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Das Rheinisch- Deutsche Kaltblut

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Spielen muss sein: zwei Junghengste messen ihre Krifte Ruhig und ausgeglichen warten die beiden <strong>Rheinisch</strong><br />

<strong>Deutsche</strong>n Kaltblüter auf das, was da kommen mag<br />

Serie Kaltblüter aus Deutschland:<br />

<strong>Das</strong> <strong>Rheinisch</strong>-<br />

<strong>Deutsche</strong> <strong>Kaltblut</strong><br />

Es ist erst etwa 150 Jahre her, als man mit<br />

der Zucht des <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n Kaiblutes<br />

begann. Grund dafür war die Inten<br />

sivierung der Landwirtschaft, die nach<br />

schnelleren und zugkräftigeren Tieren als<br />

den bis dahin überwiegend genutzten<br />

Ochsen verlangte.<br />

Belgischer Ursprung<br />

In Belgien war damals die <strong>Kaltblut</strong>zucht viel<br />

weiter fortgeschritten als in den anderen euro<br />

päischen Regionen. Der Grund hierfür lag in<br />

der früheren Verwendung aus Eisen gefertig<br />

<strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong> Kaltblüter gibt es in den unterschiedlichsten Farbschlägen<br />

ter Geräte, mit denen der Boden effektiver<br />

bearbeitet werden konnte und Ertragssteige<br />

rungen und Wohlstand die Folge waren. Wei<br />

terhin ist die Entstehung der Belgischen Kalt<br />

blüter der Dickköpfigkeit der belgischen Bau<br />

ern zu verdanken. Obwohl im 18. Jahrhun<br />

dert die Obrigkeit die Zucht von leichteren<br />

Pferden für Militär und Warentransport forder<br />

ten und es unter Strafe verboten war, nicht<br />

staatlich anerkannte Hengste einzusetzen,<br />

ließen viele Bauern ihre Stuten von einheimi<br />

schen schweren Hengsten decken. Durch die<br />

Französische Revolution schrumpfte der<br />

Pferdebestand in Belgien so weit, dass die<br />

Bauern ihre Felder wieder mit Ochsenge<br />

spannen bestellen mussten. Nachdem Bel<br />

gien jedoch seine Souveränität wiedererlangt<br />

hatte (1 830/1 831), ging es mit der Landwirt<br />

schaft und damit mit der Pferdezucht auf<br />

wärts. In den einzelnen Provinzen Belgiens<br />

wurde mit dem alten flämischen Pferdeschlag<br />

weitergezüchtet, der Mitte des 19. Jahrhun<br />

dert durch die französischen Rassen Boulon<br />

nais und Percheron verbessert werden sollte.<br />

Viele Züchter standen den französischen<br />

Hengsten nicht sehr aufgeschlossen gegen<br />

über, so dass sie in der weiteren Zucht nicht<br />

unbedingt eine größere Rolle gespielt haben<br />

dürften. Bevorzugt wurden Hengste, von<br />

deren Qualität die Belgier überzeugt waren<br />

und die so lange wie möglich im Deckeinsatz<br />

blieben. Inzucht wurde häufig eingesetzt, um<br />

schneller an das Ziel zu kommen.<br />

Die Nähe zu Belgien erklärt, dass das<br />

Ursprungsgebiet der <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Kaltblut</strong>zucht im heutigen Nordrhein-Westfa<br />

len liegt. Für die sich rasch entwickelnde<br />

Landwirtschaft in den rheinischen Niederun<br />

gen (Köln-Aachener-Bucht) und im nördli<br />

chen Teil der Rheinprovinz, wurden zugkräfti<br />

ge Pferde benötigt. Es lag also nahe, eine<br />

Zucht auf Basis des Belgischen Zugpferdes


Es gibt blonde Fohlen.. Die gespaltene Kruppe ist schon im Fohlenaltor sichtbar<br />

<strong>Das</strong> Belgische KaltbiLt ist der Ursprung des <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n Kaltbltits (Foto: Ingeborg Krug)<br />

