TOM CLANCY'S AUSNAHMEZUSTAND
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Sandburgen. Bei Sonnenuntergang machten sie Lagerfeu-<br />
er, und häufig schliefen sie neben ihren Sandburgen ein.<br />
»Eines Tages werden wir in den Ställen schlafen, zu-<br />
sammen mit herrlichen Pferden«, pflegte Eduardo zu<br />
scherzen. »Kannst du sie riechen?«<br />
Bernardo konnte keine Pferde riechen, nur die See und<br />
die Auspuffgase der Fahrzeuge und der Schiffe. Aber er<br />
glaubte seinem Bruder, daß er sie riechen konnte, und<br />
wollte sich diese Fähigkeit auch aneignen, wenn er einmal<br />
erwachsen war. Er wollte wie Eduardo sein. Wenn er<br />
mit seiner Mutter am Wochenende zur Kirche ging, bete-<br />
te er zu Gott, daß er später einmal so wie sein Bruder sein<br />
würde.<br />
Dies waren Bernardos glücklichste Erinnerungen. Edu-<br />
ardo war so geduldig mit ihm gewesen und immer<br />
freundlich zu allen, die stehenblieben, um sie beim Bau<br />
der Sandburgen zu beobachten. Die Mädchen liebten den<br />
gutaussehenden, jungen Mann. Und sie liebten seinen süßen,<br />
kleinen Bruder, der diese Liebe aus vollem Herzen<br />
erwiderte.<br />
Bernardos geliebte Mutter arbeitete in einer Bäckerei als<br />
Hilfskraft, sein Vater Martin war Preisboxer. Martin<br />
träumte davon, genug Geld zu sparen, um ein Fitneß-Center<br />
zu eröffnen, damit seine Frau nicht mehr arbeiten muß-<br />
te und wie eine echte Dame leben konnte. Von seinem<br />
fünfzehnten Geburtstag an verbrachte Eduardo viele Tage<br />
und Nächte auf Reisen mit seinem Vater, dem er bei den<br />
Kämpfen als Assistent zur Seite stand. Häufig waren sie<br />
wochenlang unterwegs, reisten mit anderen Boxern, die<br />
gegeneinander oder gegen ehrgeizige Einheimische antra-<br />
ten, im Bus von Mercedes nach Paysandu und Salto. Die<br />
Bezahlung bestand aus dem Erlös der Eintrittskarten, ab-<br />
züglich des Honorars für den Arzt, der mit den Kämpfern<br />
unterwegs war. Eduardo lernte die Grundbegriffe der Er-<br />
sten Hilfe, damit sie sich den Arzt sparen konnten.<br />
Es war kein einfaches Leben, und für die Mutter des<br />
Jungen war die Belastung schrecklich. Sie arbeitete viele<br />
lange Stunden an einem glühendheißen Steinofen, und ei-<br />
nes Morgens, als ihr Mann und ihr ältester Sohn auf Rei-<br />
sen waren, starb sie bei einem Brand in der Bäckerei. Da<br />
die Familie arm war, wurde ihr Leichnam zu den Barones<br />
in die Wohnung gebracht, und Bernardo mußte dabei sit-<br />
zen und warten, bis sein Vater informiert werden konnte.<br />
Erst dann wurde ein Bestattungsinstitut benachrichtigt<br />
und bezahlt.<br />
In diesem Jahr war Bernardo gerade neun geworden.<br />
Während der Reisen mit dem Vater hatte sein Bruder<br />
Eduardo auch noch andere Dinge gelernt. Rein zufällig<br />
entdeckte er in einer kleinen Kneipe in San Javier einige<br />
Anhänger der marxistischen Nationalen Freiheitsbewe-<br />
gung der Tupamaros. Die Guerillabewegung war von Raul<br />
Antonaccio Sendic, dem Führer der Zuckerrohrarbeiter im<br />
nördlichen Uruguay, im Jahr 1962 gegründet worden. Die<br />
Regierung war nicht in der Lage gewesen, die bis auf fünf-<br />
unddreißig Prozent angestiegene Inflation zu besiegen,<br />
und natürlich waren die Arbeiter am stärksten betroffen.<br />
In der radikalen Bewegung der Tupamaros glaubte Edu-<br />
ardo ein Mittel gefunden zu haben, mit dem er Menschen<br />
wie seinem Vater, der die Liebe seines Lebens und den<br />
Willen zu träumen verloren hatte, auf irgendeine Weise<br />
helfen konnte. Für die Guerilleros war Eduardo jemand,<br />
der sich aufs Kämpfen und auf medizinische Behandlung