Liebe Leserinnen und Leser - Autorenkreis Federfüchse

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02.01.2013 Aufrufe

Liebe Leserinnen und Leser mögen Sie Rosen? Als Kind mochte ich keine Rosen. Irgendein Märchen hatte mich dahingehend beeinflusst, dass ich sie für eingebildet, überheblich, hochnäsig hielt. Ich habe ja Hans-Christian Andersen in Verdacht, aber ich weiß es nicht mehr so genau. Noch beim Ta n z s t u n d e n - A b - schlussball verbat ich mir einen Rosenstrauß und bekam lieber Nelken. (Die sind wohl heute ganz aus der Mode.) Von einem späteren Ve r e h r e r bekam ich eine langstielige, dunkelrote Rose. Ihre Blütenblätter habe ich immerhin gepresst und als Buchzeichen verwendet. Als ich mein erstes kleines Gärtchen mit einem Häuschen mitmietete, schimpfte ich öfter über die Arbeit, die man mit den vorhandenen Rosen hatte. Man soll jeden verblühten Blütenkopf abschneiden, man muss sie generell im Herbst und im Frühling zurückschneiden und im Winter gegen den Frost warm einpacken Sie bekommen gern Mehltau, Rost oder Blattläuse, und sie haben Dornen (botanisch gesehen Stacheln), an denen man sich böse verletzen kann. Aber das war auch die Zeit, als mir auffiel, dass sie von Ende Mai an ununterbrochen blühen können. Wenn kein früher Frost kommt, bis in den Dezember hinein. Und wie sie duften … Einige Jahre und auch Rosensträuße später, als mein Mann und ich unser eigenes Haus bezogen, pflanzten wir eine rote Kletterrose, die wunderbar duftete und auch mehrmals blühte. Ebenso kleine Bodendeckerrosen mit herrlichem Lavendel dazwi- schen. Allerdings war die Kletterrose nicht gut gewählt, sie wollte höher hinaus als wir, wurde zurück geschnitten und kümmert inzwischen im immer größer gewordenen Baumschatten. Einfach ersetzen, geht nicht. Man müsste erstens die Erde erneuern, denn keine Rose will in der Erde der Vorgängerin wachsen (also immer noch eingebildet!), und zweitens bekäme auch sie zu wenig Licht. Denn Rosen sind Kinder der Sonne! Das wurde mir so richtig bei einem Toskanaurlaub bewusst. Wo die schönsten Strauchrosen am Ende jeder Weinreihe blühen. In den Höfen und an den Mauern wachsen und klettern wunderschöne Exemplare in den prächtigsten Farben. Aber alle haben mindesten einen halben Tag Sonne! Und unser Garten ist leider nicht so sonnig. Doch mein Interesse an dieser Blume ist erwacht, Geschmack kann sich ändern. Vielleicht sind Rosen auch erst etwas für reifere Jahrgänge? Wir werden im Sommer noch den 3 Rosengarten in Baden-Baden besuchen, wo man über die Vielfalt der Farben, Formen und Arten nur staunen kann. Und vielleicht finde ich doch noch die Rose, die wie geschaffen ist für unseren Garten. Die Farbe ist mir nicht mehr so wichtig, wobei ich insgeheim von einer Mehrfarbigen träume. Aber duften muss sie, und Dornen wird sie haben und gepflegt will sie sein. So sind die Rosen nun mal, dafür erfreuen sie unsere Augen, sind Symbol der Liebe, betören die Sinne, man kann die Blüten kulinarisch verwerten, und Rosenwasser und Rosenöl werden auch in der Medizin eingesetzt. Nicht zu vergessen die Vi t a m i n - C - r e i c h e n Hagebutten der Wi l d f o r m e n . Ganze Regionen leben vom Anbau der Rose, als Schnittblume, aber auch zur Herstellung der teuren Essenzen. Die Rose ist schon etwas Besonderes und wenn man das alles weiß, wirkt sie gar nicht mehr so überheblich (sie hätte allen Grund dazu). Und wieso ist das jetzt ein Vorwort der Goldenen Feder? Weil alle Autoren wieder Gedichte und Geschichten zu einem bunten Strauß gebunden haben. Einen Rosenstrauß, der sie erfreuen soll, der vielleicht auch ein paar Dornen hat, der Sie aber auf jeden Fall begleiten soll in den Herbst hinein, und der so lange hält, wie eine getrocknete Rose, mit der man den Sommer eine Weile festhalten kann. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Ihnen unsere Rosen gefallen mögen, Ihre Dina Gümperlein-Wandelt

<strong>Liebe</strong> <strong><strong>Leser</strong>innen</strong> <strong>und</strong> <strong>Leser</strong><br />

mögen Sie Rosen?<br />

Als Kind mochte ich keine<br />

Rosen. Irgendein Märchen hatte<br />

mich dahingehend beeinflusst,<br />

dass ich sie für eingebildet, überheblich,<br />

hochnäsig hielt. Ich habe<br />

ja Hans-Christian Andersen in<br />

Verdacht, aber ich weiß es nicht<br />

mehr so genau.<br />

Noch beim Ta n z s t u n d e n - A b -<br />

schlussball verbat ich mir einen<br />

Rosenstrauß <strong>und</strong> bekam lieber<br />

Nelken. (Die sind wohl heute<br />

ganz aus der Mode.)<br />

Von einem späteren Ve r e h r e r<br />

bekam ich eine langstielige, dunkelrote<br />

Rose. Ihre Blütenblätter<br />

habe ich immerhin gepresst <strong>und</strong><br />

als Buchzeichen verwendet.<br />

Als ich mein erstes kleines<br />

Gärtchen mit einem Häuschen<br />

mitmietete, schimpfte ich öfter<br />

über die Arbeit, die man mit den<br />

vorhandenen Rosen hatte. Man<br />

soll jeden verblühten Blütenkopf<br />

abschneiden, man muss sie generell<br />

im Herbst <strong>und</strong> im Frühling<br />

zurückschneiden <strong>und</strong> im Winter<br />

gegen den Frost warm einpacken<br />

Sie bekommen gern Mehltau,<br />

Rost oder Blattläuse, <strong>und</strong> sie<br />

haben Dornen (botanisch gesehen<br />

Stacheln), an denen man sich<br />

böse verletzen kann.<br />

Aber das war auch die Zeit, als<br />

mir auffiel, dass sie von Ende<br />

Mai an ununterbrochen blühen<br />

können. Wenn kein früher Frost<br />

kommt, bis in den Dezember hinein.<br />

Und wie sie duften …<br />

Einige Jahre <strong>und</strong> auch Rosensträuße<br />

später, als mein Mann<br />

<strong>und</strong> ich unser eigenes Haus bezogen,<br />

pflanzten wir eine rote<br />

Kletterrose, die w<strong>und</strong>erbar duftete<br />

<strong>und</strong> auch mehrmals blühte.<br />

Ebenso kleine Bodendeckerrosen<br />

mit herrlichem Lavendel dazwi-<br />

schen. Allerdings war die<br />

Kletterrose nicht gut gewählt, sie<br />

wollte höher hinaus als wir,<br />

wurde zurück geschnitten <strong>und</strong><br />

kümmert inzwischen im immer<br />

größer gewordenen Baumschatten.<br />

Einfach ersetzen, geht nicht.<br />

Man müsste erstens die Erde<br />

erneuern, denn keine Rose will in<br />

der Erde der Vorgängerin wachsen<br />

(also immer noch eingebildet!),<br />

<strong>und</strong> zweitens bekäme auch<br />

sie zu wenig Licht. Denn Rosen<br />

sind Kinder der Sonne! Das<br />

wurde mir so richtig bei einem<br />

Toskanaurlaub bewusst. Wo die<br />

schönsten Strauchrosen am Ende<br />

jeder Weinreihe blühen. In den<br />

Höfen <strong>und</strong> an den Mauern wachsen<br />

<strong>und</strong> klettern w<strong>und</strong>erschöne<br />

Exemplare in den prächtigsten<br />

Farben. Aber alle haben mindesten<br />

einen halben Tag Sonne!<br />

Und unser Garten ist leider nicht<br />

so sonnig. Doch mein Interesse<br />

an dieser Blume ist erwacht,<br />

Geschmack kann sich ändern.<br />

Vielleicht sind Rosen auch erst<br />

etwas für reifere Jahrgänge?<br />

Wir werden im Sommer noch den<br />

3<br />

Rosengarten in Baden-Baden<br />

besuchen, wo man über die<br />

Vielfalt der Farben, Formen <strong>und</strong><br />

Arten nur staunen kann. Und<br />

vielleicht finde ich doch noch die<br />

Rose, die wie geschaffen ist für<br />

unseren Garten. Die Farbe ist mir<br />

nicht mehr so wichtig, wobei ich<br />

insgeheim von einer Mehrfarbigen<br />

träume. Aber duften muss<br />

sie, <strong>und</strong> Dornen wird sie haben<br />

<strong>und</strong> gepflegt will sie sein. So sind<br />

die Rosen nun mal, dafür erfreuen<br />

sie unsere Augen, sind Symbol<br />

der <strong>Liebe</strong>, betören die Sinne, man<br />

kann die Blüten kulinarisch verwerten,<br />

<strong>und</strong> Rosenwasser <strong>und</strong><br />

Rosenöl werden auch in der<br />

Medizin eingesetzt. Nicht zu vergessen<br />

die Vi t a m i n - C - r e i c h e n<br />

Hagebutten der Wi l d f o r m e n .<br />

Ganze Regionen leben vom<br />

Anbau der Rose, als Schnittblume,<br />

aber auch zur Herstellung<br />

der teuren Essenzen.<br />

Die Rose ist schon etwas<br />

Besonderes <strong>und</strong> wenn man das<br />

alles weiß, wirkt sie gar nicht<br />

mehr so überheblich (sie hätte<br />

allen Gr<strong>und</strong> dazu).<br />

Und wieso ist das jetzt ein<br />

Vorwort der Goldenen Feder?<br />

Weil alle Autoren wieder<br />

Gedichte <strong>und</strong> Geschichten zu<br />

einem bunten Strauß geb<strong>und</strong>en<br />

haben. Einen Rosenstrauß, der<br />

sie erfreuen soll, der vielleicht<br />

auch ein paar Dornen hat, der Sie<br />

aber auf jeden Fall begleiten soll<br />

in den Herbst hinein, <strong>und</strong> der so<br />

lange hält, wie eine getrocknete<br />

Rose, mit der man den Sommer<br />

eine Weile festhalten kann.<br />

In diesem Sinne wünsche ich<br />

Ihnen, dass Ihnen unsere Rosen<br />

gefallen mögen,<br />

Ihre Dina Gümperlein-Wandelt


Aus dem Inhalt – Die goldene Feder 37<br />

<strong>Liebe</strong> <strong><strong>Leser</strong>innen</strong> <strong>und</strong> <strong>Leser</strong> . .3<br />

<strong>Liebe</strong>serklärung an die Stadt;<br />

L. Denk . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5<br />

Das Pilzgericht; L. Denk . . . . . 6<br />

Frage <strong>und</strong> Antwort; W. Essig . .7<br />

Du liebe Heimat mein;<br />

W. Essig . . . . . . . . . . . . . . . . . .7<br />

Heimat; W. Essig . . . . . . . . . . .8<br />

Der Schlummer der Alten;<br />

G. Ettlin . . . . . . . . . . . . . . . . . .8<br />

Der verloren Mensch;<br />

G. Ettlin . . . . . . . . . . . . . . . . . .8<br />

Landschaft im November;<br />

G. Ettlin . . . . . . . . . . . . . . . . . .9<br />

Endzeit - Ängste; G. Ettlin . . .9<br />

Die Beichte; G. Grob . . . . . .10<br />

Herbsttage; G. Grob . . . . . . .11<br />

Mein Weg; G. Grob . . . . . . . .12<br />

Falsche Pracht; G. Grob . . . . .12<br />

Die Mittagspause;<br />

D. Gümperlein-Wandelt . . . . .13<br />

Mein Fre<strong>und</strong> Caruso;<br />

B. Hanisch . . . . . . . . . . . . . . .14<br />

Alte Heimat; H. Kurowski . . .16<br />

In allen Dingen ist Dein Lied;<br />

H. Kurowski . . . . . . . . . . . . . .16<br />

Auf dem Weg zu Dir;<br />

H. Kurowski . . . . . . . . . . . . . .17<br />

Impressum:<br />

Redaktion <strong>und</strong> Herausgeber:<br />

Gisela Grob<br />

Walter-Rathenauer-Str. 25<br />

75180 Pforzheim<br />

Telefon 07231 73173<br />

Es könnte sein am Totensonntag;<br />

H. Kurowski . . . . . . . . . . . . . .17<br />

Tanzender Kreisel;<br />

H. Kurowski . . . . . . . . . . . . . .18<br />

Wasser; H. Kurowski . . . . . . .18<br />

Anna; I. Meyer . . . . . . . . . . . .19<br />

Freiheit; W. Mothes . . . . . . . .21<br />

Novemberregen; W. Mothes . .21<br />

Herbstspaziergang;<br />

W. Mothes . . . . . . . . . . . . . . . .22<br />

Novembertag; W. Mothes . . . .22<br />

Abschiedsfest des Sommers;<br />

W. Mothes . . . . . . . . . . . . . . . .23<br />

Lebensprofile;<br />

H.-J. M<strong>und</strong>inger . . . . . . . . . . .23<br />

Sonnenbad auf der Alm;<br />

H..-J. M<strong>und</strong>inger . . . . . . . . . .24<br />

Schöner Sommermorgen;<br />

H..-J. M<strong>und</strong>inger . . . . . . . . . .24<br />

Bergsommer;<br />

H.-J. M<strong>und</strong>inger . . . . . . . . . . .25<br />

Besinnliches; R. Presslauer . .25<br />

Der Orangenhändler;<br />

R. Presslauer . . . . . . . . . . . . .26<br />

Schicksal; R. Presslauer . . . . .26<br />

ED’ Wei’ les’ (Die Weinlese);<br />

A. Rau . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27<br />

Dina Gümperlein-Wandelt<br />

Beim Schloss 15<br />

75223 Niefern<br />

Telefon 07233 5776<br />

4<br />

Brief an Frau Rau;<br />

D. Schulte . . . . . . . . . . . . . . . .28<br />

Nachlese; A. Rau . . . . . . . . . .29<br />

Obervergesserin;<br />

K. Schlechter . . . . . . . . . . . . .30<br />

Ist das die <strong>Liebe</strong>?; I. Schmahl 31<br />

Gütermann, Hohner <strong>und</strong> Faber-<br />

Castell; K.-A. Schlechter . . . .32<br />

Der Weihnachtsmuffel;<br />

I. Schmahl . . . . . . . . . . . . . . .33<br />

Ein besonderer Dank;<br />

D. Schulte . . . . . . . . . . . . . . .34<br />

Träume sind Schäume;<br />

I. Schmahl . . . . . . . . . . . . . . .35<br />

Mein Vögelchen; D. Schulte .36<br />

Einige Kurzgedichte;<br />

P. Schürle . . . . . . . . . . . . . . . .37<br />

Das Notizbuch; P. Schürle . . .37<br />

In meinem Herzen; G. Ettlin .38<br />

<strong>Liebe</strong> im September;<br />

G. Ettlin . . . . . . . . . . . . . . . . .38<br />

Zur Robinson-Insel ... ;<br />

H. Zanker . . . . . . . . . . . . . . . .39<br />

Wir dürfen, Herr ... ;<br />

H. Zanker . . . . . . . . . . . . . . . .39<br />

Herbsttag; H. Zanker . . . . . . .40<br />

An diesem Platz ... ;<br />

H. Zanker . . . . . . . . . . . . . . . .40<br />

Hildegard Zanker<br />

Merkurstr. 6<br />

75417 Mühlacker<br />

Telefon 07042 4666<br />

C Alle Rechte vorbehalten. Für den eigenen Text zeichnet jeder Autor selbstverantwortlich, für den redaktionellen<br />

Teil Frau Gisela Grob. Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Artikel aus redaktionellen<br />

Gründen geringfügig zu überarbeiten <strong>und</strong> zu kürzen.


