TOM CLANCY'S AUSNAHMEZUSTAND

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schulte.josefine23
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02.01.2013 Aufrufe

Sanitäter vom Klinikum der New Yorker Universität, das sich zehn Blocks südlich der UNO befand. Alle waren frei- willig hier. Generalsekretärin Chatterjee und Colonel Mott näherten sich den Doppeltüren des Sicherheitsrats. Sie traten ein paar Schritte zur Seite. Der Colonel nahm das bereits auf die korrekte Frequenz eingestellte Funkgerät von seinem Gürtel. Mit einer knappen Bewegung schaltete er es ein und übergab es der Generalsekretärin. Mit eiskalter Hand empfing Chatterjee den Apparat. Sie sah auf die Uhr. Es war halb elf. Auf dem Weg hierher hatte sie sich ihre Worte genau überlegt, um sich so klar wie möglich zu äußern. Hier spricht UN-Generalsekretärin Chatterjee. Könnte ich bitte her- einkommen? Wenn die Terroristen sie hineinließen, wenn die Frist ohne einen weiteren Mord verstrich, dann gab es Raum für ein Gespräch. Für Verhandlungen. Vielleicht wäre es möglich, die Männer zu überzeugen, sie, die Generalsekre- tärin, im Austausch für die Kinder festzuhalten. Weiter dachte Chatterjee nicht, ihr eigenes Schicksal kam ihr nicht in den Sinn. Für einen Verhandler war das Ziel entscheidend, das Mittel zweitrangig. Wahrheit, Täuschung, Risi- ko, Leidenschaft, Kälte, Entschlossenheit, Verführungskunst - in diesen Situationen war alles zulässig. Chatterjees schlanke Finger hielten das Funkgerät fest umschlungen, während sie das Mikrofon an ihre Lippen hielt. Aus ihren Worten mußte Stärke klingen, jedoch kei- ne Verurteilung. Noch einmal schluckte sie, damit ihr eine klare Aussprache gelang. Sie feuchtete ihre Lippen an. »Hier ist UN-Generalsekretärin Mala Chatterjee«, sagte sie langsam. Sie hatte beschlossen, ihren Vornamen hinzu- zufügen, um die Vorstellung weniger formal zu gestalten. »Könnte ich wohl hereinkommen?« Außer Stille war nichts zu hören. Die Terroristen hatten gesagt, sie würden diesen Kanal eingestellt lassen; sie mußten ihre Worte also gehört haben. Chatterjee hätte schwören können, daß sie Colonel Motts Herz in seiner Brust pochen hörte. Auf jeden Fall hörte sie ihren eigenen Herzschlag, ein Gefühl wie Sandpapier um ihre Ohren. Einen Augenblick später gab es einen lauten Knall hinter den Doppeltüren des Sicherheitsrats, gefolgt von Schreien von weit hinten aus der Tiefe des Auditoriums. Unmittelbar darauf wurde die näherliegende der beiden Türen brutal aufgestoßen. Der Schwede fiel lautlos heraus - ohne Hinterkopf. Der klebte an der Wand innerhalb des Auditoriums. 19 New York/New York - Samstag, 22 Uhr 30 Paul Hood hatte sich wieder gefaßt und ging in die Cafete- ria zurück. Gleichzeitig mit ihm trafen Vertreter der Sicher- heitskräfte des Außenministeriums ein. Da die Eltern aus- nahmslos amerikanische Staatsbürger waren, hatte der amerikanische Botschafter nachdrücklich darauf bestan- den, sie sofort in die Büros des Außenministeriums auf der anderen Seite der Fifth Avenue zu transportieren. Als offi- zieller Grund wurden Sicherheitsaspekte genannt, aber Hood hatte den Verdacht, daß staatliche Souveränität der wahre Beweggrund war. Die Vereinigten Staaten waren

