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kurz berichtet - LBV-München

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Wintervögel<br />

chen mit dabei. Die um einige<br />

Gramm Körpergewicht leichteren<br />

Weibchen haben weniger Reserven<br />

als die Männchen. Sie brauchen<br />

Kondition für die Eiproduktion in<br />

der kommenden Brutzeit. Für sie<br />

lohnt das Risiko, nach Süden in wintermilde<br />

Regionen zu fl iegen, wo sie<br />

proteinreiche Nahrung, Würmer<br />

und anderes Kleingetier am Boden<br />

fi nden. Für die Amselmännchen<br />

reicht es, genügend Energie zum<br />

Durchstehen der Winterkälte zu<br />

haben.<br />

Ganz entsprechend verhält es sich<br />

beim Buchfi nken. Der Schwede Carl<br />

von Linné, Begründer der wissenschaftlichen<br />

Benennung der Tiere<br />

und Pfl anzen, gab ihm vor mehr als<br />

250 Jahren den Namen Fringilla coelebs,<br />

weil dieser Fink im Gegensatz<br />

zu den anderen mittel- und nordeuropäischen<br />

Finkenarten im Winter<br />

oft ohne Weibchen ist, also scheinbar<br />

im Zölibat lebt.<br />

Komplizierter als man meinen<br />

möchte geht es zu in der Vogelwelt<br />

im Winter. Die einfache Dreiteilung<br />

in Standvogel, Teilzieher und Wintergast<br />

ist zu grob für die Vielfalt in<br />

der Natur. Sie ist ein Hilfsmittel für<br />

uns, nicht mehr. Die genauere Betrachtung<br />

der verschiedenen Arten<br />

konfrontiert uns mit Überraschungen.<br />

Eine solche erlebte ich als junger<br />

Beringer. Ein von mir am Futterhaus<br />

im niederbayerischen Inntal<br />

beringter Grünling wurde im nächsten<br />

Winter aus Oberitalien zurückgemeldet.<br />

Der vermeintliche Standvogel<br />

hatte also den einen Winter in<br />

Aigen am Inn, meinem Heimatort,<br />

verbracht, den nächsten aber jenseits<br />

der Alpen im wintermilden Mittelmeerklima.<br />

So wie sich auch die Höckerschwäne<br />

am Inn gar nicht so<br />

ortsfest erwiesen, wie es aussah. Sie<br />

bekamen Besuch aus Tschechien<br />

oder fl ogen dorthin, um zu überwintern.<br />

Auch die Stadtgänse in <strong>München</strong><br />

packt zu Zeiten die Zugunruhe.<br />

Bereits gegen Ende des Hochsommers,<br />

zur Zeit des Zwischenzugs,<br />

kann man beobachten, wie<br />

sich die Graugänse am Abend an<br />

einem Startplatz sammeln und unter<br />

lautem, hochgradig erregtem Geschnatter<br />

los fl iegen. Sie drehen eine<br />

oder mehrere Runden über der Stadt<br />

und kommen dann zumeist zum<br />

Abfl ugort zurück. Irgendwie hat<br />

man als Mensch den Eindruck, dass<br />

sie nach der Landung froh sind, wie-<br />

1 / 2012 3<br />

Silberreiher überwintern immer wieder bei uns Foto: Alfred Limbrunner<br />

der „da“ zu sein. Diese mit Rundfl ügen<br />

abgearbeitete Zugunruhe äußert<br />

sich verstärkt zur Hauptzugzeit<br />

im Oktober/November und erneut,<br />

aber weniger ausgeprägt, wenn es<br />

im Frühjahr so weit wäre, den Rückfl<br />

ug in die Brutgebiete zu machen.<br />

Verfolgt man die Zahlen der Gänse<br />

und Enten in der Stadt das Jahr über<br />

genauer, so zeigt sich, dass es im<br />

Spätherbst und Winter beträchtlichen<br />

Zuzug von außen gibt. Da sich<br />

die Wasservögel leicht und recht<br />

vollständig zählen lassen, fällt das<br />

auf.<br />

Wie sehr aber auch Kleinvögel im<br />

(Spät)Herbst in die Stadt ziehen und<br />

hier überwintern, ergibt sich nur ansatzweise<br />

aus dem Vergleich ihrer<br />

Häufi gkeit im Umland. So zählte ich<br />

im Winter wiederholt in <strong>München</strong><br />

mehr als zehnmal so viele Kleinvögel<br />

pro Stunde als im Naturschutzgebiet<br />

Isarauen südlich von <strong>München</strong>.<br />

Sperber und andere Greifvögel<br />

gab es im Verhältnis sogar noch<br />

mehr in der Stadt. Der Jagderfolg<br />

fällt zweifellos in der Nähe von festen<br />

Futterstellen besser aus als draußen,<br />

wo die Gruppen von Kleinvögeln<br />

sehr unstet herumziehen. Aus<br />

diesem Grund entdecken die Vogelkenner<br />

im Winter auch eher den seltenen,<br />

schnellen Merlin-Falken an<br />

der Peripherie der Großstadt, weil es<br />

dort sehr viel mehr Kleinvögel gibt<br />

als in den ausgeräumten Ackerlandschaften<br />

des Umlandes. Besonders<br />

deutlich wird die Attraktivität der<br />

Städte, wenn Invasionsvögel wie die<br />

Seidenschwänze kommen. Gibt es<br />

wieder einmal eine Invasion, hört<br />

man die klingelnden Rufe schon<br />

bevor man die Schwärme sieht. Allein<br />

das Klingeln unterscheidet sie<br />

deutlich von Staren, die im Flug<br />

ganz ähnlich aussehen. Beerensträucher<br />

und hängen gebliebenes Obst<br />

locken diese schmucken Gäste aus<br />

den nordischen Nadelwäldern in die<br />

Stadtgärten. Im Frühjahr sind es<br />

dann die Mistelbüsche, deren reif<br />

gewordene Beeren sie vor ihrem<br />

Rückfl ug in die Brutgebiete ernten.<br />

Zu vielen Tausenden kommen sie in<br />

manchen Wintern; zu Hunderttausenden<br />

und Millionen aber die nordischen<br />

Bergfi nken, wenn es bei uns<br />

ein großes Mastjahr bei den Buchen<br />

gegeben hat.<br />

Steht also alles zum Besten mit<br />

unseren Wintervögeln? Leider ganz

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