TOM CLANCY'S AUSNAHMEZUSTAND
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New York/New York - Samstag, 23 Uhr 29<br />
»Sie werden es noch einmal tun.« Die dunkelblonde Laura<br />
Sabia, die links von Harleigh Hood, saß, starrte blicklos vor<br />
sich hin und zitterte schlimmer als vorher. Es schien, als<br />
ob sie Schüttelfrost hätte. Wieder legte Harleigh ihre Fingerspitzen<br />
auf die Hand des Mädchens, um sie etwas zu<br />
beruhigen.<br />
»Sie werden ihn umbringen«, sagte Laura.<br />
»Schhhh«, flüsterte Harleigh.<br />
Rechts von Harleigh ließ Barbara Mathis die Terroristen<br />
keinen Moment aus den Augen. Die Violinistin mit dem<br />
rabenschwarzen Haar saß kerzengerade auf ihrem Stuhl<br />
und machte einen äußerst angespannten Eindruck. Har-<br />
leigh kannte diesen Anblick, denn Barbara gehörte zu der<br />
Sorte von Musikern, die regelrecht platzen, wenn jemand<br />
sie durch ein Geräusch in ihrer Konzentration stört. Es<br />
schien, als wäre Barbara kurz vor diesem Punkt angelangt.<br />
Hoffentlich nicht, dachte Harleigh.<br />
Die Mädchen sahen zu, wie die maskierten Männer den<br />
Delegierten die Treppe hochschafften. Auf einer der Stufen<br />
fiel das Opfer auf Hände und Knie, schluchzte laut und<br />
stieß mit hoher Stimme italienische Worte hervor. Der<br />
maskierte Mann, den sie für einen Australier hielt, griff ihn<br />
hinten am Kragen und zog ihn mit Gewalt nach oben. Die<br />
Arme des Italieners wirbelten herum, und er fiel vornüber.<br />
Der Maskierte fluchte, ging in die Hocke und schob dem<br />
Mann die Pistole zwischen die Beine. Dann sagte er etwas<br />
zu dem Italiener, der daraufhin umgehend nach einer<br />
Stuhllehne griff und schnell auf die Füße kam. Die Män-<br />
ner gingen weiter in Richtung Tür.<br />
In der Nähe der jungen Musiker, in der Mitte des hufei-<br />
senförmigen Tisches, tröstete die Frau eines Delegierten<br />
eine andere Frau. Sie preßte sie an sich und hielt ihr die<br />
Hand auf den Mund. Harleigh nahm an, daß sie die Frau<br />
des italienischen Delegierten war, der jetzt sterben sollte.<br />
Laura wurde inzwischen wie von elektrischen Stößen<br />
geschüttelt. So etwas hatte Harleigh noch nie gesehen; sie<br />
schloß ihre Finger um Lauras Hände und drückte sie mit<br />
aller Kraft.<br />
»Du mußt dich beruhigen«, flüsterte sie.<br />
»Es geht nicht«, erwiderte Laura. »Ich bekomme keine<br />
Luft mehr. Ich muß hier raus!«<br />
»Bald«, entgegnete Harleigh. »Sie werden uns hier raus-<br />
holen. Lehn dich zurück und schließ die Augen. Versuch,<br />
dich zu entspannen.«<br />
Einmal hatte Harleighs Vater zu ihr und ihrem Bruder<br />
gesagt, wenn sie jemals in eine solche Situation kommen<br />
sollten, müßten sie vor allen Dingen die Nerven behalten.<br />
Sich unsichtbar machen. Die Sekunden zählen, hatte er ge-<br />
sagt, nicht die Minuten oder die Stunden. Je länger eine<br />
Geiselnahme dauert, desto besser die Chancen für eine<br />
friedliche Verhandlungslösung. Desto besser die Chancen<br />
zum Überleben. Wenn es Fluchtmöglichkeiten gab, unbe-<br />
dingt den gesunden Menschenverstand gebrauchen. Die<br />
Frage, die sie sich stellen mußte, war nicht: Besteht die Möglichkeit,<br />
es zu schaffen? Die richtige Frage war: Besteht die<br />
Möglichkeit, es nicht zu schaffen? Wenn die Antwort auf die-