<strong>Liebe</strong>serklärung an eine Stadt<br />

Pforzheim, geliebte Vaterstadt, nach Tod bringender Bombennacht<br />

bist du schöner denn je zu neuer Blüte erwacht!<br />

Wer dich so verbrannt <strong>und</strong> gesch<strong>und</strong>en geseh‘n,<br />

glaubte nicht an dein glanzvolles Wiederersteh‘n.<br />

Du Tor zum Schwarzwald, von den Römern einst Porta genannt,<br />

bist durch deinen Schmuck in der ganzen Welt bekannt.<br />

Drei Flüsse eilen dir rauschend zu,<br />

erzählen von klappernden Mühlen im Schwarzwald, springenden Forellen <strong>und</strong> Waldesruh‘.<br />

Blick ich vom Wallberg hin über dich Dreitälerstadt, umrahmt von zauberhaft grünen Höh’n,<br />

juble ich frei <strong>und</strong> beglückt: Pforzheim du <strong>und</strong> deine Umgebung, wie seid ihr so schön!<br />

Blühende Hänge <strong>und</strong> geheimnisvoll rauschende Wälder laden zum Wandern uns ein.<br />

Du Fleckchen Erde, um sich zu erholen <strong>und</strong> glücklich zu sein.<br />

Wie Phönix aus der Asche hast du Goldstadt dich wieder aufgeschwungen,<br />

durch Umsicht <strong>und</strong> Fleiß deiner Bürger wieder Anseh’n <strong>und</strong> Geltung in der Welt errungen.<br />

Wir ehren die Toten jener Bombennacht, mögen sie schlafen in Ruh‘<br />

<strong>und</strong> du geliebtes Pforzheim, bleibe künftig von Kriegen verschont, blühe <strong>und</strong> gedeihe immerzu!<br />

Und suche ich Glanzlichter, die steh’n dir zu, weiß ich, du hast viele doch das schönste bist du!<br />

Deine Schmuckwelten erinnern an Tausend <strong>und</strong> Eine Nacht<br />

<strong>und</strong> jeder fühlt deutlich: Diese Kleinode haben bedeutende Künstler gemacht.<br />

Herz <strong>und</strong> Sinne rufen dir begeistert zu: Du an Glanz unerreichte Schmuckwelt,<br />

ein unvergleichliches Glanzlicht bist du!<br />

Ein weiteres Glanzlicht, das jedes Jahr auf’s Neue mein Herz erfreut,<br />

ist das Oechslefest, bekannt <strong>und</strong> beliebt weit <strong>und</strong> breit!<br />

Sitz‘ ich mit Fre<strong>und</strong>en in den Lauben <strong>und</strong> im Glase funkelt „Gold“ oder „Rubin“,<br />

singen wir frohe Lieder <strong>und</strong> geben uns gelöst diesen glücklichen St<strong>und</strong>en hin.<br />

Ein weiteres w<strong>und</strong>erschönes Glanzlicht fällt mir zum Abschied noch ein:<br />

fahre mit Fre<strong>und</strong>en oder der Liebsten<br />

von Bad Wildbad aus mit der Sommerbergbahn hinauf auf die Höh‘,<br />

genieße auf einer Wanderung ein Stück Schwarzwald <strong>und</strong> kehre in der Grünhütte ein!<br />

5


Mit etwas Glück kredenzt dir dort ein hübsches Schwarzwaldmädel<br />

geräucherte Forelle, Schwarzwälder- Schinken, duftendes Bauernbrot<br />

<strong>und</strong> herrlich m<strong>und</strong>enden Heidelbeerwein!<br />

Froh <strong>und</strong> beschwingt zurück wandern wird der Abschied vom Erlebten sein.<br />

Müde aber glücklich wirst du am Abend dann denken:<br />

Schön ist’s im Schwarzwald, er konnte so glückliche St<strong>und</strong>en, unvergessliche Glanzlichter<br />

uns schenken!<br />

Lore Denk<br />

Das Pilzgericht<br />

Als mein Patenkind Ute ein süßer Fratz war von vier,<br />

hing sie mit zärtlicher <strong>Liebe</strong> an mir.<br />

Man konnte zwei helle Kinderaugen strahlen seh’n,<br />

durfte sie mal am Wochenende mit Puppe <strong>und</strong> Köfferchen<br />

ausgestattet, zu Onkel <strong>und</strong> Tante geh’n.<br />

Jener Sommer war recht kühl <strong>und</strong> nass,<br />

doch ein w<strong>und</strong>erschöner Herbst bescherte <strong>und</strong> Pilze „en masse“!<br />

