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FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1<br />
Chacaltaya - Mystik, Hochprozentiges und Kokablätter<br />
Einkaufen in Bolivien (von Ann Porges):<br />
Ade du schöne Zeit riesiger anonymer Supermärkte mit dem immergleichen Warenangebot. Jetzt<br />
heißt es von Laden zu Lädchen laufen und Preise verhandeln. Gehen wir zur Käsefrau von gestern<br />
sitzt da plötzlich jemand und verkauft Gläser mit Gelee in allen Farben. Na halt nicht, holen wir uns<br />
halt ein paar Tomaten. Wir laufen zum anderen Ende der Stadt. 3 Peso das Kilo matschige Tomaten,<br />
am nächsten Stand 2 Peso. Nur zufällig wissen wir den normalen Preis. Geben Sie sie uns für 1,50?<br />
Ein unauffälliges Nicken unterm Stohhut und wir müssen zusehen, dass auch ein paar essbare<br />
Exemplare in unsere Tüte wandern. Ach und Toilettenpapier....wieder rennen wir durch die ganze<br />
Stadt zu den Ständen mit Hygieneartikeln. Hier wissen wir den wahren Preis nicht und so bleibt das<br />
mulmige Gefühl den Touristenpreis gezahlt zu haben. Am Ende des Marathons ist auch der Tag<br />
zuende... und was haben wir geschafft? Mal eben eingekauft!<br />
Ich muss nach der langen Zeit der Einsamkeit einfach mal wieder unter Leute kommen und von daher<br />
habe ich gestern einen Tagesausflug zum Chacaltaya gebucht. Der Chacaltaya ist ein fast 5500 Meter<br />
hoher Berg ganz in der Nähe von La Paz, an dem eine Straße bis auf die gigantische Höhe von 5100<br />
Metern hochführt.<br />
Um 8 Uhr holt mich der Reiseleiter Fernando ab. Ich bin der Letzte, der zur Gruppe dazustößt.<br />
Während sich unser japanischer Kleinbus aus dem Talkessel von La Paz nach oben quält, stellen wir<br />
uns gegenseitig vor. Neben mir sitzt David, ein 28jähriger Engländer und der Rest der Gruppe besteht<br />
aus vier lustigen Brasilianern, mit denen wir uns in einem Mix aus Englisch und Spanisch unterhalten.<br />
Fernando beeindruckt mich von Anfang an. Er ist offensichtlich Bolivianer indianischer Abstammung,<br />
ist aber um einiges gebildeter als die meisten seiner Landsleute. Er spricht fließend Englisch,<br />
Portugiesisch, Spanisch und Aymára und hat sogar eine E-Mail-Adresse bei GMX! Das ist nun<br />
wirklich sehr multikulturell für einen Bolivianer!<br />
Wir machen noch einen kurzen Zwischenstopp in El Alto, um Verpflegung zu kaufen. "Verpflegung"<br />
besteht angesichts dieser Tour aus einer großen Menge an Coca-Cola, Cocablättern und aus einem<br />
Fläschchen hochdestilierten Alkohols. Alle diese Dinge sollen laut Fernando gegen Probleme mit der<br />
Höhenluft helfen. Bei den Cocablättern (dem Ursprungsrohstoff von Kokain) kann ich ihm das ja noch<br />
glauben, aber bei dem Alkohol habe ich da noch so meine Bedenken. Bisher stand noch in den<br />
meisten Büchern, dass man sich vor großem Höhenanstieg auf keinen Fall betrinken sollte.<br />
Hmm, das scheint im Übrigen auch ein seltsames Phänomen auf dieser Reise zu sein. Tatsächlich<br />
war ich vor jedem großen Höhenanstieg in diesem Urlaub immer am Vorabend zumindest<br />
beschwippst - zuletzt in San Pedro vor dem Anstieg auf das Altiplano. Bis jetzt hat es mir nicht<br />
geschadet. Und nachdem ich eine Weile lang auf den bitteren Kokablättern herumgekaut habe,<br />
entscheide ich mich lieber für den Alkohol. Der Brennt zwar wie Feuer in der Kehle und zieht sich in<br />
einem heißen Band bis zum Magen herunter, doch dafür ist wenigstens der bittere Geschmack der<br />
Cocablätter verschwunden.<br />
Außerdem hebt er die Laune...<br />
Über abenteuerliche Serpentinen fahren wir hoch zum Chacaltaya. Unser Fahrer fegt in hoher<br />
Geschwindigkeit so haarscharf an den Klippen vorbei, dass David sich schon mit zitternder Stimme an<br />
ihn wendet: "It wouldn't be a problem if you drive a little bit slower?!"<br />
Ein Teil der Straße ist voll von bunt gekleideten Familien. Doch was zuerst wie ein Straßenfest<br />
aussieht, entpuppt sich bei näherer Ansicht als eine Baustelle. Mit den bloßen Händen sind ganze<br />
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