Zweijährige auf der Weide<br />

im Rheinland aufzubauen, die sich auf die<br />

preußischen Provinzen Westfalen und Sach<br />

sen ausweitete. Zu dieser Zeit gab es noch<br />

kein einheitliches Zuchtziel und die preußi<br />

sche Landesregierung war von der Notwen<br />

digkeit der Zucht eines schweren Pferdes für<br />

die Feldarbeit nicht überzeugt. Die Bauern<br />

gaben nicht nach und 1876 hatten sie die<br />

Regierung endlich davon überzeugt, dass die<br />

Zucht eines starken Arbeitspferdes unum<br />

gänglich war.<br />

Im Rheinland begann eine<br />

erfolgreiche <strong>Kaltblut</strong>zucht<br />

Nachdem sich die preußische Regierung end<br />

lich von dem Gedanken an eine Remonte<br />

zucht (drei- bis vierjährige Pferde, die sich in<br />

Ausbildung befinden) im Rheinland verab<br />

schiedetet hatte, stand einer gezielten Zucht<br />

eines schweren Arbeitspferdes für die Land<br />

wirtschaft nichts mehr im Weg. Im königlichpreußischen<br />

Landgestüt Wickrath, in dem bis<br />

dahin überwiegend Beschäler für die Remon<br />

tezucht aufgestellt waren, zogen 1876 die<br />

ersten belgischen Hengste ein und vier Jahre<br />

später wurden 2526 Stufen von 50 belgischen<br />

Hengsten gedeckt. 1910 zählte der Bestand<br />

in Wickrath 202 <strong>Kaltblut</strong>hengste des belgi<br />

schen bzw. rheinisch-belgischen Schlages.<br />

Nachdem 1886 in Brüssel das Belgische<br />

Stutbuch eröffnet wurde, schlossen sich<br />

1892 die Züchter der Rheinprovinz im Rheini<br />

schen Pferdestammbuch (RPS) zusammen.<br />

Bis dahin fanden nicht nur belgische Hengste<br />

den Weg an den Rhein, sondern auch immer<br />

noch Shires und Clysdales aus England,<br />

Pferde aus Frankreich und sogar Amerika. Im<br />

gleichen Jahr wurde ein Zuchtbuch einge<br />

führt, das ein einheitliches Zuchtziel für die<br />

gesamte Rheinprovinz festlegte: „ Ein kräfti<br />

ges, gut gebautes, tiefes Pferd kaltblütigen<br />

Schlages mit starken Knochen und freien<br />

Bewegungen. <strong>Das</strong> <strong>Rheinisch</strong>e Pferd.“ Eine<br />

gezielte Zucht des rheinisch-belgischen Kalt-


—<br />

Der Erfindung von schweren Ackergerät verdanken<br />

die Pheinisci-Oeiitschen Kaltblüter ihre Entstehung<br />

bluts begann, welches nach dem 1. Weltkrieg<br />

in <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>s <strong>Kaltblut</strong> umbenannt<br />

wurde. Beide Weltkriege konnten der rheini<br />

schen <strong>Kaltblut</strong>zucht nichts anhaben. In den<br />

ersten Nachkriegsjahren waren diese Pferde<br />

unentbehrlich und so waren im Jahr 1946<br />

25022 Pferde im rheinischen Pferdestamm<br />

buch eingetragen, soviel wie nie zuvor. In den<br />

5oiger Jahren sollte sich der züchterische<br />

Aufwind schnell legen. Die Motorisierung in<br />

Form von Treckern fand ihren Weg auf die<br />

Was ist das denn für ein Pferd? <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong><br />

Kaltblüter sind auch neugierig<br />

Bauernhöfe. Die Intensivierung der Landwirt<br />

schaft, die knapp 200 Jahre zuvor für die<br />

starke Entwicklung der <strong>Kaltblut</strong>pferde verant<br />

wortlich war, sorgte nun fast für die Ausrot<br />

tung dieses Pferdeschlags. Mit Pferden auf<br />

dem Feld zu arbeiten galt plötzlich als rück<br />

ständig und viele, auch züchterisch hochwer<br />

tige Zugpferde, wurden zum Schlachter<br />

gebracht. <strong>Das</strong> Landgestüt Wickrath wurde<br />

1957 aufgelöst und 1975 gab es im Rhein<br />

land nur noch 11 eingetragene Stuten und 2<br />

Es muss nicht immer Jr Feldarbeit sein, auch im Sport lasen sich Rhei- oder vor dem Römerwagen<br />