Zusammen mit Ute <strong>und</strong> ihren Eltern gingen wir Pilze<br />

suchen, der Korb war schnell voll.<br />

Klein-Ute jauchzte, sie fand „Pilzesammeln“ ganz toll.<br />

Als jedoch ihr Papa sagte: „Ute, Du <strong>und</strong> ich, wir zwei<br />

Essen heut‘ abend ein feines Pilzgericht!“,<br />

stand blankes Entsetzen in ihrem niedlichen Kindergesicht.<br />

„Sag Papa, sind die Pilze auch alle ganz echt?<br />

Ich hab‘ Angst sie sind giftig, dann sterben wir, aber<br />

vorher wird uns arg schlecht.<br />

Weißt Du was, Papa? Meine Tante Lore ist doch immer<br />

so lieb zu mir,<br />

schenk‘ doch einfach die ganzen Pilze ihr!“<br />

Lore Denk<br />

6


Frage <strong>und</strong> Antwort<br />

Ich fragte einen alten Mann,<br />

was er mir Schönes sagen kann.<br />

Aus so vielen Lebensjahren<br />

kann ich doch mancherlei erfahren.<br />

Er schaut mir zögernd ins Gesicht,<br />

viel sprechen aber wollt´ er nicht.<br />

Was wird ihm wohl am Herzen liegen,<br />

kann ich bald die Antwort kriegen?<br />

Lang blieben seine Lippen stumm,<br />

ich dachte mir: Warum, warum?<br />

Endlich kam´s aus ihm heraus:<br />

„Ich musst´ verlassen Hof <strong>und</strong> Haus.<br />

Mein Elternhaus, der eig´ne Herd<br />

war mir immer Goldes Wert.<br />

Man hat uns kurzerhand vertrieben,<br />

doch das Heimweh ist geblieben.“<br />

Als ich ins Gesicht ihm sah,<br />

war er seinen Tränen nah.<br />

Ich musst´ ihn schnellstens unterbrechen,<br />

er soll von etwas Schönem sprechen.<br />

Da sagt er mir: „Ich bin so froh,<br />

dass es dir geht nicht ebenso.<br />

Wenn immer du ein Fremdling bist,<br />

dann weißt du erst, was Heimat ist.“<br />

Er ging dann langsam <strong>und</strong> gebückt,<br />

ich war dankbar <strong>und</strong> beglückt,<br />

dass ich die allerschönste Gabe,<br />

meine Heimat um mich habe.<br />

Willy Essig<br />

7<br />

Du liebe Heimat mein<br />

Ich wäre in mir selbst verloren<br />

wie loses Blatt im rauen Wind.<br />

Gottlob, ich bin nicht so geboren<br />

wie manches heimatlose Kind.<br />

Heimat suchen <strong>und</strong> nicht finden<br />

was für eine Seelen-Not,<br />

nie könnt´ ich dieses überwinden,<br />

nein, dann wär´ ich lieber tot.<br />

Heimat, bist du zu beschreiben,<br />

du bist hier <strong>und</strong> da <strong>und</strong> dort,<br />

ein Zuhause <strong>und</strong> ein Bleiben<br />

gibt es ja an jedem Ort.<br />

Wo i c h bin, kann mich nichts kränken,<br />

Heimat, du bist um mich her,<br />

sie will sich mir selbst verschenken,<br />

Heimat mein, dich lieb´ ich sehr.<br />

Ist Geduld einmal zu üben,<br />

wenn es da <strong>und</strong> dort gebricht,<br />

Heimat, du bist mir geblieben,<br />

dankbar bleibt stets mein Gesicht.<br />

Sollte mich noch jemand fragen,<br />

was am meisten ich begehrt,<br />

dann will ich ihm eins nur sagen:<br />

Meine Heimat ist mir ein <strong>und</strong> alles wert.<br />

Willy Essig


H e i m a t<br />

Nichts kann mich mehr beglücken<br />

als du, oh liebe Heimat mein.<br />

Trotz mancher Last <strong>und</strong> Tücken<br />

lieb ich dich innig nur allein.<br />

Es kamen Jahre, Tag <strong>und</strong> St<strong>und</strong>en –<br />

zu dir zog es mich immer hin,<br />

mein Herz hat sich mit dir verb<strong>und</strong>en,<br />

wo ich auch steh <strong>und</strong> wo ich bin.<br />

Kann ich auch hier nicht bleiben<br />

nach dieses Lebens Auf <strong>und</strong> Ab,<br />

so will ich jetzt noch niederschreiben:<br />

Gebt mir all hier mein kühles Grab.<br />

Willy Essig<br />

Der verlorene Mensch<br />

Der Schlummer der Alten<br />

Dort wo alle Schlafe schlummern tief <strong>und</strong> warm,<br />

halten Leute ihren süssen Schlaf in ihrem Arm:<br />

Was da flaumig-flaumend träumt im Kissenweich,<br />

wird im alten Bett von Schlafes Glücke reich:<br />

Im Zaubermeer von Traumes unerforschter Tiefe<br />

ist`s, als ob des Himmels Paradies schon riefe!<br />

Georges Ettlin<br />

Ich will die süssen Freuden aller fernen Himmels-Sterne<br />

die uferlos in Gottes ewig Glücke schweben !<br />

Von ihrem Glücke könnten sie mir Träume geben,<br />

dann würde ich ein guter Glaubens-Mensch sein immer gerne!<br />

Wenn gramvoll ich zum golden-funkelnd` Sternenhimmel sehe,<br />

den Gr<strong>und</strong> für vieler Menschen ewig` Leid nicht kenne<br />

<strong>und</strong> mich in der Propheten Bibelwort verrenne,<br />

dann bleibt mir nur ein trostlos` Suchen in des Leidens Wehe!<br />

So denke ich mich als des reichen Gottes armes Kind,<br />

der dann mich gerne findet in den Sternen-Welten überall,<br />

wenn uns ertönt des letzten Engels laut` Posaunenschall:<br />

Getragen werde sanft von Gottes Geist wie Frühlingswind,<br />

nicht falle in des uferlosen Weltraums kalte Tiefe,<br />

so ewig in den Tod, als ob ich ewig schliefe!<br />

Georges Ettlin<br />

8


Landschaft im November<br />

Wo bald die fernen Hügel langsam grauen,<br />

im gellend` Farbenschrei noch Bäume stehen:<br />

Das feurig` Laub will mit dem Winde gehen,<br />

zum kalten Himmel steigen, in den blauen!<br />

Wo Krähen ihre Trauermessen halten,<br />

da hungert schon ein alter, müder Rabe<br />

<strong>und</strong> leiser wird sein Ruf zur heisren Klage:<br />

Er schweigt im ersten Schnee, dem grauen, kalten.<br />

Im Zwielicht purpurn blinkt der Rose Schlaf:<br />

Es knistert Nachts ein Frost, der Blumen tötet...<br />

So leer von Farben: Astern... kahl der Blumen-Stiel!<br />

Ein Kirchlein läutet leise, fromm <strong>und</strong> brav:<br />

Kein Engel schon die Weihnachtslieder flötet.<br />

Kein Vöglein singt von seinem letzten <strong>Liebe</strong>s-Spiel!<br />

Georges Ettlin<br />

Endzeit - Ängste<br />

Wenn ängstlich um das Wärzlein streicht<br />

des Kindleins kalte Lippe leicht,<br />

dann will es nicht von Mutter trinken,<br />

doch wills dem Tode heimlich winken...<br />

... Der längst schon um die Mutter schleicht!<br />

Es ist die letzte Zeit gekommen,<br />

wo bleich das kleinste Kind beklommen,<br />

aufs fromm-versprochne Ende wartet,<br />

von einer Welt, die ausgeartet!<br />

Georges Ettlin<br />

9


Die Beichte<br />

Es war an einem Abend im<br />

Mai, die Besucher der<br />

Maiandacht hatten die<br />

kleine, romantische Dorfkirche<br />

alle verlassen, bis auf vier oder<br />

fünf stille Beter, die noch zur<br />

Beichte gehen wollten. Die letzten<br />

Strahlen der Abendsonne fielen<br />

durch die Buntglasfenster <strong>und</strong><br />

tauchten den Kirchenraum in ein<br />

mystisches Licht.<br />

Das dornengekrönte Haupt der<br />

Christusfigur über dem A l t a r<br />

wurde von einem goldenen<br />

Glorienschein umspielt <strong>und</strong> wirkte<br />

verklärt.<br />

Der Pfarrer der Kirche, Gerhard<br />

Willems, kam aus der Sakristei<br />

<strong>und</strong> schritt auf den Beichtstuhl<br />

zu, in welchem er die Beichte der<br />

reuigen Sünder abzunehmen<br />

pflegte.<br />

Als der letzte Gläubige gegangen<br />

<strong>und</strong> der Pfarrer gerade im Begriff<br />

war, den Beichtstuhl zu verlassen,<br />

löste sich aus dem Dunkel<br />

des hinteren Kirchenraumes eine<br />

Gestalt <strong>und</strong> lief mit schnellen<br />

Schritten auf den Beichtstuhl zu.<br />

Der Pfarrer ging wieder zurück<br />

<strong>und</strong> setzte sich. Da kniete der<br />

späte Gast, nur durch das Gitter<br />

getrennt, bereits vor dem Priester<br />

nieder. Der Mann begann stokkend,<br />

man merkte, dass er schon<br />

viele Jahre nicht mehr gebeichtet<br />

haben musste. Die Stimme des<br />

Sünders kam dem Priester<br />

i rgendwie bekannt vor <strong>und</strong> er<br />

erschrak, als der Unbekannte ihm<br />

gestand, einen Mord begangen zu<br />

haben. Als der Pfarrer Einzelheiten<br />

erfahren wollte <strong>und</strong> näher an<br />

das trennende Gitter heranging,<br />

um das Gesicht seines Gegenübers<br />

besser sehen zu können<br />

erbleichte er.<br />

Es bestand kein Zweifel, vor ihm<br />

saß sein Todfeind, zwanzig Jahre<br />

älter inzwischen, aber er erkannte<br />

ihn.<br />

Seine Gedanken überschlugen<br />

sich <strong>und</strong> Bilder aus der<br />

Vergangenheit nahmen vor seinem<br />

geistigen Auge wieder<br />

Gestalt an.<br />

Vor zwanzig Jahren waren sie die<br />

besten Fre<strong>und</strong>e. Beide studierten<br />

sie an derselben Universität, er,<br />

Gerhard Willems, Theologie <strong>und</strong><br />

sein Fre<strong>und</strong> Holger Medizin.<br />

Hier lernten sie auch Irina kennen,<br />

eine hübsche Musikstudentin<br />

<strong>und</strong> beide verliebten sich in<br />

sie. Lange Zeit waren sie alle drei<br />

unzertrennlich, aber irgendwann<br />

musste sich Irina entscheiden <strong>und</strong><br />

sie entschied sich für den Fre<strong>und</strong>.<br />

Er selber war darüber sehr traurig<br />

<strong>und</strong> neidete dem Fre<strong>und</strong> das<br />

Glück.<br />

Als die beiden sich verlobten,<br />

lehnte er das Angebot Trauzeuge<br />

bei der Hochzeit zu sein, brüsk<br />

ab, aber in ihm reifte ein hässlicher<br />

Plan.<br />

Diese Hochzeit durfte nicht stattfinden,<br />

er musste die Braut vorher<br />

für sich gewinnen, ungeachtet<br />

dessen, dass er vorhatte Priester<br />

zu werden.<br />

Die Gelegenheit ergab sich bald.<br />

Bei der Geburtstagsfeier eines<br />

gemeinsamen Fre<strong>und</strong>es begegneten<br />

die drei sich wieder.<br />

Während der Feier wurde es<br />

einem der Gäste schlecht <strong>und</strong><br />

Holger als einziger anwesender<br />

Mediziner war gefragt. Weil er<br />

einen Herzinfarkt vermutete, fuhr<br />

er den Patienten sofort in die<br />

nächste Klinik. Da sah Gerhard<br />

Willems seine St<strong>und</strong>e für gekommen.<br />

Der Zufall spielte ihm in die<br />

Hände. Er schüttete wie unbeabsichtigt<br />

ein Glas Rotwein Irina<br />

1 0<br />

ü b e r’s Kleid <strong>und</strong> in ihrer<br />

Verzweiflung bat sie ihn, sie nach<br />

Hause zu fahren, um sich umzuziehen.<br />

Er fühlte ein Triumphgefühl<br />

aufwallen, das er nur mühsam<br />

beherrschen konnte.<br />

“Aber selbstverständlich fahre<br />

ich dich”, sagte er <strong>und</strong> arglos<br />

folgte sie ihm zu seinem Wagen.<br />

Er entschuldigte sich wiederholte<br />

Male wortreich für sein angebliches<br />

Missgeschick <strong>und</strong> sagte:<br />

“Die Reinigungskosten übernehme<br />

ich natürlich!” Irina war<br />

dankbar, dass er sich so spontan<br />

angeboten hatte. In ihrer Wohnung<br />

angekommen zog sie das<br />

beschmutzte Kleid aus <strong>und</strong> nahm<br />

ein anderes aus dem Schrank.<br />

In diesem Moment war es um<br />

seine Beherrschung geschehen.<br />

Er fasste sie um die Taille, hob<br />

sie hoch <strong>und</strong> warf sie auf das<br />

Bett. Irina war fassungslos. Im<br />

ersten Moment dachte sie noch<br />

an einen Scherz, als er aber<br />

anfing, ihr die Wäsche vom Leib<br />

zu reißen <strong>und</strong> sie wie von Sinnen<br />

küsste wusste sie, dass es blutiger<br />

Ernst war. Sie wehrte sich mit<br />

aller Kraft, die ihr zu Gebote<br />

stand, aber das musste ihn noch<br />

mehr gereizt haben. Mit eisernem<br />

Griff hielt er sie fest <strong>und</strong> die zierliche<br />

Irina kam gegen diesen<br />

Vulkanausbruch nicht mehr an.<br />

Ihre Kräfte erlahmten immer<br />

mehr <strong>und</strong> so geschah, was niemals<br />

hätte geschehen dürfen.<br />

Irina weinte verzweifelt, doch er<br />

sagte zu ihr: “Ach, hab’ d i c h<br />

doch nicht so, das war ja sicher<br />

nicht das erste Mal!” Da schrie<br />

sie in ihrer Wut: “Du Schwein, du<br />

miserables Schwein, mach, dass<br />

du verschwindest, oder ich rufe<br />

die Polizei.” Er lachte nur höhnisch,<br />

ging eiskalt weg, ohne sich


noch einmal umzudrehen <strong>und</strong><br />

ließ sie in ihrem Dilemma allein<br />

zurück. Sie erzählte schluchzend<br />

ihrem Verlobten den Vorfall <strong>und</strong><br />

dieser schwor, den Schuft umzubringen.<br />

Einige Zeit später stellte Irina<br />

fest, dass sie schwanger war <strong>und</strong><br />

sie wusste genau von wem.<br />

So konnte sie mit Holger nicht<br />

vor den Altar treten, das konnte<br />

sie ihm auf keinen Fall zumuten.<br />

So nahm sie all ihren Mut zusammen<br />

<strong>und</strong> ging zu dem ungetreuen<br />

Fre<strong>und</strong>. Sie erklärte ihm: “Ich<br />

bekomme ein Kind von dir, jetzt<br />

musst du mich eben heiraten!”<br />

Er aber schrie sie wütend an:<br />

“Glaubst du, ich lasse mir von dir<br />

meine Karriere ruinieren, nein,<br />

niemals, da musst du schon selbst<br />

sehen wie du klar kommst. Und<br />

außerdem, woher weiß ich denn,<br />

dass es mein Kind ist?”<br />

Da wandte Irina sich angeekelt<br />

ab <strong>und</strong> ging still fort.<br />

Holger fiel es schwer, sich mit<br />

der bestehenden Situation abzufinden<br />

<strong>und</strong> sagte Irina, er brauche<br />

etwas Zeit, um die Sache zu verdauen.<br />

H e r b s t t a g e<br />

Nun färbt sich gelb das Gras der Wiesen,<br />

ein dürrer Blätterreigen weht herab,<br />

<strong>und</strong> schwere Tropfen sich ergießen,<br />

bereitend jedem Blatt sein nasses Gras.<br />

Aus Talesgr<strong>und</strong> die Schatten geistern<br />

<strong>und</strong> spuken durch das knisternde Gehölz,<br />

das ächzend sich ergibt den Meistern,<br />

zerberstend schon im Abgang des Gerölls.<br />

Sie verstand <strong>und</strong> als sie keinen<br />

Ausweg mehr sah, nahm sie eine<br />

tödliche Dosis Tabletten ein. Als<br />

man sie fand war es leider schon<br />

zu spät.<br />

So hatte dieser angehende<br />

Priester drei Menschen unglücklich<br />

gemacht.<br />

Holger zerfleischte sich mit<br />

Selbstvorwürfen <strong>und</strong> schwor dem<br />

einstigen Fre<strong>und</strong> blutige Rache.<br />

Dieser war, als er sich der<br />

Tragweite seiner schäbigen<br />

Handlungsweise bewusst wurde,<br />

im Ausland untergetaucht <strong>und</strong><br />

Holger hatte nie wieder etwas<br />

von ihm gehört, bis er vor einigen<br />

Tagen durch Zufall erfahren<br />

hatte, dass hier in diesem Dorf<br />

ein Pfarrer Gerhard Willems die<br />

Gemeinde betreute. Das musste<br />

der Verhasste sein. Zur Gewissheit<br />

wurde es ihm, als er ihm im<br />

Beichtstuhl gegenüber saß.<br />

Welche geheuchelte Scheinheiligkeit<br />

diesen Menschen doch<br />

auszeichnen musste, dass er<br />

anderen ihre Sünden vergab <strong>und</strong><br />

selbst die größte Schuld noch<br />

ungesühnt mit sich herumtrug.<br />

Holger fühlte in seiner Jacken-<br />

1 1<br />

tasche das kalte Metall seiner<br />

Pistole <strong>und</strong> er sagte noch zu seinem<br />

einstigen Rivalen: “Du<br />

weißt, wer ich bin, ich habe dich<br />

lange gesucht. Du hast mein ganzes<br />

Leben zerstört, jetzt ist deine<br />

St<strong>und</strong>e gekommen, falscher<br />

Priester. Bete für deine schwarze<br />

Seele ein letztes Va t e r u n s e r,<br />

bevor du vor deinen Richter<br />

trittst!”<br />

Er nahm die Pistole aus seiner<br />

Tasche <strong>und</strong> richtete sie auf das<br />

Herz des Pfarrers, doch ehe er<br />

abdrücken konnte, sank dieser in<br />

sich zusammen <strong>und</strong> rührte sich<br />

nicht mehr. Ein Hirnschlag hatte<br />

seinem Leben ein Ende gesetzt<br />

<strong>und</strong> den ehemaligen Fre<strong>und</strong> vor<br />

einem wirklichen Mord bewahrt.<br />

Holger ging leise, wie er gekommen<br />

war, aus der Kirche <strong>und</strong><br />

seine Schritte verloren sich im<br />

Dunkel der Nacht. �<br />

Gisela Grob<br />

Am Firmament, das drohend düstert,<br />

da stehen steif mit bleiernem Geleucht<br />

vereinzelt Sterne wie ein Lüster,<br />

den man vergessen hat, zu säubern feucht.<br />

Der Sturm heult seine garst'gen Lieder,<br />

wo gestern noch ein froher Walzer klang,<br />

er mäht den Sommer wütend nieder<br />

<strong>und</strong> lässt zurück die Erde, sterbensbang.<br />

Gisela Grob


Falsche Pracht<br />

Mein Weg<br />

Die Jugend schaut mich an aus allen Ecken,<br />

mein strahlend Bildnis von dereinst, es ist.<br />

Ich hab' gelebt, geliebt <strong>und</strong> auch gelitten,<br />

ich habe von dem Kelch getrunken, nichts verpasst,<br />

mit Lust <strong>und</strong> Leid hab' ich gar oft gestritten,<br />

verschiedenste Gefühle war'n bei mir zu Gast.<br />

Jetzt ist's genug, nun, da mein Weg am Ende, verblasst,<br />

doch will es immer noch Erinn'rung wecken<br />

<strong>und</strong> ist mir längst schon, selbst im Traume, nur Ballast<br />

blick ich zurück, kein Trauern, keine Reu mich fasst,<br />

der Weg war gut, dankbar falt' ich die Hände<br />

<strong>und</strong> wandre weiter bis zu meiner letzten Rast.<br />

Gisela Grob<br />

Glitzerblütenglanz als Poesie<br />

kann uns das Gemüt erregen,<br />

dass das Auge wähnt – mit Phantasie –<br />

sich in Lenzluft zu bewegen.<br />

Doch ist alles dies nur eitel Schein,<br />

Winters Prunk will uns betrügen,<br />

dass wir ohne große Seelenpein<br />

uns in seine Herrschaft fügen.<br />

Seht, wie alles gleißt <strong>und</strong> fünkelt,<br />

wenn die Sonne falsche Blüten küsst,<br />

dass der Tag zu frühe dunkelt<br />

wird vom Winter hämisch nur begrüßt.<br />

1 2<br />

Doch die Eisrevue, sie endet,<br />

<strong>und</strong> mag sie noch so lange dauern,<br />

Frühling heimlich Boten sendet,<br />

die ihren Start bereits belauern.<br />

So hat alles seine Zeit–<br />

Frühling, Sommer, Herbst <strong>und</strong> Winter,<br />

denn bei der Beständigkeit<br />

steht der ew'ge Gott dahinter!<br />

Gisela Grob


Die Mittagspause<br />

Der Himmel waberte milchig<br />

blau <strong>und</strong> heiß über der<br />

Stadt. Der Straßenlärm<br />

drang gedämpft durch die sommermüden<br />

Zweige der alten A h o r n -<br />

<strong>und</strong> Lindenbäume im Park.<br />

Gilfende Schwalben jagten pfeilschnell<br />

über den Bäumen nach<br />

Mücken, alle anderen Vögel hielten<br />

Siesta. Der Spielplatz lag um<br />

diese heiße Zeit verlassen da, nur<br />

Mittagspäusler dösten auf den<br />

Bänken im Schatten der Bäume.<br />

Ein paar ganz Sonnenhungrige<br />

rekelten sich im flirrenden Sonnenschein<br />

auf der Liegewiese. Britta<br />

Odenthal hatte ihre Sandalen ausgezogen,<br />

die Hosenbeine hochgekrempelt<br />

<strong>und</strong> ließ ihre Beine ins<br />

kühle Wasser des Springbrunnens<br />

baumeln. Sie saß auf dem Rand des<br />

großen, rechteckigen Wa s s e r b e c -<br />

kens, in dessen Mitte über steinerne<br />

Quader das Wasser plätscherte.<br />

Britta schloss die Augen vor den<br />

blendenden Lichtreflexen im flachen<br />

Wa s s e r, lauschte dem spritzenden<br />

Gluckern, versuchte von<br />

einem traumhaften Wasserfall<br />

i rgendwo auf einer fernen Insel zu<br />

träumen. Sie wollte nicht mehr an<br />

die viel zu kurze Mittagspause denken,<br />

an den Tratsch der Kolleginnen,<br />

an die Laune des Chefs. Nur<br />

abschalten <strong>und</strong> genießen. Schlimm<br />

genug, dass man an einem Tag wie<br />

heute arbeiten musste.<br />

Graublaue Tauben ruckelten unruhig<br />

über die Wege, das grelle<br />

Sonnenlicht brach sich violett <strong>und</strong><br />

türkis aufleuchtend in ihrem<br />

G e f i e d e r. Braun gescheckte Spatzen<br />

zankten sich laut tschilpend<br />

über ein Stück Brötchen. Britta<br />

erhob sich in aller Ruhe, schnappte<br />

