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

45


Ausstellungen<br />

Martin Munkacsi<br />

»Think while you<br />

shoot«<br />

Martin Munkacsi (1896 – 1963) zählt<br />

unbestritten zu den wichtigsten Fotografen<br />

des 20. Jahrhunderts. Der Ungar<br />

hat die Anfänge des modernen Fotojournalismus<br />

geprägt und das bis dahin<br />

statische Medium in Bewegung versetzt.<br />

Munkacsi verband journalistische<br />

Genauigkeit mit einem hohen formalästhetischen<br />

Anspruch. Seine Modefotos<br />

waren bahnbrechend, als Sportfotograf<br />

bleibt er unerreicht. In dieser Ausstellung<br />

finden Munkacsis Fotografien<br />

aus dem Nachlass, die zuvor in aller<br />

Welt verstreut waren, wieder zusammen.<br />

Sie enthält Bilder aus allen Schaffensphasen<br />

und dokumentiert so eine<br />

spannungsvolle, technikversessene, glamouröse<br />

und widersprüchliche Epoche.<br />

Die von F.C. Gundlach im Jahr 2005<br />

als Eröffnungsausstellung des Hauses<br />

der Photographie in den Deichtorhallen<br />

Hamburg kuratierte Retrospektive<br />

Martin Munkacsi. »Think while you<br />

shoot« macht vom 23. Februar bis 22.<br />

Mai <strong>2011</strong> im Kunstfoyer der Versicherungskammer<br />

Bayern in München ein<br />

letztes Mal Station. Präsentiert werden<br />

rund 280 Werke, darunter Portraits von<br />

Fred Astaire, Katharine Hepburn, Greta<br />

Garbo, Joan Crawford, Marlene Dietrich,<br />

Max Schmeling, Louis Armstrong,<br />

Frida Kahlo und Diego Rivera.<br />

Für ihn tanzte Fred Astaire auf Zehenspitzen,<br />

für ihn liefen die Damen mit<br />

wehenden Kleidern über den Strand –<br />

Munkacsi brachte Bewegung in die statische<br />

Fotografie der 1920er Jahre. Der<br />

ausdrucksstarke Ungar gilt als unerreichter<br />

Sport- und Reportagefotograf,<br />

als Revolutionär der Modefotografie<br />

und als Inbegriff der Moderne.<br />

»Think while you shoot« – so fasste<br />

Martin Munkacsi sein fotografisches<br />

Credo 1935 im Modemagazin Harper’s<br />

Bazaar zusammen. Die vier Wörter charakterisieren<br />

seine Arbeitsweise auf das<br />

Vortrefflichste: spontan, ungezwungen,<br />

dynamisch, oft vor Lebensfreude überbordend<br />

wirken seine Aufnahmen. Sie<br />

sind Zeugnis einer Gabe, die Munkacsi<br />

46 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

»Jungen laufen in die Brandung des Tanganyika-<br />

Sees«, Tanganyika, um 1930<br />

© Estate of Martin Munkacsi / Lester Nafzger,<br />

Woodstock<br />

wie wenige andere Fotografen auszeichnet:<br />

das intuitive Begreifen des<br />

Augenblicks. In Windeseile gelang es<br />

ihm, Bewegungen abzuschätzen, vorübergehende<br />

Arrangements zu erspüren,<br />

um im rechten Moment am rechten<br />

Ort zu sein und auf den Auslöser<br />

zu drücken.<br />

Schon seine frühen Arbeiten für die<br />

ungarische Zeitung Pesti Napló lassen<br />

Munkacsis Gespür für Dynamik erkennen.<br />

