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FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1<br />
umso tiefer wir in die Mine vordringen, desto unerträglicher wird die Hitze. Am Vortrieb arbeitet eine<br />
Gruppe von etwa 10 Mineros und selbst deren T-Shirts kleben vor Schweiß am Körper. Es ist das<br />
erste Mal, dass ich Bolivianer schwitzen sehe, nach meinem Empfinden sind es hier drinnen fast 50<br />
Grad. Mein Kamera-Objektiv beschlägt sofort und ich kann es immer noch nicht glauben, was ich hier<br />
überhaupt mache. Man sagt mir, dass ich bis zum vordersten Mann durchkriechen soll, um auch alles<br />
ganz genau zu sehen und er zeigt mir die Goldspuren im Fels. Ich sitze neben ihm in dem keinen<br />
ganzen Meter hohen Gang und mache Fotos von der Gruppe. Sie finden es alle ganz toll und wollen,<br />
dass ich immer mehr Fotos mache. Das Tollste für sie daran ist natürlich der Blitz, der in dieser<br />
ewigen Dunkelheit für kurze Zeit alles erhellt. Ihre fröhlichen Gemüter scheinen sich dem Licht<br />
anzupassen. Ich finde es unglaublich, dass man bei einer so harten Arbeit noch so fröhlich sein kann;<br />
es gibt hier keine Maschinen! Der Fels wird mit Meißel und Hammer geschlagen und eine<br />
Frischluftzufuhr gibt es ebenfalls nicht. Ich bin froh, dass ich auf dem Altiplano gelernt habe, mit wenig<br />
Sauerstoff auszukommen. Neben dem stickigen Kohlendioxid scheint hier nicht viel zu existieren.<br />
Auf dem Rückweg zeigt mir mein Amigo noch einen weiteren Vortrieb mit Arbeitern, den wir nur nach<br />
viel Kletterei erreichen. Außerdem zeigt er mir einen stillgelegten Schacht, in dem es keinerlei<br />
Sauerstoff gibt und sogar er mir vom Betreten abrät.<br />
Nach diesem aufregenden Erlebnis bin ich froh wieder aus der Mine herauszukommen und genieße<br />
die draußen herrschende "Frische" von 30°C. Die Frauen sehen sich das Schauspiel vom Gringo, der<br />
vor Schweiß triefend aus der Mine kommt, belustigt an. Sie scheinen es kaum glauben so können,<br />
dass ich ohne auch nur einen Handschlag gemacht zu haben, so sehr schwitzen kann.<br />
Ich erfahre von meinem Amigo, dass er sich stolz Presidente de la Cooperativa nennt. Wunderbar,<br />
dann habe ich sogar mal den Präsidenten kennen gelernt! Er darf sich offensichtlich nur so nennen,<br />
da er als fast einziger hier Lesen und Schreiben kann. Er möchte unbedingt ein paar Abzüge der<br />
Fotos haben und schreibt mir als Adresse eine hochkomplizierte Wegbeschreibung auf ein Stück<br />
Papier. Mal sehen, ob die Post das finden wird...<br />
Bevor ich mich verabschiede, bekomme ich noch ein wunderbares Essen für 5 Bs (60ct). Es ist das<br />
Übliche: Reis mit Fleisch und Kartoffeln, aber um einiges besser zubereitet als der lieblose Fraß unten<br />
im Guanay. Die Köchin der Cooperativa freut sich über mein Kompliment und ich würde gerne zum<br />
Essen wiederkommen.<br />
Während ich auf dem Rückweg bin, setze ich mich für eine Weile an einen schönen Aussichtspunkt<br />
an der Piste. Ich genieße den Ausblick auf die Selva und den schlammigen Fluss und lasse mit ein<br />
wenig Musik meine Gedanken gleiten. Plötzlich tippt mir jemand auf die Schuler: Es ist ein Minero auf<br />
dem Heimweg von der Arbeit. Er zeigt mir seine zitternden Hände, die er gar nicht mehr bewegen<br />
kann. Dieses Problem hätte er jeden Tag nach der Arbeit, erklärt er mir, und mich wundert's nicht.<br />
Dann endlich kommt er auf den Punkt und fragt mich, ob ich nicht ein wenig Medizin dagegen hätte.<br />
Nun, ich würde dem armen Kerl wirklich gerne helfen, doch erst jetzt fällt mir ein, dass ich nicht einmal<br />
Gelenksalbe in meiner "Farmacia" habe. Ich verneine bedauernd und er macht sich mit geknicktem<br />
Kopf wieder auf den Weg.<br />
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