nisch <strong>Deutsche</strong>-Kaltblüter einsetzen.<br />

Privathengste, sowie lediglich 3 Bedeckun<br />

gen und 5 Neueintragungen. Unermüdliche<br />

<strong>Kaltblut</strong>liebhaber verhinderten das Ausster<br />

ben eines Kulturerbes und so waren im Jahr<br />

2000 wieder knapp 200 Stuten und 58 Heng<br />

ste im <strong>Rheinisch</strong>en Pferdestammbuch einge<br />

tragen.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong> <strong>Kaltblut</strong> wurde nicht<br />

nur im Rheinland gezüchtet, sondern auch in<br />

den Provinzen Westfalen und Sachsen.<br />

Die <strong>Kaltblut</strong>zucht in<br />

Westfalen<br />

Auch in der Provinz Westfalen konzentrierte<br />

man sich zunächst auf die Remontezucht, die<br />

allerdings ebenso wenig von Erfolg gekrönt<br />

war wie in der Rheinprovinz. Es fehlten klare<br />

Zielvorgaben und je nach Bedarf, Region und<br />

Haltungsbedingungen wurden Pferde ver<br />

schiedener Schläge gezüchtet.<br />

Der Aufschwung beziehungsweise<br />

Umschwung kam in Westfalen Mitte des 19.<br />

Jahrhunderts in Form sich ansiedelnder Indu<br />

strie und intensivierter Landwirtschaft. Der<br />

Bedarf an schweren Arbeitspferden stieg.<br />

<strong>Das</strong> bis dahin auf die Remontezucht speziali<br />

sierte Landgestüt in Warendorf stellte nach<br />

langem Drängen der Züchter in ihr königlich<br />

preußisches Hengstdepot zunächst engli<br />

sche Kaltblüter der Rassen Suffolk und spä<br />

ter ein Shire-Horse ein. Die Ära der britischen<br />

Hengste war allerdings nur kurz, bald wurden<br />

sie von belgischen Hengsten abgelöst. Im<br />

Aur der Hengstparade<br />

in Warendort<br />

wird die<br />

Vielseitigkeit der<br />

<strong>Rheinisch</strong>-Deut<br />

schen Hengste<br />

gezeigt<br />

Gegensatz zu den rheinischen Nachbarn<br />

waren die Westfalen bei weitem nicht so<br />

schnell in der Aufstellung belgischer Heng<br />

ste. 1881 zogen die beiden Belgier Flick und<br />

Flock in das Landgestüt Warendorf ein. Dann<br />

kamen Gig und Geck, sowie Klipp und Klapp.<br />

Die Namensgebung lässt vermuten, dass die<br />

damalige Gestütsleitung nicht überzeugt war<br />

von dem Erfolg der belgischen Hengste und<br />

legte ihren Schwerpunkt weiterhin auf die<br />

Warmblutzucht. Es blieb den westfälischen<br />

<strong>Kaltblut</strong>züchter nichts anderes übrig, als sich<br />

selbst zu helfen. Dies taten sie, indem sie<br />

Genossenschaften und Züchtervereinigun<br />

gen gründeten, deren importierte Hengste<br />

die einheimischen und auch eingeführte bel<br />

gische und rheinische Stuten deckten. Um<br />

die Jahrhundertwende waren schon 50<br />

Beschäler in Warendorf im Einsatz und späte<br />

stens 1904 mit der Gründung des Westfäli<br />

schen Pferdestammbuches eV., indem übri<br />

gens Warmblüter wie auch Kaltblüter gleich<br />

berechtigt vertreten waren, wurde das Zuchtziel<br />

für in Westfalen gezüchtete Kaltblüter klar<br />

definiert, womit dem Aufschwung nichts<br />

mehr im Wege stand.<br />

Der Unterschied zu dem im Rheinland<br />

gezüchteten <strong>Kaltblut</strong> lag nunmehr lediglich in<br />

der Tatsache, dass die Westfalen ihre Zucht<br />

auf belgische Kaltblüter später aufbauten. Da<br />

die Zucht von leistungsstarken Kaltblütern im<br />

Rheinland weiter fortgeschritten war, und<br />

auch in Westfalen der Bedarf an solchen<br />

Pferden groß war, wurden Zuchtpferde aus<br />

Belgien und dem Rheinland nach Westfalen


(Foto: Ingeborg Krug) Auch für das Reiten eignen sich die Diese <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n Kaltblüter gewannen 2009 die WM der <strong>Kaltblut</strong>pferde<br />

<strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n Kaltblüter<br />

eingeführt. Die Westfalen bevorzugten ein<br />

mittelschweres, gängiges <strong>Kaltblut</strong>pferd,<br />

während in der Rheinprovinz und in der Pro<br />

vinz Sachsen schwere und große Kaltblüter<br />

gezüchtet wurden.<br />

Der 2. Weltkrieg ging selbstverständlich auch<br />

an der westfälischen <strong>Kaltblut</strong>zucht nicht<br />

spurlos vorüber. Nach Kriegsende wurde<br />

jede Stute gedeckt und es kam zu einem<br />

sprunghaften Anstieg der <strong>Kaltblut</strong>population.<br />

Dieser war von kurzer Dauer, nachdem die<br />

Motorisierung Westfalen erreichte. Es dauer<br />

te allerdings länger als im Rheinland, die<br />

westfälischen Bauern von dem neuen Zeital<br />

ter zu überzeugen. Sie hielten an ihrer Kalt<br />

blutzucht fest und versuchten den Untergang<br />

zu verhindern, indem sie einen leichteren und<br />

kleineren Kaltblüter züchteten. Diese Maß<br />

nahme konnte jedoch nicht verhindern, dass<br />

in den 1960er Jahren die <strong>Kaltblut</strong>zucht auch<br />

in Westfalen zu Ende ging.<br />

Wie im Rheinland ist es wenigen sturen west<br />

fälischen und niedersächsischen Züchtern zu<br />

verdanken, dass das <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Kaltblut</strong>pferd erhalten blieb und es zur Jahr<br />

tausendwende 360 eingetragene Stuten gab.<br />

Einen großen Einfluss auf den Erhalt der<br />

<strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n <strong>Kaltblut</strong>rasse hat der<br />

1993 in Westfalen gegründete <strong>Kaltblut</strong>zucht<br />

und Fahrverein, der sich zum Ziel gesetzt hat,<br />

den Erhalt des <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n Kaltblu<br />

tes zu fördern. Der Verein organisiert Kalt<br />

blutschauen und nimmt immer wieder erfolg<br />

reich an der Bundeskaltblutschau, die jähr<br />

lich im Rahmen der Grünen Woche in Berlin<br />

stattfindet, teil. Die in dem Verein organisier<br />

ten Züchter pflegen, trotz der sehr hohen<br />

Qualität der in Westfalen aufgestellten Kalt<br />

blutpferden, enge Kontakte zu anderen<br />

Zuchtgebieten auch über die Landesgrenzen<br />

hinaus, wie Belgien, Frankreich oder Schwe<br />

den.<br />

Seit 2002 gibt es in Nordrhein-Westfalen<br />

einen gemeinsamen Körtermin für die Rhei<br />

nisch-<strong>Deutsche</strong>n Kaltblüter, der jährlich<br />

abwechselnd im westfälischen Münster-<br />

Handorf und im rheinländischen Wickrath<br />

stattfindet. Mittlerweile ist dieser Termin nicht<br />

nur für Züchter interessant, sondern für alle<br />

<strong>Kaltblut</strong>fans, denn der <strong>Kaltblut</strong>zucht- und<br />

