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FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1<br />
Am Dorfausgang treffe ich auf eine tiefe und schlammig vereiste Furt, die ich mich nicht zu<br />
durchqueren wage. Ein paar Kinder weisen mich darauf hin, dass es hundert Meter weiter eine Brücke<br />
gäbe - oder genauer: Einen über den Bach gelegte Felsplatte.<br />
Hinterm Dorf beginnt wieder Ödnis. Die großen Pässe liegen hinter mir. Was nun folgt, ist ein gerade<br />
100 Meter hoher Anstieg auf 36 Kilometern. Zu meiner Linken liegen schroffe Felsformationen. Der<br />
Rest ist eine einzige Einöde, deren Horizont im Lichtflimmern verschwindet. Und ich habe mein<br />
geliebtes Wellblech wieder, was mir für nahezu die ganzen 36 Kilometer erhalten bleibt. Alles was ich<br />
heute sehe, sind zwei Jeeps, ein Motorrad und etwas ganz Ungewöhnliches: Nach etwa der halben<br />
Tagesetappe von 50 Kilometern kommt mir ein schwarz gebrannter alter Mann entgegen und winkt<br />
mich fröhlich zu sich heran. Er freut sich ganz offensichtlich jemand ähnlich verrücktes wie ihn in der<br />
Einöde zu finden. Aber zu Fuß! In dem Alter! Das ist nun wirklich verrückt! Vor allem kann ich mir gar<br />
nicht erklären, wie er zu Fuß ohne einen Rucksack hier hingekommen sein könnte. Mit zahnlosem<br />
Lächeln spricht er mich in kaum verständlichem Spanisch an. Schlechte Straße, gutes Fahrrad, bla<br />
bla bla...<br />
Einer der zwei Jeeps, die ich heute sehe, hält kurz vor mir, so dass mich die Insassen beim Futtern<br />
fotografieren können. Toll! Sascha's Freilichtzoo mit echtem abgemagerten Radreisenden!<br />
Bolivianischer Highway<br />
Vorm Pass komme ich noch an schön geschliffenen orangenen Felstürmen vorbei und dann geht es<br />
bergab. Die Straße ist mit äußerst feinem weißen Sand bedeckt und führt durch ein ausgetrocknetes<br />
Flussbett. Ich schlittere nur so dem Tal entgegen. Zu allem Überfluss verliere ich meine Fleecejacke<br />
und muss wieder 2 Kilometer zurückfahren bis ich sie gefunden habe.<br />
Vor Alota beginnen tolle von Radspuren geformte Radwege, die mich über zahlreiche Felsbrücken<br />
und Furten über die vielen Bäche hier führen. Es gibt hier unglaublich viele Lamas, die sich in ihrer<br />
Masse bis zum Horizont erstrecken. Bei der Einfahrt in das Dorf treffe ich wieder auf freche Hunde<br />
und nach kurzer Zeit schließt sich ihnen eine Meute von Kindern an. Sie sehen meinen Helm und<br />
wollen unbedingt seine Festigkeit mit einem großen Stock prüfen. Doch mit ihnen verhält es sich<br />
kaum anders als mit den Hunden. Sobald man anhält, ist aller Mut verflogen und man verkrümelt sich<br />
hinter der nächsten Ecke.<br />
Ich finde ein Hostal, in dem auch zwei Jeep-Gruppen übernachten. Am Abend unterhalte ich mich<br />
ganz nett mit einer Chinesin aus Hong Kong, die mir brasilianische Nüsse schenkt, und zwei<br />
Deutschen aus Unna. Sie heißen Christian und Melanie und blicken mehr oder weniger neidisch auf<br />
mein Rad. Das ist das, was sie hier vermissen, meinen sie. Naja, Ansichtssache. Wir unterhalten uns<br />
noch lange und verabreden uns für ein Treffen in Deutschland. Und während ich lobend über mein<br />
Fahrrad spreche, bemerke ich erst, dass es tatsächlich einen Platten hat! Den ersten auf dieser<br />
Reise.<br />
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