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FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1<br />
einen gehörigen Schrecken einjagt. Und ebenfalls das erste Mal bekomme ich während der Fahrt<br />
einen platten Reifen. Doch bevor ich den Reifen reparieren kann, bemerke ich, dass mir das<br />
Immodium auch heute Morgen herzlich wenig genützt hat und entledige mich im nächsten Busch<br />
meines gesamten "Frühstücks". Die Hitze wird immer unerträglicher und gerade während der<br />
Mittagszeit haben wir mit den heftigsten Steigungen zu kämpfen. Als eine dieser Steigungen dann<br />
auch noch in eine steile Serpentine übergeht, reicht es! Hans sitzt schon dort und wartet. Ich<br />
schmeiße mein Rad entnervt in den Staub und setze mich neben ihn in den Schatten. Wir essen ein<br />
wenig von dem Käse, den ich gestern - zwischen vielen Fliegen - auf dem Markt von Caranavi<br />
entdeckt habe und nehmen dazu alte pappige Brötchen - unseren letzten Proviant. Jetzt ist es schon<br />
3 Uhr und wir haben gerade einmal 20 von 50 Kilometern geschafft!<br />
Entnervt machen wir uns wieder auf den Weg. Weiter oben kann ich nur noch schieben und lege<br />
meinen schwitzenden Kopf auf die heiße Lenkertasche, die jeden Stoß der Straße auf meinen Kopf<br />
überträgt. Mir ist alles egal. Das letzte Stück hilft mir Hans beim Schieben und mit vereinten Kräften<br />
geht es nach oben. Allerdings steht es mit meinen Kräften und der Motivation wirklich nicht zum<br />
Besten und ich bin wirklich froh, dass ich hier mit Hans unterwegs bin, der sich auch sehr geduldig mit<br />
mir zeigt und immer wieder hilft.<br />
Nach dem Pass geht es endlich wieder bergab und wir können uns an ein paar Hütten wieder mit<br />
kühlem Zuckerwasser versorgen. Wohl fühle ich mich damit nicht, da ich durch meinen Durchfall<br />
inzwischen ein großes Verlangen nach Salz habe. Allerdings sind unsere Trinkwasservorräte schon<br />
lange vor den Hütten zur Neige gegangen und wir sind froh überhaupt noch etwas zu bekommen. Ein<br />
Mann sagt Hans, dass es nach Guanay nicht mehr weit sei: "Mit dem Auto nur eine Stunde". Ich weiß<br />
inzwischen, dass Bolivianer die Streckenangabe - wenn überhaupt - nur einigermaßen zuverlässig in<br />
(Auto-)Fahrzeit angeben können. Dieser wirft einen prüfenden Blick auf unsere Räder und kommt<br />
offenbar zu dem Schluss - wie so viele andere - dass wir mit diesen modernen Rädern sicher in<br />
eineinhalb oder zwei Stunden dort sein müssen. Natürlich alles auf flacher Strecke, sagt er noch. Ich<br />
bin einfach nur angenervt, werfe ihn einem giftigen Blick zu und frage ihn, wie er sich das denn<br />
vorstellt, wenn wir bis jetzt gerade einmal 20 Kilometer geschafft haben.<br />
Schweigen.<br />
Beeindruckende Tierwelt<br />
Es geht lange Zeit leicht bergauf.<br />
Wenigstens haben die Käsebrötchen gewirkt und ich musste sie bis jetzt nicht gleich wieder<br />
ausscheißen. Gemeinsam kommen wir zügig voran und am Ende des Anstieges überrascht Hans<br />
mich mit dem Hinweis, dass wir schon 36 Kilometer geschafft haben.<br />
Es ist zwar schon halb 5 und beginnt zu dämmern, doch damit einher geht auch eine erfrischende<br />
Brise. Das, und die Motivation von Hans lassen in mir ungeahnte Reserven emporkommen und in der<br />
Dunkelheit erreichen wir im schwachen Licht meines Scheinwerfers tatsächlich Guanay!<br />
Die Hunde am Dorfeingang sind über mein beleuchtetes Rad ziemlich irritiert und nur wenige wagen<br />
sich mich anzugreifen. Vielleicht solle ich demnächst nur noch mit Licht fahren...<br />
Wir kehren im gemütlichen Residencial Rizy ein und bezahlen für ein Zimmer mit eigenem Bad<br />
gerade einmal 50 Bs (ca. 6 EUR) für uns beide.<br />
Am Abend gehen wir noch essen und bemerken, dass wir hier wieder ein Stück weiter fernab des<br />
Tourismus sind. In den Restaurants gibt es nur Suppe und dazu Reis mit gegrillten Fleisch und Reis.<br />
Die umherstreunenden Hunde freuen sich über ein wenig mageres Fleisch, dass Hans und ich ihnen<br />
gerne abgeben. Irgendwie hat dieser Ort mit seinen bettelnden Kindern und leicht bekleideten<br />
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