ihre Sandalen <strong>und</strong> genoss unbeschwert<br />

den Sommertag, indem sie<br />

wie ein Kind über den Brunnen-<br />

rand balancierte. Gelegentlich<br />

tauchte sie die Zehen ins Wa s s e r<br />

<strong>und</strong> bespritzte die vorwitzigen<br />

Tauben damit. Ein Radfahrer kam<br />

gemütlich des Weges, wich geschickt<br />

den Spatzen aus <strong>und</strong> starrte<br />

dann durch kreisr<strong>und</strong>e Studentenbrillengläser<br />

zu Britta herüber. Sie<br />

tat so, als bemerke sie es nicht, sah<br />

angestrengt nach der Taube <strong>und</strong><br />

bewegte sich doch noch etwas<br />

koketter auf dem Brunnenrand.<br />

Das Fahrrad rollte weiter, kam nur<br />

leicht vom Weg ab. Der junge<br />

Mann starrte weiter, bemerkte<br />

nichts. Plötzlich gab es ein<br />

scheusslich schepperndes „Peng"!<br />

- Unerwarteterweise hatte da ein<br />

Papierkorb im Weg gestanden <strong>und</strong><br />

das Fahrrad abrupt ausgebremst.<br />

Der Radler flog in hohem Bogen<br />

über die Lenkstange zu Boden.<br />

Das Fahrrad legte sich klappernd<br />

daneben. – Und Britta? Britta<br />

konnte sich beim Anblick des eleganten<br />

Fliegers ein lautes Lachen<br />

nicht verkneifen, verlor dadurch<br />

aber die Balance. Alles wilde<br />

Rudern mit den Armen in der Luft<br />

half nichts, sie geriet aus dem<br />

Gleichgewicht <strong>und</strong> kippte ins spritzende<br />

Wa s s e r. Prustend <strong>und</strong> nass<br />

von den Zehen bis zu den kurzen<br />

Haaren kämpfte sich Britta aus<br />

dem Brunnen heraus. Jetzt war es<br />

an dem gestürzten Radfahrer zu<br />

lachen. „Aber sonst ist Ihnen nichts<br />

passiert!", fauchte Britta, wobei ihr<br />

das Wasser am ganzen Körper<br />

herab lief <strong>und</strong> auf dem Boden klei-<br />

1 3<br />

ne Pfützen bildete.<br />

„Nö, es ist noch alles dran!", feixte<br />

der <strong>und</strong> erhob sich. Am Fahrrad<br />

allerdings fehlte manches, <strong>und</strong> das<br />

Vorderrad zierte eine krumme<br />

Acht. „Geh'n wir zu dir oder zu<br />

mir?", kam die überraschende<br />

Frage des Radlers, nachdem er<br />

seine Blessuren untersucht hatte.<br />

Britta blickte ihn noch erboster an.<br />

Am liebsten wäre sie davongelaufen.<br />

Das musste zu komisch aussehen,<br />

pudelnass, eine Tropfspur hinter<br />

sich zurücklassend ...<br />

„Quatsch! Nicht was du denkst!<br />

Ich brauche ein Pflaster <strong>und</strong> du ein<br />

Handtuch! – Wer von uns beiden<br />

wohnt näher?" „Unmöglich",<br />

stammelte Britta. „Ich wohne<br />

außerhalb!" „Na, dann komm mit!<br />

Ich wohne gleich um die Ecke ...",<br />

er blinzelte frech hinter seiner heil<br />

gebliebenen Brille <strong>und</strong> begann die<br />

Fahrradteile einzusammeln.<br />

„Das geht doch nicht!“, kam es<br />

immer noch unwillig über Brittas<br />

Lippen. Bluse <strong>und</strong> Hose klebten an<br />

ihrem Körper. Vielleicht könnte sie<br />

ja in der Sonne trocknen? Aber bis<br />

dahin hätte sie schon längst wieder<br />

hinter ihrem Schreibtisch sitzen<br />

m ü s s e n .<br />

„Ich heiße übrigens Stephan“,<br />

meinte der Radler <strong>und</strong> schulterte<br />

sein demoliertes Rad. Er sah gut<br />

aus, sportlich. Und nachdem die<br />

Schadenfreude aus seinem Gesicht<br />

gewichen war, blieb ein warmes<br />

Lächeln zurück.<br />

„Britta!“. Sie schüttelte sich, wie<br />

ein nasser H<strong>und</strong>. Also gut, der Ta g<br />

war gelaufen. Sie müsste sowieso<br />

im Büro um einen halben Ta g<br />

Urlaub nachfragen. Den könnte sie<br />

doch auch gleich mit Stephan verbringen<br />

… �<br />

Dina Gümperlein-Wa n d e l t


Mein Fre<strong>und</strong> Caruso<br />

Meine Tage als Single wurden<br />

immer trister <strong>und</strong><br />

langweiliger. Meine<br />

Fre<strong>und</strong>in schlug mir deshalb vor.<br />

„Kauf dir einen H<strong>und</strong>, dann bist du<br />

nicht so allein <strong>und</strong> lernst vielleicht<br />

auch einen netten Mann kennen.“<br />

Ich hielt das für eine gute Idee,<br />

denn auch ich war oft stehen<br />

geblieben <strong>und</strong> habe mit den<br />

H<strong>und</strong>ehaltern ein Gespräch<br />

geführt, wenn sie ein süßes<br />

Hündchen an der Leine spazieren<br />

führten. Nach mehrtägigen Erwägungen,<br />

ob ein H<strong>und</strong> auch wirklich<br />

das Richtige für mich ist, ging<br />

ich kurz entschlossen in ein Ti e rh<br />

e i m .<br />

Ein süßer kleiner weißer Mischling,<br />

ein halbes Jahr alt, gefiel mit<br />

besonders gut. Er drückte seine<br />

kleine Nase durch die Gitterstäbe<br />

<strong>und</strong> sah mich mit seinen<br />

Kulleraugen so treuherzig an, als<br />

wolle er sagen. „Nimm mich mit,<br />

bitte, bitte!“<br />

Ich informierte mich bei der<br />

Leiterin des Tierheims ob der<br />

Welpe schon Stubenrein ist <strong>und</strong><br />

wollte auch wissen ob er schon<br />

einen Vorbesitzer hatte oder ob er<br />

im Tierheim zur Welt gekommen<br />

w a r. So erfuhr ich, dass der kleine<br />

Kerl in einer Mülltonne gef<strong>und</strong>en<br />

wurde. Sofort erweckte er meine<br />

ganze Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Sympathie<br />

<strong>und</strong> ich entschloss mich ihn<br />

gleich mitzunehmen.<br />

Nach Erledigung der Formalitäten,<br />

kaufte ich einen H<strong>und</strong>ekorb <strong>und</strong><br />

eine Leine <strong>und</strong> ging angeleint mit<br />

Caruso, so wollte ich ihn nennen,<br />

nach Hause.<br />

Als meine Fre<strong>und</strong>in Lisa Caruso<br />

sah, war sie von dem kleinen Kerl<br />

begeistert, obwohl sie größere<br />

H<strong>und</strong> liebte.<br />

„ Wenn du mit diesem H<strong>und</strong> spa-<br />

zieren gehst bleibt jeder stehen <strong>und</strong><br />

will ihn streicheln“, sagte sie <strong>und</strong><br />

nahm den kleinen Welpen auf den<br />

Arm <strong>und</strong> streichelte sein weiches<br />

Fell.<br />

„Komm, lass uns spazieren gehen<br />

<strong>und</strong> testen wie der kleine Kerl bei<br />

den Leuten ankommt“, lachte sie<br />

spitzbübisch <strong>und</strong> nicht ohne Hint<br />

e rg e d a n k e n .<br />

In der Tat wurde Caruso sofort<br />

beachtet <strong>und</strong> von Kindern gestreichelt,<br />

die auch immer schon so<br />

einen süßen H<strong>und</strong> haben wollten.<br />

Auch ältere Damen blieben stehen<br />

<strong>und</strong> tätschelten sein Fell.<br />

In den nächsten Tagen machte ich<br />

viele Bekanntschaften. Leider war<br />

kein Mann darunter, außer meinem<br />

Nachbarn, der mich eingehend<br />

über die neue Kotverordnung <strong>und</strong><br />

den Leinenzwang unterrichtete.<br />

Ich zeigte ihm auch gleich zu seiner<br />

Beruhigung einige Plastikbeutel,<br />

die ich mir vorsichtshalber in<br />

die Tasche gesteckt hatte.<br />

Nach einigen Tagen rief ich Lisa an<br />

<strong>und</strong> berichtete ihr, dass mich bis<br />

jetzt nur uninteressante Männer<br />

angesprochen hatten. „Das braucht<br />

eben seine Zeit“, sagte sie. „Du<br />

darfst nur nicht aufgeben.“<br />

Caruso wurde immer größer. Er<br />

war jetzt kein Streichelobjekt<br />

m e h r. Er hatte sich zu einem stattlichen<br />

Rüden entwickelt.<br />

Und dann passierte es. Als ich<br />

eines Tages mit Caruso im Park<br />

spazieren ging, kam mir ein gutaussehender<br />

Mann auf seinem<br />

Fahrrad entgegen. Ich hoffte er<br />

würde vor mir anhalten <strong>und</strong> Caruso<br />

streicheln, aber ohne zu bremsen<br />

fuhr er an mir vorbei <strong>und</strong> Caruso<br />

lief bellend hinter ihm her. Mir<br />

blieb fast das Herz stehen, als ich<br />

sah, wie Caruso nach seiner Hose<br />

schnappte.<br />

1 4<br />

„Rufen Sie Ihren verdammten<br />

H<strong>und</strong> zurück“, rief der Radfahrer<br />

w ü t e n d .<br />

„Bleiben Sie stehen, dann hört er<br />

auf“, schrie ich zurück. Der Mann<br />

hielt das Rad an <strong>und</strong> das direkt vor<br />

einem Schild, auf dem stand,<br />

„H<strong>und</strong>e sind an der Leine zu führen.“<br />

„Haben Sie das nicht gelesen“,<br />

fragte er ärgerlich <strong>und</strong> schaute auf<br />

seine Hose, an der man die<br />

Bisseinkerbungen von Carusos<br />

Zähnen sah.<br />

Mir war das sehr peinlich <strong>und</strong> ich<br />

stellte mich hochaufgerichtet vor<br />

Caruso, zeigte mit dem Zeigefinger<br />

auf den Boden <strong>und</strong> rief im<br />

Befehlston: „Sitz!“ Was Caruso<br />

auch sofort befolgte. Ich wollte mir<br />

den Schaden an der Hose des<br />

Radlers näher ansehen, da erschien<br />

ein Lächeln auf seinem markanten<br />

Gesicht. „So schlimm ist das auch<br />

wieder nicht“, wehrte er mit der<br />

Hand ab, „aber Sie sollten Ihren<br />

H<strong>und</strong> besser erziehen“, sagte er<br />

<strong>und</strong> fuhr kopfschüttelnd weiter.<br />

Als ich Lisa von meiner Begegnung<br />

mit meinem Traummann<br />

erzählte, meinte sie, ich solle professionelle<br />

Hilfe in Anspruch nehmen.<br />

Es geht doch nicht, dass dein<br />

H<strong>und</strong> alle gutaussehende Männer<br />

v e r s c h e u c h t .<br />

Ich grübelte darüber nach, warum<br />

Caruso sich auf den Mann gestürzt<br />

hatte. Das hatte er noch nie getan.<br />

Vielleicht hatte er in ihm den<br />

Traummann für mich erkannt.<br />

H<strong>und</strong>e haben manchmal den siebten<br />

Sinn, sagt ein Sprichwort.<br />

Einige Tage später sah ich den<br />

Typen wieder, diesmal mit einer<br />

bildschönen jungen Frau. Ich<br />

musste mir eingestehen, dass ich<br />

gegen diese Frau keine Chance<br />

hatte. Das soll wohl nicht sein,


dachte ich betrübt <strong>und</strong> ärgerte<br />

mich, dass Caruso mir eine große<br />

Enttäuschung beschert hatte.<br />

Der Fremde hatte recht, es musste<br />

etwas mit Carusos Erziehung passieren.<br />

Er tanzte mir in letzter Zeit<br />

derart auf der Nase herum, dass ich<br />

unbedingt etwas dagegen unternehmen<br />

musste. Ich suchte nach<br />

einer H<strong>und</strong>eschule, dort sollte man<br />

Caruso Benehmen beibringen. A m<br />

H<strong>und</strong>eplatz entdeckte ich die junge<br />

Frau, die ich mit meinem Tr a u m -<br />

mann gesehen hatte. Ihre H<strong>und</strong>edame<br />

Sina beherrschte das Fuß bei<br />

Fuß Gehen viel besser als Caruso,<br />

der immer das tat, was er gerade<br />

wollte. Ich bew<strong>und</strong>erte den Gehorsam<br />

ihres H<strong>und</strong>es <strong>und</strong> kam so<br />

mit ihr ins Gespräch <strong>und</strong> erfuhr,<br />

dass Sina nicht ihr H<strong>und</strong> ist, sondern<br />

der ihres Bruders. Ihr Bruder<br />

ging sonst immer mit Sina zum<br />

H<strong>und</strong>eplatz, aber an diesem Ta g<br />

hatte er keine Zeit.<br />

Als ich mich vor der H<strong>und</strong>eschule<br />

noch über die Erziehung der<br />

H<strong>und</strong>elehrerin mit Sinas Frauchen<br />

unterhielt, kam ein Wagen angefahren<br />

<strong>und</strong> hielt vor uns an <strong>und</strong><br />

mein Traummann stieg aus.<br />

„Da ist ja der Hosenbeißer“, sagte<br />

1 5<br />

er <strong>und</strong> gab mir die Hand. „Ich bin<br />

der Herbert.“ Er schaute lächelnd<br />

auf die H<strong>und</strong>e, die sich balgten <strong>und</strong><br />

jagten. „Die Beiden mögen sich“,<br />

sagte er lächelnd <strong>und</strong> schaute mir<br />

tief in die Augen, als wollte er<br />

sagen: „Und wir? Mögen wir uns<br />

a u c h ? “<br />

Am Abend rief ich Lisa an <strong>und</strong><br />

erzählte ihr von dem Ereignis <strong>und</strong><br />

bedankte mich bei ihr für die beste<br />

Idee des Jahres, einen H<strong>und</strong> zu<br />

kaufen. �<br />

Brigitte Hanisch


Alte Heimat<br />

Alte Heimat, du gleichst Säulen<br />

mir vom Lebensf<strong>und</strong>ament<br />

<strong>und</strong> ich muss manchmal schon heulen<br />

wenn die Sehnsucht nach dir brennt.<br />

Deine Hügel, deine Täler,<br />

deine Wälder sind mir Quell,<br />

sind für Träume mir Erzähler,<br />

leuchten mir wie Sterne hell!<br />

Manchmal kann ich dich besuchen,<br />

atme tief der Wiege Luft<br />

<strong>und</strong> sie schmeckt wie süßer Kuchen,<br />

riecht wie feinster Rosenduft!<br />

Laufe froh gelaunt auf Pfaden,<br />

die ich schon als Kind betrat<br />

<strong>und</strong> ich fühle ein Entladen<br />

schwerer Sorgen in der Tat!<br />

In allen Dingen ist Dein Lied<br />

In allen Dingen ist Dein Sein,<br />

in allen, selbst im harten Stein,<br />

in allen, die man froh beschaut,<br />

in allen, denen man nicht traut!<br />

In allem zeigt sich Deine Macht!<br />

In den Gedanken, die gedacht,<br />

ja selbst für unser Rad der Zeit<br />

bist Du das Licht der Ewigkeit!<br />

1 6<br />

Und mein ganzes inn‘res Wollen<br />

lenkt mich stark nach Wüstenrot,<br />

Wellingtonien, Silberstollen,<br />

Wald im grünsten Angebot!<br />

Muss mein Dorf Neulautern sehen,<br />

wand‘re bis nach Spiegelberg,<br />

fühl‘ den Wind in Haaren wehen,<br />

der mich streichelte als Zwerg.<br />

Dann vom Juxkopf, sehr weit droben,<br />

gleitet weit mein Blick im Kreis,<br />

muss das Dörfchen Nassach loben,<br />

das als Paradies ich preis!<br />

Alte Heimat, dein Pulsieren,<br />

gibt verlor‘ne Kraft zurück,<br />

Lebensmut darf ich verspüren,<br />

du schenkst immer wieder Glück!<br />

Helga Kurowski<br />

Auf alle Dinge strahlt dies Licht,<br />

auf Trauer <strong>und</strong> auf Zuversicht.<br />

In allem was noch kommt <strong>und</strong> ist,<br />

lebst Du die Wahrheit, die Du bist!<br />

Aus allen Dingen tönt Dein Lied<br />

aus allem was mit uns geschieht,<br />

Dein Dasein zeigt sich immerzu,<br />

in allen Dingen, Gott bist Du!<br />

Helga Kurowski


Auf dem Weg zu Dir<br />

In den Löchern piepsen Mäuse,<br />

Nebel wird vom Fluss geschickt<br />

<strong>und</strong> ich spür‘ durchs Uhrgehäuse<br />

wie am Arm der Zeiger tickt.<br />

Hastig laufen meine Schritte,<br />

weit erscheint der Weg zu Dir,<br />

denn ein Schrei aus Waldes Mitte<br />

weckt die größte Angst in mir.<br />

Plötzlich ahne ich auf Wiesen<br />

vor mir grimmig Geister stehen<br />

<strong>und</strong> ich rieche Tannenriesen,<br />

die nach mir die Nadeln drehen.<br />

Schneller rennen meine Beine,<br />

Wasser dringt in beide Schuh‘<br />

<strong>und</strong> Gespenster, wie ich meine,<br />

drücken mir die Kehle zu.<br />

Endlich spürt mein Sprung die Platten<br />

von dem Weg zum Gartentor<br />

<strong>und</strong> Dein Haus wirft fre<strong>und</strong>lich Schatten<br />

durch die Stahlstaketen vor.<br />

Da entspannen sich die Glieder,<br />

Ängste sind hinweg im Nu.<br />

In mich kehrt die Ruhe wieder,<br />

auf den Stufen wartest Du.<br />

Hier in Deinen Arm genommen<br />

glänzt mein Himmel sternbestickt.<br />

Freude ist in mich gekommen,<br />

wo der Fluss durch Schleier blickt.<br />

Helga Kurowski<br />

1 7<br />

Es könnte sein ...<br />

am Totensonntag<br />

Ach, was werden die wohl denken,<br />

denen wir Beachtung schenken,<br />

jene, die wir viel beweinen,<br />

jene, die wir tot längst meinen?<br />

Könnte sein, dass wir den Seelen,<br />

selber dann auch wirklich fehlen,<br />

dort wo wir durch Reihen gehen,<br />

<strong>und</strong> selbst tot an Gräbern stehen.<br />

Könnte sein, dass sie betrauern<br />

uns, die unten sehnend kauern,<br />

da sie längst in Zeiten schweben,<br />

wo sie nimmer quält das Leben.<br />

Könnte sein, sie senden Blätter,<br />

aus dem Reich der ewig' Retter<br />

<strong>und</strong> mit jenem Bunten werben:<br />

Nehmt nicht tragisch jedes Sterben.<br />

Könnte sein, dass dieses Bunte<br />

uns auch gibt die helle K<strong>und</strong>e,<br />

dort wo stehn in Reih‘n die Steine:<br />

Keine Seele ist alleine!<br />

Könnte sein wo wir mit Schmerzen<br />

trauernd zünden unsre Kerzen,<br />

sie uns trösten leis im Wind,<br />

da sie uns im Herzen sind!<br />

Helga Kurowski


Tanzende Kreisel<br />

Wir Menschen sind seltsam geworden.<br />

Wir messen in Währung das Leid.<br />

Wir schauen mit Blicken, die morden<br />

<strong>und</strong> handeln noch kälter als Norden,<br />

zu tragen ein sonniges Kleid.<br />

Wir haften am Wissen vom Lernen<br />

<strong>und</strong> tauschen oft Glauben dafür.<br />

Wir fliegen zur Lösung zu Sternen,<br />

wobei wir den Zauber entfernen<br />

<strong>und</strong> töten was wächst vor der Tür.<br />

Es zeigen die Winkel der Münder<br />

bei Tränen der <strong>Liebe</strong> schon Spott.<br />

Wir prahlen wir leben gesünder,<br />

doch sind wir der Unheile Gründer<br />

<strong>und</strong> bauen der Welt ein Schafott!<br />

So sind wir wohl tanzende Kreisel,<br />

die strebsam nach außen sich drehn.<br />

Im Spiegel des Seins eine Geißel,<br />

das Schicksal mit Hammer <strong>und</strong> Meißel,<br />

bis wir von uns selber einst stehn ...<br />

Helga Kurowski<br />

1 8<br />

W a s s e r<br />

Das Wasser ist für alle wichtig,<br />

ist allen Daseins Lebensschiff,<br />

wir steuern's oft mit losem Griff<br />

nur knapp vorbei am schwarzen Riff,<br />

das von selbst im Fahrtweg stand,<br />

als hätt' der Schnitter freie Hand!<br />

Drum bitte nutzt das Schifflein richtig,<br />

<strong>und</strong> lenkt es auf dem Tropfenmeer<br />

bedacht <strong>und</strong> sorgsam hin <strong>und</strong> her,<br />

denn rammen wir das Riff aus Teer,<br />

so schwemmt's uns sterbend an den Strand,<br />

mit Endlosblick auf totes Land!<br />

Helga Kurowski


Anna<br />

Dienstag, 18.45 Uhr<br />

Anna kommt erschöpft vom<br />

Altersheim nach Hause.<br />

Mit einem Seufzen lässt<br />

sie die Tür laut ins Schloss fallen.<br />

Da klirrt es in der Küche. A n n a<br />

verdreht entnervt die Augen. Das<br />

kann nur Paul sein! Paul ist so<br />

schusselig! Mit schnellem Schritt<br />

reißt sie die Tür zur Küche auf.<br />

Dort kniet ihr Mann auf dem<br />

Boden <strong>und</strong> liest die Scherben einer<br />

Keramikschüssel zusammen. „Das<br />

kann doch wohl nicht wahr sein!“<br />

poltert Anna los. „Da kommt man<br />

total schlapp von der Arbeit, die<br />

Füße, das Kreuz, einfach alles tut<br />

weh, <strong>und</strong> der gnädige Herr ist zu<br />

schwach um eine Schüssel zu halten!“<br />

„Es tut mir so leid, Schätzchen,<br />

es kommt nicht wieder vor. “<br />

Mit gesenktem Blick steht er vor<br />

ihr wie ein begossener Pudel. „Es<br />

kommt nicht wieder vor…“ äff t<br />

sie ihn mit erhobener Stimme nach<br />

„ wie oft muss ich diesen Satz von<br />

dir hören? Kannst du nicht mal auf<br />

mich Rücksicht nehmen? Nein,<br />

der Herr ist ja selber so empfindlich.“<br />

Annas Gesicht ist puterrot<br />

angelaufen von ihrem Geschrei.<br />

Paul zieht den Kopf ein, er scheint<br />

gar keinen Hals mehr zu haben.<br />

Ich halte das nicht mehr aus, denkt<br />

e r, ich muss von ihr weg. Wa r u m<br />

habe ich nicht den Mut dazu!<br />

Nichts kann ich ihr recht machen.<br />

M o rgen, ja morgen verschwinde<br />

ich wenn sie bei der Arbeit ist. „…<br />

Termin gemacht?“ Anna schaut<br />

ihn fragend an. Verdammt ich habe<br />

ihr nicht zugehört. Sie stemmt die<br />

Hände energisch in die Hüften.<br />

„Ich habe dich etwas gefragt!“<br />

schreit sie. Paul weicht einen<br />

Schritt zurück. Verdammt, was hat<br />

sie wohl gefragt? Sie wird toben<br />

wenn ich nicht gleich antworte.<br />

Paul hebt den Kopf <strong>und</strong> erblickt<br />