1928 verlässt er Ungarn in Richtung<br />

Berlin, der quirligen europäischen<br />

Metropole, Inbegriff der »Roaring Twenties«.<br />

Dort hat er die Fortune des Autodidakten:<br />

Der Ullstein Verlag macht ihn<br />

zum Chef-Fotografen der Berliner Illustrirten<br />

Zeitung, dem seinerzeit auflagenstärksten<br />

Bilderblatt der Welt. Munkacsis<br />

Themenspektrum ist weit gefächert:<br />

Es reicht vom Sport über die Reportage<br />

bis zur Mode. Das Jahr 1933 stellt<br />

auch für Munkacsi einen Wendepunkt<br />

dar. Das quirlig-avantgardistische Berlin<br />

verkommt unter den Nationalsozialisten<br />

zum Aufmarschplatz für SA und<br />

SS. Der Ullstein Verlag wird »arisiert«,<br />

der jüdische Chefredakteur Kurt Korff<br />

und der Verlagsdirektor Kurt Safranski<br />

werden entlassen. Im Mai 1934 verlässt<br />

auch Munkacsi Deutschland, um sich<br />

in den USA eine neue Existenz aufzubauen.<br />

Dort wird er mit vielen Publikationen<br />

bei Harper’s Bazaar, Life und<br />

Ladies’ Home Journal den Zenit seines<br />

»Peignoir in a soft Breeze« USA 1936<br />

© Estate of Martin Munskacsi / Lester Natzger,<br />

Woodstock<br />

Ruhms erreichen. Aber auch aus großer<br />

Fallhöhe abstürzen.<br />

Seit 2005 auf Tournee im Haus der Photographie<br />

in den Deichtorhallen Hamburg,<br />

im Martin-Gropius-Bau Berlin,<br />

im International Center of Photography<br />

(ICP) New York, im Museum of Modern<br />

Art San Francisco, im Moscow House of<br />

Photography und im Ludwig Museum<br />

Budapest, hat die Ausstellung das Werk<br />

eines der einflussreichsten Fotografen<br />

des 20. Jahrhunderts der Vergessenheit<br />

entrissen und bei Publikum und Presse<br />

international begeisterte Reaktionen<br />

hervorgerufen.<br />

Dank gebührt der Tochter des Fotografen<br />

Joan Munkacsi (1948-2008), dem<br />

ullstein bildarchiv Berlin, der Stiftung<br />

F.C. Gundlach und der Howard Greenberg<br />

Gallery New York.<br />

Ohne ihre Leihgaben und ihre Unterstützung<br />

wären die Ausstellung und<br />

der bei Steidl in Göttingen erschienene<br />

Bildband nicht vorstellbar.<br />

bis 22. Mai <strong>2011</strong><br />

KUNSTFOYER DER<br />

VERSICHERUNGSKAMMER BAYERN<br />

Maximilianstraße 53,<br />

80530 München<br />

täglich 9–19 Uhr


Thomas Lüttge<br />

Hugo Jaeggi<br />

Zeit in der Zeit, so betitelt der Schweizer<br />

Fotograf Hugo Jaeggi seine Aufnahme,<br />

die einen Mann auf Reisen zeigt, im<br />

Zug von Brüssel nach Basel. Unübersehbar<br />

im Vordergrund: die Uhr. Unser<br />

Messwerkzeug für Zeit, gleichzeitig das<br />

Symbol einer Begrenzung. Zeit lässt sich<br />

messen wie eine Währung: Zeit ist Geld<br />

… ein jeder besitzt viel, wenig, gar keine<br />

Zeit … sie wird gespart, verschwendet,<br />

verschenkt …<br />

© Thomas Lüttge, »Montagsdemostration«,<br />

Leipzig, 1989<br />

© Thomas Lüttge, »o.T.«, 1985<br />

