TOM CLANCY'S AUSNAHMEZUSTAND
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legierten der Vereinten Nationen sich allzu lange darum<br />
scheren werden.«<br />
»Wir sind nicht der amerikanische Kongreß, Herr Prä-<br />
sident. Unterschätzen Sie nicht unsere Fähigkeit, eine Angelegenheit<br />
konzentriert weiterzuverfolgen.«<br />
»Das würde ich mir nie erlauben«, erwiderte der Präsi-<br />
dent. »Ich bin überzeugt davon, daß die Delegierten sich<br />
äußerst konzentriert der Aufgabe widmen werden, geeig-<br />
nete Schulen und Wohnungen zu finden, wenn sich diese<br />
Regierung für die Verlegung der Vereinten Nationen von<br />
New York in eine andere Stadt einsetzt, sagen wir Khartum<br />
oder Rangun.«<br />
Chatterjee fühlte, wie sie errötete. Der Bastard, der unverschämte<br />
Bastard. »Herr Präsident, ich reagiere nicht auf<br />
Drohungen.«<br />
»Ich glaube doch«, sagte der Präsident. »Sie haben auf<br />
diese Drohung sofort und deutlich reagiert.«<br />
Sie sah ein, daß er recht hatte.<br />
»Niemand wird gern gegen seinen Willen zu etwas ge-<br />
zwungen«, fuhr der Präsident fort, »und darum geht es<br />
hier. Wir müssen für dieses Problem eine Lösung finden,<br />
die keine Konfrontation und keine Bedrohung darstellt<br />
und die für alle Beteiligten akzeptabel ist.«<br />
»Und was schlagen Sie vor?« Trotz aller Frustration war<br />
Chatterjee doch in erster Linie Diplomatin. Sie würde zu-<br />
hören.<br />
»Es wäre sicherlich eine konstruktivere Methode, die<br />
aufgebrachten Delegierten zu besänftigen, wenn die Vereinigten<br />
Staaten damit beginnen würden, ihre Schulden in<br />
Höhe von zwei Milliarden Dollar zu bezahlen«, sagte der<br />
Präsident. »Dann hätten die Delegierten mehr Geld für<br />
Projekte der UNO in ihren Heimatländern, wie zum Beispiel<br />
für den Welternährungsrat, UNICEF, das Ausbil-<br />
dungs- und Forschungsinstitut. Und wenn wir es richtig<br />
anstellen, werden sie sich als Sieger fühlen. Sie werden die<br />
Kapitulation der amerikanischen Regierung in der Schul-<br />
denfrage erreicht haben. Ihr persönliches Ansehen wird in<br />
keiner Weise beeinträchtigt werden«, erklärte er.<br />
Chatterjee warf ihm einen kalten Blick zu. »Herr Präsi-<br />
dent, ich danke Ihnen für Ihre Überlegungen zu diesem<br />
Thema. Dennoch gibt es rechtliche Aspekte, die nicht ein-<br />
fach ignoriert werden können.«<br />
Der Präsident lächelte. »Frau Generalsekretärin, vor na-<br />
hezu fünfundzwanzig Jahren hat der russische Schriftstel-<br />
ler Alexander Solschenizyn etwas ausgesprochen, das ich<br />
als Anwalt nie wieder vergessen habe. >Ich habe mein gan-<br />
zes Leben unter einem kommunistischen Regime ver-<br />
brachtund ich kann sagen, daß eine Gesell-<br />
schaft ohne einen objektiven rechtlichen Maßstab wirklich<br />
schrecklich ist. Doch eine Gesellschaft, die sich einzig und<br />
allein am rechtlichen Maßstab orientiert, ist auch nicht<br />
menschenwürdig.«<br />
Chatterjee beobachtete den Präsidenten aufmerksam. Es<br />
war das erstemal seit ihrer Ankunft im Oval Office, daß<br />
sie in seinen Augen und seinem Gesichtsausdruck einen<br />
ehrlichen Zug entdeckte.<br />
»Frau Generalsekretärin«, fuhr der Präsident fort, »Sie<br />
sind völlig erschöpft. Darf ich Ihnen einen Vorschlag ma-<br />
chen?«<br />
»Bitte«, erwiderte sie.<br />
»Warum fliegen Sie nicht nach New York zurück, ent-<br />
spannen sich ein wenig und denken in aller Ruhe darüber