Josef. Seinen geliebten Te d d y, den<br />

er schon seit seiner Kindheit<br />

besitzt. Josef sitzt in der<br />

Küchenvitrine <strong>und</strong> lächelt. Der<br />

Anblick beruhigt Paul immer,<br />

auch jetzt. „Ähm, den Te r m i n … “<br />

„Ja, den Termin beim Friseur. “<br />

Jetzt schreit sie ihm direkt ins Ohr.<br />

„Oh ja, ich habe einen Termin für<br />

dich vereinbart, am Donnerstag<br />

um halb zehn.“ „Um halb zehn?“<br />

Anna packt ihn an den Schultern,<br />

sie ist wahrhaft kräftiger als er <strong>und</strong><br />

er sackt durch den Druck noch ein<br />

bisschen mehr zusammen. „Wa s<br />

soll ich dann mit dem Tag anfangen,<br />

wenn ich mittendrin zum<br />

Friseur geh? Vorher lohnt sich<br />

nichts <strong>und</strong> wenn ich zurück bin<br />

kann ich mich dann mit dem<br />

Kochen beeilen. Du denkt aber<br />

auch gar nichts! Ruf morgen noch<br />

mal an <strong>und</strong> mach einen früheren<br />

Termin.“ Anna lässt ihn los <strong>und</strong><br />

geht ins Wo h n z i m m e r. Sie lässt<br />

sich in einen Sessel fallen <strong>und</strong><br />

blättert in der Fernsehzeitung. Paul<br />

linst zu ihr <strong>und</strong> fragt zaghaft:<br />

„Kann ich dir etwas zu trinken<br />

bringen?“ Anna nickt ohne aufzuschauen.<br />

„Tee oder Wa s s e r ? “<br />

„ Tee!“ mehr antwortet sie nicht.<br />

Paul schließt leise die Tür <strong>und</strong> ist<br />

erleichtert jetzt allein in der Küche<br />

zu sein. Er atmet erst einmal tief<br />

durch. Dann setzt er das Te e w a s s e r<br />

auf. Dabei fällt sein Blick wieder<br />

auf Josef, den Te d d y. Ach Josef,<br />

was du dir hier jeden Tag anschauen<br />

musst. Er öffnet die Vitrine <strong>und</strong><br />

streichelt dem Teddy über den<br />

Bauch. Dein Lächeln <strong>und</strong> deine<br />

inneren Werte halten mich am<br />

Leben. Er stupst ihn leicht an.<br />

M o rgen suchen wir zwei uns ein<br />

neues Zuhause. „Das darf doch<br />

1 9<br />

nicht wahr sein!“ Paul zuckt<br />

zusammen. Anna ist leise eingetreten.<br />

Schnell zieht er die Hand<br />

zurück <strong>und</strong> schließt die Vi t r i n e .<br />

„Du mit deinem blöden Te d d y. Ein<br />

erwachsener Mann hängt an einem<br />

S t o ff t i e r, wahrscheinlich liebst du<br />

ihn mehr als mich.“ „Das stimmt<br />

nicht, das weißt du doch.“ Doch<br />

Anna ist schon wieder im<br />

Wohnzimmer verschw<strong>und</strong>en. Paul<br />

atmet erleichtert durch.<br />

Fünf Minuten später kommt Paul<br />

mit einer Tasse Tee <strong>und</strong> einer<br />

Zuckerdose ins Wo h n z i m m e r. Er<br />

stellt den Tee vor Anna ab, geht<br />

zum Kamin um Feuerholz nachzulegen,<br />

Anna liebt Kaminfeuer <strong>und</strong><br />

heute will er sie nicht noch mehr<br />

v e r ä rgern. „Ich geh eben mal raus<br />

<strong>und</strong> hol noch Feuerholz.“ A n n a<br />

reagiert nicht. Paul geht hinaus<br />

<strong>und</strong> sucht aus dem Holzstapel ein<br />

paar geeignete Scheite heraus. Da<br />

fällt sein Blick auf die Zigarettenschachtel,<br />

die er dort versteckt hat.<br />

Wie gerne würde er jetzt eine rauchen,<br />

ob er es wagen sollte. Er<br />

schaut zum Küchenfenster hinauf.<br />

Er sieht Annas Schatten, gerade<br />

beugt sie sich zum Fenster. <strong>Liebe</strong>r<br />

nicht, sie würde es ohnehin riechen<br />

<strong>und</strong> gerade heute wollte er sie<br />

nicht provozieren. Nicht heute.<br />

Beschwingt geht er zurück ins<br />

Haus. Anna schaut ihm zu wie er<br />

das Holz neben dem Kamin aufbaut.<br />

„Schau mal, hier ist der neue<br />

B M W, das wäre ein Ding, was<br />

glaubst du wie die Kollegen im<br />

Altenheim glotzen würden, wenn<br />

ich mit so einem heißen Teil vorfahren<br />

würde.“ Anna grinst<br />

genüsslich. Jetzt kommt gleich<br />

wieder die alte Leier: Wieso wirst<br />

du nicht befördert? Du hast keinen<br />

E h rgeiz. Wir könnten uns viel<br />

mehr leisten, wenn du nicht so ein


Duckmäuser wärst. Doch nichts<br />

von alledem kommt. Anna schaut<br />

Paul zu <strong>und</strong> meint: „Was meinst<br />

du? Was würde so ein Te i l<br />

kosten?“ Anna sieht ihn seltsam<br />

an, eine Mischung aus Neugier<br />

<strong>und</strong> Belustigung. „Aber so sehr<br />

liebst du mich ja nicht, dass du so<br />

viel für mich sparen würdest, für<br />

deinen Teddy vielleicht.“ Sie steht<br />

auf <strong>und</strong> geht in die Küche. Als sie<br />

zurück kommt setzt Pauls Herz für<br />

einen Schlag aus. Sie hat Josef im<br />

Arm <strong>und</strong> streichelt seinen dicken<br />

Bauch. „Hier ist dein Liebling, wir<br />

sollten ihn nicht so allein in der<br />

Küche sitzen lassen, komm wir<br />

setzen ihn zwischen uns auf die<br />

Couch.“ Sie lässt sich auf die<br />

Couch plumpsen <strong>und</strong> setzt den<br />

Teddy neben sich. Was soll das<br />

Getue jetzt? Was geht hier vor? Ist<br />

sie ernsthaft auf Josef eifersüchtig<br />

oder vermutet sie etwas? Unvermittelt<br />

packt Anna Josef an einem<br />

Ohr <strong>und</strong> schleudert ihn in Pauls<br />

Richtung. Paul reagiert schnell<br />

<strong>und</strong> kann gerade noch verhindern<br />

dass Josef im Feuer landet. Dabei<br />

versengt er sich am Ellbogen, vor<br />

Schmerz zieht Paul scharf die Luft<br />

ein. „Ob du für mich wohl auch<br />

solche Schmerzen riskieren würdest?“<br />

„Was denkst du Schatz, du<br />

bist mir viel mehr wert als dieser<br />

alte Teddy!“ versichert Paul im<br />

Brustton der Überzeugung. A n n a<br />

springt von der Couch auf <strong>und</strong> ist<br />

mit ein paar Schritten bei Paul. „Ist<br />

das wirklich so? Dein Teddy ist dir<br />

nicht so viel wert wie ich?“ „Wa s<br />

redest du da, Anna, das ist nur ein<br />

S t o fftier nichts weiter.“ „Paul,<br />

wem willst du etwas vormachen,<br />

du liebst dieses Stofftier als sei es<br />

dein Kind.“ „So ein Quatsch, jetzt<br />

übertreibst du aber maßlos!“ Um<br />

seinen Worten Nachdruck zu verleihen<br />

wirft Paul den Teddy zu<br />

Boden. Anna hebt ihn schnell auf.<br />

„ Wenn das wirklich so ist, wirst du<br />

doch sicher auch ohne ihn aus-<br />

kommen.“ Sie schaut den Te d d y<br />

an, dann Paul <strong>und</strong> wirft den Te d d y<br />

ins Kaminfeuer. „Nein!“ schreit<br />

Paul verzweifelt, doch das<br />

S t o fftier hat bereits gänzlich Feuer<br />

gefangen <strong>und</strong> ist nicht mehr zu retten.<br />

Paul kniet vor dem Kamin <strong>und</strong><br />

beginnt schluchzend zu weinen.<br />

Anna geht zurück zur Couch <strong>und</strong><br />

verdreht genervt die Augen. „Wa s<br />

bist du nur für ein Weichei, plärrt<br />

hier rum, wie ein Waschweib, weil<br />

sein Teddy kaputt ist. Werd endlich<br />

erwachsen!“<br />

Drei St<strong>und</strong>en zuvor<br />

Paul kommt aufgeregt nach<br />

Hause. Er hat den Gewinn aus der<br />

Pferdewette in bar ausbezahlen<br />

lassen. Jetzt liegen vor ihm 50.000<br />

Euro in 500er-Scheinen. Noch nie<br />

im Leben hat er so viel Geld besessen.<br />

Was könnte er damit anfangen,<br />

ein neues Leben? Ohne<br />

Anna? Wieso schafft er es nicht sie<br />

einfach zu verlassen? Sie haben<br />

keine Kinder, kein eigenes Haus,<br />

nichts was ihn hält. Sie hat recht,<br />

er ist einfach zu weich, zu<br />

schwach um diesen Wunsch in die<br />

Tat umzusetzen. Aber jetzt, mit<br />

50.000 Euro hätte er ein kleines<br />

Startkapital. Wie wäre es mit<br />

Norwegen? Davon hatte er schon<br />

immer geträumt. In Norwegen<br />

würde er schnell Arbeit finden <strong>und</strong><br />

mit dem Geld könnte er sich ein<br />

kleines Häuschen einrichten. Doch<br />

wohin damit? Unter die Matratze<br />

ist ein alter Hut. In der We r k s t a t t<br />

findet sich bestimmt ein gutes<br />

Plätzchen. Schnell läuft Paul mit<br />

dem Geldbündel hinaus.<br />

In der Werkstatt sieht er sich um.<br />

Nein, Armin, der Nachbar, holt<br />

sich oft etwas aus der We r k s t a t t<br />

auch wenn Paul nicht da ist, er<br />

könnte es versehendlich entdekken.<br />

Also, zurück ins Haus. Im<br />

Schlafzimmer? Nein, Paul könnte<br />

kein Auge zutun wenn er weiß<br />

dass hier irgendwo das Geld liegt<br />

2 0<br />

<strong>und</strong> Anna würde es ihm anmerken.<br />

Küche, Wo h n z i m m e r, Bad! Überall<br />

ist Anna, überall kramt sie<br />

herum. Plötzlich erscheint ein<br />

breites Lächeln auf Pauls Gesicht.<br />

Jetzt weiß er wo Anna nicht<br />

suchen würde, ein Gegenstand den<br />

Anna verachtet. Paul holt ein<br />

K ü c h e n m e s s e r, öffnet die Vi t r i n e<br />

<strong>und</strong> legt Josef vor sich auf den<br />

Küchentisch. Während er mit dem<br />

Messer Josefs Bauch aufschlitzt,<br />

denkt er daran wie sehr er ab heute<br />

Josefs innere Werte zu Schätzen<br />

w ü s s t e .<br />

Freitag, 13.00 Uhr<br />

Im Schwesternzimmer sitzen Rita,<br />

Hartmut <strong>und</strong> Achim <strong>und</strong> genießen<br />

ihre Mittagspause. „Gleich kommt<br />

Anna.“ Bemerkt Rita. Betretenes<br />

Schweigen stellt sich ein. „Hast du<br />

mit ihr schon über Paul gesprochen?“<br />

fragt Achim. „Nein, ich<br />

weiß nicht wie sie auf sein Ve rschwinden<br />

reagiert hat.“ Hartmut<br />

schaut verwirrt von einem zum<br />

Anderen, er ist noch neu auf der<br />

Station. „Weißt du,“ beginnt Rita<br />

zu erklären „Annas Mann Paul hat<br />

sie vorgestern verlassen, er ist einfach<br />

so ausgezogen, hat nur einen<br />

K o ffer gepackt, einen Zettel auf<br />

den Küchentisch gelegt <strong>und</strong> ist<br />

einfach weg, ohne eine Adresse zu<br />

hinterlassen.“ „Das hätte ich Paul<br />

gar nicht zugetraut, ich glaube er<br />

stand bei Anna ganz schön unterm<br />

P a n t o ffel.“ Sagt Achim. „Anna hat<br />

das auch verdient, so wie sie ihn<br />

behandelt hat.“ „Sie wird sicher<br />

ganz schön geknickt sein.“ Meint<br />

Rita traurig.<br />

Wrooom! Ein lautes Brummen<br />

<strong>und</strong> quietschende Reifen sind vom<br />

Parkplatz zu hören. Alle laufen<br />

zum Fenster. Auf dem Parkplatz<br />

steht ein nagelneuer roter BMW.<br />

Die Tür öffnet sich <strong>und</strong> A n n a<br />

steigt aus. Mit triumphierendem<br />

Blick schaut sie um sich <strong>und</strong> entdeckt<br />

ihre Kollegen am Fenster.


Da staunt ihr was? Mit erhobenem<br />

Kopf geht sie zum Eingang.<br />

Lächelnd erinnert sie sich, wie sie<br />

am Dienstag aus dem Küchenfenster<br />

blickte um nachzusehen ob<br />

Paul wieder rauchte. Als sie gerade<br />

wieder ins Wohnzimmer zurück<br />

F r e i h e i t<br />

Es ist Winter,<br />

einsamer alter Mann.<br />

Schneeweiß ist dein Haar,<br />

doch dein Verstand noch ganz klar.<br />

Du weißt, dass man die Vergangenheit<br />

nicht zurückholen kann.<br />

Mit feuchten Augen, schaust du zurück.<br />

wollte fiel ihr irgendetwas auf.<br />

Etwas war anders als sonst. Wa s<br />

war es nur! Hatte Paul das<br />

Geschirr in der Vitrine umgeräumt?<br />

Fehlte etwas? Da fiel es ihr<br />

ins Auge: Der geliebte Josef mit<br />

seinen inneren Werten hatte ein<br />

Du hast damals gesucht in der Freiheit dein Glück.<br />

Hast Herzen gebrochen,<br />

Gefühle verletzt.<br />

Du hast die <strong>Liebe</strong> durch die Freiheit ersetzt.<br />

Es ist Winter,<br />

du einsamer alter Mann.<br />

Wie schön wäre jetzt Freiheit,<br />

die man zu zweit im Winter genießen kann.<br />

Wiltrud Mothes<br />

2 1<br />

dickes Bäuchlein bekommen. Mit<br />

einem lauten Lachen holte A n n a<br />

das Küchenmesser aus der<br />

Schublade. �<br />

Ingrid Meyer<br />

N o v e m b e r r e g e n<br />

Nebel verhangen<br />

Düster die Stimmung<br />

Kälte unter der Haut<br />

M e l a n c h o l i e<br />

K e r z e n s c h e i n<br />

Behagliche Wärme<br />

Ein heißer Tee<br />

Zärtliche Musik im Hintergr<strong>und</strong><br />

G e m ü t l i c h k e i t<br />

Wiltrud Mothes


H e r b s t s p a z i e r g a n g<br />

Raschelndes Laub zu meinen Füßen,<br />

lässt mich heiter wie ein Kind den Herbst begrüßen.<br />

Ein Blätterdach so herrlich bunt.<br />

Mit fröhlichem Lächeln auf dem M<strong>und</strong>,<br />

ist mein Blick gen Himmel gerichtet,<br />

wo ich noch helle Sonnenstrahlen gesichtet.<br />

Ganz sanft wärmt die Sonne noch mein Gesicht.<br />

Das Nahen der Kälte, noch ahnt man sie nicht.<br />

Ein leichter Windhauch,<br />

ich spüre ihn kaum,<br />

federleicht, tänzelnd, fallen schon bunte Blätter vom Baum.<br />

Es ist Zeit,<br />

die Natur ist bereit.<br />

Kräftiger Sturm wird bald den Wald zerzausen.<br />

Wer wagt sich da noch gerne nach Draußen?<br />

Kein Blatt hält mehr diesem Winde stand<br />

<strong>und</strong> eisiger Frost zieht übers Land.<br />

Der Wald ruht sich aus!<br />

Doch im Frühling wird die Natur neu erwachen.<br />

Die Sonne sie wird uns wieder lachen,<br />

mit frischem Grün die Bäume schmücken.<br />

Ein Spaziergang im Wald wird uns von neuem beglücken.<br />

Wiltrud Mothes<br />

2 2<br />

N o v e m b e r t a g<br />

Nebelschleier grau <strong>und</strong> dicht,<br />

nimmt er dem Tag das Sonnenlicht.<br />

Sehnsucht lässt die Seele frieren.<br />

In Träumen sich verlieren.<br />

Kerzenlicht mit sanftem Schein<br />

Gemütlichkeit kehrt in die Seele ein.<br />

Tagträume, sie berühren,<br />

lassen wohlig Wärme spüren.<br />

Wiltud Mothes


Abschiedsfest des Sommers<br />

Heute zeigt der Sommer sich noch mal,<br />

wie ein w<strong>und</strong>erschönes Bild,<br />

umrahmt von goldnen Sonnenstrahlen.<br />

Ein Maler könnte so nicht schöner malen.<br />

Das lichte Blau des Himmels,<br />

betupft mit kleinen Schäfchenwölkchen, leicht <strong>und</strong> weiß.<br />

Die Sonne scheint noch mal so richtig heiß.<br />

Mein Garten, sein allerschönstes Kleid<br />

hat er sich angelegt.<br />

Trägt eine bunte Kette,<br />

aus Dahlien, Astern,<br />

den letzten Sommerrosen.<br />

Sie blühen um die Wette.<br />

Zum Abschiedsfest bereit,<br />

stehen Wald <strong>und</strong> Wiese.<br />

Reichlich ist ihr Tisch gedeckt,<br />

die Freud am Essen ist geweckt.<br />

Sie laden ein, zu duftenden Pilzen,<br />

roten Äpfeln, süßen Beeren,<br />

zu Pflaumen, im allerschönsten Blau.<br />

Mit allen Sinnen möcht ich es verzehren.<br />

Mit Wehmut weiß ich ganz genau,<br />

dieser Festtag, neigt sich seinem Ende.<br />

Der nahe Herbst, nicht immer ist er grau in grau.<br />

Auch er hat Künstlerhände.<br />

Wiltrud Mothes<br />

2 3<br />

L e b e n s p r o f i l e<br />

Was ist denn los – mit unserer Zeit<br />

meint – man kommt so nicht mehr weit<br />

verkehrte Welt – nichts stimmt mehr<br />

ein Normalbürger – hat es da schwer.<br />

Wünscht sich – eine Freude am Leben<br />

locker weiter – nur aufwärts streben<br />

ohne Bedenken – schaut nicht zurück<br />

einfach so – vertraut auf das Glück.<br />

Dem Absurden zum Trotz – viel wagen<br />

wichtig – Kopf <strong>und</strong> Nase hoch tragen<br />

dank Fleiß – hat jetzt genügend Rubel<br />

stürzt sich so – in den Lebenstrubel.<br />

Genießt vieles – lässt Korken knallen<br />

große Party – Kleiderhüllen fallen<br />

doch zu viel des Guten – ist schlecht<br />

wird dabei abhängig – wie ein Knecht.<br />

Hans-Jürgen M<strong>und</strong>inger


Sonnenbad auf der Alm<br />

Die Nacht zu Ende – der Tag zeigt Licht<br />

ein Wanderer unterwegs – die Wolken dicht<br />

schaut mit wachen Augen – auf zum Himmel<br />

geht leise – hört fernes Glockengebimmel.<br />

Nahe der Alm – Kühe unterwegs in Wiesen<br />

verstreut – wo kleinste Bächlein fließen<br />

Zeit vergeht – die Wolken werden lichter<br />

die Sonne strahlt – hat viele Gesichter.<br />

Geöffnet die Wirtschaft – wird bald laut<br />

wurde auch wärmer – angenehm für die Haut<br />

unterwegs ist auch da – eine junge Frau<br />

mag aber mehr die Ruhe – nicht ein Radau.<br />

Wandert immer höher – bis zu den Kiefern<br />

wo lange Nadeln – feinste Düfte liefern<br />

die hübsche Maid – sich rasch ausgezogen<br />

liegt da auf dem Gras – im Lichterbogen.<br />

Verbringt so die Zeit – unter den Bäumen<br />

bekommt nicht genug – von schönen Träumen<br />

nicht vergessen – auf die Uhr zu sehen<br />

muss nun leider – wieder heimwärts gehen.<br />

Hans-Jürgen M<strong>und</strong>inger<br />

2 4<br />

Schöner Sommermorgen<br />

Es leuchtet so goldig – die Morgensonne<br />

Tau tropft – weiter in eine Regentonne<br />

ist eine Hummel unterwegs – ein Brummer<br />

fliegt in mein Zimmer – so ein dummer.<br />

Dreht im Zimmer – seine große R<strong>und</strong>en<br />

gefällt mir nicht – gebe zu unumw<strong>und</strong>en<br />

der Brummer – vielleicht ihm schlecht<br />

macht nun eine Rast – sein gutes Recht.<br />

Hat dann den Blumenstrauß – angeflogen<br />

da den guten Nektar – voll aufgesogen<br />

winde müde meinen Körper – aus dem Bett<br />

finde dieses Flugzeug – gar nicht nett.<br />

Halte dann das Fenster – nun weit offen<br />

lässt mich – auf den Hummelabgang hoffen<br />

schöner Kerl – flieg raus zu den Bäumen<br />

mag wieder im Bett – schön weiterträumen.<br />

Hans-Jürgen M<strong>und</strong>inger


B e r g s o m m e r<br />

Auf schmalen Pfaden unterwegs – in aller Frühe<br />

bei dem Aufstieg wird belohnt – die ganze Mühe<br />

über der Baumgrenze – nur w<strong>und</strong>erbare Ausblicke<br />

Ein Sonnenaufgang – unvergessliche Augenblicke.<br />

Herrliche Ruhe – angenehme Stimmung verbreitet<br />

mit innerem Frieden – auf langem Weg begleitet<br />

auf dem hohen Gipfel – fast den Himmel berühr<br />

tief eingeatmet – die Kraft der Berge verspür.<br />

Hoch oben in steilen Felsen – klettern Gämsen<br />

nicht gestört vom hellen Wetzen – der Sensen<br />

den guten Duft vom frischen Heu – in der Nase<br />

ruhen sich aus die müden Wanderer – im Grase.<br />

Rast bei der kleinen Heuhütte – ganz verträumt<br />

von einem dunkelgrünen Kiefernwald – umsäumt<br />

wohin der Blick auch geht – viele W<strong>und</strong>er sieht<br />

im Himmelsblau – ein Dohlenpaar vorüber zieht.<br />

Hans-Jürgen M<strong>und</strong>inger<br />

B e s i n n l i c h e s<br />

Sage mir, was ist des Lebens Sinn?<br />

Die Tage kommen <strong>und</strong> ziehen dahin.<br />

Der Morgen beginnt mit des Tages Last,<br />

Du fragst Dich: Woher nehme ich die Kraft,<br />

mobilisierst Deine innere Stärke,<br />

gehst an Deine Arbeit, damit niemand es<br />

m e r k e .<br />

Deine Seele ist zerstört <strong>und</strong> verletzt,<br />

doch da ist der Tag, hier <strong>und</strong> jetzt.<br />

2 5<br />

Dein Tag ist vorüber, Du hast es geschafft.<br />

Abends, was wird da gemacht?<br />

Der eine geht mit Kumpeln zum Essen,<br />

der andere sucht im Alkohol sein Vergessen.<br />

Der Tag ist zu Ende, Du gehst in Dein Heim,<br />

gemeinsam oder allein.<br />

Renate Presslauer


Der Orangenhändler<br />

Als Kind in der Nachkriegszeit<br />

waren Orangen eine Besonderheit.<br />

Eines Tages fuhr in der Dorfmitte ein mit Orangen beladenes Vehikel vor.<br />

Der Verkäufer bot die süßen, saftigen Früchte zum Probieren an<br />

<strong>und</strong> das Kaufen der Dorfbewohner begann.<br />

Auch meine Großmutter kaufte eine Kiste ein<br />

<strong>und</strong> dachte: Was werden meine Enkel sich freu´n!<br />

Leider waren die Orangen nicht saftig <strong>und</strong> süß,<br />

sondern schmeckten trocken <strong>und</strong> mies.<br />

Der clevere Verkäufer hatte die guten <strong>und</strong> süßen in Papier verpackt,<br />