Oder geht es um die kulturphilosophische<br />

Bedeutung, um den Zeitgeist?<br />

Dokumentiert das Bild der Montagsdemonstration,<br />

1989 in Leipzig, den<br />

damaligen Geist der Zeiten, diese wenig<br />

konstante Größe?<br />

© Hugo Jaeggi, »Zeit in der Zeit«, Im Zug Brüssel-Basel, 1988<br />

© Hugo Jaeggi, »Traumbild«, Riehen, 1984<br />

16. April bis 5. Juni <strong>2011</strong><br />

Ausstellungen<br />

Fotogalerie Karin Schneider-Henn<br />

Schmidzeile 12<br />

83512 Wasserburg am Inn<br />

Sa + So 14–18 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

47


Ausstellungen<br />

Nadav Kander<br />

»Yangtze – The Long<br />

River«<br />

Mit der Serie »Yangtze - The Long River«<br />

dokumentiert Nadav Kander die tief greifenden<br />

Veränderungen der Uferlandschaften<br />

des drittgrößten Flusses der<br />

Welt infolge der ungezügelten Modernisierung<br />

Chinas. Zwischen 2005 und<br />

2007 bereiste der Fotograf mehrmals<br />

den Jangtsekiang, immer stromaufwärts,<br />

von dessen Mündung im Ostchinesischen<br />

Meer bis zur Quelle im Qinghai-Plateau<br />

von Tibet.<br />

Kanders Aufnahmen zeigen nebliggraue<br />

Landschaften, die ihr Gesicht<br />

durch den massiven Eingriff des Menschen<br />

im Namen des Fortschritts so<br />

schnell ändern, dass sie heute bereits<br />

Geschichte sind. Großprojekte wie der<br />

Drei-Schluchten-Staudamm und das<br />

Süd-Nord-Wassertransfersystem, gigantische<br />

Brücken und Wohnblöcke westlicher<br />

Bauart oder Schutt- und Müllberge<br />

nehmen der Landschaft Schönheit und<br />

Idylle. Die sonnenlose Natur wirkt leer<br />

und distanziert.<br />

Tradition und Moderne stehen am<br />

»Großen Fluss«, der im Bewusstsein<br />

der Chinesen sowohl historisch als<br />

auch spirituell immer schon eine Identität<br />

stiftende Rolle spielte, unversöhnlich<br />

nebeneinander. Die am Flussufer lebenden<br />

Menschen stehen der hemmungslosen<br />

und einschneidenden Umgestaltung<br />

ihrer Umgebung klein und verloren<br />

gegenüber. Ohne Einfluss auf die Entwicklung<br />

nehmen zu können, müssen<br />

sie sich mit dem Wandel arrangieren<br />

und sich damit abfinden, dass es ein<br />

Wiedersehen mit einer Landschaft aus<br />

Kindheitstagen für sie nicht mehr gibt. In<br />

der Landschaft eine Konstante zu finden<br />

ist ihnen fremd geworden.<br />

Der Jangtsekiang ist in Nadav Kanders<br />

Fotografien das Sinnbild eines unnatürlich<br />

schnellen und oft genug inhumanen<br />

Fortschritts. Sein Werk ist eine ins Bild<br />

gesetzte sehr persönliche Reflexion über<br />

die sozialen und ökologischen Konsequenzen<br />

der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

des modernen China. In »Yangtze<br />

- The Long River« gelingt es Kander, die<br />

48 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Nadav Kander, »Chongqing I«, Chongqing Municipalty, 2006<br />

