TOM CLANCY'S AUSNAHMEZUSTAND
TOM CLANCY'S AUSNAHMEZUSTAND
TOM CLANCY'S AUSNAHMEZUSTAND
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
le, wo der Killer sie aufbewahrt hatte, als er herausgekom-<br />
men war. In den Handschuhen ballte er mehrmals seine<br />
Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder; ungeduldig wartete<br />
er darauf, seinen Job erledigen zu können.<br />
Zehn Sekunden.<br />
Einmal, vor mehr als zwanzig Jahren, als er noch Kadett<br />
an der New Yorker Polizeiakademie Ecke Twentieth Street<br />
und Second Avenue war, erklärte ihm ein Lehrer des Fach-<br />
bereichs Strategie und Taktik, daß dieser Job wie ein Würfelspiel<br />
sei. Jeder Polizist, jeder Soldat hatte einen Würfel<br />
mit sechs Seiten. Diese Seiten hießen Entschlossenheit, Fä-<br />
higkeit, Rücksichtslosigkeit, Naivität, Mut und Stärke. Den<br />
größten Teil der Zeit verbrachte man mit Übungswürfen.<br />
Man trainierte, patrouillierte auf der Straße, versuchte, den<br />
richtigen Dreh herauszubekommen, das richtige Gefühl,<br />
die Feinheiten. Denn wenn es um den wahren Einsatz ging,<br />
mußte man mit mehr von diesen Qualitäten aufwarten kön-<br />
nen als der Gegner, und zwar manchmal innerhalb von Se-<br />
kunden.<br />
Während seiner zwanzig Jahre als Polizist im Herzen<br />
von Manhattan hatte Mott immer an dieses Lehrbeispiel<br />
gedacht. Bei jedem Ruf zu einer Wohnung, wenn er nicht<br />
wußte, was ihn auf der anderen Seite der Tür erwartete,<br />
dachte er daran, genauso, wenn er ein Auto anhielt und<br />
nicht wußte, was sich unter der Zeitung befand, die auf<br />
dem Beifahrersitz lag. Und jetzt kam es ihm plötzlich wie-<br />
der in den Sinn. Mit Entschlossenheit konzentrierte er sich<br />
auf alle Reflexe in seinem Gedächtnis, seinen Knochen, seinem<br />
Herzen. Der Vollständigkeit halber fügte er die Wor-<br />
te eines der Mercury-Astronauten hinzu, der kurz vor sei-<br />
nem Start ins All gesagt hatte: »Lieber Gott, laß mich bitte<br />
keinen Mist machen.«<br />
Fünf Sekunden.<br />
Wach und startklar ging Mott auf die Tür des Sicherheitsrats<br />
zu. Er stöhnte, als ob man ihn geschlagen hätte<br />
und als ob die Wunde schmerzte.<br />
Mit einem Ruck riß er die Tür auf und trat ein.<br />
36<br />
New York/New York - Samstag, 23 Uhr 48<br />
Sobald die Eltern in der Aufenthaltshalle des Außenmini-<br />
steriums eintrafen, wurden ihnen Telefone zur Verfügung<br />
gestellt. Nachdem sie einen Sessel in der Ecke der hell er-<br />
leuchteten Halle ausgewählt hatte, rief Sharon zuerst bei<br />
Alexander im Hotel an, um sicherzugehen, daß alles in<br />
Ordnung war. Er hörte sich zufrieden an, obwohl sie vermutete,<br />
daß er schon lange nicht mehr mit den Videospie-<br />
len beschäftigt war, sondern sich irgendwelche Sendungen<br />
im Fernsehen ansah. Wenn er Videos spielte, wirkte er im-<br />
mer sehr gestreßt, als ob das Schicksal der gesamten Gala-<br />
xie auf seinen Schultern ruhte. Doch als sie gegen elf anrief,<br />
schien er eher beeindruckt und still. Wie Charlton<br />
Heston beim Anblick des brennenden Dornbusches in Die<br />
Zehn Gebote.<br />
Sharon ließ ihn gewähren, sagte ihm aber nicht, was los<br />
war. Vermutlich würde Alexander heute nacht tief schla-<br />
fen, und morgen früh war hoffentlich alles vorbei, noch<br />
bevor er aufwachte. Dann rief sie bei sich zu Hause an, um<br />
den Anrufbeantworter abzuhören. Sie würde ihre Eltern