alle anderen waren jedoch ohne Geschmack.<br />

Trocken <strong>und</strong> sauer, das war das Resultat,<br />

die Dorfbewohner sind einem Schwindler aufgesessen – in der Tat!<br />

Renate Presslauer<br />

S c h i c k s a l<br />

In Deinem Leben passiert so vieles, das Du nicht ändern kannst,<br />

versuche es <strong>und</strong> nimm Dein Schicksal an.<br />

Auch, wenn Du manches Mal haderst, weil Dir geht so vieles daneben,<br />

nimm es hin als von Gott gegeben.<br />

Aus dem Dunkel der Nacht, Du wirst es erleben,<br />

wirst Du irgendwann an das Licht des Lebens treten.<br />

Über Dir gibt es eine Macht,<br />

diese hat gesorgt für der Erde Pracht.<br />

Verzage nicht <strong>und</strong> glaube daran,<br />

dass man alle Probleme bezwingen kann.<br />

Renate Presslauer<br />

2 6


ED´ Wei´ les´ (Die Weinlese)<br />

´s Lesa war emmer a´ b´sondere Sach´,<br />

do gab´s koin Sonntich ond Wertich,<br />

dr Herbscht muass onder Dach ond Fach,<br />

mit´m Wetter wurd mr scho´ fertich!<br />

Heit´ isch dr Lesedag bestemmt<br />

von Sorta, Kilo ond Öchsla –<br />

dass mer net jedes Träuble nemmt,<br />

do derf mr nex vorwechsla!<br />

Früh´r hot mr jed´s Träuble fei´<br />

en Oimer ond d´ Beerla ufg´lesa<br />

´s Stäffele nuf en da Butta nei´,<br />

so isch´s johrzentelang g´wesa.<br />

Em Veschper hot mr a´ Feier g´macht,<br />

sei´ Wurscht brota a´ma Stecka,<br />

dazwischa hot mr g´schwätzt ond g´lacht<br />

ond nonterguckt zom Flecka.<br />

Vom Bachstoikäs a größers Stick<br />

hot mr mit Hochgenuss g´essa.<br />

Des war a´ Teil vom Leseglick,<br />

des derf mr net vorgessa.<br />

Ond zwischedurch a´ Böller kracht,<br />

do send dia Stara vorschrocka,<br />

bal´ mit´m Nochbar a´ Schwätzle g´macht,<br />

sieht mr se henda hocka.<br />

2 7<br />

Damit mr´s net em Maga kriagt,<br />

hot mr a´ Schnäpsle tronka,<br />

ond no – wia sich des emmer füagt –<br />

da Wengertschitz riber g´wonka.<br />

Der hot dann au´ sei´n Durscht no´ g´stillt,<br />

der muass jo viel rätsche ond laufa –<br />

dr Sutterkruag her ond dia Becher g´fillt!<br />

Dia Stimmung ka´scht net kaufa!<br />

Ond langsam hot mr z´ammegromt,<br />

mr muass jo bloß no´raschpla,<br />

bergab hot sich koi Fuhrwerk g´lohnt,<br />

mr braucht doch nex vorhaschpla!<br />

Heit´ isch des alles nemme so,<br />

mr isch eilig, mr stoht onder Druck,<br />

mr isch au´ nemme von Herza froh –<br />

ond manchmol sehnt mir sich z´ruck.<br />

Annemarie Rau


Brief an Frau Rau (zu dem Gedicht: „ D´ Wei´les´ “)<br />

<strong>Liebe</strong> Frau Rau,<br />

als ich Ihr schönes Gedicht von<br />

der „Weinlese“ in den Computer<br />

eintippte, da kam spontan die<br />

Erinnerung an ganz alte Zeiten.<br />

Meine erste Lehrerstelle war in<br />

einem Weindorf, wenige Kilometer<br />

vor den Toren Freiburgs,<br />

im dort beginnenden „Markgräflerland“.<br />

Die verschiedenen Ferien<br />

waren damals noch nicht alle<br />

„von oben“ festgelegt, sondern<br />

der Schulleiter bestimmte selbst<br />

<strong>und</strong> richtete sich dabei nach den<br />

Bedürfnissen der Landbevölkerung,<br />

denn Kinder mussten ja<br />

mitarbeiten. Das heißt also:<br />

Wenn Heuernte war, gab es<br />

„Heuferien“, war die Zeit der<br />

Weinlese gekommen, so gab<br />

es ziemlich lange „Herbstferien“.<br />

Schon im ersten Jahr<br />

war ich daher bei der Weinlese<br />

dabei, ob ich gefragt<br />

wurde oder selbst gefragt<br />

habe, das weiß ich nicht<br />

m e h r. Jedenfalls war fast<br />

alles so, wie Sie es beschreiben,<br />

nur, dass es ein kühler<br />

Tag war <strong>und</strong> wir alle, warm<br />

angezogen, an die Arbeit gingen.<br />

Die Frauen <strong>und</strong> Mädchen<br />

schnitten Trauben ab, die Männer<br />

liefen mit gefüllten Bütten auf<br />

dem Rücken hinunter zur Straße,<br />

die durch den Weinberg führte<br />

<strong>und</strong> kippten die kostbare Ernte in<br />

die großen Behälter auf dem<br />

Tr a k t o r- A n h ä n g e r. Natürlich<br />

haben wir zwischendurch auch<br />

„geveschpert“ – hausgemachte<br />

Wurst gab es, Käse <strong>und</strong> selbst<br />

gebackenes Brot – herrlich! Das<br />

Schnäpsle hinterher war nicht nur<br />

für die Verdauung gut, sondern<br />

verbreitete auch im ausgekühlten<br />

Körper angenehme Wärme.<br />

Am Abend gab es dann in großer<br />

R<strong>und</strong>e ein reichhaltiges Abendessen,<br />

denn in den Tagen zuvor<br />

war extra ein Schwein geschlachtet<br />

<strong>und</strong> verarbeitet worden. Ich<br />

zog schließlich ab, reich beschenkt<br />

mit einem großen Stück<br />

Schweinefleisch, verschiedenen<br />

Würsten <strong>und</strong> natürlich mit einem<br />

Korb voller Trauben <strong>und</strong> kam mir<br />

dabei vor wie das „arme Schulmeisterlein“<br />

in früheren Zeiten,<br />

das wohl nur mit Hilfe solcher<br />

guter Gaben überleben konnte.<br />

In den nächsten Tagen brachten<br />

mir auch noch andere Schüler<br />

<strong>und</strong> Schülerinnen Trauben – ich<br />

hatte schließlich so viele davon,<br />

dass ich nicht nur meine Eltern<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e beschenken konnte,<br />

sondern auch versuchte, mit Hilfe<br />

einer einfachen Kartoff e l p r e s s e<br />

Saft zu machen, was aber nicht so<br />

gut gelang. Schließlich kam ich<br />

auf die Idee, die restlichen<br />

Trauben auf dem Dachboden<br />

neben meinem Lehrerstübchen<br />

an einer Wäscheleine aufzuhängen,<br />

in der Hoffnung, es würden<br />

Rosinen daraus, aber auch das ist<br />

gründlich fehlgeschlagen!<br />

In der nächsten Zeit bekam ich<br />

noch viele andere „nahrhafte“<br />

2 8<br />

Geschenke gebracht, zum<br />

Beispiel jede Menge Kuchen zur<br />

Konfirmationszeit, <strong>und</strong> an meinem<br />

Geburtstag (den meine<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler irgendwie<br />

herausbekommen hatten)<br />

standen auf einem liebevoll hergerichteten<br />

„Geburtstagstisch“<br />

eine riesige Torte <strong>und</strong> drum<br />

herum fünf oder sechs Weinflaschen!<br />

Jetzt aber packte mich das<br />

schlechte Gewissen! Hatte ich<br />

nicht für mein Examen viele<br />

Paragraphen auswendig lernen<br />

müssen, unter anderem den, dass<br />

der Lehrer auf keinen Fall<br />

Geschenke von Schülern oder<br />

deren Eltern annehmen<br />

dürfe? Schweren Herzens<br />

begab ich mich zu meinem<br />

Schulleiter <strong>und</strong> beichtete<br />

alles. Wie er reagierte – das<br />

habe ich bis heute nicht vergessen.<br />

Er lachte nur <strong>und</strong><br />

sagte: „Ach, wissen Sie,<br />

Fräulein Lange, das gehört<br />

doch alles zu <strong>und</strong> – sollen wir<br />

Lehrer nicht gerade das fördern?“<br />

Mir fiel ein Stein vom<br />

Herzen, <strong>und</strong> ich habe von da<br />

an alle diese „guten Gaben“<br />

dankbar <strong>und</strong> leichten Herzens<br />

entgegengenommen.<br />

Von heute her gesehen, erscheinen<br />

mir diese ersten Jahre meiner<br />

Lehrertätigkeit regelrecht „paradiesisch“<br />

– aus vielerlei Gründen!<br />

Aber meinen ehemaligen Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler muss es<br />