© Nadav Kander, »Blue Trucks«, Mouth Shanghai<br />

gewaltsamen Umwälzungen ebenso<br />

wie die Erhabenheit und Größe der<br />

Natur in einem ungelösten Spannungsverhältnis<br />

zu verbinden. Dabei »sprechen<br />

diese paradoxerweise schönen<br />

Fotografien«, wie es Kofi A. Annan in<br />

der Einleitung zum Buch treffend formuliert,<br />

»eine darüber hinausgehende<br />

Wahrheit an. Die Fotografien erinnern<br />

uns an die Fragilität unserer Welt und an<br />

den Schaden, den wir angerichtet haben<br />

– Schaden, der über die Grenzen nationaler<br />

Staaten hinausgeht«.<br />

Versammelt findet sich die komplette<br />

Werkserie in dem von Hatje Cantz<br />

veröffentlichten gleichnamigen Fotobuch,<br />

das mit einem Vorwort von Kofi<br />

Annan versehen ist und 2009 mit dem<br />

renommierten Prix Pictet ausgezeichnet<br />

wurde.<br />

Der 1961 in Israel geborene und im südafrikanischen<br />

Johannesburg aufgewachsene<br />

Nadav Kander zählt zu den renommiertesten<br />

Fotografen der Gegenwart.<br />

Die fotografische Bandbreite umfasst<br />

künstlerische, redaktionelle und werbliche<br />

Arbeiten, die in Büchern und zahlreichen<br />

Magazinen wie dem Sunday<br />

Times Magazine, Rolling Stone, Another<br />

Man und Dazed & Confused erschienen<br />

sind. 2009 widmete das New York<br />

Times Magazine eine ganze Ausgabe<br />

mit Kanders »Obama’s People«, einer<br />

Porträtserie des gesamten Ministerstabs<br />

und der engsten Mitarbeiter Obamas.<br />

Kander erhielt zahlreiche Auszeichnungen<br />

und wurde 2009 im Rahmen der<br />

Annual Lucie Awards zum International<br />

Photographer of the Year ernannt. Seit<br />

1986 lebt der Fotograf mit seiner Familie<br />

in London. Seine Arbeiten sind Teil<br />

der Sammlungen der National Portrait<br />

Gallery sowie des Victoria und Albert<br />

Museums in London.<br />

10. April bis 22. Mai <strong>2011</strong><br />

Forum für Fotografie<br />

Schönhauser Straße 8<br />

50968 Köln<br />

Mi – Fr 14 – 18 Uhr<br />

Sa 12–18 Uhr, So 12–16 Uhr


Amin El Dib<br />

Autonome Bilder<br />

Amin El Dib macht Kunst mit Photographie,<br />

und das ist wörtlich zu nehmen:<br />

Das Medium ist ihm nicht mehr und<br />

nicht weniger als das Material, dessen<br />

Erforschung sein Œuvre bestimmt. Mit<br />

den Künstlern aller Zeiten und Medien<br />

eint ihn die Radikalität seines Ansatzes;<br />

aus grundsätzlichen Erwägungen zur<br />

Materialität und Medialität der Photographie<br />

heraus bestimmt er die Grenzen,<br />

die er überschreitet – vor allem<br />

um zu wissen wo sie sind. Wo ist die<br />

Schönheit von Schnittblumen im Verfall,<br />

wo die Wiedererkennbarkeit eines<br />

Menschen im Portrait, wo die Integrität<br />

eines Bildes im Prozess des Zerreißens?<br />

Hinter jeder neuen Fragestellung<br />

steht die Überlegung, was das Bildermachen<br />

an sich zu bedeuten hat, wieweit<br />

es Selbstzweck ist und wo die Autonomie<br />

einer jeden Kunst die Grenze der<br />

Vermittelbarkeit überschreitet – und das<br />

im etabliertesten technischen Medium<br />

der Neuzeit.<br />

Amin El Dib arbeitet in größeren Werkgruppen,<br />

die ihn oft jahrelang beschäftigen,<br />

die sein Leben begleiten und<br />

bestimmen. Umgekehrt wirken einzelne<br />

Momente dieses Lebens auf die<br />

Ausformung mancher Arbeitsweisen<br />

und damit die Art der Bilder zurück;<br />

das reicht von Spaziergängen mit dem<br />

Hund über familiäre Reisen nach Ägypten<br />

bis zu erotischen Obsessionen. Oft<br />

genug jedoch definieren die Arbeitsprozesse<br />

der Photographie selbst seine<br />

Arbeit: Was im Negativdruck geschieht,<br />

ist genau so spannend wie die Frage<br />

nach der Größe, dem Ausschnitt, dem<br />

Seitenverhältnis und der Grauwertverteilung<br />

von Bildern. Ein guter Teil seiner<br />

Radikalität des Œuvres verdankt Amin<br />

El Dib dem Umstand, dass er jeden Parameter<br />

seiner photographischen Arbeit<br />

gleich ernst nimmt – nichts ist zu klein,<br />

als dass es nicht die Wirkung seiner<br />

Bilder verändern könnte.<br />

Bei alledem ist Amin El Dib ein Künstler,<br />

den das Endprodukt seiner Arbeit<br />