Fahrverein lässt es sich nicht nehmen, seine<br />

Kaltblüter in attraktiven Schaubildern zu prä<br />

sentieren. Der Verein arbeitet eng mit dem<br />

nordrhein-westfälischen Landgestüt in<br />

Warendorf zusammen, in dem mittlerweile<br />

viele der Siegerhengste der letzten Jahre sta<br />

tioniert sind.<br />

Kaltblüter aus Sachsen<br />

Die dritte damalige preußische Provinz war<br />

Sachsen. Auch hier wurde ein schweres<br />

Ackerpferd benötigt und die Sachsen muss<br />

ten sich wie die Rheinländer und Westfalen<br />

gegen die preußische Gestütsverwaltung<br />

durchsetzen, die auf der Remontezucht<br />

behaarte. Erst 1863 einigten sich die Vertreter<br />

der Landwirtschaft und des Staates darauf,<br />

ein schweres und dabei leichtfuttriges<br />

Arbeitspferd zu züchten. Es wurde der mitteldeutsche<br />

Pferde-Zucht-Verein gegründet,<br />

der im Süden der Provinz durch eine klar for<br />

mulierte Zuchtvorgabe, ein schweres und<br />

frühreifes Gebrauchspferd zu züchten, dafür<br />

sorgte, dass in diesem Teil der Provinz Sach<br />

sen belgische Kaltblüter eingesetzt wurden,<br />

nachdem mit den Rassen Suffolk und Per<br />

cheron nicht das gewünschte Ziel erreicht<br />

wurde. Die Altmärker Züchter dagegen<br />

bevorzugten schwere Hannoversche Heng<br />

ste.<br />

Die Vorliebe der Sachsen einschließlich der<br />

Altmärker für englische Kaltblüter blieb bis<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts bestehen, es<br />

wurden jedoch immer wieder Belgier einge<br />

setzt. Insgesamt war die Zucht in Sachsen<br />

nicht befriedigend. Die englischen Rassen<br />

waren schwerfuttriger als die Belgier und die<br />

Sachsen waren der Auffassung, Kaltblüter<br />

könnte man im Stall aufziehen, ohne Weiden,<br />

und man müsse sie nicht pflegen.<br />

Trotz des Entstehens eines Zuchtverbandes<br />

1899 in Halle/Sachsen, taten sich die sächsi<br />

schen Züchter schwer, ein einheitliches<br />

Zuchtziel anzustreben. Endlich wurde Anfang<br />

des 20. Jahrhunderts in der Altmark eine bel<br />

gische Zuchtgenossenschaft gegründet und<br />

damit der Grundstein für die Züchtung eines<br />

Arbeitspferdes auf belgischer Grundlage<br />

gelegt. Ende des zweiten Jahrzehnts waren<br />

die englischen Kaltblüter verschwunden. Es<br />

entstanden weitere Genossenschaften, die<br />

die Hengste hielten. Nachdem sich der „Pfer<br />

dezuchtverband der Provinz Sachsen“ auf<br />

Belgische bzw. <strong>Rheinisch</strong>-Belgische Zuchtrichtung<br />

festgelegt hatten, kam es zu einem<br />

enormen Aufschwung in der <strong>Kaltblut</strong>zucht.<br />

Der erste Weltkrieg stoppte diese positive<br />

Entwicklung und nach Ende des Krieges<br />

begann, wie in den anderen Provinzen auch,<br />

die Flucht in die Sachwerte. Jede Stute<br />

wurde gedeckt, was wiederum zu einer Über<br />

produktion führte. Durch die Einfuhr schwerer<br />

Arbeitspferde aus Belgien und anderen Län<br />

dern, begünstigt durch stark ermäßigte Zollsätze,<br />

sanken die Bedeckungszahlen und die<br />

Zahl der Privatbeschäler schnell wieder. Der<br />

Kauf einiger großartiger Hengste ließ die Pro<br />

vinz Sachsen ab den 1920er Jahren zu einer<br />

ernstzunehmenden KonkLlrrenz der rheini<br />

schen Pferdezucht werden. Der Zweite Welt<br />

krieg und die Teilung Deutschlands hatte gro<br />

ßen Einfluss auf die <strong>Kaltblut</strong>zucht in Sachsen.<br />

Zu DDR-Zeiten lag der Schwerpunkt der ost<br />

deutschen <strong>Kaltblut</strong>zucht in der Altmark. Hier<br />

wurde nun das Altmärker <strong>Kaltblut</strong> auf Basis<br />

<strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>r Kaltblüter gezüchtet.<br />

