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174 VI. Calcutta und der Himälaya. dünnen Latten bestanden und so. aussahen, als habe man sie von oben her in den Boden hineingepflanzt. Ich erfuhr, dass der Fluss sein Bette hier sehr oft ändere, und dass aus diesem Grunde der ganze Bahnhof mit all seinen Baulichkeiten leicht transportabel sein müsse. Weiter fuhren wir durch die tiefe indische Nacht, begrüssten die auf gehende Sonne hier an dem östlichsten Punkte der ganzen Reise und liefen am Nachmittag wohlbehalten in Dum Dum, der letzten Station vor Calcutta, ein. Hier trafen wir mit Mr. Roy und dessen Familie der Absprache nach zusammen, um die hier eröffnete landwirtschaftliche Ausstellung in Augenschein zu nehmen. Da gab es Pferde, Ochsen, Kühe mit ihren Kälbern, landwirtschaftliche Maschinen usw. Das alles hatte wenig Reiz für mich, und ich wunderte mich, dass der Strom der Besucher, in dem wir fortgetragen wurden, mehr Interesse für diese Trivialitäten zeigte als für die wunderbare Umgebung des- Tropenlandes, und mehr Interesse für uns europäische Blassgesichter als für die braunen Gesichter und die malerischen Trachten ihres eigenen Volkes. Mit der Familie Roy zogen wir in Calcutta ein, um weiterhin die Gastfreundschaft ihres Hauses zu geniessen und zum ersten Male den Reiz des indischen Familienlebens kennen zu lernen. Die Schwester von Mrs. Roy, die zarte liebliche Miss Cakravarti (von den Engländern in Chucker- butty verquatscht), — dieselbe, welche man in England meuchlings zur Christin umgeknetet, ohne dass es der lieb reizenden Unschuld ihres Wesens geschadet hätte, — diese räumte uns ihr Zimmer ein, wo wir denn unter Nippsachen, Photographien und zierlichen Malereien uns ausbreiten durften. Ausser ihr und dem Ehepaar Roy waren noch deren Kinder, zwei reizende kleine Hindumädchen vorhanden, welche, wie gewöhnlich in Indien, von einer zahlreichen Dienerschaft umgeben waren; denn ohne ein Dutzend Diener
Tierschau in Dum Dum. Eine indische Haushaltung. 175 kann ein wohlgeordneter Haushalt in Indien nicht bestehen. Da ist zunächst als oberster der Kammerdiener, der die Garderobe des Herrn in Ordnung hält und auch bei Tisch aufwartet, sodann eine Kammerjungfer zur Bedienung der Frau des Hauses und eine Kinderfrau für die Kleinen. Letztere wird auch häufig nach Europa mitgenommen, und in London ist sie unter dem Namen Äyä wohlbekannt und überall anzutreffen. Weiter folgt in der Hierarchie der Dienerschaft der Koch (Bävarchi), eventuell mit Gehülfen, der Pförtner, der Kutscher, der Waschmann, deren jedes Haus schon wegen der Ansteckungsgefahr seinen eigenen hat, der Gärtner (Mali), der Wasserträger oder Bhisti und endlich, als unterster in dieser Klimax, der Mehtar (von den Eng ländern auch Sweeper genannt), welcher immer auf der Lauer liegen muss, um alle Exkremente sofort in den hierzu dienenden Porzellaneimern zu beseitigen. Ein indisches Haus ist daher in der Regel sehr sauber, appetitlich und geruchlos, zumal auch die Küche nicht im Hause, sondern in einem Nebengebäude zu sein pflegt. An Gehalt erhalten diese Diener von 20 bis herab zu 5 Rupien monatlich, also zwischen 30 und 7 Mark. Ausser diesem gewiss sehr niedrigen Lohn bekommen sie gar nichts, weder Essen, noch Kleidung oder Wohnung. Sie wohnen irgendwo in der Nachbarschaft mit ihrer Familie, kommen nur, um die ihnen obliegenden Dienste zu verrichten, und gehen dann wieder nach Hause. Im ganzen mögen die Kosten der Bedienung für ein Haus sich auf etwa 150 Mark monatlich belaufen. Mr. Roy hat uns alle die folgenden Tage in Calcutta nicht nur in der freigebigsten Weise logiert, gespeist und getränkt, sondern er war auch unablässig darauf bedacht, uns neue und wertvolle Eindrücke zu verschaffen. Einer der interessantesten war der folgende. Es hielt sich damals in Calcutta eine hochheilige Büsserin auf, und ein Freund von Mr. Roy erbot sich, mir eine Audienz
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Tierschau in Dum Dum. Eine indische Haushaltung. 175<br />
kann ein wohlgeordneter Haushalt in Indien nicht bestehen.<br />
Da ist zunächst als oberster der Kammerdiener, der die<br />
Garderobe des Herrn in Ordnung hält und auch bei Tisch<br />
aufwartet, sodann eine Kammerjungfer zur Bedienung der<br />
Frau des Hauses und eine Kinderfrau für die Kleinen.<br />
Letztere wird auch häufig nach Europa mitgenommen, und<br />
in London ist sie unter dem Namen Äyä wohlbekannt und<br />
überall anzutreffen. Weiter folgt in der Hierarchie der<br />
Dienerschaft der Koch (Bävarchi), eventuell mit Gehülfen, der<br />
Pförtner, der Kutscher, der Waschmann, deren jedes Haus<br />
schon wegen der Ansteckungsgefahr seinen eigenen hat, der<br />
Gärtner (Mali), der Wasserträger oder Bhisti und endlich,<br />
als unterster in dieser Klimax, der Mehtar (von den Eng<br />
ländern auch Sweeper genannt), welcher immer auf der Lauer<br />
liegen muss, um alle Exkremente sofort in den hierzu<br />
dienenden Porzellaneimern zu beseitigen. Ein indisches<br />
Haus ist daher in der Regel sehr sauber, appetitlich und<br />
geruchlos, zumal auch die Küche nicht im Hause, sondern<br />
in einem Nebengebäude zu sein pflegt. An Gehalt erhalten<br />
diese Diener von 20 bis herab zu 5 Rupien monatlich, also<br />
zwischen 30 und 7 Mark. Ausser diesem gewiss sehr<br />
niedrigen Lohn bekommen sie gar nichts, weder Essen, noch<br />
Kleidung oder Wohnung. Sie wohnen irgendwo in der<br />
Nachbarschaft mit ihrer Familie, kommen nur, um die ihnen<br />
obliegenden Dienste zu verrichten, und gehen dann wieder<br />
nach Hause. Im ganzen mögen die Kosten der Bedienung<br />
für ein Haus sich auf etwa 150 Mark monatlich belaufen.<br />
Mr. Roy hat uns alle die folgenden Tage in Calcutta<br />
nicht nur in der freigebigsten Weise logiert, gespeist und<br />
getränkt, sondern er war auch unablässig darauf bedacht,<br />
uns neue und wertvolle Eindrücke zu verschaffen. Einer der<br />
interessantesten war der folgende.<br />
Es hielt sich damals in Calcutta eine hochheilige Büsserin<br />
auf, und ein Freund von Mr. Roy erbot sich, mir eine Audienz