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156 VI. Calcutta und der Himälaya. Drei Männer sind mir noch in bester Erinnerung, wenn mir auch ihre Namen entfallen sind, der Principal, ein wohl­ beleibter, stattlicher Mann von vornehmer Haltung, welcher nach einem antiken Sanskrit-Kompendium die Logik vortrug, ein jüngerer Professor, der mit grossem Ernst und Eifer die Käthaka-Upanishad erklärte, und ein von allen mit besonderer Hochachtung behandelter älterer Professor der Literatur, dessen schön geformte Stirn an Kant erinnerte, und der sich nicht nur als Gelehrter durch sein eminentes Wissen, sondern auch als Dichter eigener Dramen ausgezeichnet hatte. Er interpretierte die Kädambari und ich erinnere mich noch, wie er anfing einen Satz zu lesen, der kein Ende nahm, und dann weiterblätternd sagte: „Um das Ende des Satzes zu finden, müssen wir zwölf Seiten weitergehen." Wie in Benares, wurde auch hier die ganze Stunde durch nur Sanskrit gesprochen; doch sass man nicht wie dort auf der Erde, sondern auf Stühlen an einem Tisch, welcher für alle genügend Platz bot, denn mehr als fünf oder sechs Zuhörer habe ich nie dabei zusammen gesehen. Ausser den Familien P. L. Roy und P. K. Ray wurden wir noch besonders befreundet mit zwei Brüdern Mullik, welche jenseits des Hughlistromes eine Schiffswerft besassen. Bei Besichtigung derselben sah ich mit Erstaunen, .wie die zahlreichen Arbeiter ganz wie bei uns die glühenden Eisen­ stangen walzten und schmiedeten, nur dass sie dabei fast nackt waren und daher gewiss sehr oft Brandwunden durch das herumspritzende Eisen erleiden mussten. Man war gerade damit beschäftigt, ein grosses Güterschiff zu reparieren, welches mit seiner Ladung auf der See in Brand geraten war. Hierbei hatten sich alle Stangen des aus Eisen be­ stehenden Rumpfes mehr oder weniger verbogen. Es war sehr mühsam und kostspielig, dieses alles so wieder her­ zustellen, wie es ursprünglich gewesen war, während es un­ verhältnismässig weniger Kosten verursacht haben würde,

Calcuttaer Professoren. Mr. Mullik's Werft und Haus. 157 das Schiff mit Verzicht auf die Schönheit wieder in brauch­ baren Zustand zu bringen. Aber das Schiff war bei einer Gesellschaft versichert gewesen, und der Eigentümer konnte die Wiederherstellung desselben in den ursprünglichen Zu­ stand verlangen und hatte kein Interesse daran, an den Kosten zu sparen. Die Brüder Mullik bewohnten mit ihrer Mutter ein palastartiges Haus in der Stadt; oft holten sie uns dorthin in ihrem eleganten Wagen oder fuhren, wenn ich verhindert war, meine Frau allein spazieren. Wiederholt luden sie uns ein, bei ihnen zu speisen, das eine Mal europäisch, das andere Mal indisch. Die erste Art unter­ schied sich von einem opulenten englischen Dinner nur durch diejenigen Änderungen, welche das Klima gebietet. Man sitzt auf Stühlen, man isst Fleisch und trinkt Wein wie bei uns. Der indische Gesellschaftsanzug besteht aus Hose und elegantem, bis zu ihr herabreichendem Hemde. Hemd und Hose werden durch einen seidenen Gürtel zusammengehalten; die Weste kommt ganz in Wegfall und ein sehr weit offenes kurzes Jackett vollendet den malerischen Anzug. Wer keinen solchen besitzt, der hat die Wahl, entweder in seinem europäischen Frack fürchterlich zu schwitzen oder einfach im Promenadenanzug aus dünner Leinwand oder Seide zu er­ scheinen. In Indien ist man, vielleicht abgesehen von den Engländern, in Bezug auf Toilette sehr nachsichtig. Professor Petersen pflegte in Abendgesellschaften, wenn erst die Sonne untergegangen ist, ganz ohne Kopfbedeckung über die Strasse zu gehen, und so werden es wohl noch viele machen. Höchst originell war ein Diner im Eingeborenenstile, welches uns einer der Herren Mullik offerierte. Zunächst wurden wir getrennt, meine Frau speiste oben bei den Damen aus silbernem Geschirr; mir wurde unten serviert, während Mr. Mullik mich unterhielt, selbst aber nichts anrührte, angeblich weil er heute seinen Fasttag habe. Ein indisches Diner aus zwanzig Gängen, zur Hälfte nicht süss,

Calcuttaer Professoren. Mr. Mullik's Werft und Haus. 157<br />

das Schiff mit Verzicht auf die Schönheit wieder in brauch­<br />

baren Zustand zu bringen. Aber das Schiff war bei einer<br />

Gesellschaft versichert gewesen, und der Eigentümer konnte<br />

die Wiederherstellung desselben in den ursprünglichen Zu­<br />

stand verlangen und hatte kein Interesse daran, an den<br />

Kosten zu sparen. Die Brüder Mullik bewohnten mit ihrer<br />

Mutter ein palastartiges Haus in der Stadt; oft holten sie<br />

uns dorthin in ihrem eleganten Wagen oder fuhren, wenn<br />

ich verhindert war, meine Frau allein spazieren. Wiederholt<br />

luden sie uns ein, bei ihnen zu speisen, das eine Mal<br />

europäisch, das andere Mal indisch. Die erste Art unter­<br />

schied sich von einem opulenten englischen Dinner nur durch<br />

diejenigen Änderungen, welche das Klima gebietet. Man<br />

sitzt auf Stühlen, man isst Fleisch und trinkt Wein wie bei<br />

uns. Der indische Gesellschaftsanzug besteht aus Hose und<br />

elegantem, bis zu ihr herabreichendem Hemde. Hemd und<br />

Hose werden durch einen seidenen Gürtel zusammengehalten;<br />

die Weste kommt ganz in Wegfall und ein sehr weit offenes<br />

kurzes Jackett vollendet den malerischen Anzug. Wer keinen<br />

solchen besitzt, der hat die Wahl, entweder in seinem<br />

europäischen Frack fürchterlich zu schwitzen oder einfach im<br />

Promenadenanzug aus dünner Leinwand oder Seide zu er­<br />

scheinen. In Indien ist man, vielleicht abgesehen von den<br />

Engländern, in Bezug auf Toilette sehr nachsichtig. Professor<br />

Petersen pflegte in Abendgesellschaften, wenn erst die Sonne<br />

untergegangen ist, ganz ohne Kopfbedeckung über die Strasse<br />

zu gehen, und so werden es wohl noch viele machen.<br />

Höchst originell war ein Diner im Eingeborenenstile,<br />

welches uns einer der Herren Mullik offerierte. Zunächst<br />

wurden wir getrennt, meine Frau speiste oben bei den<br />

Damen aus silbernem Geschirr; mir wurde unten serviert,<br />

während Mr. Mullik mich unterhielt, selbst aber nichts<br />

anrührte, angeblich weil er heute seinen Fasttag habe. Ein<br />

indisches Diner aus zwanzig Gängen, zur Hälfte nicht süss,

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