Auch in der neu gegründeten DDR endete in<br />

den 1970er Jahren die Ära des <strong>Kaltblut</strong>pfer<br />

des. Die Zucht wurde zentral gesteuert, eine<br />

private Zucht existierte kaum. Trotzdem ist es<br />

einigen wenigen <strong>Kaltblut</strong>-infizierten Züchtern<br />

gelungen, die <strong>Kaltblut</strong>zucht nach der Grenz<br />

öffnung zu erhalten.<br />

Die Hauptzuchtgebiete des <strong>Rheinisch</strong>-Deut<br />

schen <strong>Kaltblut</strong>pferdes liegen heute immer<br />

noch im Rheinland, in Westfalen und in Sach


sen. Einige Zuchtinseln gibt es in Nieder<br />

sachsen und in anderen Bundesländern. Die<br />

Zucht wird in Deutschland in eigenständigen<br />

Teilpopulationen durchgeführt. Die deut<br />

schen Züchtervereinigungen sind der Deut<br />

schen Reiterlichen Vereinigung (FN) ange<br />

schlossen und führen gemeinsam das Zuchtbuch<br />

über den Ursprung der Rasse. Hier sind<br />

auch das Zuchtziel und Rassemerkmale defi<br />

niert, die für die der FN angeschlossenen<br />

Züchtervereinigungen verbindlich sind.<br />

Rassemerkmale und<br />

Zuchtziel<br />

<strong>Das</strong> <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong> <strong>Kaltblut</strong> sollte min<br />

destens 158cm groß sein. ZLIr Zeit beträgt das<br />

mittlere Stockmaß bei Stuten 160 cm und bei<br />

Hengsten 165 cm. <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong> Kalt<br />

blüter können bis zu 1000 kg schwer werden.<br />

Die Farbpalette der <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n<br />

Kaltblüter ist groß. Erwünschte Farbschläge<br />

sind Füchse, Braune, Rappen, sowie Rapp-,<br />

Braun- und Fuchsschimmel, wobei Rappen<br />

und Rappschimmel nicht so verbreitet sind.<br />

Exterleur<br />

Der Kopf soll ausdrucksvoll und trocken sein<br />

und zum Körper passen, nicht zu große Ohren<br />

haben, aber eine breite Stirn. Ein großes dunk<br />

les Auge in einem gerade Profil mit einem<br />

eventuell leicht gewölbten Nasenrücken und<br />

mittelgroßen Ganaschen ist wünschenswert.<br />

Der kräftige Hals mit dichter Mähne, leicht<br />

gewölbter Oberlinie ist gut aufgesetzt und mit<br />

tellang und geht über in eine breite und tiefe<br />

Brust. Der kurze und gerade Rücken endet in<br />

einer gespaltenen Kruppe. Insgesamt verfügt<br />

das <strong>Rheinisch</strong>-deutsche <strong>Kaltblut</strong> über kräftige<br />

Muskeln. <strong>Das</strong> Fundament soll trocken sein mit<br />

kräftigen und klaren Gelenken, die korrekt<br />

gewinkelt sind. Um zur Zucht zugelassen zu<br />

werden, muss der Umfang des Röhrbeines bei<br />

der Stute mindestens 24 cm betragen, beim<br />

Hengst 25 cm, mit wenig ausgeprägtem<br />

Behang. Die Hufe sollen zum Körper passen,<br />

In Sachsen hat die Zucht des <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n<br />

Kaltbhites Tradition und auch heute vertügt das<br />

Landgesttit Moritzburg wieder über hervorragende<br />

Hengste (Foto: Peter Tendler)<br />

gleichmäßig geformt, hart und widerstandsfä<br />

hig sein.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong> <strong>Kaltblut</strong>pferd soll<br />

sich harmonisch und ökonomisch bewegen.<br />

Dazu gehört ein Schritt, der aus der Hinter<br />

hand kommt. Auch im raumgreifenden Trab<br />

soll der Schub aus der Hinterhand kommen.<br />

Der Galopp ist locker und bodendeckend.<br />

Inteneur<br />

<strong>Das</strong> <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong> <strong>Kaltblut</strong> verfügt über<br />

ein ruhiges und ausgeglichenes Tempera<br />

ment. Ein hoher Arbeitswille und eine große<br />

Zugkraft bei einem gutmütigen und freundli<br />

chen Charakter zeichnet dieses <strong>Kaltblut</strong>pferd<br />

aus. Er ist ausdauernd und ein guter Futterver<br />

werfer.<br />

Ein gut bemukelter <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>r <strong>Kaltblut</strong><br />

hengst mit einer Stute auf der Weide<br />

Allgemeines<br />

<strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong> Kaltblüter werden je nach<br />

