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(focus)uni lübeck - Universität zu Lübeck

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| Forschung aktuell<br />

kern der kardiopulmonalen Funktion wie dem N-terminale<br />

Prohormon des natriuretischen Peptids vom B-Typ (NTproB-<br />

NP) und dem hochsensitiven Troponins (hsTNT).<br />

Zur Abschät<strong>zu</strong>ng des operativen Risikos haben sich in der<br />

Herzchirurgie Scores wie der EuroScore28 etabliert, die verschiedene<br />

präoperative und operative Risikofaktoren berücksichtigt,<br />

wie die präoperative Herzleistung, die Nierenfunktion,<br />

aber auch die Art des Eingriffs. Der EuroScore verliert<br />

allerdings insbesondere bei höherem Risiko an Aussagekraft.<br />

In der vorgestellten Studie wurde daher weitergehend untersucht,<br />

ob die präoperative S c O 2 mit der postoperativen Morbidität<br />

und Mortalität nach herzchirurgischen Eingriffen in<br />

Zusammenhang steht und ob sie möglicherweise auch im<br />

Vergleich <strong>zu</strong>m EuroScore, ebenfalls als Prädiktor, eingesetzt<br />

werden kann.<br />

Bei den eingeschlossenen 1178 Patienten wurde nach Aufklärung<br />

und Einwilligung sowohl bei Raumluft als auch unter<br />

Applikation von Sauerstoff via Nasensonde präoperativ<br />

die zerebrale Sauerstoffsättigung gemessen und der postoperative<br />

Verlauf über ein Jahr erfasst. Neben dem Zusammenhang<br />

mit der kardialen Leistung waren die postoperative<br />

Morbidität, definiert als mehr als zwei „Major-Komplikationen“,<br />

wie akutes Herzversagen (Low cardiac output syndrome,<br />

LCOS), Schlaganfall, Nierenversagen und Notwendigkeit<br />

der verlängerten oder erneuten Beatmung, oder Dauer des<br />

Aufenthaltes auf Intensiv- oder Intermediate-Care-Station<br />

länger als neun Tage, sowie die 30-Tage- und 1-Jahres-Mortalität<br />

Endpunkte der Untersuchung.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten, die innerhalb der<br />

ersten 30 Tage postoperativ verstorben sind, signifikant niedrigere<br />

S c O 2 -Werte sowohl ohne, wie mit Sauerstoff aufwiesen,<br />

als diejenigen, die überlebt haben (Abbildung 3). Ferner zeigte<br />

sich, dass die präoperative S c O 2 mit abnehmender kardialer<br />

Leistungsfähigkeit sinkt. Dies ließ sich sowohl in den funktionellen<br />

wie in den biochemischen Parametern nachweisen.<br />

Schließlich ließ sich eine präoperative S c O 2 unter 50 Prozent<br />

Abb. 3: Mittlere S c O 2 ohne (S c O 2 room-air) und mit supplementiertem<br />

Sauerstoff (S c O 2 min-Ox) bei Patienten, die nach 30 Tagen<br />

lebten, im Vergleich <strong>zu</strong> denen, die verstorben sind<br />

29. JAHRGANG | HEFT 2 | OKTOBER 2012 |<br />

mit Sauerstoffsupplementation als unabhängiger Prädiktor<br />

der postoperativen Morbidität und Mortalität identifizieren.<br />

Ein Teil der in der vorgestellten Untersuchung eingeschlossenen<br />

Patienten (N=231) wurde <strong>zu</strong>sätzlich <strong>zu</strong>r Standarddiagnostik<br />

und -therapie systematisch auf das postoperative<br />

Auftreten von Delir untersucht 29 . Da<strong>zu</strong> stehen<br />

verschiedene Testverfahren <strong>zu</strong>r Verfügung, die <strong>zu</strong>m Teil auch<br />

bei Patienten auf Intensivstationen eingesetzt werden können,<br />

hier wurde die „Confusion Assessment-Method for the<br />

Intensive Care Unit“ (CAM-ICU) angewendet. Dieser Test lässt<br />

sich auch bei noch künstlich beatmeten Patienten durchführen,<br />

da der Getestete nicht sprechen muss.<br />

Das Ziel der Untersuchung war die Beantwortung der<br />

Frage, ob die präoperative, sowie die niedrigste intraoperativ<br />

gemessene zerebrale Sauerstoffsättigung im Zusammenhang<br />

mit dem postoperativen Auftreten von Delir steht. Verschiedene<br />

Risikofaktoren für das postoperative Delir wurden<br />

bereits identifiziert, da<strong>zu</strong> gehören hohes Alter, Anämie, präoperative<br />

kardiale Instabilität oder größere intraoperative hämodynamische<br />

Schwankungen 8 . Da diese Faktoren auch die<br />

zerebrale Sauerstoffsättigung beeinflussen, liegt dieser Zusammenhang<br />

nahe.<br />

Anhand von N=231 Patienten <strong>zu</strong> geplanten herzchirurgischen<br />

Eingriffen konnten wir zeigen, dass bei Patienten, bei<br />

denen ein postoperatives Delir auftrat, eine niedrigere präoperative<br />

S c O 2 <strong>zu</strong> messen war. Eine S c O 2 unter 60 Prozent<br />

konnte hier neben den bekannten Prädiktoren hohes Alter,<br />

niedrige vorbestehende kognitive Leistungen, sowie psychiatrische<br />

oder neurologische Erkrankungen als unabhängiger<br />

Prädiktor für postoperatives Delir identifiziert werden.<br />

Zusammenfassend kann die präoperativ gemessene zerebrale<br />

Sauerstoffsättigung <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng nicht nur des<br />

neurologischen, sondern auch des allgemeinen Risikos nach<br />

herzchirurgischen Eingriffen ergänzend <strong>zu</strong> etablierten Risikoscores<br />

mit herangezogen werden.<br />

S c O 2 <strong>zu</strong>r Messung der globalen hämodynamischen<br />

Situation<br />

Zur Abschät<strong>zu</strong>ng der Balance von Sauerstoffangebot und<br />

–verbrauch im gesamten Körper wird idealerweise die gemischt-venöse<br />

Sauerstoffsättigung, die über einen Pulmonalarterien-Katheter<br />

invasiv gemessen werden muss, heran<br />

gezogen. Wenn unter stabilen Verhältnissen präoperativ die<br />

zerebrale Sauerstoffsättigung in engem Zusammenhang mit<br />

der kardialen Leistungsfähigkeit steht, könnte dies auch im<br />

Umkehrschluss bedeuten, dass der Abfall der zerebralen Sauerstoffsättigung<br />

ein Ausdruck eines Missverhältnisses nicht<br />

nur in der zerebralen sondern auch in der globalen Sauerstoffbilanz<br />

anzeigt.<br />

Die <strong>Lübeck</strong>er Arbeitsgruppe hat in zwei weiteren Studien<br />

intra- und postoperativ nach herzchirurgischen Eingriffen den<br />

Zusammenhang zwischen zerebraler Sauerstoffsättigung<br />

(<strong>focus</strong>) <strong>uni</strong> <strong>lübeck</strong><br />

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