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FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1<br />
Zumindest lässt sie mich immer wieder wissen, wie schlimm ihre Kopfschmerzen seien. Da ich noch<br />
genug Medikamente dabeihabe, drücke ich ihr eine Paracetamol in die Hand. Sie scheint darauf<br />
geradezu spekuliert zu haben und wird schnell wieder gesprächig. Wie toll die deutschen<br />
Medikamente doch seien, sagt sie mir und ob ich nicht noch ein paar Tabletten mehr hätte. Aha! So<br />
läuft der Hase also...<br />
Ich will es nicht übertreiben und drücke ihr anstatt der gewünschte sechs lieber nur zwei weitere<br />
Tabletten in die Hand. "So was gibt es hier in Bolivien nicht" sagt sie mir mit freudigem Blick auf die<br />
Tabletten.<br />
Alfredo fragt mich, ob ich auch einen Eintrag in das Gästebuch gemacht habe. Na klar habe ich das!<br />
Ich habe sogar alle E-Mail-Adressen der letzten Jahre herausgeschrieben und sie in einer Liste<br />
zusammengefasst. Vielleicht werde ich dem ein oder anderen Reiseradler mal zu schreiben und ihn<br />
nach seinen Erfahrungen auf dem Salar fragen. Einige Leute im Gästebuch haben durchaus<br />
interessante Möglichkeiten der Anreise entdeckt. Alfredos Frau erzählt mir davon, dass erst<br />
vorgestern ein paar verrückte Spanier zu Fuß hierher gekommen wären. Drei Tage hätten sie vom<br />
Festland aus gebraucht! Der Höhepunkt waren eine Politiker-Delegation mit einem Helikopter und ein<br />
paar "Gringos" in einem Heißluftballon. Außerdem kämen auch hin -und wieder Touristen mit einer<br />
kleinen Propellermaschine, die von Cochabamba kommend, auf dem Salar landet. Diese verrückten<br />
Touristen würden für den Flug 300 US$ pro Nase bezahlen, sagt sie mir ungläubig. Und schon<br />
schwenkt sie auf ein anderes Thema um und fragt mich, ob ich von dem Salzhotel gehört habe. Da<br />
würden sie von den Touristen 50 US$ für die Nacht verlangen, während sie auf ihrer Insel nicht einmal<br />
5 US$ inklusive Abendessen und Frühstück nimmt.<br />
Ich verlasse die Insel in Richtung des Salzhotels auf Kurs 106°. Zuerst begleitet mich eine Weile lang<br />
der Sohn von Alfredo seinem Hund und Fahrrad. Es muss ein seltsames Leben hier sein. Während<br />
ich mich mit Sonnenbrille, Sonnencreme und einem High-Tech-Rad vor dem hellen Salar schütze und<br />
diese Tour als eine große Herausforderung im Leben betrachte, radelt er quietschfidel einmal um die<br />
Insel, als wenn es das normalste im Leben wäre.<br />
Langsam wird die Insel immer kleiner und verschwindet schließlich ganz hinterm Horizont. Ich befinde<br />
mich wieder auf der weiten weißen Fläche. Heute muss ich mich weniger nach dem Kompass richten,<br />
da ich einer recht gut erkennbaren Spur folgen kann. Ich muss mich immer wieder vor den<br />
gefährlichen "Ochos" im Salz in Acht nehmen. Diese so genannten "Augen" sind Löcher im Salz, die<br />
bis zu einem halben Meter breit sind und sehr tief sein können. In ihnen blubbert klares Wasser aus<br />
gespenstisch anmutenden Höhensystemen, die sich in der Dunkelheit verlieren. Das Wasser stammt<br />
überwiegend aus dem Río Huajala, der noch vorm Salar im schlammigen Erdreich versickert und hier<br />
auf dem Salar in einigen Abschnitten wieder durch die Salzkruste nach oben sickert. Um die Ojos<br />
herum, ist das Salz teilweise matschig wie am Ufer. Für schwere Fahrzeuge besteht angeblich<br />
Einsackgefahr. Ich hoffe, dass man mein Fahrrad nicht als schweres Fahrzeug betrachtet, denn ich<br />
hätte nur sehr wenig Lust in einer bis zu 7 Meter dicken Salzschicht zu versinken.<br />
Einstmals gehörte der Salar übrigens zu dem riesigen Binnenmeer Lago Minchíns, das vor<br />
Jahrmillionen austrocknete und viele Salzseen sowie den Lago Titikaka zurückgelassen hat.<br />
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