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92 IV. Von Bombay bis Peshawar. mit einem eingeborenen Obersten konferierte, den er uns vorstellte, dessen Name mir aber leider entfallen ist. Einen eingeborenen Obersten! gewiss ein seltener Fall, dass ein Eingeborener zu einer so hohen Würde in Indien gelangt. Es waren aber auch besondere Verhältnisse, die ihn dazu befördert hatten. Dieser Mann stammte aus der Umgegend und hatte sich durch hervorragende Charaktereigenschaften eine solche Autorität unter den Eingeborenen zu verschaffen gewusst, dass die Engländer froh waren, bei den endlosen Verwickelungen, wie sie an einer solchen Grenzstation vor zukommen pflegen und denen ein Engländer nie gewachsen sein würde, eine energische, der Sprache, des Landes und der Bevölkerung kundige Kraft dem englischen Befehlshaber zur Seite stellen zu können. Dem entsprach auch die äussere Erscheinung des Mannes; englisch sprach er so gut wie garnicht, aber seine hohe, kraftvolle Gestalt flösste Achtung ein, sein Blick Hess auf Mut und klaren Verstand, seine Gesichtszüge auf Entschlossenheit und eine Energie schliessen, der sich niemand so leicht zu widersetzen wagen mochte. Er verabschiedete sich von uns mit einem kräftigen Hände druck, und nun entwarf Colonel Warburton von den herr schenden Verhältnissen ein Bild, welches durchaus das be stätigte, was wir auch von anderen gehört hatten und hier bereits mitgeteilt haben. „Den Khaibar-Pass", sagte er, „können Sie ausser am Dienstag und Freitag ohne Lebens gefahr nicht betreten. Auch das Dorf Jamrud würde ich Ihnen zu besuchen nicht raten. Sie würden nichts anderes antreffen, als was sie schon oft gesehen haben, und die Ein geborenen sind den Fremden nicht hold, als Mohammedaner sehr eifersüchtig auf ihre Weiber und dazu alle bewaffnet. Hingegen liegt unmittelbar vor dem Dorfe ein Teich, welcher noch heute der Teich des Jemschid heisst, worin Professor Darmesteter eine Erinnerung' an die iranische Sage sah. Wollen Sie diesen besuchen, so werde ich Sie unter Be-
Colonel Warburton und der eingeborne Oberst. 93 deckung dorthin geleiten lassen." Wir nahmen das Anerbieten dankbar an, zehn Soldaten, alles braune Hindugesichter, traten mit dem Gewehr an und geleiteten uns an den fast gänzlich ausgetrockneten Teich, von wo wir eine gute Aus sicht auf die Hauptstrasse des Dorfes, die davor sitzenden Leute und die mit Flinten hin- und hergehenden Menschen hatten. Mit diesem Blick in die verworrenen Verhältnisse der iranischen Grenzländer begnügten wir uns und kehrten zurück in Unterhaltung mit einem des Englischen kundigen Hindu, welchen der Oberst uns gleichfalls mitgegeben hatte. Er war zuerst reserviert, wurde aber warm und mitteilsam, als wir auf unsere Beziehungen zum Äryasamäj zu sprechen kamen, welchem er als Mitglied angehörte. Sein Amt war, von den Karawanen den üblichen Eingangszoll — zwei Rupien für jedes Kamel — zu erheben. Nachdem wir noch innerhalb des Forts unter dem Schatten unseres Wagens das mitgebrachte Frühstück ver zehrt, traten wir den Heimweg an. Die schnelle Fahrt wurde plötzlich dadurch unterbrochen, dass der Kutscher bei einem kleinen Hause an der Landstrasse hielt, vor welchem ein Eingeborener sass und seinen Huqqa (indische Pfeife) rauchte. Unser Kutscher sprang vom Bock, bat den Rauchenden, ihm seine Pfeife zu erlauben, tat daraus einige kräftige Züge und schwang sich neugestärkt wieder auf den Bock. Nun ging es munter weiter und gegen halb drei Uhr war unser Hotel wieder erreicht. Hier hatte sich unterdessen ein junger Hindu eingefunden, dem wir brieflich empfohlen worden waren. Es war ein sanfter, lieber Jüngling von zarter, wie es schien, schwindsüchtiger Konstitution, welcher mit Vor liebe Philosophie studierte und darüber klagte, dass ihm durch die englischen Professoren der Philosophie die Freude daran fast ganz benommen worden sei. Ich konnte diese Klage um so mehr verstehen, als bei uns ja ganz ähnliche Verhältnisse bestehen. Was sich heutzutage in Deutschland,
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mit einem eingeborenen Obersten konferierte, den er uns<br />
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eingeborenen Obersten! gewiss ein seltener Fall, dass ein<br />
Eingeborener zu einer so hohen Würde in Indien gelangt.<br />
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eine solche Autorität unter den Eingeborenen zu verschaffen<br />
gewusst, dass die Engländer froh waren, bei den endlosen<br />
Verwickelungen, wie sie an einer solchen Grenzstation vor<br />
zukommen pflegen und denen ein Engländer nie gewachsen<br />
sein würde, eine energische, der Sprache, des Landes und<br />
der Bevölkerung kundige Kraft dem englischen Befehlshaber<br />
zur Seite stellen zu können. Dem entsprach auch die äussere<br />
Erscheinung des Mannes; englisch sprach er so gut wie<br />
garnicht, aber seine hohe, kraftvolle Gestalt flösste Achtung<br />
ein, sein Blick Hess auf Mut und klaren Verstand, seine<br />
Gesichtszüge auf Entschlossenheit und eine Energie schliessen,<br />
der sich niemand so leicht zu widersetzen wagen mochte.<br />
Er verabschiedete sich von uns mit einem kräftigen Hände<br />
druck, und nun entwarf Colonel Warburton von den herr<br />
schenden Verhältnissen ein Bild, welches durchaus das be<br />
stätigte, was wir auch von anderen gehört hatten und hier<br />
bereits mitgeteilt haben. „Den Khaibar-Pass", sagte er,<br />
„können Sie ausser am Dienstag und Freitag ohne Lebens<br />
gefahr nicht betreten. Auch das Dorf Jamrud würde ich<br />
Ihnen zu besuchen nicht raten. Sie würden nichts anderes<br />
antreffen, als was sie schon oft gesehen haben, und die Ein<br />
geborenen sind den Fremden nicht hold, als Mohammedaner<br />
sehr eifersüchtig auf ihre Weiber und dazu alle bewaffnet.<br />
Hingegen liegt unmittelbar vor dem Dorfe ein Teich, welcher<br />
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