wohl ähnlich ergehen, denn zu<br />

Klassentreffen werde ich immer<br />

wieder eingeladen.<br />

Herzliche Grüße aus Calw!<br />

Ihre Dietlind Schulte


Nachlese<br />

Es muss in den ersten<br />

Nachkriegsjahren gewesen<br />

sein, als wir in einem<br />

unserer Weinberge bei der Lese<br />

nicht fertig wurden, die letzten<br />

beiden Zeilen oben am We g<br />

konnten wir nicht mehr abernten.<br />

Noch bevor wir den Heimweg<br />

antraten, wurde beschlossen, dass<br />

ich – zusammen mit meinen<br />

Kusinen – am nächsten Morgen<br />

mit Handwagen <strong>und</strong> Ablasszuber<br />

die restlichen Trauben holen sollte.<br />

Da mein Vater wieder zur<br />

Arbeit musste, würden unsere<br />

Nachbarn meiner Mutter helfen,<br />

diesen Rest in die große Bütte zu<br />

raspeln, die vor unserem Haus<br />

stand.<br />

Es war damals durchaus üblich,<br />

dass Verwandte mit dem Zug<br />

anreisten, um zu helfen; Nachbarschaftshilfe<br />

war ohnehin eine<br />

Selbstverständlichkeit.<br />

Wie geplant, zogen wir am nächsten<br />

Morgen los. Unser etwas<br />

größerer Handwagen wurde mit<br />

A b l a s s z u b e r, Eimern <strong>und</strong><br />

Scheren bestückt – vier Kusinen<br />

im Alter zwischen sieben <strong>und</strong><br />

zwanzig Jahren begleiteten mich.<br />

Es konnte also nichts schief<br />

gehen.<br />

Ich erinnere mich noch, dass es<br />

ein schöner, warmer Herbsttag<br />

w a r, <strong>und</strong> wir waren alle fünf<br />

bestens gelaunt.<br />

Rasch hatten wir die beiden<br />

Zeilen am Weg abgeerntet <strong>und</strong> in<br />

das Ablasszüberle gefüllt, das bis<br />

zum Rand mit herrlichen Trauben<br />

voll war.<br />

Nun war an diesem We i n b e rg<br />

unten noch ein Stück Wiese, auf<br />

der zwei Obstbäume standen, ein<br />

Birnen- <strong>und</strong> ein A p f e l b a u m .<br />

Mutter hatte mir aufgetragen,<br />

dort noch die schönen Früchte<br />

aufzulesen <strong>und</strong> mitzubringen, so<br />

könnten meine Kusinen noch<br />

davon mitnehmen.<br />

Auch das war mit unseren vielen<br />

Händen schnell erledigt. Wi r<br />

räumten zusammen <strong>und</strong> machten<br />

uns auf den Heimweg. Der<br />

Feldweg war ziemlich lang, aber<br />

fast eben, so dass wir dieses<br />

Stück des Wegs leicht schafften.<br />

Vorne mündete der Weg in die<br />

Landstraße, die geradeaus bergab<br />

zum Dorf führte.<br />

Da man in dieser Zeit außer<br />

einem Fahrrad kaum ein<br />

Fortbewegungsmittel sein eigen<br />

nannte <strong>und</strong> der Verkehr auf dieser<br />

Straße – verglichen mit heute –<br />

bei null lag, wollte ich tun, was<br />

ich hier immer tat: Nämlich auf<br />

dem Wagen hinunterfahren.<br />

„Aufsitzen!“, forderte ich meine<br />

Kusinen auf.<br />

Ich glaube, sie haben mich etwas<br />

argwöhnisch angeschaut, aber als<br />

ich versicherte, ich sei schon oft<br />

den Berg da hinunterg e f a h r e n ,<br />

bezog jede Kusine eine Ecke des<br />

Wagens. Ich setzte mich vorne<br />

drauf <strong>und</strong> nahm, wie immer, die<br />

Deichsel zwischen die Füße (ich<br />

konnte kaum hinunterreichen!).<br />

Los ging´s! Wir kamen erst langsam<br />

in Fahrt, doch dann legten<br />

wir im Tempo zu – <strong>und</strong> das<br />

Unheil nahm seinen Lauf. Meine<br />

Kusinen fingen an zu lachen <strong>und</strong><br />

zu singen, dass es eine helle<br />

Freude war – aber leider nur<br />

kurz. Ich ließ mich vom Lachen<br />

anstecken <strong>und</strong> verlor die<br />

Herrschaft über mein Fahrzeug.<br />

Erst streiften wir links das grasige<br />

Bankett, dann raste das<br />

Gefährt rechts dem Straßengraben<br />

zu. Alles flog durcheinander:<br />

Trauben, Äpfel, Birnen, Eimer,<br />

Kusinen. Mich hatte es vorne auf<br />

2 9<br />

einen frisch umgebrochenen<br />

Acker geschleudert, einer Kusine<br />

war es gelungen, abzuspringen.<br />

Nachdem ich mich aufgerappelt<br />

hatte, rannte ich von einer Kusine<br />

zur anderen, mit der bangen<br />

Frage: „Hast du was gebrochen?“<br />

Dass keine was gebrochen hatte,<br />

schien mir Glück im Unglück.<br />

Nachdem alles wieder auf den<br />

Beinen war, fingen wir an, den<br />

Handwagen aufzurichten, das<br />

leere Züberle hineinzustellen, die<br />

Eimer zusammenzusammeln.<br />

Wir begannen gerade, die Trauben<br />

aufzulesen, da hörten wir<br />

eine Männerstimme gewaltig<br />

schimpfen. Das Schimpfen kam<br />

von unten herauf. Ich blickte um<br />

mich <strong>und</strong> sah einen Bauern aus<br />

unserer Straße kommen (also<br />

erweiterte Nachbarschaft), der<br />

laut brüllte <strong>und</strong> mit den Armen<br />

fuchtelte. Nur ein paar Minuten<br />

hatte ich denken können, das<br />

unrühmliche Ende meiner A b -<br />

fahrt mit Handwagen <strong>und</strong> Kusinen<br />

hätte niemand beobachtet.<br />

Bauer Stiegele kam mit großen<br />

Schritten näher. Jetzt verstand ich<br />

auch die Worte seines Wutausbruchs.<br />

Sie waren an mich<br />

gerichtet <strong>und</strong> „Domm´s Luderle“<br />

war noch eine der harmlosen<br />

Bezeichnungen. Beim Herankommen<br />

rief er: „Dir g´hert da<br />

Ranza voll, i´ sag´s dei´m<br />

Vadder!“ Und weiter: „Wi a<br />

kannsch do ronter fahra wia dr<br />

Deifel, wenn mr so a´ koschbere<br />

War´ g´lada hot!“<br />

Mit der „kostbaren Ware“ meinte<br />

er natürlich nicht meine Kusinen,<br />

sondern die Trauben.<br />

Ich weiß noch heute, dass mich<br />

diese Drohungen nach dem<br />

Unfall nicht mehr erschüttern<br />

konnten, ich war am Boden. Ich


wagte auch kein Widerwort –<br />

denn im Gr<strong>und</strong>e hatte er ja Recht,<br />

das musste ich zugeben. Das<br />

Einschätzen eines Risikos hatte<br />

ich noch nicht gelernt.<br />

Meine Kusinen <strong>und</strong> ich duckten<br />

uns ins Gras <strong>und</strong> in den Graben,<br />

klaubten Trauben <strong>und</strong> Reste in<br />

die Eimer, um sie nachher in den<br />

Zuber zu schütten.<br />

Bevor Bauer Stiegele seinen Weg<br />

fortsetzte, sagte er noch: „Deant<br />

bloß sauber dia Beerla uflesa!<br />

Wenn i´ widder komm´ kontrollier´<br />

i´ des!“<br />

Unter weiteren Beschimpfungen<br />

zog er bergan.<br />

Obervergesserin<br />

Schon in der ersten Klasse in<br />

der Gr<strong>und</strong>schule nannte<br />

meine Lehrerin mich oft<br />

„ O b e r v e rgesserin". Das hat wohl<br />

seine Gründe, aber ich kann nix<br />

dafür – es muss an den Genen liegen!<br />

(ich frag mich nur von wem<br />

ich das hab?) Dabei bin ich nicht<br />

dumm, nur ein wenig faul vielleicht.<br />

Und eigentlich vielseitig<br />

interessiert <strong>und</strong> auch ein bisschen<br />

belesen. Das Problem ist meine<br />

Speicherkapazität: Mein Kleinhirn<br />

ist relativ schnell voll, <strong>und</strong><br />

was nicht gleich auf die Festplatte<br />

ins Großhirn verschoben wird, ist<br />

dann irgendwie, hm, weg!<br />

Deshalb war ich in der Schule nie<br />

eine große „Leuchte". <strong>Liebe</strong><br />

Lehrer von damals: Ihr könnt<br />

aufatmen, es ist nicht Eure<br />

Schuld! Wahrscheinlich ist der<br />

Nobelpreis in Physik deswegen<br />

nicht an mich vergeben worden,<br />

weil ich vor 10 Uhr morg e n s<br />

noch gar nicht richtig wach bin<br />

„Der hat ons grad´ no´ g´fehlt!“,<br />

meinte eine meiner Kusinen<br />

leise.<br />

„Schlimm g´nug isch´s so scho´ !“,<br />

fügte ich an.<br />

Als wir – etwas verspätet – heimkamen,<br />

war meine Mutter sehr<br />

erleichtert, hatte sie doch das<br />

Gefühl gehabt, dass etwas nicht<br />

stimmte. Beim Essen waren wir<br />

dann schon so erholt, dass jede<br />

von <strong>und</strong> ihr Erleben zum Besten<br />

geben konnte.<br />

Als Vater abends heimkam,<br />

wurde er sofort unterrichtet. Ich<br />

konnte ja nicht wissen, was<br />

Bauer Stiegele unternehmen<br />

um Informationen zu verarbeiten.<br />

Mein interner Rechner ist einfach<br />

noch nicht „Hochgefahren" (was<br />

tut man den Kindern eigentlich<br />

an so früh aufstehen zu müssen?<br />

Zählt das als Körperverletzung?)<br />

Ganz zu schweigen von den<br />

Dingen, die zu der Zeit einfach<br />

wichtiger waren als Schule. Dazu<br />

gehören solche elementaren Erfahrungen<br />

wie Cowboy <strong>und</strong><br />

Indianer spielen, im Wald Buden<br />

bauen, die Blitz Bücher lesen<br />

(das ist ein Pferd!) <strong>und</strong> schwimmen<br />

(fand ich jedenfalls). Aber<br />

ansonsten habe ich alles mit<br />

Begeisterung angehört, gelesen<br />

oder gelernt (außer Geschichte<br />

vielleicht, warum gibt es nicht<br />

ein Fach „Zukunft"?). War in<br />

Deutsch, Erdk<strong>und</strong>e, sogar Mathe<br />

gar nicht mal so schlecht <strong>und</strong> in<br />

Sport <strong>und</strong> Kunst sowieso ganz<br />

gut. Aber was mich nicht wirklich<br />

„gefesselt" hat, war nach<br />

spätestens zwei Tagen in den<br />

3 0<br />

würde. In meine Beschreibung<br />

der Schimpfkanonade sagte mein<br />

Vater mit einem gutmütigen<br />

Grinsen: „Mariele, er hat mir was<br />

abgenommen. Loben hätte ich<br />

dich auch nicht können!“<br />

Und sein Grinsen wurde etwas<br />

breiter: „ Er hat´s ja zwar schwäbisch,<br />

aber eigentlich im Guten<br />

gesagt.“ �<br />

Annemarie Rau<br />

Weiten meiner Gehirnwindungen<br />

irgendwo verschollen!<br />

Wenn ich meiner Mutter mal was<br />

vom Einkaufen mitbringen soll<br />

<strong>und</strong> Sie sagt >PersilSchreib's auf


Was ist nicht dabei? Richtig:<br />

B r i l l e n p u t z t ü c h e r, Autan <strong>und</strong><br />

natürlich die Eier.<br />

Kaum über 40 <strong>und</strong> schon<br />

Demenz – Na Super!<br />

Wenn das jetzt schon so geht, was<br />

soll erst werden wenn ich „Alt"<br />

bin? Ich bew<strong>und</strong>ere meine Eltern<br />

<strong>und</strong> viele andere Leute: Meine<br />

Eltern sind im Hirn noch Top Fit<br />

(meistens jedenfalls)((Papa: wer<br />

war an meinem Schreibtisch?<br />

Der die das Dingsbums ist<br />

weg!))(((an Seinen Schreibtisch<br />

geht Niemand!!!))), im Rätsel<br />

lösen unschlagbar.<br />

Allerdings war das Leben früher<br />

wohl auch viel einfacher<br />

gestrickt: Noch vor zweih<strong>und</strong>ert<br />

Jahren hätte Jeder rein theoretisch<br />

jedes bis dahin weltweit<br />

erschienene Buch lesen können.<br />

Dafür brauchte man Heute alleine<br />

für die Bücher in der<br />

Deutschen Staatsbibliothek einige<br />

tausend Jahre! Es ist unmöglich,<br />

alles Wissen des Heutigen<br />

Standes <strong>und</strong> was jeden Tag an<br />

Flut von Informationen dazu<br />

kommt (man denke nur ans<br />

Internet!) im Kopf zu behalten!<br />

Und desto mehr Dinge erf<strong>und</strong>en<br />

werden, die das Leben eigentlich<br />

erleichtern sollen, desto schlimmer<br />

wird es... Ich habe aber festgestellt,<br />

das es nicht nur mir alleine<br />

so geht. Wie beruhigend!<br />

Es ist ja aber nicht so, das ich Nix<br />

in der Birne habe: Es gab eine<br />

Zeit, da wusste ich die Top 50 der<br />

Internationalen Musikcharts auswendig.<br />

Und die wechselt jede<br />

Woche! Außerdem habe ich zig<br />

Telefonnummern <strong>und</strong> diverse<br />

Berufliche Dinge (da will ich Sie<br />

echt nicht mit langweilen...) im<br />

Kopf. Aber z. B. Namen kann ich<br />

mir nur ganz schlecht merken.<br />

Oder Geburts- <strong>und</strong> sonstige<br />

Feiertage. Von irg e n d w e l c h e n<br />

Sagenhelden <strong>und</strong> Griechischen<br />

Göttern ganz zu schweigen... (ich<br />

weiß aber dafür, wer Chewbacca<br />

<strong>und</strong> der Corellianische Gewürzschmuggler<br />

Han Solo sind,<br />

ääätsch!*)<br />

Zum Glück gibt es ganz tolle<br />

Übungen für den Kopf (wofür ich<br />

3 1<br />

Ist das die <strong>Liebe</strong>?<br />

Ich liebe dich,<br />

so sagt er.<br />

Verschwand dann schnell <strong>und</strong> leise.<br />

Nahm mit mein Herz<br />

Und mein Geld.<br />

L i e b e ?<br />

Nein danke!<br />

Ingrid Schmahl<br />

gar keine Zeit habe). A b e r<br />

Neugierig zu bleiben <strong>und</strong> sich<br />

auch mal für was Neues zu begeistern<br />

hält meiner Meinung nach<br />

am besten jung! Natürlich wenn's<br />

geht noch ein wenig körperliche<br />

Bewegung dazu. Für das was ich<br />

noch so an Ideen im Kopf habe<br />

<strong>und</strong> was ich gerne noch sehen<br />

oder machen möchte, müsste ich<br />

eigentlich ungefair 136 Jahre alt<br />

werden.<br />

Mein Patenkind ist Erg o t h e r a -<br />

peutin – die kann mir ja dabei<br />

helfen!<br />

* Star Wars (Krieg der Sterne),<br />

Episode 4 - 6, Erfinder, Autor<br />

<strong>und</strong> Regisseur Georg Lucas,<br />

1976, zig Oscars für den<br />

Kinoerfolg <strong>und</strong> bis heute mit die<br />

besten Filme aller Zeiten!<br />

Inzwischen ein absoluter Fankult<br />

mit weiterführenden Büchern,<br />

Spielen, Kostümen, Fantreff e n<br />

usw. �<br />

Karina Schlechter


Gütermann, Hohner <strong>und</strong> Faber-Castell<br />

Ja, - es stimmt! Das Gedächtnis<br />

ist wirklich ein Archiv<br />

voller Lücken. Dies wurde<br />

mir besonders deutlich, als ich<br />

von meinen beiden Töchtern das<br />

Buch „Das Beste an Deutschland“<br />

geschenkt bekam. Schlagartig<br />

erinnerte ich mich wieder,<br />

wie es damals war <strong>und</strong> wo alles<br />

zu finden war.<br />

Das Buch ist eine Hymne an die<br />

deutsche Industrie <strong>und</strong> damit<br />

auch an die Kaufmannschaft.<br />

Denn was wäre die Welt ohne<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Handel? Bis in<br />

