TOM CLANCY'S AUSNAHMEZUSTAND
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kette sah Harleigh sehr reif aus. Die junge Barbara Mathis<br />
neben Harleigh trat ebenfalls ruhig und gefaßt auf, wie<br />
eine zukünftige Diva. Hood wußte, daß das Erscheinen<br />
ihrer Tochter der Grund dafür war, daß Sharon sich ent-<br />
schuldigt hatte. Sie weinte ungern in der Öffentlichkeit.<br />
Seit ihrem vierten Lebensjahr spielte Harleigh Geige.<br />
Paul hatte sich daran gewöhnt, sie in ihren Overalls und<br />
Trainingsanzügen beim Üben zu beobachten. Deshalb war<br />
es ein überwältigender Anblick, als nun eine erfolgreiche<br />
Musikerin und erwachsene Frau die Treppe von den Um-<br />
kleideräumen heraufkam. Hood fragte seine Tochter, ob<br />
sie Lampenfieber habe. Sie verneinte und sagte, der Komponist<br />
habe ja den schwierigsten Teil schon erledigt. Harleigh<br />
war gefaßt und außerdem schlagfertig.<br />
In diesem Augenblick kam es Hood in den Sinn, daß es<br />
wohl nicht die alte Vorstellung dieses Gebäudes als Zielscheibe<br />
war, die ihm das Gefühl der Verwundbarkeit gab.<br />
Vielmehr war es dieser Moment, dieser spezielle Punkt in<br />
seinem Leben.<br />
In der offenen, zwölf Meter hohen Halle fühlte Hood<br />
sich plötzlich sehr allein und von so vielen Dingen distanziert.<br />
Seine Kinder waren fast erwachsen, er hatte eine<br />
Karriere abgeschlossen, von seiner Frau war er in vielen<br />
Lebensbereichen entfremdet, und zu den Menschen, mit<br />
denen er mehr als zwei Jahre lang eng zusammengearbei-<br />
tet hatte, würde er keinen Kontakt mehr haben. Sollte er<br />
sich in der Mitte seines Lebens so fühlen? Verwundbar<br />
und orientierungslos?<br />
Zweifel überkamen ihn. Seine Freunde und Kollegen<br />
beim OP-Center - Bob Herbert, Mike Rodgers, Darrell Mc-<br />
Caskey, das Computergenie Matt Stoll, sogar die kürzlich<br />
verstorbene Martha Mackall - waren alle ledig. Ihre Arbeit<br />
war ihr Leben. Das traf auch für Colonel Brett August zu,<br />
den Leiter des Strikerteams. War Hood durch den Umgang<br />
mit ihnen so geworden? Oder fühlte er sich zu ihnen hin-<br />
gezogen, weil ihm dieser Lebensstil zusagte?<br />
Wenn die zweite Hypothese zutraf, würde der Neuan-<br />
fang sehr schwer für ihn werden. Vielleicht sollte er mit<br />
der Psychologin Liz Gordon über diese Dinge sprechen,<br />
solange er noch offiziell beim OP-Center angestellt war.<br />
Liz war allerdings ebenfalls ledig, und ihr Arbeitspensum<br />
lag bei etwa sechzig Stunden pro Woche.<br />
Hood sah, wie Sharon die geschwungene Treppe auf<br />
der anderen Seite der Halle heraufkam. In ihrem elegan-<br />
ten cremefarbenen Hosenanzug sah sie fantastisch aus.<br />
Nachdem er ihr im Hotel ein entsprechendes Kompliment<br />
gemacht hatte, war ihr Gang deutlich beschwingter gewor-<br />
den, und dieser Schwung war auch jetzt noch zu sehen.<br />
Mit einem Lächeln kam sie auf ihn zu, und er lächelte zu-<br />
rück. Plötzlich fühlte er sich nicht mehr so allein.<br />
Eine junge Japanerin trat zu ihnen. Sie trug einen dun-<br />
kelblauen Blazer und ein Namensschild auf ihrer Brusttasehe<br />
und begrüßte sie mit einem warmen Lächeln. Sie kam<br />
von einer kleinen Vorhalle an der Ostseite des Gebäudes<br />
der Vollversammlung. Im Unterschied zur Haupthalle, die<br />
sich am nördlichen Ende befand, grenzte diese kleinere<br />
Halle an den Hauptvorplatz des UNO-Komplexes. Außer<br />
den Büros der Mitgliedsnationen befanden sich hier die<br />
Versammlungssäle des Sicherheitsrats, des Wirtschafts-<br />
und Sozialrats und des Treuhandrats. Dorthin wurden sie