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Der Salzburger Arzt - Ärztekammer Salzburg

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arzt undrecht<br />

CHECKLISTE<br />

Zusammenfassung eines Artikels in der<br />

Fachzeitschrift „Recht der Medizin“ (RDM)<br />

Nr. 2009/7 (Autorin Maria Kletecka-Pulker)<br />

Durch die Gesetzesnovellen der<br />

letzten Jahre sind einige Neuerungen<br />

betreffend der Einwilligung<br />

in medizinische Behandlungen in<br />

Kraft getreten. Die Checkliste gibt<br />

anhand einzelner Fallkonstellationen<br />

einen Überblick über die<br />

betreffenden Änderungen und stellt<br />

dar, wer in welcher Situation die<br />

Einwilligung in eine medizinische<br />

Behandlung geben muss. Zunächst<br />

werden aber ein paar zentrale Begriffe<br />

näher betrachtet, da dies für<br />

die Entscheidung, wer in welcher<br />

Situation rechtmäßig einwilligen<br />

kann, unverzichtbar ist.<br />

Inhaltsübersicht:<br />

A) Grundsätzliches:<br />

1. Medizinische Behandlung<br />

2. Unterscheidung zwischen<br />

einfacher und schwerwiegender<br />

Behandlung<br />

B) Einwilligung bei erwachsenen<br />

Personen<br />

C) Ausgewählte Rechtsfragen in<br />

diesem Zusammenhang:<br />

1. „Second Opinion“<br />

2. Generelle Durchbrechung der<br />

Höchstpersönlichkeit der Einwilligung<br />

bei der Vorsorgevollmacht?<br />

D) Einwilligung bei Kindern<br />

A) Grundsätzliches<br />

1. Medizinische Behandlung<br />

Die zentralen Bestimmungen die Einwilligung<br />

betreffend knüpfen an den Begriff<br />

der „medizinischen Behandlung“ an.<br />

Die Definition der medizinischen Behandlung<br />

ist von dem weiten Behandlungsbegriff<br />

des § 110 StGB geprägt. Die<br />

Regelungen erstrecken sich daher auf alle<br />

ärztlichen Tätigkeiten, also nicht nur<br />

auf die Heilbehandlung ieS, sondern<br />

auch auf alle Maßnahmen zur Feststellung<br />

oder Verhütung von Krankheiten<br />

sowie auf solche der Schmerzlinderung<br />

ohne therapeutische Wirkung. Gegenstand<br />

der Behandlung können nicht nur<br />

Krankheiten im eigentlichen Sinne, sondern<br />

auch Leiden sein. Erfasst sind aber<br />

auch jene medizinischen Maßnahmen,<br />

die mangels medizinischer Indikation<br />

keine Heilbehandlungen sind, die aber<br />

ebenso mit einem Eingriff in die körperliche<br />

Integrität des Patienten verbunden<br />

sind und vom <strong>Arzt</strong> vorgenommen oder<br />

angeordnet werden müssen, etwa kosmetische<br />

Operationen, Transplantationen<br />

und Transfusionen. Therapeutische<br />

Maßnahmen von Angehörigen<br />

§<br />

10<br />

<strong>Der</strong> <strong><strong>Salzburg</strong>er</strong> <strong>Arzt</strong> September 2009<br />

Neue Formen der Einwilligung<br />

anderer Gesundheitsberufe (z. B. Psychotherapeuten)<br />

fallen hingegen nicht<br />

darunter. Eine medizinische Behandlung<br />

stellt jedenfalls auch das Setzen der sogenannten<br />

„PEG-Sonde“ dar, sie kann<br />

daher nicht nur unmittelbar, sondern<br />

auch mit Hilfe einer Patientenverfügung<br />

abgelehnt werden.<br />

2. Unterscheidung zwischen einfacher<br />

und schwerwiegender Behandlung<br />

Eine der schwierigsten Fragen in der<br />

Praxis ist jene, wann eine Behandlung<br />

vorliegt, die gewöhnlich mit einer<br />

schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung<br />

der körperlichen Unversehrtheit<br />

oder der Persönlichkeit verbunden ist.<br />

Die Abgrenzung dieser schwerwiegenden<br />

Behandlung von einer einfachen<br />

Behandlung ist von großer rechtlicher<br />

Relevanz, weil für die Einwilligung in erstere<br />

bei einwilligungsfähigen Minderjährigen<br />

noch zusätzlich die Zustimmung<br />

des Erziehungsberechtigten erforderlich<br />

ist (§ 146 c ABGB; vgl. auch 283<br />

Abs. 2 ABGB). Es stellt sich daher immer<br />

die Frage, wann eine einfache Behand-<br />

lung vorliegt und wann eine Behandlung<br />

vorliegt, die gewöhnlich mit einer<br />

schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung<br />

der körperlichen Unversehrtheit<br />

oder der Persönlichkeit verbunden ist.<br />

Entscheidend ist dabei, ob es sich um<br />

eine Maßnahme handelt, die regelmäßig<br />

mit schweren oder (alternativ) nachhaltigen<br />

Beeinträchtigungen verbunden ist.<br />

Dabei bleiben aber atypische Risiken<br />

und Verläufe, auch wenn sie in einer gewissen,<br />

jedoch geringen Anzahl der Fälle<br />

auftreten, außer Betracht. Eine schwere<br />

Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit<br />

liegt vor, wenn die Voraussetzungen<br />

des § 84 Abs. 1 StGB für eine<br />

schwere Körperverletzung erfüllt sind.<br />

Dies ist der Fall, wenn der Eingriff entweder<br />

eine an sich schwere Beeinträchtigung<br />

darstellt oder er eine 24 Tage<br />

übersteigende Gesundheitsschädigung<br />

bzw. Berufsunfähigkeit nach sich zieht.<br />

Eine nachhaltige Beeinträchtigung ist<br />

immer dann gegeben, wenn die Auswirkungen<br />

der Behandlungen überhaupt<br />

nicht oder nur sehr schwer wieder beseitigt<br />

werden können. Zu beachten ist<br />

freilich, dass die Risikogeneigtheit bestimmter<br />

Behandlungen mit zunehmendem<br />

Alter steigt und diese daher<br />

zwar u. U. nicht bei Minderjährigen, wohl<br />

aber bei älteren Menschen als „schwerwiegend“<br />

einzustufen sein werden.<br />

Auch die umgekehrte Situation ist vorstellbar<br />

(z. B. bei einer Mandeloperation).<br />

B) Einwilligung bei erwachsenen<br />

Personen<br />

Ist ein Patient einsichts- und urteilsfähig,<br />

ist er es, der über die Durchführung einer<br />

medizinischen Behandlung entscheidet.<br />

<strong>Der</strong> einsichts- und urteilsfähige Patient<br />

kann eine Behandlung ablehnen bzw.<br />

jederzeit abbrechen, auch wenn eine<br />

Nichtbehandlung den Tod zur Folge hat.<br />

Er hat ein uneingeschränktes Vetorecht.<br />

Dieses Vetorecht umfasst nicht nur die<br />

Entscheidung über medizinische Behandlungen<br />

im eigentlichen Sinn, sondern<br />

auch die Entscheidung über eine<br />

lebenserhaltende „Basisversorgung“,<br />

einschließlich der künstlichen Ernährung.

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