brennend interessiert: Er schafft Bilder.<br />

© Amin El Dib<br />

© Amin El Dib © Amin El Dib<br />

Jedes dieser Bilder steht – ungeachtet<br />

der Tatsache, dass es im Kontext einer<br />

Serie entstand – für sich allein da, repräsentiert<br />

ihn als Künstler und sein Werk<br />

als Œuvre. Klassische Kompositionsregeln<br />

haben in diesem Prozess der Bildwerdung<br />

ebenso viel Bedeutung wie<br />

die Verfahrenstechniken der Photographie.<br />

Das Beharren auf dem Bildermachen<br />

befreit den Künstler Amin El Dib im<br />

übrigen von lästigen Fragen nach dem<br />

Fotoszene<br />

Ursprung seiner Bildideen: Sie sind einfach<br />

da, genau so wie die Bilder einfach<br />

da sind. Als Bild jedoch muss jedes Einzelne<br />

von ihnen entschlüsselt werden,<br />

eine ebenso wunderbare wie lohnende<br />

Arbeit – für die Bildbetrachter.<br />

Rolf Sachsse<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

49


Portfolio Miriam Tamayo<br />

Miriam Tamayo<br />

Das Wahrhaftige ist für mich immer<br />

das Naheliegende; der Zauber des Alltags.<br />

Die Auseinandersetzung mit Identität<br />

im Zusammenhang mit kultureller<br />

Zugehörigkeit, Herkunft und Verwurzelung<br />

fasziniert mich.<br />

Ich arbeite vorzugsweise mittels des<br />

fotografischen Portraits. Dabei gehe ich<br />

sowohl dokumentarisch vor, im Sinne<br />

der klassischen Fotoreportage, als auch<br />

durch Inszenierung.<br />

Manchmal verschmelzen beide Formen<br />

miteinander. Deswegen fotografiere ich<br />

gern Inszenierungen bei Tanz und Theater.<br />

Ich hatte die Chance in verschiedenen<br />

Kulturen aufzuwachsen und das Besondere<br />

darin schätzen zu lernen. Unterschiedliche<br />

Lebensweisen bedeuten<br />

für mich neue Horizonte und Inspiration.<br />

Ich lebe und arbeite gern in Berlin<br />

– auf ihre Art eine inspirierende kosmopolitische<br />

Stadt.<br />

© Miriam Tamayo, »Ina und Maite«, Frankurt<br />

Als Fotografin und studierte Ethnologin<br />

möchte ich in Zukunft stärker bei interdisziplinären<br />

Projekten mitwirken, wie<br />

z.B. bei Feldforschungen mit interkulturellem<br />

Fokus.<br />

Geboren 1977 bei Berlin, aufgewachsen<br />

in Leipzig und Santiago de Chile,<br />

Studium der Ethnologie in Berlin und<br />

Paris, Studium der Fotografie in Buenos<br />

Aires als DAAD-Stipendiatin, lebt und<br />

arbeitet seit 2009 in Berlin als freie Fotografin.<br />

Schwerpunkte der Arbeit: Visuelle<br />

Anthropologie, Portrait, Tanz und Theater.<br />

50 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Miriam Tamayo, »Look at me I‘m Chinese Tanzcompagnie Rubato & Mahjong Dance«, Berlin<br />

© Miriam Tamayo, »Look at me I‘m Chinese Tanzcompagnie Rubato & Mahjong Dance«, Berlin<br />

Webseite:<br />

www.miriamtamayo.com © Miriam Tamayo, »Silvia« © Miriam Tamayo, »Silvia und Clarence«


© Miriam Tamayo, »Aleseya«, Santiago<br />

Portfolio Miriam Tamayo<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

51


Portfolio Miriam Tamayo<br />

© Miriam Tamayo, »Fischer in Zanzibar«<br />

© Miriam Tamayo, »Fischer in Zanzibar«<br />

52 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong>


© Miriam Tamayo, »Fischer in Zanzibar«<br />

Portfolio Miriam Tamayo<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

53


Portfolio Miriam Tamayo<br />

© Miriam Tamayo, »Tango, Cecilia und Diego«, Buenos Aires<br />

54 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong>


© Miriam Tamayo, »Elpida Orfanidou«, Sophiensaele Berlin, <strong>2011</strong><br />

Portfolio Miriam Tamayo<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

55


Portfolio Miriam Tamayo<br />

© Miriam Tamayo, »Alicia«, Valparaiso<br />

56 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong>


© Miriam Tamayo, »Laura«, Santiago<br />

Portfolio Miriam Tamayo<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

57


Portfolio Miriam Tamayo<br />

© Miriam Tamayo, »Rosul«, Leipzig<br />

58 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong>


© Miriam Tamayo, »Yui Kawaguchi«, Sophiensaele Berlin, <strong>2011</strong>, (Bühnenbild: Kazue Taguchi)<br />

© Miriam Tamayo, »Yui Kawaguchi«, Sophiensaele Berlin, <strong>2011</strong>, (Bühnenbild: Kazue Taguchi)<br />

