TOM CLANCY'S AUSNAHMEZUSTAND
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dehnte Landebahn, und obwohl La Guardia ein eher selte-<br />
ner Anlaufpunkt für Militärmaschinen war, so lag er doch<br />
dem Gebäude der Vereinten Nationen am nächsten.<br />
Am meisten haßte der hochgewachsene, schlanke Colo-<br />
nel mit dem schmalen Gesicht das Warten. Als Spätfolge<br />
von Vietnam gab es ihm immer noch das Gefühl, keine<br />
Kontrolle über die Situation zu haben. In der Kriegsgefan-<br />
genschaft hatte August oft warten müssen - auf das nächste<br />
Verhör im Morgengrauen, die nächste Folter, den Tod<br />
des nächsten Kameraden. Auch auf Neuigkeiten und<br />
Nachrichten mußte er warten, die von Neuankömmlingen<br />
im Gefangenenlager, vorsichtig flüsternd, verbreitet wur-<br />
den. Aber die schlimmste Wartezeit war die bei seinem<br />
Fluchtversuch gewesen. Als sein Kumpel verwundet wur-<br />
de und medizinische Versorgung brauchte, hatte er um-<br />
kehren müssen. Danach gab es keine zweite Chance mehr<br />
für einen Ausbruch - dafür sorgten seine Bewacher. Er<br />
mußte auf die langwierigen Anstrengungen der lahmen,<br />
um ihr Prestige besorgten Diplomaten in Paris warten, die<br />
seine Freilassung verhandelten. Nichts davon hatte ihn<br />
Geduld gelehrt. Es hatte ihn nur gelehrt, daß Warten etwas<br />
für Leute war, die keine andere Alternative hatten.<br />
Einmal hatte er zu Liz Gordon gesagt, daß Warten die ei-<br />
gentliche Definition von Masochismus sei.<br />
Weil sich der Sitz der UNO direkt am Wasser befand,<br />
befahl Colonel August den Strikers, ihre Tauchausrüstung<br />
einzupacken. Und da sie nach Manhattan fuhren, waren<br />
sie wie Zivilisten gekleidet. Während die zehn Soldaten<br />
des Teams ihre Anzüge und Ausrüstungen überprüften,<br />
benutzte August den Computer im Bereitschaftsraum, um<br />
die Homepage der Vereinten Nationen zu besuchen. Er<br />
war noch nie in dem Gebäude gewesen und wollte sich<br />
mit den Örtlichkeiten vertraut machen. Im Internet fand er<br />
die neuesten Schlagzeilen und Meldungen vom wichtig-<br />
sten Ereignis in New York, dem Geiseldrama im Gebäude<br />
der UNO. August war überrascht - nicht darüber, daß eine<br />
unparteiische Institution von Terroristen angegriffen wurde,<br />
sondern daß amerikanische Truppen in Bereitschaft<br />
versetzt wurden. Er konnte sich einfach keine Situation<br />
vorstellen, in der bewaffnete Einheiten der USA gerufen<br />
würden, um in einer solchen Situation auch eingesetzt zu<br />
werden.<br />
Während er sich mit den Optionen der Internet-Seite<br />
auseinandersetzte, kamen Sondra DeVonne und Chick<br />
Grey hinzu. Auf dem Bildschirm gab es anklickbare The-<br />
men wie >Frieden und Sicherheithumanitäre AngelegenheitenMenschenrechte< und andere wohlklingende<br />
Schlagworte. Er klickte auf >Datenbanken< und versuchte,<br />
einen Lageplan des verdammten Gebäudes zu finden. Er<br />
war nie dort gewesen und hatte im Grunde auch nicht das<br />
geringste Bedürfnis, diesen Ort kennenzulernen. Trotz al-<br />
ler Lippenbekenntnisse zu Frieden und Menschenrechten<br />
hatte die UNO ihn und seine Kameraden der Luftaufklä-<br />
rung zwei Jahre lang in einem nordvietnamesischen Ge-<br />
fängnis vergessen.<br />
In den Datenbanken gab es noch mehr Referenzinfor-<br />
mationen. Videoaufnahmen von Sitzungen des Sicher-<br />
heitsrats und der Vollversammlung. Soziale Indikatoren.<br />
Internationale Verträge. Landminen. Datenbank über Aus-<br />
bildungskurse zur Friedenserhaltung. Sogar eine spezielle<br />
Seite mit Erklärungen der Dokumentensymbole der Ver-<br />
einten Nationen gab es. Schon der Name selbst war ein<br />
Akronym: UN-I-QUE sollte UN Info Quest bedeuten.