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FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1<br />
Beim Aufbruch fragt mich der Hostal-Besitzer, ob ich denn die Richtung für meine Weiterfahrt wüsste.<br />
Überzeugt zeige ich in die entgegengesetzte Richtung, als die, aus der ich gekommen bin. "Wo willst<br />
Du denn da hin? In die Wüste?"<br />
Wie gut, dass er mir am Ortausgang den versteckten Radweg zeigt, an den ich mich halten muss. Ich<br />
folge einem ausgetrockneten Bachlauf, der sich mit Eis und Wasser füllt, desto weiter ich in das Tal<br />
vordringe. Zwischen hoch aufragenden Steilwänden befindet sich eine grüne Oase mit vielen Lamas<br />
und Mulis. Die Landschaft ist wieder grob und beeindruckt zugleich durch ihre Schönheit. Ich sehe<br />
heute nur einen Jeep und zwei einheimische Radfahrer.<br />
In einem steilen Anstieg geht es auf einen 4200 Meter hohen Pass, von wo ich einen tollen Ausblick<br />
auf die vielen Lamas im Tal habe; sie zeichnen sich auf einer großen grünen Fläche nur noch als<br />
unzählige schwarz-weiße Punkte ab. Auf der anderen Seite ist die Landschaft schon wieder um<br />
einiges karger. Nur um den kleinen Bach herum scheren sich ein paar Lamas an niedrigen<br />
Steinhäusern. Der Weg wird wieder sandig und kurz vor San Augustin geht es wieder los. Sand! Ohne<br />
Ende und so tief, dass ich wieder vor machtloser Wut in die Erde trete. Doch in San Augustín sehe ich<br />
das erste Mal befestige Wege in Bolivien. Wenn sie auch nur aus groben Steinen sind, so ist es<br />
immerhin schon etwas.<br />
Ich frage mich zu einem Hostal durch, welches von außen nicht als solches zu erkennen ist. Ein Mann<br />
mittleren Alters öffnet mir die große Stahltür. Bei meiner Frage nach einer Dusche, sieht er mich nur<br />
mitleidig an und sagt mir, dass die natürlich defekt ist. Ein anderes Hostal gäbe es zwar, doch dort<br />
gäbe es keine Duschen. Also bleibe ich hier.<br />
Das Hostal ist ein einzelnes Zimmer in einem Privathaushalt, in dem sich ein paar klapprige<br />
Etagenbetten befinden. Ich bin der Einzige hier. Im Laufe des Abends lerne ich den Rest der Familie<br />
kennen: Die beiden Eltern, die Tochter und einen kleinen Jungen sowie zwei Hunde, wovon einer<br />
noch ein kleiner tollpatschiger Welpe ist. Der Welpe und der kleine Junge sehen mir ganz fasziniert<br />
beim Kochen zu und nach dem Essen darf ich die Waschschüssel der Mutter zum Spülen benutzen.<br />
Der kleine Innenhof bietet einen interessanten Einblick in die Familienkultur. Er dient einerseits als<br />
Flur, andererseits als Schuttabladeplatz, Wohnzimmer, Trockenplatz für das magere Fleisch<br />
geschlachteter Tiere sowie ihrer Reste.<br />
Bei eintreten Dunkelheit wird der Generator angeschaltet und ich kann mein Handy wieder aufladen.<br />
Eine surreale Situation mein Handy an einem Generatoren hunderte Kilometer von der nächsten<br />
Sendeantenne entfernt aufzuladen. Man will mir kaum glauben, dass das kleine Teil ein Telefon sein<br />
soll. Nein, ich hänge nicht so sehr an dem Teil, dass ich ständig dessen liebliche Piepstöne hören<br />
müsste. Ich brauche es allerdings als Wecker; die inzwischen wichtigste Funktion, die ich an diesem<br />
Gerät entdeckt habe.<br />
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