Zuchtgebiet unterschiedlich bezeichnet, zum<br />

Beispiel Altmärker <strong>Kaltblut</strong>, wenn sie aus der<br />

Altmark stammen, Westfälisches <strong>Kaltblut</strong>,<br />

wenn sie in Westfalen gezüchtet wurden, und<br />

so weiter.<br />

Um das Zuchtziel zu erreichen sollte Reinzucht<br />

betrieben werden. Um jedoch rassespe<br />

zifische Merkmale zu verbessern und um eine<br />

möglichst breite genetische Vielfalt zu erhal<br />

ten, ist das Zuchtbuch des <strong>Rheinisch</strong>-Deut<br />

Ein Sechsspänner <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>r Kaltblüter vor<br />

der Kantine des Landgestüt Warendorf. in dem heute<br />

wieder viele Hengste der <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n Kaltblü<br />

ter aufgestellt sind<br />

schen <strong>Kaltblut</strong>pferdes offen. <strong>Das</strong> bedeutet,<br />

dass bestimmte Rassen zur Zucht eingesetzt<br />

werden dürfen. Zu den zugelassenen Rassen<br />

zählen seit 2001 der Ardenner aus den<br />

Ursprungsgebieten Belgien, Luxemburg,<br />

Frankreich (Cheval de Trait Ardennais), sowie<br />

Schweden (Svensk Ardenner), das belgische<br />

Zugpferd aus den Zuchtgebieten Belgien<br />

(Cheval de Trait BeIge und Belgisch Trek<br />

paard), Dänemark (Belgiske Hest) und Kana<br />

da, USA (Belgian Draught Horse), das nieder<br />

ländische Zugpferd (Het Nederlandse Trek<br />

paard) und die aus Frankreich stammenden<br />

Cheval Trait Auxois und Cheval de Trait du<br />

Nord. Seit 2004 muss jedes geborene Rhei<br />

nisch-<strong>Deutsche</strong> <strong>Kaltblut</strong> ein Elternteil der<br />

Rasse <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>s <strong>Kaltblut</strong> vorwei<br />

sen. Seit dem Körjahrgang 2010 sind nur noch<br />

Pferde zugelassen, deren Fremdblutanteil,<br />

errechnet aus den letzten vier Generationen,<br />

nicht mehr als 12,5 % beträgt. Diese Zahl wird<br />

ab dem Körjahrgang 2015 nochmals halbiert,<br />

so dass der Fremdblutanteil dann nur noch<br />

6,25 % betragen darf. Die oben erwähnten,<br />

speziell für die Zucht des <strong>Rheinisch</strong>-Deut<br />

schen <strong>Kaltblut</strong>s zugelassenen Rassen, gelten<br />

nicht als Fremdblut.<br />

Der Bestand der <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n Kalt<br />

blüter umfasste 2009 etwa 153 Hengste und<br />

um die 1348 eingetragene Stuten. Die meisten<br />

Hengste und Stuten sind im Bundesland<br />

Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen<br />

anzutreffen, während in Bayern kein einziges<br />

<strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>s <strong>Kaltblut</strong> eingetragen ist.<br />

Die Länder Brandenburg, Niedersachsen,<br />

Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-<br />

Anhalt und Thüringen fördern die Zucht des<br />

<strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n <strong>Kaltblut</strong>pferdes, das<br />

auf der roten Liste der gefährdeten einheimi<br />

schen Nutztierrassen in Kategorie III einge<br />

stuft ist und damit als gefährdet gilt.<br />

Heute werden die <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n Kalt<br />

blüter nicht mehr nur für die Arbeit vor dem<br />

Pflug oder Planwagen eingesetzt, sondern<br />

sind auch in den sportlichen Disziplinen des<br />

Fahrsports Dressur, Marathon und Hindernisfahren,<br />

der Reiterei und im sozialen Bereich<br />

anzutreffen.<br />

Text und Fotos: Elke Schulze<br />

Haben sich die <strong>Rheinisch</strong>-<strong>Deutsche</strong>n Kaltblü<br />

ter erst an den Trubel gewähnt, lassen sie sich<br />

auch von den Kölner Narren nicht aus der<br />

Ruhe bringen

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