nicht bereit, amerikanische Bürger von ausländischen Staatsangehörigen wegen eines Terroristenüberfalls auf in- ternationalem Territorium befragen zu lassen. Mit einem solchen Präzedenzfall liefe man Gefahr, in Zukunft jedwe- der Regierung oder ihren Vertretern Handhabe zu geben, amerikanische Staatsbürger festzuhalten, denen kein ein- ziger ausländischer oder internationaler Gesetzesverstoß vorgeworfen wurde. Unter den Eltern fand sich niemand, dem es gefiel, das Gebäude zu verlassen, in dem die Kinder festgehalten wurden. Trotzdem begleiteten sie den stellvertretenden Si- cherheitschef des Außenministeriums, Bill Mohalley. Hood schätzte Mohalley auf ungefähr Fünfzig. Wenn sei- ne Haltung mit den nach hinten gedrückten, breiten Schul- tern und sein knappes und befehlendes Benehmen irgend- einen Rückschluß zuließen, so war er vom Militär zum Außenministerium gelangt. Der dunkelhaarige Mohalley wiederholte noch einmal, daß die amerikanische Regierung sie auf diese Weise besser schützen und auch besser informieren könne. Beide Feststellungen waren richtig, obwohl Hood sich fragte, wie viel ihnen die Regierung wohl mitteilen würde. Bewaffnete Terroristen hatten das amerikanische Sicherheitssystem durchbrochen, um in den UNO-Komplex zu gelangen. Wenn den Kindern irgend et- was geschah, würde es Strafanzeigen in noch nie dagewe- senen Ausmaßen geben. Während sie gerade die Cafeteria verließen und die Haupttreppe hinaufgehen wollten, klang das Echo des Schusses aus dem Auditorium des Sicherheitsrats durch das Gebäude. Alle hielten inne. Dann hörte man entfernt vereinzelte Schreie in der fürchterlichen Stille. Mohalley bat alle, schnell weiterzugehen. Erst nach ei- nem langen Augenblick bewegten sich die ersten Eltern. Einige bestanden darauf, zum ehemaligen Presseraum zurückzukehren, um näher bei den Kindern zu sein. Mo- halley versicherte ihnen, daß der Bereich bereits von UN- Sicherheitskräften abgeriegelt worden und ein Durch- kommen unmöglich sei. Er beschwor sie weiterzugehen, damit er sie in Sicherheit bringen und herausfinden kön- ne, was geschehen war. Schließlich setzten sie sich in Be- wegung; einige Mütter und ein paar Väter begannen zu weinen. Hood legte seinen Arm um Sharons Schultern. Obwohl sich seine Beine schwach anfühlten, half er ihr die Treppe hinauf. Nur ein einziger Schuß war zu hören gewesen, woraus er schloß, daß eine Geisel umgebracht worden war. Hood war immer der Meinung gewesen, daß dies die schlimmste Art zu sterben war, aller Möglichkeiten be- raubt, nur um die Forderung einer anderen Person zu un- terstreichen. Ein Leben wurde als blutiges, unpersönliches Ausrufezeichen benutzt, die Liebe und die Träume eines Menschen endeten, als ob sie keinerlei Bedeutung hätten. Eine größere Kälte konnte er sich nicht vorstellen. Als sie die Vorhalle erreichten, wurde Mohalley über Funk kontaktiert. Während er für einen Moment zur Seite trat, gingen die Eltern der Reihe nach in den von Scheinwerfern beleuchteten Park hinaus, der sich zwischen dem Gebäude der Generalversammlung und 866 United Na- tions Plaza befindet. Zwei von Mohalleys Assistenten nahmen sie in Empfang. Die Mitteilung war kurz. Nachdem er das Funkgerät

