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180 VI. Calcutta und der Himälaya. Ich erwiderte, dass man ihn in Europa höher schätzen würde, wenn er weniger und das Wenige um so korrekter drucken lassen wollte. Er antwortete: das.komme daher, dass er oft durch Überarbeitung krank sei und dann die Arbeit frem den Händen überlassen müsse. Zuletzt kamen wir auf das Versemachen im Sanskrit, und er sprach: „jetzt will ich Ihnen einen Vers aufschreiben, und ich wette, dass Sie den Sinn nicht herausbekommen sollen, wie Sie sich auch immer stellen". Er schrieb den Vers, den ich noch unter meinen Papieren aufbewahre, und ich erwiderte nur, dass man es bei uns höher schätze, wenn jemand Verse schreibe, die jeder, als solche, die niemand verstehe. Wir füllten die grosse Kiste bis an den Rand mit Büchern, und ich bezahlte das Ganze wie" auch die Fracht, welche von Calcutta bis Hamburg nur 7 Rupien kostete. Ungefähr ebensoviel betrug dann noch die Fracht von Hamburg bis Kiel, wobei eine lange Rechnung für Ausbootung, Landung, Zollrevision etc. etc. aufgestellt war. Aber wovon,sollten wohl die Ham burger Agenten, Joller und Jobber leben, wenn sie es nicht auf diese Weise anfingen? Wir wollten Calcutta nicht verlassen, ohne seinem welt berühmten botanischen Garten einen Besuch abzustatten. Schon früher hatten wir einen solchen mit Frau Dr. Hörnle ge plant, deren Gemahl damals Prinzipal des mohammedanischen Madrasa College in Calcutta war, aber begreiflicherweise seine Hauptinteressen im Sanskrit stecken hatte. So zeigte er mir nach einem angenehm in seinem Hause verbrachten Abende auch die beiden buddhistischen Handschriften medi zinischen Inhaltes aus dem vierten Jahrhundert p. C, welche damals vor kurzem gefunden worden waren und wegen ihres hohen Alters Aufsehen erregten. An diesem Abende wurde auch für den folgenden Tag ein Ausflug in den botanischen Garten verabredet, der aber- nicht zu stände kam, weil es in der Nacht ziemlich stark geregnet hatte, und der Aufenthalt
Der botanische Garten. Der Nyagrodhabaum. 181 in einer feuchten Pflanzenluft in Indien leicht Fieber nach sich ziehen kann. Erst kurz vor unserer Abreise kamen wir nun doch noch dazu, mit der Familie Roy den botanischen Garten zu besuchen. Derselbe Hegt nördlich von der Stadt, jenseits des Hughli, und da auch Roy's Wohnung im Norden von Calcutta lag, so konnten wir uns den langen Umweg nach Süden über die Hughlibrücke und wieder nach Norden ersparen, wenn wir direkt im Boot über den Strom fuhren und am botanischen Garten landeten. Ein Boot mit einem Dutzend uniform gekleideter Ruderer wurde von Freund Mullik zur Verfügung gestellt, und so fuhren wir in vor nehmster Weise über die gelben Fluten der Gaiigä, deren einen Arm der Hughli bildet, und landeten an einem kleinen Treppchen, welches direkt in den schönsten Teil des weit ausgedehnten botanischen Gartens führte. Gleich beim Ein tritte gelangten wir in eine breite und lange Allee, welche auf beiden Seiten von hohen Palmbäumen umgeben war, die, alle von gleicher Grösse, gleicher Art und gleichem Wüchse, einen Anblick von überwältigender Schönheit boten. Aber auch weiter trat dem Beschauer überall, wohin er das Auge richtete, die Herrlichkeit der tropischen Pflanzenwelt in ihrer vollsten Entfaltung entgegen. Vorüber an geschmack vollen Anlagen mit Baumgruppen, Schlingpflanzen, Blumen beeten gelangten wir zu der grössten Sehenswürdigkeit des Gartens, dem grossen Nyagrodha-Baum. Dieser Baum, ficus Indica, dessen Sanskritname, „der nach unten Wachsende" bedeutet, sendet seine Zweige nach unten, wo sie unter günstigen Umständen den Boden erreichen, dort Wurzel schlagen und zu neuen Stämmen erstarken, sodass schliess lich aus dem einen Baume ein ganzer Wald wird. Jedoch ist dieses Resultat selten, so häufig auch der Nyagrodha baum ist, den man in Gärten und an der Landstrasse überall antrifft. Gewöhnlich erreichen die nach unten strebenden Zweige gar nicht den Erdboden und treiben ihre Wurzeln
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Der botanische Garten. Der Nyagrodhabaum. 181<br />
in einer feuchten Pflanzenluft in Indien leicht Fieber nach<br />
sich ziehen kann. Erst kurz vor unserer Abreise kamen wir<br />
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Garten zu besuchen. Derselbe Hegt nördlich von der Stadt,<br />
jenseits des Hughli, und da auch Roy's Wohnung im Norden<br />
von Calcutta lag, so konnten wir uns den langen Umweg<br />
nach Süden über die Hughlibrücke und wieder nach Norden<br />
ersparen, wenn wir direkt im Boot über den Strom fuhren<br />
und am botanischen Garten landeten. Ein Boot mit einem<br />
Dutzend uniform gekleideter Ruderer wurde von Freund<br />
Mullik zur Verfügung gestellt, und so fuhren wir in vor<br />
nehmster Weise über die gelben Fluten der Gaiigä, deren<br />
einen Arm der Hughli bildet, und landeten an einem kleinen<br />
Treppchen, welches direkt in den schönsten Teil des weit<br />
ausgedehnten botanischen Gartens führte. Gleich beim Ein<br />
tritte gelangten wir in eine breite und lange Allee, welche<br />
auf beiden Seiten von hohen Palmbäumen umgeben war,<br />
die, alle von gleicher Grösse, gleicher Art und gleichem<br />
Wüchse, einen Anblick von überwältigender Schönheit boten.<br />
Aber auch weiter trat dem Beschauer überall, wohin er das<br />
Auge richtete, die Herrlichkeit der tropischen Pflanzenwelt<br />
in ihrer vollsten Entfaltung entgegen. Vorüber an geschmack<br />
vollen Anlagen mit Baumgruppen, Schlingpflanzen, Blumen<br />
beeten gelangten wir zu der grössten Sehenswürdigkeit des<br />
Gartens, dem grossen Nyagrodha-Baum. Dieser Baum, ficus<br />
Indica, dessen Sanskritname, „der nach unten Wachsende"<br />
bedeutet, sendet seine Zweige nach unten, wo sie unter<br />
günstigen Umständen den Boden erreichen, dort Wurzel<br />
schlagen und zu neuen Stämmen erstarken, sodass schliess<br />
lich aus dem einen Baume ein ganzer Wald wird. Jedoch<br />
ist dieses Resultat selten, so häufig auch der Nyagrodha<br />
baum ist, den man in Gärten und an der Landstrasse überall<br />
antrifft. Gewöhnlich erreichen die nach unten strebenden<br />
Zweige gar nicht den Erdboden und treiben ihre Wurzeln