TOM CLANCY'S AUSNAHMEZUSTAND
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TOM CLANCY'S AUSNAHMEZUSTAND
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eine gefühlsmäßige Stärkung für alle Musiker.<br />
Dann hörte Harleigh Schritte auf dem Korridor. Nach<br />
ihrer Einschätzung handelte es sich wohl um Sicherheits-<br />
kräfte, die sich vor den Türen sammelten. Sie hielt nach<br />
Verstecken Ausschau, in denen sie sich vor Schüssen in<br />
Sicherheit bringen konnte. Hinter dem halbrunden Tisch<br />
schien eine geschützte Stelle zu sein. Sie könnte hinüber-<br />
rennen, über den Tisch rutschen und wäre in Sekunden<br />
auf der anderen Seite. Langsam hob sie ihre Knie von un-<br />
ten gegen den Tisch, an dem sie saß, wie in der Schule,<br />
wenn sie gelangweilt war. Der Tisch schien zu schwim-<br />
men, als er sich einige Millimeter vom Boden abhob. Demnach<br />
war er nicht fest verankert, und sie konnte ihn um-<br />
kippen und auch dahinter in Deckung gehen, wenn es<br />
sein mußte.<br />
Bei diesen Überlegungen zur Selbstverteidigung über-<br />
lief Harleigh plötzlich eine heiße Welle der Angst. Ihr kam<br />
der Gedanke, daß dieser Überfall etwas mit ihrem Vater<br />
und dem OP-Center zu tun hatte. Nie hatte er zu Hause<br />
von seiner Arbeit gesprochen, nicht einmal, wenn er sich<br />
mit ihrer Mutter gestritten hatte. Könnte es sein, daß das<br />
OP-Center diesen Leuten in irgendeiner Weise etwas angetan<br />
hatte? Im Geschichtsunterricht hatte sie gelernt, daß<br />
die Vereinigten Staaten nach Israel die beliebteste Zielscheibe<br />
für Terroristen der ganzen Welt waren. Die Gei-<br />
ger waren die einzigen Amerikaner. Waren sie hinter ihr<br />
her? Vielleicht wußten sie gar nicht, daß ihr Vater sein<br />
Amt niedergelegt hatte. Vielleicht wollten die Terroristen<br />
sie unter ihre Kontrolle bringen, um ihn kontrollieren zu<br />
können.<br />
Ihr Hals und ihre Schultern fühlten sich heiß an, und<br />
Harleigh lief der Schweiß an den Seiten herunter. Das elegante<br />
neue Kleid klebte an ihrem Körper wie ein nasser<br />
Badeanzug.<br />
In Wirklichkeit geschieht das alles gar nicht, dachte sie. Es<br />
war wie die Dinge, die den Leuten im Fernsehen zustie-<br />
ßen. Eigentlich hätte es hier Schutzvorrichtungen geben<br />
sollen, oder etwa nicht? Metalldetektoren, Wachposten an<br />
der Tür, Überwachungskameras.<br />
Plötzlich rief der Mann, der mit dem schwedischen<br />
Delegierten gesprochen hatte, den Australier zu sich.<br />
Nach einer kurzen Unterredung griff der Australier den<br />
Delegierten am Kragen, zog ihn hoch und ließ ihn mit der<br />
Pistole im Rücken die Treppe zur Tür hinaufgehen.<br />
Am liebsten hätte Harleigh ihre Geige bei sich gehabt,<br />
um sie fest an sich zu drücken. Oder ihre Mutter. Wahr-<br />
scheinlich war ihre Mutter völlig verzweifelt - es sei denn,<br />
sie versuchte, andere verzweifelte Mütter zu beruhigen.<br />
Wohl eher die zweite Variante, denn Harleigh mußte das<br />
von ihr geerbt haben. Dann dachte sie an ihren Vater. Als<br />
Harleighs Mutter sie und ihren Bruder Alexander zu den<br />
Großeltern mitgenommen hatte, um sich zu überlegen,<br />
was sie in Zukunft machen sollten, da hatte ihr Vater sich<br />
entschlossen, lieber seine Karriere aufzugeben als sie zu<br />
verlieren. Sie fragte sich, ob er diese Krise wie jede andere<br />
angehen konnte, obwohl seine eigene Tochter darin verwickelt<br />
war.<br />
Der Australier kam zurück. Nach einem unfreundlichen<br />
Wortwechsel mit dem Delegierten nahm er das Papier in<br />
die Hand und schob den Schweden die Treppe entlang.<br />
Harleigh ging davon aus, daß die Eindringlinge gerade<br />
eine Liste von Forderungen überreicht hatten. Offensicht-