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188 VII. Von Calcutta nach Bombay. springende Landzunge zwischen beiden Flüssen ist zwar un bewohnt und unbebaut, hat aber doch nichts von der schauer lichen Erhabenheit, wie man sie etwa in Delphi oder am Herthasee empfinden mag. Die schon öfter erwähnte Nei gung der Inder, Religion und Sport zu kombinieren, kommt auch hier zum Ausdrucke. Eine bunte, fröhliche Menge tummelt sich zur morgendlichen Badezeit auf Prayäga. Die einen plätschern lustig im Wasser, die andern trocknen am Ufer ihre Kleider, plaudern, lachen und scherzen; allerlei Messbuden sind aufgeschlagen, an Blumen und Süssigkeiten ist kein Mangel, Bettler und Gaukler drängen sich durch die festlich gestimmte Menge und halten reichliche Ernte. Wir nahmen eines der zahlreichen Boote und Hessen uns zu der Stelle rudern, wo die blauen Wasser der Yamunä mit den gelben Fluten der Gangä zusammenstossen, um dann in trüberem Gemische zusammen fortzugleiten. Die fröhlichen Gruppen am Ufer, die weite sonnebeglänzte indische Land schaft, die hochragende Stadt als Abschluss in der Ferne, das alles wäre ein Schauspiel für Götter gewesen; denn der Mensch erträgt eine solche Fülle von Eindrücken, wie sie unsere Reise bot, nicht, ohne zuletzt in etwas abgestumpft zu werden. Unsern Rückweg nahmen wir über das Fort und be sichtigten hier, wie vormals bei Delhi, die berühmte Säule, welche mit den Edikten des buddhafreundlichen, aber gegen alle Religionen toleranten Königs Agoka geschmückt ist, an die sich verschiedene Inschriften aus späterer Zeit anschliessen. Ganz in der Nähe stiegen wir in ein Gewölbe hinunter, um den wunderbaren Akshaya Bata, den „unvergänglichen Feigen baum" zu beschauen, welcher in einem kellerartigen Räume unter Ausschluss von Licht und freier Luft wächst und doch nie abstirbt, unzweifelhaft ein Wunder, — wenn nicht viel leicht von Zeit zu Zeit ein wenig nachgeholfen werden sollte. Der Rest des Vormittags wurde mit Besichtigung der Stadt und Besuchen ausgefüllt. Gleich nach dem Tiffin nahm
Das Fort. Vortrag in Allahabad. 189 mich eine Anzahl Pandits in Beschlag, bis um vier Uhr Roshan Läl erschien, um mich zum Thee in seinem Hause abzuholen und von dort in die Vorlesung zu geleiten. Der geräumige Saal füllte sich erst allmählich, während ich, auf meinem Katheder zwischen zwei Kandelabern thronend, mich ruhig von den Versammelten betrachten Hess und in der Geschwin digkeit Anfang, Mitte und Ende meines Vortrags überdachte. Zur "Vorbereitung hatte ich keine Zeit gehabt, aber der Gegenstand war mir in seiner allgemeinen Gliederung und in allen Einzelheiten so vertraut, dass ich mich ruhig der Gunst des Augenblickes anbefehlen konnte. Diese Hess mich denn auch nicht im Stiche. Als der Saal sich mit Sitzenden und Stehenden ganz gefüllt hatte, Hess ich Türen, Fenster und Läden schliessen und entwickelte mit dem Feuer und Nachdruck eines Überzeugten den Vedänta in seiner allein ernst zu nehmenden monistischen Advaita-Form, indem ich, unbekümmert um die Standpunkte meinet Zuhörer, alle an deren Formen, wie denn namentlich auch die theistische, als empirische Entartungen charakterisierte. Auch hier wurde mir, nachdem ich geendet, mit echt indischer Naivität die Bitte unterbreitet, mit Rücksicht auf diejenigen Anwesenden, welche des Englischen unkundig seien, meinen Vortrag noch einmal auf Sanskrit zu wiederholen. Ich willfahrte in der Kürze, und nun begann die Diskussion, welche für den Ernst und Eifer, mit dem man in Indien die Philosophie treibt, ein sprechendes und für Europa beschämendes Zeugnis ablegte. Die einen sprachen Englisch, die anderen Sanskrit, noch andere Hindi. Neben zustimmenden Äusserungen stiess ich auch auf ernsten Widerspruch, namentlich von Seiten derer, welche sich an einem unpersönlichen Brahman nicht genügen lassen und seine Personifikation als Igvara nicht als blosse Akkomodation an das auf empirische Anschauungen be schränkte menschliche Erkenntnisvermögen gelten lassen wollten. Ihnen wurde wiederum von anderen widersprochen,
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Das Fort. Vortrag in Allahabad. 189<br />
mich eine Anzahl Pandits in Beschlag, bis um vier Uhr Roshan<br />
Läl erschien, um mich zum Thee in seinem Hause abzuholen<br />
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Saal füllte sich erst allmählich, während ich, auf meinem<br />
Katheder zwischen zwei Kandelabern thronend, mich ruhig<br />
von den Versammelten betrachten Hess und in der Geschwin<br />
digkeit Anfang, Mitte und Ende meines Vortrags überdachte.<br />
Zur "Vorbereitung hatte ich keine Zeit gehabt, aber der<br />
Gegenstand war mir in seiner allgemeinen Gliederung und<br />
in allen Einzelheiten so vertraut, dass ich mich ruhig der<br />
Gunst des Augenblickes anbefehlen konnte. Diese Hess mich<br />
denn auch nicht im Stiche. Als der Saal sich mit Sitzenden<br />
und Stehenden ganz gefüllt hatte, Hess ich Türen, Fenster<br />
und Läden schliessen und entwickelte mit dem Feuer und<br />
Nachdruck eines Überzeugten den Vedänta in seiner allein<br />
ernst zu nehmenden monistischen Advaita-Form, indem ich,<br />
unbekümmert um die Standpunkte meinet Zuhörer, alle an<br />
deren Formen, wie denn namentlich auch die theistische,<br />
als empirische Entartungen charakterisierte. Auch hier wurde<br />
mir, nachdem ich geendet, mit echt indischer Naivität die<br />
Bitte unterbreitet, mit Rücksicht auf diejenigen Anwesenden,<br />
welche des Englischen unkundig seien, meinen Vortrag noch<br />
einmal auf Sanskrit zu wiederholen. Ich willfahrte in der<br />
Kürze, und nun begann die Diskussion, welche für den Ernst<br />
und Eifer, mit dem man in Indien die Philosophie treibt, ein<br />
sprechendes und für Europa beschämendes Zeugnis ablegte.<br />
Die einen sprachen Englisch, die anderen Sanskrit, noch<br />
andere Hindi. Neben zustimmenden Äusserungen stiess ich<br />
auch auf ernsten Widerspruch, namentlich von Seiten derer,<br />
welche sich an einem unpersönlichen Brahman nicht genügen<br />
lassen und seine Personifikation als Igvara nicht als blosse<br />
Akkomodation an das auf empirische Anschauungen be<br />
schränkte menschliche Erkenntnisvermögen gelten lassen<br />
wollten. Ihnen wurde wiederum von anderen widersprochen,