Portfolio Miriam Tamayo<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

59


Fotoszene<br />

Das Plagiat<br />

Die augenblickliche Diskussion in der<br />

Presse über unzureichend dokumentierte<br />

Zitate und eigene wissenschaftliche<br />

Leistungen bei Dissertationen, hat<br />

mir doch einiges klar gemacht - unter<br />

anderem übrigens, dass große politische<br />

Persönlichkeiten zwingend auch viele<br />

Neider haben...<br />

Aber darum soll es im folgenden natürlich<br />

nicht gehen.<br />

In allen Bereichen literarischer oder wissenschaftlicher<br />

Tätigkeiten, gibt es den<br />

Begriff des geistigen Eigentums. Verstöße<br />

dagegen werden geahndet, mindestens<br />

jedoch bewertet.<br />

Aber in der Fotografie? Da stört sich<br />

offensichtlich niemand daran, dass gnadenlos<br />

abgekupfert, Themen geklaut<br />

und sogar mit investigativer Energie vielversprechende<br />

Lokations anderer Fotografen<br />

ausfindig gemacht werden, um -<br />

ja warum eigentlich?<br />

Ist es wirklich so befriedigend immer<br />

zweiter Sieger zu sein und Bilder zu<br />

machen die es bereits gibt?<br />

Entsprechende Plagiateure auf Ihr Handeln<br />

angesprochen, antworten in der<br />

Regel stereotyp mit dem Hinweis, es<br />

sei doch wohl nicht verboten und es<br />

gebe ja wohl kein Exklusivecht auf ein<br />

Motiv. Es ist schon interessant, dass<br />

dieses Ausweichen auf eine pseudojuristische<br />

Ebene die kreativ-moralische<br />

Sicht völlig außer acht läßt.<br />

Ich habe ja schon mal in einen Beitrag<br />

»Auf einen Pfau folgen immer Pfauen«<br />

(<strong>brennpunkt</strong> 3/2008) darauf hingewiesen,<br />

dass Siegerbilder eines Fotowettbewerbs<br />

in den Folgejahren als Kopie<br />

gehäuft eingereicht werden.<br />

Es gibt da zum Beispiel die Münchener<br />

U-Bahnstation »Westfriedhof« - Sie<br />

können sich gar nicht vorstellen wie oft<br />

dieses Motiv in ähnlicher Sichtweise<br />

und Ausschnitt bei Fotowettbewerben<br />

von verschiedenen Autoren präsentiert<br />

wurde.<br />

Die Kollegen aus der malenden Zunft<br />

reagieren da ganz anders.<br />

Ich bin gelegentlich Juror der Aufnahmekommission<br />

des BVBK (Bundesverband<br />

Bildender Künstler) für Neumitglieder.<br />

Wenn dort Malereien auftau-<br />

60 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Manfred Kriegelstein, »Verstecken« (Original in Farbe)<br />

