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120 V. Von Peshawar bis Calcutta. und verkatert; ich würdigte ihn keines Wortes mehr und nahm für uns alle drei Billets nach Cawnpore. Als wir nach einer Eisenbahnfahrt von sechs Stunden, auf der ich mich vergeblich bemühte, die in der Nähe fliessende Gaiigä zu sehen, in Cawnpore anlangten, wurden wir gleich am Bahnhofe in deutscher Sprache begrüsst. Es war Herr Bassler, ein wackerer junger Kaufmann, dessen Bekanntschaft wir auf dem Schiffe gemacht hatten, und dem wir hatten versprechen müssen, ihn in seinem Wohnorte Cawnpore zu besuchen. Dementsprechend hatten wir ihn von unserer An kunft brieflich benachrichtigt, und so war er mit seinem Wägelchen am Bahnhofe und bestand darauf, dass wir die Nacht in seinem Bungalow zubrächten. Obwohl er Jung geselle sei, so werde es uns dort an nichts fehlen. Wir nahmen das freundliche Anerbieten an, und ich bat nur noch so lange am Bahnhofe zu warten, bis ich mit Lalu Ab rechnung gehalten hätte. Ich Hess den Sünder vor mich kommen und hielt ihm mit milden, aber ernsten Worten sein Vergehen vor und eröffnete ihm, dass ich ihn entlassen müsse. Er legte sich aufs Bitten und Versprechen, aber es gelang ihm nicht, mich umzustimmen. Ich zahlte ihm seinen rückständigen Lohn sowie die Rückreise nach Bombay, beides reichlich, und die lange Reihe von Silberstücken schien ihn über sein Schicksal zu trösten. Freundlich und mit einigen Ermahnungen für die Zukunft reichte ich ihm die Hand und er verschwand auf Nimmerwiedersehen. Meine Frau bestieg mit Herrn Bassler dessen leichtes, von ihm selbst gelenktes Tamtam, ich selbst folgte mit dem Gepäck in einem zweiten Wagen, und so fuhren wir zu Basslers Bungalow, indem wir unterwegs die Hauptsehens würdigkeiten des Orts in Augenschein nahmen. Sie bestehen in einer Gedächtniskirche, einem ehemaligen mit dem schönen Standbilde eines Engels gezierten Brunnen und anderen Denkmälern, welche sich sämtlich auf den Aufstand des
Cawnpore. Lalu entlassen. Herrn Basslers Heim. 121 Jahres 1857 beziehen. Die Engländer nennen denselben the mutiny und brandmarken dadurch das Andenken derer, die ihn anstifteten. Wären die Aufständischen zum Ziele gelangt, wozu ja eine Zeitlang alle Aussicht war, so würden sie heute bei ihrer Nation eine ähnliche Verehrung geniessen, wie bei uns Schill, Scharnhorst, Blücher und andere Helden der Freiheitskriege. Jetzt, wo sie unterlegen sind, heissen sie die Meuterer, und ihr Andenken wird verunglimpft. So sehr machen die Menschen ihre Wertschätzung von dem äusseren Erfolge abhängig, den doch oft nur der Zufall regiert. Nachdem wir noch zum Ufer der Gaiigä gewall fahrtet, die schon hier, wo wir sie zum erstenmale sahen, sich in majestätischer Breite dahinwälzt, langten wir in Herrn Basslers Bungalow an. Dasselbe gab uns eine willkommene Vorstellung davon, wie ein deutscher Junggeselle, der nach Indien verschlagen worden, sich dort behaglich einzurichten weiss. Von der Strasse aus gelangte man in ein weitläufiges Grundstück, in dessen Mitte sich das einstöckige quadratische Haus erhob, welches mehrere stattliche Säle und an beiden Seiten Schlafzimmer enthielt. Das Mobiliar war einfach aber ausreichend, in unserem Schlafzimmer fanden wir zwei gute Betten, und sogar ein Spiegel wurde noch hinterher be schafft. In diesen Räumen also thronte Herr Bassler und zwar für gewöhnlich ganz allein. Für seine Sicherheit hatte er nichts zu befürchten, denn in seinem Schlafzimmer sah ich ein kleines Arsenal von Waffen solidester und elegantester Art. Diese werden von der englischen Regierung dem in Indien wohnenden Europäer kostenlos geliefert, während den Eingeborenen das Halten von Waffen durch hohe Eingangs zölle und andere Schwierigkeiten fast zur Unmöglichkeit gemacht wird. So würde im Falle eines Aufstandes ein kleines, aber wohlbewaffnetes und auch eingeübtes Heer von Europäern gleichsam aus der Erde wachsen. Natürlich war Herr Bassler von einem halben Dutzend
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120 V. Von Peshawar bis Calcutta.<br />
und verkatert; ich würdigte ihn keines Wortes mehr und<br />
nahm für uns alle drei Billets nach Cawnpore.<br />
Als wir nach einer Eisenbahnfahrt von sechs Stunden,<br />
auf der ich mich vergeblich bemühte, die in der Nähe fliessende<br />
Gaiigä zu sehen, in Cawnpore anlangten, wurden wir gleich<br />
am Bahnhofe in deutscher Sprache begrüsst. Es war Herr<br />
Bassler, ein wackerer junger Kaufmann, dessen Bekanntschaft<br />
wir auf dem Schiffe gemacht hatten, und dem wir hatten<br />
versprechen müssen, ihn in seinem Wohnorte Cawnpore zu<br />
besuchen. Dementsprechend hatten wir ihn von unserer An<br />
kunft brieflich benachrichtigt, und so war er mit seinem<br />
Wägelchen am Bahnhofe und bestand darauf, dass wir die<br />
Nacht in seinem Bungalow zubrächten. Obwohl er Jung<br />
geselle sei, so werde es uns dort an nichts fehlen. Wir<br />
nahmen das freundliche Anerbieten an, und ich bat nur noch<br />
so lange am Bahnhofe zu warten, bis ich mit Lalu Ab<br />
rechnung gehalten hätte. Ich Hess den Sünder vor mich<br />
kommen und hielt ihm mit milden, aber ernsten Worten sein<br />
Vergehen vor und eröffnete ihm, dass ich ihn entlassen<br />
müsse. Er legte sich aufs Bitten und Versprechen, aber es<br />
gelang ihm nicht, mich umzustimmen. Ich zahlte ihm seinen<br />
rückständigen Lohn sowie die Rückreise nach Bombay, beides<br />
reichlich, und die lange Reihe von Silberstücken schien ihn<br />
über sein Schicksal zu trösten. Freundlich und mit einigen<br />
Ermahnungen für die Zukunft reichte ich ihm die Hand und<br />
er verschwand auf Nimmerwiedersehen.<br />
Meine Frau bestieg mit Herrn Bassler dessen leichtes,<br />
von ihm selbst gelenktes Tamtam, ich selbst folgte mit dem<br />
Gepäck in einem zweiten Wagen, und so fuhren wir zu<br />
Basslers Bungalow, indem wir unterwegs die Hauptsehens<br />
würdigkeiten des Orts in Augenschein nahmen. Sie bestehen<br />
in einer Gedächtniskirche, einem ehemaligen mit dem schönen<br />
Standbilde eines Engels gezierten Brunnen und anderen<br />
Denkmälern, welche sich sämtlich auf den Aufstand des