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192 VII. Von Calcutta nach Bombay. in erster Linie verdient. Es ist das die oben im Vindhya- gebirge gelegene alte Königsstadt Ujjayint, die Vaterstadt Kälidäsa's, des grössten indischen Dichters. Sein Geist schien uns die Worte des Meghadüta zuzurufen: Wenn du such nordwärts strebend nicht magst weilen, So lass dich doch den Umweg nicht verdriessen, Ujjayini's Palästen zuzueilen Und ihrer Dächer Freundschaft zu geniessen. Unser Ziel war allerdings noch nicht die nordische Heimat, sondern zunächst Bombay und der Süden Indiens, aber gerade darum mussten wir ein gutes Stück auf einer Nebenlinie den Vindhya hinauf nach Norden zurückfahren, wollten wir auch einmal in dem Dunstkreise der Stadt ver weilen, welche in alten Zeiten eine von Kälidäsa in so glühenden Farben beschriebene Herrlichkeit gehabt haben muss. Nach einer Eisenbahnfahrt von zwanzig Stunden ge langten wir von Allahabad nach Khandwa, welches ungefähr gleich weit von Allahabad und Bombay entfernt liegt, und von wo die schmalspurige Vindhyabahn nach Norden abzweigt. Hier verliessen wir gegen Mittag den Bombayer Zug und nahmen zunächst in der Bahnhofshalle das Tiffin ein, konnten aber nur mit Mühe etwas geniessen; so gross war hier, zwanzig Eisenbahnstunden südlicher als Allahabad, bereits die Hitze. Wir trösteten uns damit, bald wieder nach Norden und ins kühlere Hochgebirge zu kommen, bestiegen einen etwas engen, aber dafür auch während der ganzen Fahrt uns allein verbleibenden Wagen der Sekundär bahn und rollten nordwärts. Höchst malerisch präsentierte sich beim Überschreiten die am Südabhange des Viiidhya- gebirges hinströmende Narmadä, indem sie durch' vor springende Felspartien und Geröll ihren Weg suchte, bald ihre ungestümen Fluten zur Umgehung der Hindernisse zer teilend, bald sie wieder zur Einheit zusammenleitend, daher sie mit Recht von Kälidäsa „der Malerei (bhüti), welche
Über die Narmadä. Indore. 193 man durch Einteilung von Feldern (bhakti-chedais) auf dem Rüssel des Elefanten anbringt," (Meghadüta 19) verglichen wird. Weiter ging es in gemächlicher Steigung den Vindhya hinan, bis wir gegen Abend die GarnisonstadtMhow und bald darauf Indore, die Residenz des Holkar, erreichten, um hier zu übernachten. Ein Hotel ist in Indore nicht vorhanden. Das Dak Bungalow Hegt ziemlich weit von der Bahn. Unter diesen Umständen zogen wir es vor, das Ladies Waiting Room des Bahnhofs zu beziehen und dort unsere Reisebetten ausbreiten zu lassen. Leider war aber ein Büffet mit dem Bahnhofe nicht verbunden, sodass wir zum Abendessen doch den weiten Weg nach dem Dak Bungalow unter Führung eines Knaben hin und her zurücklegten. Weniger unbequem war die Sache am andern Morgen, wo wir die Besichtigung der Stadt mit dem Frühstück im Dak Bungalow verbinden konnten. Wir machten dort die Bekanntschaft eines Hand lungsreisenden, eines jungen Parsi, der mit der Ungeniertheit, welche die Parsis so merklich von den Hindus unterscheidet, uns zumutete, ihm nach unserer Rückkehr einen German Primär (Elementarbuch des Deutschen für Engländer) zu schicken. Wir begnügten uns, ihm einige Titel anzugeben und verwiesen ihn im übrigen an die Buchhändler. Eine flüchtige Besichtigung der Stadt, des Marktplatzes nebst dem blauen Palaste, des Lal Bagh, eines öffentlichen Gartens mit wilden Tieren, füllte den Vormittag aus. Im Vorbeigehen sah ich etwas, was mir aus indischen Märchen wohl bekannt, aber in Wirklichkeit noch nie vorgekommen, näm lich den Kampf zweier Widder gegen einander. Wie auf Ver abredung erhoben sich die Tiere gleichzeitig auf die Hinter beine und Hessen ihre Köpfe mit solcher Heftigkeit gegen einander prallen, dass sie wohl nur durch die grosse Dicke ihrer Schädel vor Schaden bewahrt blieben. Dies wieder holten sie fort und fort ganz phlegmatisch und ohne eine Spur von Gemütsbewegung, als sei es ihnen ein angenehmer Sport. Deussen, Erinnerungen an Indien. 1.5
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man durch Einteilung von Feldern (bhakti-chedais) auf dem<br />
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Weiter ging es in gemächlicher Steigung den Vindhya hinan, bis<br />
wir gegen Abend die GarnisonstadtMhow und bald darauf Indore,<br />
die Residenz des Holkar, erreichten, um hier zu übernachten.<br />
Ein Hotel ist in Indore nicht vorhanden. Das Dak<br />
Bungalow Hegt ziemlich weit von der Bahn. Unter diesen<br />
Umständen zogen wir es vor, das Ladies Waiting Room des<br />
Bahnhofs zu beziehen und dort unsere Reisebetten ausbreiten<br />
zu lassen. Leider war aber ein Büffet mit dem Bahnhofe<br />
nicht verbunden, sodass wir zum Abendessen doch den<br />
weiten Weg nach dem Dak Bungalow unter Führung eines<br />
Knaben hin und her zurücklegten. Weniger unbequem war<br />
die Sache am andern Morgen, wo wir die Besichtigung der<br />
Stadt mit dem Frühstück im Dak Bungalow verbinden<br />
konnten. Wir machten dort die Bekanntschaft eines Hand<br />
lungsreisenden, eines jungen Parsi, der mit der Ungeniertheit,<br />
welche die Parsis so merklich von den Hindus unterscheidet,<br />
uns zumutete, ihm nach unserer Rückkehr einen German<br />
Primär (Elementarbuch des Deutschen für Engländer) zu<br />
schicken. Wir begnügten uns, ihm einige Titel anzugeben<br />
und verwiesen ihn im übrigen an die Buchhändler.<br />
Eine flüchtige Besichtigung der Stadt, des Marktplatzes<br />
nebst dem blauen Palaste, des Lal Bagh, eines öffentlichen<br />
Gartens mit wilden Tieren, füllte den Vormittag aus. Im<br />
Vorbeigehen sah ich etwas, was mir aus indischen Märchen<br />
wohl bekannt, aber in Wirklichkeit noch nie vorgekommen, näm<br />
lich den Kampf zweier Widder gegen einander. Wie auf Ver<br />
abredung erhoben sich die Tiere gleichzeitig auf die Hinter<br />
beine und Hessen ihre Köpfe mit solcher Heftigkeit gegen<br />
einander prallen, dass sie wohl nur durch die grosse Dicke<br />
ihrer Schädel vor Schaden bewahrt blieben. Dies wieder<br />
holten sie fort und fort ganz phlegmatisch und ohne eine Spur<br />
von Gemütsbewegung, als sei es ihnen ein angenehmer Sport.<br />
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