chen, die lediglich bekannte Sehweisen<br />

und Umsetzungen kopieren, also wenig<br />

oder keine individuelle neue kreative<br />

Leistung erkennbar ist, werden solche<br />

Bewerber konsequent abgelehnt.<br />

Die Begründung lautet dann inhaltlich<br />

und sprachlich treffend: »Zu viel<br />

Zitat!«<br />

Nun geht es ja in der Fotografie nicht<br />

unbedingt darum, dass bestimmte<br />

Motive nicht von diversen Autoren fotografiert<br />

werden können - es geht mehr<br />

um die Kopie von Sichtweisen und kreativen<br />

Auffassungen. Ich will gar nicht<br />

von Handschriften sprechen, denn die<br />

kann man nicht kopieren weil sie auch<br />

immer einen Teil der Seele des Fotografen<br />

und dessen Individualität widerspiegeln.<br />

Sicher, ich muß mir den Einwand gefallen<br />

lassen, dass das hier beschriebene<br />

Problem eher auf einfache Amateure<br />

zutrifft und bei arrivierten Kunstfotografen<br />

wohl selten auftritt, weil die gegebenenfalls<br />

einen Ruf zu verlieren haben.<br />

Das mag so sein, aber was die Amateure<br />

anbelangt, wehret den Anfänge(r)n...<br />

Manche von Ihnen, liebe Leser, mögen<br />

diese Zeilen für übertrieben halten, aber<br />

ich denke jeder weiß, dass ich mich<br />

immer dem guten Bild verpflichtet fühle<br />

und das setzt individuelle Kreativität auf<br />

Grund eigener Ideen voraus.<br />

Die besten Ergebnisse, auch bei Anfängern,<br />

entstehen durch Konzentration<br />

auf ein eigenes Thema über lange Zeit.<br />

Denn nur das garantiert die Tiefe und<br />

Individualität die ein gutes Bild ausmachen.<br />

Übrigens, gehöre ich der »Photographenlounge<br />

Potsdam« an, einer Gruppe<br />

die sich durch hohe fotografische Individualität<br />

der einzelnen Mitglieder auszeichnet.<br />

Jeder hat sein eigenes fotografisches<br />

Thema und gerade diese Vielfalt<br />

macht den Reiz dieser Vereinigung<br />

aus.<br />

Nachdem ich das Thema »Relics Of The<br />

Russians« präsentiert habe, würde wohl<br />

keiner von den Kollegen auf die Idee<br />

kommen auch durch die alten Kasernengelände<br />

zu streifen.<br />

Oder nehmen wir die brillante Arbeit<br />

von Monika Schultz-Fieguth über das<br />

Kloster Heiligenkreuz - selbstverständlich<br />

ist ein solches Thema für alle andern<br />

passee.<br />

Wer möchte auch gerne zu seinen Bildern<br />

den Kommentar hören. »Zu viel<br />

Zitat«...<br />

Ich denke, eine hohe Moral als Maßstab<br />

bei den eigenen Ansprüchen, ist der<br />

einzige Weg um Plagiate einzudämmen<br />

und die Fotolandschaft kreativer und vor<br />

allen Dingen innovativer zu gestalten.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

P.S.<br />

Nachdem dieses Bild von mir vor vielen<br />

Jahren erstmalig in den Katalogen internationaler<br />

Salons veröffentlicht wurde,<br />

kam es in den Folgejahren zu einem<br />

Boom von Fotos, die Kinderspiele mit<br />

Verwischungstechnik zeigten...


Die Tricks der Photoshop-<br />

Profis<br />

Was Sie schon immer über Photoshop<br />

wissen wollten<br />

Pavel Kaplun, Marco Hayek, Eduardo<br />

Da Vinci, Dirk Metzmacher, Thorsten<br />

Thees<br />

Verlag: Galileo Design<br />

ISBN: 978-3-8362-1583-1<br />

DVD - 10 Stunden Gesamtspielzeit<br />

49,90 Euro�<br />

Wer nun glaubt, er könne es sich auf<br />

der Couch bequem machen und sich<br />

berieseln lassen, der hat sich aber sehr<br />

getäuscht...<br />

Man hält es keine 10 Minuten aus,<br />

so spannend ist diese DVD und so<br />

unbändig der Wunsch die einzelnen<br />

Tricks nachzubauen und anzuwenden.<br />

Schon das DVD-Cover erinnert<br />

eher an den Film »Die Liga der<br />

außergewöhnlichen Gentlemen«, als<br />

an eine Lehr-DVD.<br />

Wer sich etwas in Photoshop auskennt<br />

und wissen will, wie die Profis<br />

geheimnisvolle Stimmungen und<br />

surreale Effekte ins Bild bringen, kommt<br />

an dieser DVD nicht vorbei.<br />

Klasse gemacht und vor allen Dingen,<br />

man kann das Lerntempo selber<br />

bestimmen und über einen verlinkten<br />

Index gezielte Fragestellungen<br />

auswählen.<br />

Eine unbedingte Empfehlung von mir!<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Scott Kelbys Lightroom 3<br />