nicht bereit, amerikanische Bürger von ausländischen<br />

Staatsangehörigen wegen eines Terroristenüberfalls auf in-<br />

ternationalem Territorium befragen zu lassen. Mit einem<br />

solchen Präzedenzfall liefe man Gefahr, in Zukunft jedwe-<br />

der Regierung oder ihren Vertretern Handhabe zu geben,<br />

amerikanische Staatsbürger festzuhalten, denen kein ein-<br />

ziger ausländischer oder internationaler Gesetzesverstoß<br />

vorgeworfen wurde.<br />

Unter den Eltern fand sich niemand, dem es gefiel, das<br />

Gebäude zu verlassen, in dem die Kinder festgehalten<br />

wurden. Trotzdem begleiteten sie den stellvertretenden Si-<br />

cherheitschef des Außenministeriums, Bill Mohalley.<br />

Hood schätzte Mohalley auf ungefähr Fünfzig. Wenn sei-<br />

ne Haltung mit den nach hinten gedrückten, breiten Schul-<br />

tern und sein knappes und befehlendes Benehmen irgend-<br />

einen Rückschluß zuließen, so war er vom Militär zum<br />

Außenministerium gelangt. Der dunkelhaarige Mohalley<br />

wiederholte noch einmal, daß die amerikanische Regierung<br />

sie auf diese Weise besser schützen und auch besser<br />

informieren könne. Beide Feststellungen waren richtig,<br />

obwohl Hood sich fragte, wie viel ihnen die Regierung<br />

wohl mitteilen würde. Bewaffnete Terroristen hatten das<br />

amerikanische Sicherheitssystem durchbrochen, um in den<br />

UNO-Komplex zu gelangen. Wenn den Kindern irgend et-<br />

was geschah, würde es Strafanzeigen in noch nie dagewe-<br />

senen Ausmaßen geben.<br />

Während sie gerade die Cafeteria verließen und die<br />

Haupttreppe hinaufgehen wollten, klang das Echo des<br />

Schusses aus dem Auditorium des Sicherheitsrats durch<br />

das Gebäude.<br />

Alle hielten inne. Dann hörte man entfernt vereinzelte<br />

Schreie in der fürchterlichen Stille.<br />

Mohalley bat alle, schnell weiterzugehen. Erst nach ei-<br />

nem langen Augenblick bewegten sich die ersten Eltern.<br />

Einige bestanden darauf, zum ehemaligen Presseraum<br />

zurückzukehren, um näher bei den Kindern zu sein. Mo-<br />

halley versicherte ihnen, daß der Bereich bereits von UN-<br />

Sicherheitskräften abgeriegelt worden und ein Durch-<br />

kommen unmöglich sei. Er beschwor sie weiterzugehen,<br />

damit er sie in Sicherheit bringen und herausfinden kön-<br />

ne, was geschehen war. Schließlich setzten sie sich in Be-<br />

wegung; einige Mütter und ein paar Väter begannen zu<br />

weinen.<br />

Hood legte seinen Arm um Sharons Schultern. Obwohl<br />

sich seine Beine schwach anfühlten, half er ihr die Treppe<br />

hinauf. Nur ein einziger Schuß war zu hören gewesen,<br />

woraus er schloß, daß eine Geisel umgebracht worden war.<br />

Hood war immer der Meinung gewesen, daß dies die<br />

schlimmste Art zu sterben war, aller Möglichkeiten be-<br />

raubt, nur um die Forderung einer anderen Person zu un-<br />

terstreichen. Ein Leben wurde als blutiges, unpersönliches<br />

Ausrufezeichen benutzt, die Liebe und die Träume eines<br />

Menschen endeten, als ob sie keinerlei Bedeutung hätten.<br />

Eine größere Kälte konnte er sich nicht vorstellen.<br />

Als sie die Vorhalle erreichten, wurde Mohalley über<br />

Funk kontaktiert. Während er für einen Moment zur Seite<br />

trat, gingen die Eltern der Reihe nach in den von Scheinwerfern<br />

beleuchteten Park hinaus, der sich zwischen dem<br />

Gebäude der Generalversammlung und 866 United Na-<br />

tions Plaza befindet. Zwei von Mohalleys Assistenten nahmen<br />

sie in Empfang.<br />

Die Mitteilung war kurz. Nachdem er das Funkgerät

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