das letzte Dorf in der Welt wurden<br />

einmal deren w<strong>und</strong>erbare<br />

Erzeugnisse exportiert. Vi e l e s<br />

davon wurde auch in unserem<br />

Laden angeboten.<br />

Freilich nie in großen Mengen –<br />

aber immerhin gab es einen relativ<br />

großen Einzugsbereich für<br />

diese seltenen Waren. Damals<br />

wurde doch noch alles selber<br />

genäht. Wie willkommen waren<br />

deshalb Pryms Druckknöpfe,<br />

Gummilitze <strong>und</strong> die Reißverschlüsse<br />

in allen Längen.<br />

Fasziniert hat mich immer der<br />

Musterkasten von Gütermann’s<br />

Nähseide. Meine Güte, was<br />

waren da viele Farbschattierun-<br />

gen zu bew<strong>und</strong>ern. Von jeder<br />

Farbe mindestens sechs Nuancen.<br />

Zu gerne sah ich zu, wenn dieser<br />

Kasten wieder aufgefüllt oder<br />

ergänzt wurde.<br />

Heute, Jahrzehnte später, kann<br />

ich nur die Schlussfolgerung ziehen,<br />

dass die Sofientaler Weiblichkeit<br />

unglaublich Handarbeit<br />

begeistert war.<br />

Ach ja, einige Bessarabier müssen<br />

auch sehr musikalisch <strong>und</strong><br />

sangesfreudig gewesen sein.<br />

Denn die M<strong>und</strong>harmonika von<br />

Hohner „Unsere Lieblinge“ in<br />

der w<strong>und</strong>erbaren Steckschachtel<br />

war bei der heranwachsenden<br />

Jugend heiß begehrt. Aber auch<br />

die kleine „Harmoschka“ mit<br />

weniger Tönen wurde für die<br />

Kinder an Weihnachten gern<br />

gekauft. Wie schade, dass man<br />

diese Instrumente heute nicht<br />

mehr sieht <strong>und</strong> hört. Die<br />

Maultrommeln die im gleichen<br />

Fach lagen fristeten dagegen ein<br />

Wartedasein, – waren out.<br />

Ganz kess möchte ich auch<br />

behaupten, dass in jedem<br />

Kolonistenhaus der gelbe r<strong>und</strong>e<br />

Kopierstift von Faber-Castell zu<br />

finden war. Der konnte wenigstens<br />

nicht eintrocknen, wie es<br />

manchmal mit der Tinte geschah.<br />

An die kleine Schachtel mit den<br />

sechs kurzen sechseckigen Buntstiften<br />

kann sich bestimm noch<br />

mancher erinnern der in Bessarabien<br />

geboren wurde. Wie herrlich<br />

konnt man damit sein Malbuch<br />

vollkritzeln. (Bei mit oft,<br />

viel zu eilig, über den Rand.)<br />

In regelmäßigen Abstand besuchte<br />

uns der Kathreiner Lieferwagen,<br />

um den Bestand an<br />

Zichorie <strong>und</strong> Malzkaffee wieder<br />

aufzufüllen. (Franc Kaffee?) Die<br />

Zichorie gab es als kleine oder<br />

3 2<br />

große sechseckige Stange in dunkelrotem<br />

Glanzpapier. Dieser<br />

Lieferwagen war damals etwas<br />

ganz besonderes. Hatte er doch<br />

am Heck eine große Kaffeetasse<br />

<strong>und</strong> oberhalb eine Kanne als<br />

Dekoration. So etwas würde<br />

heute der TÜV niemals zulassen.<br />

Für mich fielen dabei oft Werbegaben<br />

wie Malhefte, St<strong>und</strong>enpläne<br />

<strong>und</strong> ähnliches ab, womit<br />

ich mich bei meinen Fre<strong>und</strong>en<br />

beliebt machen konnte.<br />

Ganz sicher weiss ich aber noch,<br />

dass zu Weihnachten ein neues<br />

Spiel über den Ladentisch ging.<br />

Es nannte sich „Mikado“ <strong>und</strong><br />

sollt aus Japan stammen. Es<br />

bestand aus dünnen Holzstäbchen<br />

die verschieden gekennzeichnet<br />

waren. Dies ließ man<br />

auf dem Tisch auseinanderfallen.<br />

Man musste nun diese Stäbchen<br />

ohne zu wackeln wieder aufnehmen.<br />

Die Spielregeln habe ich<br />

inzwischen längst vergessen.<br />

Ach es gäbe noch so vieles zu<br />

berichten. Angefangen bei Heitsm<br />

a n n ’s Kleiderfarbe bis zum<br />

Hustenbonbon „Walda“ in der<br />

kleinen Blechdose. Von den vielen<br />

bunten Gummibällen für die<br />

Mädchen bis zu den Ta s c h e n -<br />

messern in verschiedenen Größen<br />

<strong>und</strong> Qualitäten.<br />

Wissen Sie übrigens wie man in<br />

Bessarabien zum Fernglas sagte:<br />

Ganz einfach – „Ranziehglas“.<br />

Nun zum Schluss möchte ich<br />

Ihnen noch verraten, wo am liebsten<br />

naschte, wenn man in einem<br />

Laden aufwächst. Fast wie bei<br />

den Tieren an der Salzlecke – mit<br />

dem nassen Zeigefinger am<br />

Salzfach. �<br />

Kurt-Albrecht Schlechter


Der Weihnachtsmuffel<br />

Ja, was ist denn ein<br />

Weihnachtsmuffel? Nie gehört?<br />

Also werde ich mal einen<br />

Weihnachtsmuffel vorstellen. Ich<br />

selbst bin dieser We i h n a c h t s -<br />

muffel.<br />

Wenn der Herbst langsam in den<br />

Winter übergeht; wenn es kälter<br />

wird, sehe ich schon mit Schrecken<br />

in allen Schaufenstern der<br />

Stadt die Weihnachtsdekoration.<br />

Überall werden Lebkuchen,<br />

Spekulatius <strong>und</strong> Schokoladen-<br />

Weihnachtsmänner angeboten. In<br />

jedem Supermarkt oder Kaufhaus<br />

dudelt es den ganzen Tag: „Oh du<br />

fröhliche, oh du selige, gnadenbringende<br />

Weihnachtszeit…“ Es<br />

ist zum Davonlaufen.<br />

Um dem ganzen Rummel r<strong>und</strong><br />

um das Fest zu entgehen, floh ich<br />

mit meinem kleinen H<strong>und</strong> bis auf<br />

den Darß <strong>und</strong> dort in den kleinen<br />

Ort Prerow, direkt am Stande der<br />

Ostsee gelegen. Ich buchte eine<br />

kleine Ferienwohnung <strong>und</strong> konnte<br />

dort ohne die ständige<br />

Weihnachtsberieselung, ohne<br />

kalorienhaltigen Festtagsbraten<br />

<strong>und</strong> ohne Verlegenheitsgeschenke<br />

(was schenkst du mir, was<br />

schenke ich dir) ruhige Tage verleben.<br />

Am Heiligen A b e n d<br />

besuchte ich die schöne alte<br />

Seemannskirche, in der es leider<br />

eiskalt war. Nur ein kleiner<br />

Heizlüfter spendete notdürftig<br />

Wärme. Aber hier wurde mir bei<br />

den altvertrauten Weihnachtsliedern<br />

<strong>und</strong> der Weihnachtspredigt<br />

festlich zu Mute, <strong>und</strong> auch ohne<br />

geheizte Kirche wurde mir warm<br />

ums Herz. Ich sang aus vollem<br />

Herzen <strong>und</strong> mit viel <strong>Liebe</strong> die<br />

Lieder mit <strong>und</strong> dachte dankbar an<br />

meinen Erlöser Jesus Christus.<br />

Den nächsten Tag verbrachte ich<br />

mit meinem H<strong>und</strong> am Strand der<br />

Ostsee. Wir wanderten bei einer<br />

steifen Briese <strong>und</strong> stürmischer<br />

See warm eingepackt lange Zeit<br />

3 3<br />

durch den feinen Sand, der mir<br />

<strong>und</strong> auch meinem H<strong>und</strong> vom<br />

Wind ins Gesicht geblasen<br />

wurde. Als wir genug Frischluft<br />

getankt hatten, besuchte ich ein<br />

kleines Fischlokal <strong>und</strong> aß mit<br />

großem Appetit die frischgefangene<br />

<strong>und</strong> gebratene Scholle. Das<br />

war mein Festtagsbraten.<br />

An diesem Tag konnte ich das<br />

Fest der <strong>Liebe</strong>, wie Weihnachten<br />

auch genannt wird, so recht<br />

genießen. In aller Ruhe befasste<br />

ich mich mit dem Mysterium der<br />

Geburt Jesu, las ein gutes Buch<br />

<strong>und</strong> knabberte die leckeren<br />

Plätzchen, die meine Wirtin mir<br />

liebevoll auf den mit Ta n n e n -<br />

zweigen dekorierten Tisch gestellt<br />

hatte. So konnte ich, der<br />

We i h n a c h t s m u ffel, auf meine<br />

Weise zufrieden das Fest genießen.<br />

�<br />

Ingrid Schmahl


Ein besonderer Dank<br />

Ich habe ein Gedicht gemacht<br />

<strong>und</strong> es gleich zu Papier gebracht.<br />

Hab´ überprüft, ob alles klar<br />

<strong>und</strong> ob es ohne Fehler war.<br />

Als es dann vor mir lag gedruckt,<br />

bin ich zusammen gleich gezuckt,<br />

denn dort, wo stehen sollte „wo“,<br />

war einsam <strong>und</strong> allein ein „o“.<br />

Hat sich das „w“ vielleicht versteckt?<br />

Nein! Nirgendwo hab ich´s entdeckt.<br />

Dann also hat es wohl gestreikt<br />

<strong>und</strong> mir so richtig mal gezeigt,<br />

dass jeder Sinn verloren geht,<br />

wenn „es“ am richt´gen Platz nicht steht!<br />

So muss es sein! Nun bin ich dran,<br />

ist wichtig wohl so dann <strong>und</strong> wann:<br />

Ich sage also frei <strong>und</strong> frank<br />

der Alphabet-Familie Dank!<br />

Ich schätze euch von A bis Z,<br />

ich brauche euch, <strong>und</strong> zwar komplett!<br />

Versteckt euch nicht <strong>und</strong> streikt nicht mehr,<br />

denn sonst bleibt mein Gedicht-Blatt leer!<br />

Dietlind Schulte<br />

3 4


Träume sind Schäume<br />

Was war das nur in dieser<br />

Nacht? Ich wache auf<br />

<strong>und</strong> habe noch immer<br />

den Geschmack von Espresso im<br />

M<strong>und</strong>. Habe ich geträumt oder<br />

war es Wirklichkeit?<br />

Ich träumte, ich habe einen ganz<br />

tollen Mann kennengelernt. Er<br />

war sehr groß, schlank, blond,<br />

mit einem Lächeln, das mich zum<br />

Schmelzen brachte. Kennengelernt<br />

habe ich ihn auf der Party<br />

bei meinem Chef. Er stellte sich<br />

formvollendet vor: Julian Montenegro.<br />

Der Name passte so gar<br />

nicht zu diesem blonden Hünen.<br />

Ich war zu der Party eingeladen,<br />

weil ich zum Führungsteam der<br />

Firma gehöre. Der Chef feierte<br />

seinen 60. Geburtstag <strong>und</strong> hatte<br />

Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bekannte <strong>und</strong> eben<br />

auch das Führungsteam seiner<br />

Firma eingeladen.<br />

Er hatte eine tolle Band engagiert<br />

<strong>und</strong> die Musik, die diese Band<br />

fabrizierte, ging sofort in die<br />

Beine. Ich konnte einfach nicht<br />

still stehen <strong>und</strong> sah mich um, ob<br />

mich nicht jemand zum Tanzen<br />

aufforderte. Und da kam dieser<br />

Supermann Julian auf mich zu.<br />

„Darf ich bitten?“ Sogar seine<br />

Stimme war zum Träumen. Tief<br />

<strong>und</strong> rau <strong>und</strong> mit einer Spur<br />

schwäbisch. Ich war hin <strong>und</strong><br />

weg. Und dann tanzten wir:<br />

Zuerst einen sehr erotischen<br />

Tango, bei dem ich mit meinen<br />

Beinen immer wieder meinen<br />

Partner umklammerte. Dabei war<br />

sehr viel mehr bei mir zu sehen,<br />

als es der gute Geschmack<br />

erlaubte. Aber das war mir vollkommen<br />

egal. Ich konzentrierte<br />

mich nur auf Julian. Dann kam<br />

ein Schmusetanz <strong>und</strong> wir klebten<br />

a n e i n a n d e r, als wenn wir eine<br />

Person wären. Mein Chef, der<br />

uns von der Bar aus beobachtete,<br />

runzelte schon sehr missbilligend<br />

die Stirn. O weh, das würde ich<br />

am nächsten Morgen im Büro<br />

bestimmt ausbaden müssen!<br />

Und dann machten wir, also<br />

Julian <strong>und</strong> ich, uns ganz klammheimlich<br />

aus dem Staub. Es<br />

bedurfte überhaupt keiner A b -<br />

sprache zwischen uns. „Zu mir<br />

oder zu dir?“ Das war die einzige<br />

Frage, die einer Klärung bedurfte.<br />

„Ich denke, wir fahren zu dir“<br />

meinte Julian. „Bei mir sieht es<br />

aus, als wenn eine Bombe eingeschlagen<br />

hätte, da möchte ich<br />

dich lieber nicht mit hinnehmen.“<br />

Also fuhren wir in seinem tollen<br />

Auto zu mir in meine kleine<br />

Singlewohnung hoch unter dem<br />

Dach. Na ja, ganz so sportlich<br />

war Julian doch nicht, wie ich<br />

gedacht hatte. Die Treppen, die er<br />

natürlich schneidig <strong>und</strong> flott nehmen<br />

wollte, brachten ihn ganz<br />

schön aus der Puste.<br />

Und jetzt, wie er da so im nüchternen<br />

Licht meiner Flurlampe<br />

vor mir stand, war er eigentlich<br />

gar nicht mehr so toll wie auf der<br />

Party! Was hatte ich denn so an<br />

ihm gef<strong>und</strong>en? Seine blonden<br />

Haare waren schon recht dünn<br />

<strong>und</strong> er sah ziemlich alt <strong>und</strong> verlebt<br />

aus. Aber sein Lächeln war<br />

immer noch umwerfend. Er nahm<br />

mich in die Arme, <strong>und</strong> sein Kuss<br />

brachte mir das Gefühl, das ich<br />

bei der Party hatte, wieder<br />

zurück. Er machte ziemlich<br />

schnell klar, warum er mit in<br />

meine Wohnung gekommen war:<br />

Es ging ihm um Sex <strong>und</strong> das<br />

möglichst schnell. War ich dazu<br />

bereit? Innerlich wehrte ich mich<br />

gegen diese etwas plumpe Art.<br />

Aber wie wurde ich den Mann<br />

nur wieder los? „Soll ich uns<br />

nicht erst einmal einen guten<br />

Espresso machen, dass wir nach<br />

dem vielen Sekt wieder nüchtern<br />

werden?“ Julian war über diese<br />

3 5<br />

Unterbrechung nicht erfreut, aber<br />

er setzte sich ganz brav auf das<br />

Stühlchen in meiner Küche <strong>und</strong><br />

wartete auf seinen Espresso.<br />

Plötzlich klingelte es an der Tür.<br />

Wer kann das denn jetzt mitten in<br />

der Nacht sein? War uns vielleicht<br />

jemand gefolgt? Ich öffnete.<br />

Julian war auch gekommen,<br />

um nach dem Störenfried zu<br />

sehen. Ja, wer stand da wohl an<br />

der Tür? Wie in einem Kitschroman<br />

war es die bitterböse<br />

Ehefrau von Julian. Sie kannte<br />

ihren lieben Mann <strong>und</strong> wusste<br />

um seine Sexsucht. Das war vielleicht<br />

peinlich! Um die Situation<br />

zu entschärfen, lud ich sie zu uns<br />

in die Küche ein <strong>und</strong> bot ihr<br />

ebenfalls einen Espresso an.<br />

Juliane, so hieß die Dame, konnte<br />

sich nun von der Harmlosigkeit<br />

unseres Zusammenseins<br />

überzeugen. Zum Glück war es<br />

wirklich harmlos geblieben. Was<br />

wäre gewesen, wenn Julian sein<br />

Ziel erreicht hätte? Aber schade,<br />

einen guten Sex habe ich lange<br />

nicht mehr gehabt <strong>und</strong> eigentlich,<br />

wenn Julian es nicht so plump<br />

angefangen hätte, wäre ich<br />

durchaus für eine Nacht mit ihm<br />

zu haben gewesen. Na ja, sollte<br />

wohl nicht sein!<br />

Ich dachte gerade bei der Tasse<br />

Espresso noch weiter über diese<br />

Enttäuschung nach, da………ja<br />

das war mein Wecker. Es war<br />

also alles nur ein Traum gewesen.<br />

Eigentlich schade.<br />

Was sagte mir nun dieser Traum?<br />

Ich schlug mein Tr a u m d e u t e r-<br />

Buch auf <strong>und</strong> konnte dort lesen,<br />

dass dieser Traum eine unerfüllte<br />

Wunschvorstellung sei. Wi e<br />

bitte? Ich dachte immer, dass ich<br />

doch eigentlich aus diesem Alter<br />

heraus sei!!!!! �<br />

Ingrid Schmahl


Mein Vögelchen<br />

Mein Vögelchen – du bist nicht mehr bei mir,<br />

bist im Vogelhimmel – hast es besser als hier!<br />

Das Leben im Käfig war wirklich nicht schön,<br />

<strong>und</strong> das mit dem Fliegen wollte auch nicht recht geh´n.<br />

Ich ließ dich hinaus, doch was ist dann gescheh´n?<br />

Das konntest, was hinderlich, leider nicht seh´n.<br />

Du wolltest hinaus ins Freie so gern,<br />

doch sind da ja Fenster, die den Weg versperr´n.<br />

Du knalltest dagegen, fielst nach unten wie tot,<br />

ich wollte dich retten aus vermeintlicher Not –<br />

doch flattertest du ganz schnell vor mir weg<br />

<strong>und</strong> flogst auf den Schrank, in das hinterste Eck!<br />

Dann spielten wir Fangen – <strong>und</strong> das st<strong>und</strong>enlang,<br />

weil mir diese Kunst überhaupt nicht gelang!<br />

Du warst eben schneller <strong>und</strong> büxtest mir aus,<br />

zum Glück kamst du nicht aus dem Zimmer heraus!<br />

Mit größerem Tuch fing ich schließlich dich ein –<br />

ließ solche Versuche von da an halt sein.<br />

Drum denke ich auch, bist du nicht mehr bei mir,<br />

denn oben im Himmel ist es besser als hier!<br />

Nun seh´ ich dich fliegen von Baum zu Baum,<br />

ich höre dich zwitschern, wenn auch nur im Traum.<br />

Jetzt bist du ganz frei <strong>und</strong> alles das geht,<br />

wonach dir auch immer dein Vogelsinn steht!<br />

Dietlind Schulte<br />

3 6


Einige Kurzgedichte<br />

Red´ heute nicht von Sorgen<br />

dazu gibt’s Zeit noch morgen,<br />

vergiss sie jetzt <strong>und</strong> trink mit mir<br />

den edlen Wein, das kühle Bier.<br />

Viel schöner macht das Leben<br />

für uns der Saft aus Reben.<br />

Lass alle Müh vergessen sein<br />

<strong>und</strong> trink mit uns den edlen Wein.<br />

Bist du für Augenblicke<br />

mal außer Rand <strong>und</strong> Band<br />

bleib cool, sonst wird die Mücke<br />

gar noch zum Elefant.<br />

Die alten Römer sagten das:<br />

In Vino da steckt Veritas.<br />

Die Wahrheit war da nicht so wichtig,<br />

doch guter Wein war immer richtig.<br />

Vergiss jetzt deine Sorgen,<br />

denk nicht an deine Pflicht,<br />

du hast sie auch noch morgen<br />

<strong>und</strong> sie entgeh´n dir nicht.<br />

Komm, sei ein froher Zecher,<br />

wir laden dazu ein<br />

mit edlem Wein im Becher<br />

woll´n wir jetzt fröhlich sein.<br />

Peter Schürle<br />

3 7<br />

Das Notizbuch<br />

Für den Menschen, der vergesslich,<br />

ist es gut, fast unerlässlich,<br />

dass er in ein Buch sich schreibt,<br />

was im Gehirn nicht drinnen bleibt<br />

<strong>und</strong> darum hat er stets dabei<br />

ein Notizbuch Nummer zwei,<br />

das dann besonders dienlich ist,<br />

wenn er die Nummer eins vergisst.<br />

Im dritten Buch muss er dann buchen,<br />

wo Nummer eins <strong>und</strong> zwei zu suchen<br />

<strong>und</strong> dieses alles kontrollier<br />

mit dem Notizbuch Nummer vier.<br />

Von der Umwelt zwar bekichert<br />

ist er dann bestens abgesichert,<br />

so dass nach menschlichem Ermessen<br />

rein gar nichts mehr er kann vergessen.<br />

Jedoch mit des Geschickes Mächten<br />

ist wohl kein ewger B<strong>und</strong> zu flechten<br />

<strong>und</strong> so ist es jetzt deren Wille<br />

vergessen hat er seine Brille.<br />

Peter Schürle


In meinem Herzen<br />

Schau dass in meinem Herzen wiederhalle,<br />

was hell <strong>und</strong> warm in Deiner Seele glüht,<br />

dass ewig leuchtend mir gefalle,<br />

wie Deine <strong>Liebe</strong> mir erblüht!<br />

Georges Ettlin<br />

<strong>Liebe</strong> im September<br />

Es ist mein Sommer still geworden ganz,<br />

nur lautlos zuckt ein Mückentanz.<br />

Es zirpt kein Käfer aus dem Gras,<br />

der dort auf einem Blümlein saß:<br />

Kein Vogel-Laut vom grünen Baum,<br />

verblüht ist auch der Wiesenschaum.<br />

Das dunkle Herz vom Wald wird leise<br />

<strong>und</strong> schlägt mir nun auf stille Weise:<br />

Es klopft am <strong>Liebe</strong>s-Baum kein Specht,<br />

der heissen <strong>Liebe</strong> geht es schlecht:<br />

Was <strong>Liebe</strong> lindernd hat verb<strong>und</strong>en,<br />

ist nun Sehnsucht, offne W<strong>und</strong>en!<br />

Georges Ettlin<br />

3 8


Zur Robinson-Insel möchte’ ich fliehen.<br />

Auf dicken Regenwolken ziehen!<br />

Nur du <strong>und</strong> ich so ganz allein,<br />

wie glücklich werden wir dort sein!<br />

Wo Nebelschwaden die Zeit bedecken<br />

<strong>und</strong> Sonnenstrahlen die Herzen wecken.<br />

Dort hören Wind <strong>und</strong> Wellen zu,<br />

wenn ich sage: „Mein Glück bist du!“<br />

Hildegard Zanker<br />

Wir dürfen, Herr, heut’ zu dir gehen.<br />

Du lässt uns deine W<strong>und</strong>er sehen.<br />

Du zeigst uns dein Kreuz im strahlenden Licht.<br />

Wir sind willkommen, Du verstößt uns nicht.<br />

Ein Geschenk empfangen, aus deiner Hand!<br />

Danke Herr! Für unser herrliches Land!<br />

Um deine <strong>Liebe</strong>, Herr, zu ermessen,<br />

lass uns den Weitblick niemals vergessen!<br />

Hildegard Zanker<br />

3 9


H e r b s t t a g<br />

In Farbe getaucht ist dein neues Kleid,<br />

mit strahlendem Leuchten stehst du bereit.<br />

du bereicherst von außen <strong>und</strong> von innen.<br />

Ich wird’ meine Zeit mit Freude beginnen.<br />

die Herbstsonne zeigt den goldenen Tag:<br />

„Wir warten, was er uns wohl bringen mag?“<br />

Hildegard Zanker<br />

4 0<br />

An diesem Platz steh’ ich so gerne,<br />

schaue hinaus, dort in die Ferne!<br />

Das Glockengeläut’ im Winde singt,<br />

zart meine Seele mit beschwingt!<br />

Die Bäume herrlich bunt sich zeigen,<br />

friedlich, still im Herbstwind neigen!<br />

Verträumt dem Tag entgegen gehen<br />

<strong>und</strong> mit dem Herzen richtig sehen!<br />

Hildegard Zanker


Autorenlesung<br />

Der <strong>Autorenkreis</strong> <strong>Federfüchse</strong> kann mit unten angegebenem Formular zu einer kostenlosen Lesung eingeladen<br />

werden. Ob zu einer Familien- oder Betriebsfeier, ob zu einer Seniorengruppe, oder Kirchengemeinde,<br />

ob Sie überwiegend heitere Texte oder eher Besinnliches wünschen, – jeder Autor liest aus seinen<br />

eigenen Werken.<br />

Lesungen erfolgen ab 15 Zuhörern/innen.<br />

Sollten Sie besondere Themenwünsche haben, bitte vermerken.<br />

Bitte Telefonnummer angeben, damit wir Sie zurückrufen können!<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Absender:<br />

.....................................................................<br />

.....................................................................<br />

.....................................................................<br />

Telefon .......................................................<br />

Anschrift:<br />

Gisela Grob<br />

Walther-Rathenau-Straße 25<br />

75180 Pforzheim<br />

Ich/Wir haben Interesse an einer kostenlosen Lesung der “<strong>Federfüchse</strong>”:<br />

Termin: Ausweichtermin:<br />

besondere Wünsche: ....................................................................................................................<br />

4 1


Die Autoren dieses Journals sind:<br />

Denk, Lore<br />

Essig, Willy<br />

Ettlin, Georges<br />

Grob, Gisela<br />

Gümperlein-Wandelt, Dina<br />

Hanisch, Brigitte<br />

Kurowski, Helga<br />

Meyer, Ingrid<br />

Mothes, Wiltrud<br />

M<strong>und</strong>inger, Hans-Jürgen<br />

Presslauer, Renate<br />

Rau, Annemarie<br />

Schlechter, Karina<br />

Schlechter, Kurt-Albrecht<br />

Schmahl, Ingrid<br />

Schürle, Peter<br />

Schulte, Dietlind<br />

Zanker, Hildegard<br />

4 2

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