für digitale Fotografie<br />

Erfolgsrezepte für Fotografen<br />

Scott Kelby<br />

Verlag: ADDISON-WESLEY<br />

ISBN: 978-3-8273-2975-2<br />

464 Seiten, 4-farbig, Bilderdruck<br />

39,80 Euro�<br />

Die Erfolgsstory von Lightroom ist wohl<br />

nicht mehr aufzuhalten, jetzt schon in der<br />

aktuellen 3. Version - und genauso klar<br />

ist, dass Sott Kelby das Adobe-Urgestein<br />

darüber schreiben wird! Wegen seiner<br />

standardisierten Prozessabläufe ist<br />

Lightroom sicherlich das Programm im<br />

professionellen Bereich nicht nur zur<br />

Verwaltung der Bilddateien, sondern<br />

auch bestens geeignet für häufig<br />

wiederkehrende Bearbeitungsroutinen.<br />

Kelby führt Sie in leicht verständlichen<br />

Kapiteln in die Geheimnisse dieses doch<br />

recht umfangreichen Programms ein.<br />

Er lehnt sich in seiner didaktischen<br />

Vorgehensweise an den üblichen<br />

Workflow des Fotografen an: Importieren<br />

- Katalogisieren - Optimieren.<br />

Das alles natürlich mit vielen<br />

Bildbeispielen aus der Praxis und wie<br />

immer in seiner unnachahmlichen<br />

Leichtigkeit der Sprache, mit der er die<br />

Dinge auf den Punkt bringt.<br />

Für Lightroomfans ein »must have«.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Buchbesprechung<br />

Das Photoshop-Buch<br />

People & Porträt<br />

Aktuell zu Photoshop CS5<br />

Maike Jarsetz<br />

Verlag: Galileo Design<br />

ISBN: 978-3-8362-1710-1<br />

443 Seiten,komplett in Farbe, mit DVD,<br />

2. aktualisierte Auflage<br />

39,90 Euro<br />

Na, es sind eben doch immer die<br />

gleichen...<br />

Maike Jarsetz hat sich schon seit langem<br />

einen führenden Platz in der digitalen<br />

Bildbearbeitungsszene erobert und gilt<br />

als eine der führenden deutschen Photoshopexpertinnen.<br />

Wie schon früher<br />

erwähnt, merkt man ihren Werken deutliche<br />

ihre fotografische Ausbildung an.<br />

Sämtliche Tipps sind aus der Praxis für<br />

die Praxis. Eines ihrer Spezialgebiete ist<br />

die digitale Porträtaufbereitung und das<br />

entsprechende Werk liegt jetzt in der<br />

zweiten und aktualisierten Auflage vor.<br />

Sämtliche Schritte einschließlich der<br />

perfekten Retusche (das ist die, die man<br />

nicht merkt...) werden folgerichtig und<br />

leicht verständlich erklärt.<br />

Wer sich mit Porträt - und Studiofotografie<br />

beschäftigt wird an dem Buch seine<br />

wahre Freude haben!<br />

Manfred Kriegelstein<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

61


Vorschau 3/<strong>2011</strong><br />

<strong>brennpunkt</strong> 3-<strong>2011</strong><br />

erscheint am<br />

4. Juli <strong>2011</strong><br />

Portfolio<br />

Frank Silberbach<br />

Seit den Jahren, in denen Frank Silberbach<br />

(*1958) seine fotografierten Panoramen<br />

allwöchentlich in den Magazinbeilagen<br />

der Samstagsausgaben der<br />

Berliner Zeitung veröffentlichte, gehört<br />

die Panoramafotografie ganz wesentlich<br />

zu seinen Aktivitäten. Als Berliner<br />

und mithin Großstädter richtet sich sein<br />

fotografischer Fokus auf die Menschen<br />

© Frank Silberbach<br />

62 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Lothar Seifert<br />

in dieser Stadt. Dabei folgt er der Straßen-<br />

und Lifefotografie, nur mit dem entscheidenden<br />

Unterschied, dass die Panoramaform<br />

noch schwieriger zu bewältigen<br />

ist. Denn die Breite dieses Formats<br />

will gefüllt werden, damit wirkliche<br />

Bilder entstehen. Frank Silberbach hat<br />

sich dafür über Jahre einen Blick angeeignet,<br />

der bewusst wie intuitiv das All-<br />

© Lothar Seifert<br />

© Katrin Weinrich © Katrin Weinrich<br />

tagsgeschehen danach ausspäht, ob<br />

sich solch komplexe Szenarien anbahnen,<br />

um sie dann im entscheidenden<br />

Moment festzuhalten. Mit ausgeprägtem<br />

Gespür für das Situative zeigen uns<br />

Frank Silberbachs Bilder authentische<br />

Alltagsszenen, nie denunzierend, aber<br />

nicht selten mit ironischem oder humorvollem<br />

Unterton.


ennpunkt 2/<strong>2011</strong><br />

63


Vorschau 3/<strong>2011</strong><br />

64 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2011</strong><br />

© Tom Stange, Berlin<br />

brennp@web.de

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