Übersichtskarten - LimeSim

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01.01.2013 Aufrufe

FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1 Nach einem 4556 Meter hohen Pass komme ich auf der akzeptablen Straße mit kräftigem Rückenwind unglaublich schnell (Höchstgeschwindigkeit 28km/h) voran. Doch dann kommt wieder kilometerlang Sand. Einige Trucks brettern an mir vorbei und lassen mich minutenlang im aufgewirbelten Staub stehen. Verzweifelt schiebe ich das Rad vorwärts. Ich kann mein Pech einfach nicht fassen. Wütend trete ich mit meinen Füßen in den tiefen Sand und wirble dabei große Staubwolken auf. Ich möchte alles kurz und klein schlagen doch beim sinnlosen Treten in den Sand passiert nichts als dass sich meine Wut in Staub auflöst. Nach Sonnenuntergang erreiche ich endlich mein Tagesziel: Das Campamento de Campina. Ein Arbeiterlager, in dem Saltineros, die das Salz aus dem nahe gelegenen Salar abbauen, leben. Hier soll man angeblich übernachten können. Aus den Kaminen der kleinen Baracken steigt dicker Rauch auf und auf einem staubigen Platz spielen die Männer mit Begeisterung Fußball. Mit großen Augen werde ich angestarrt. Bei meinem ersten Versuch habe ich kein Glück. Die beiden Männer, die ich frage, blicken mich nur ratlos an und wissen keine Übernachtungsmöglichkeit. Das will ich ihnen nicht abnehmen. Ich stehe zwei Minuten vor ihnen und blicke sie ratlos an. "Sind Sie ganz sicher?" harke ich nach. Er bedeutet mir, dass ich zum Chéfe in sein Büro gehen soll. Der macht gerade Lohnabrechnungen und lässt sich scheinbar ungern von mir stören. Er kann mir nur mit dem Wortspiel "Wir sind doch hier kein Campamento" antworten und die Männer in der Runde beginnen zu lachen. Sehr witzig! Ich lasse ihn meine Ratlosigkeit spüren und nach einer Weile ringt er sich endlich zu einer Entscheidung durch. Ich darf im Essraum übernachten, aber morgen um 7 muss ich mich wieder auf den Weg machen, da die Arbeiter dann zum Frühstück kommen. Ich nehme mein Rad mit in den Essraum und breite meine Sachen auf dem kalten Betonboden aus. Innerlich macht es mich nach diesem harten Tag sehr wütend, dass ich nur begafft werde, aber scheinbar niemand mit mir reden will. Es dauert eine ganze Weile, bis einige Arbeiter die Barriere zu mir brechen. Der erste ist ein junger Mann, der mich erstaunt zu meinem rauschenden Benzinkocher befragt. Nach dem Abendessen zeige ich einigen meine Flugkarte von Bolivien - das Beste, was zu dieser Region zu bekommen ist. Mit großen Augen beugen sie sich über die Karte und versuchen ihre viel zu kleinen Dörfer darauf zu finden. Es sind ja dort nicht einmal das Campamento oder die hierhin führende Straße verzeichnet. Doch auch wenn die Dörfer verzeichnet wären; die Männer sehen das erste Mal eine Karte von ihrer Gegend und können zum größten Teil sowieso nicht Lesen und Schreiben. Nach Einbruch der Dunkelheit wird der Generator angeschaltet und der Essraum füllt sich mit Arbeitern. Das hat einen ganz simplen Grund: Im Essraum steht der Fernseher! Nach einer Weile kommt ein Jeep in das Lager und alle laufen wie die kleinen Kinder zu ihm hin. Nach dem Motto: "Was hat er uns denn heute schönes mitgebracht?". Und ich verstehe die Aufregung. Der Fernseher hat nämlich keinen Empfang und der Jeep hat ein Video mitgebracht! Ich bin selbst schon gespannt, was für ein Film das bloß sein mag und freue mich schon auf die Raubkopie eines Hollywoodfilms. Nun, es sind harte im Salz arbeitende Männer. Vielleicht sehen sie auch einen Porno an, was ich ihnen auch nicht verdenken könnte. Doch was dann kommt haut mich wirklich aus dem Schuhen: Eine stundenlange Aufnahme des Volkstanz-Wettbewerbs in La Paz! Inklusive schrecklicher Musik und allem Drum und Dran. Die Männer sitzen gebannt am Bildschirm und starren auf die relativ leicht - 44 -

FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1 bekleideten Frauen in ihren Kostümen. Immer wieder kommen Pfiffe und begeisterte Ausrufe. Nun ja... jedem sein Geschmack... Was folgt, ist ein Mexikanischer Liebesfilm in pastellfarbener Bildqualität. Es geht um eine junge Frau, die einen amerikanischen Piloten betreut, der nahe ihrem Haus im Dschungel abgestürzt ist. Dabei geschehen ihr eine Menge Missgeschicke. Er macht ihr mit englischem Akzent weiß, dass er Medizin zu seiner Mutter fliegen wollte und bittet sie darum, das Päckchen Medizin zu seiner Mutter in den USA zu bringen. Natürlich ist in dem Päckchen keine Medizin und der Rest des Films strotzt auch nur so vor Klischees. An der Grenze werden die Frau und andere Flüchtlinge von einer amerikanischen Patrouille gnadenlos mit einem Maschinengewehr beschossen. Natürlich fließt kein Blut. Doch eines ist klar: Die Nordamerikaner sind böse! Als sie den Übergang endlich geschafft hat, nimmt sie ein kleinwüchsiger Amerikaner mit, der von ihr aber nur "Liebe" haben will. Ein amerikanischer Indianerhäuptling rettet sie und entführt sie in die Wüste zu seiner Familie, wo er sie zu einer richtigen Indianerin machen will. Dann wird der Generator abgeschaltet... Ich hoffe, dass die Bolivianer ein besseres Bild von uns Europäern haben. Nase zu und durch... Am Morgen platzt mir fast die Blase. Ich muss unbedingt eine Toilette finden. Dumm nur, dass hier niemand meine Frage nach einer Toilette versteht. Verzweifelt frage ich mehrere Leute nach einem "servicio" und alle sehen mich nur verdutzt an. Manchmal bringen mich die Unterschiede zwischen spanischem Spanisch und lateinamerikanischem Spanisch echt zur Verzweiflung. Irgendwann finde ich dann doch noch eine Toilette - ein 200 Meter vom Camp entfernt liegendes Erdloch mit einem Dach drüber... Ich spreche mit einem LKW-Fahrer und frage ihn nach dem Zustand der folgenden Straße. "Die ist sehr gut, und auch ohne Sand" antwortet er mir. Na dann möchte ich mal wissen, was das für ein komisches Zeugs ist, worin meine Reifen im Laufe des Tages immer wieder stecken bleiben und sich durchdrehen. Vorbei am Salzsee geht es wieder auf einen Pass, dieses Mal 4566 Meter hoch. Im Anstieg gibt es tatsächlich nur wenig Sand und auch kaum Wellblech. Dafür zeichnet sich die Piste dadurch aus, dass sie kilometerlang über spitzes Geröll verläuft. Unten muss ich einen größeren Bach furten und werde wieder von Lamas und dieses Mal auch von Eseln angestarrt. Zwei aberwitzige Karnickel (?) hoppeln eine Weile vor mir her und beobachten mich. Nach dem zweiten Pass kommt ein großer Wechsel in die Landschaft. Das erste Mal kann ich über den 500 Meter tiefer liegenden eigentlichen Altiplano blicken. In mehreren Hundert Kilometern Entfernung kann ich schon den Vulkan Tunupa erkennen. Und - so seltsam das auch klingen mag - das erste Mal in Südamerika sehe ich natürlich gewachsene Büsche, die ganze Landstriche bewachsen. Die karge Einöde des oberen Altiplano und der Atacama-Wüste beginnt sich zu lichten. Das erste Mal rieche ich etwas: Einen seltsamen intensiv würzigen Duft, den ich nur schwer definieren kann und im Nachhinein nur noch mit Südamerika in Verbindung bringen kann. - 45 -

FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1<br />

Nach einem 4556 Meter hohen Pass komme ich auf der akzeptablen Straße mit kräftigem<br />

Rückenwind unglaublich schnell (Höchstgeschwindigkeit 28km/h) voran. Doch dann kommt wieder<br />

kilometerlang Sand. Einige Trucks brettern an mir vorbei und lassen mich minutenlang im<br />

aufgewirbelten Staub stehen. Verzweifelt schiebe ich das Rad vorwärts. Ich kann mein Pech einfach<br />

nicht fassen. Wütend trete ich mit meinen Füßen in den tiefen Sand und wirble dabei große<br />

Staubwolken auf. Ich möchte alles kurz und klein schlagen doch beim sinnlosen Treten in den Sand<br />

passiert nichts als dass sich meine Wut in Staub auflöst.<br />

Nach Sonnenuntergang erreiche ich endlich mein Tagesziel: Das Campamento de Campina. Ein<br />

Arbeiterlager, in dem Saltineros, die das Salz aus dem nahe gelegenen Salar abbauen, leben. Hier<br />

soll man angeblich übernachten können. Aus den Kaminen der kleinen Baracken steigt dicker Rauch<br />

auf und auf einem staubigen Platz spielen die Männer mit Begeisterung Fußball. Mit großen Augen<br />

werde ich angestarrt. Bei meinem ersten Versuch habe ich kein Glück. Die beiden Männer, die ich<br />

frage, blicken mich nur ratlos an und wissen keine Übernachtungsmöglichkeit. Das will ich ihnen nicht<br />

abnehmen. Ich stehe zwei Minuten vor ihnen und blicke sie ratlos an. "Sind Sie ganz sicher?" harke<br />

ich nach. Er bedeutet mir, dass ich zum Chéfe in sein Büro gehen soll.<br />

Der macht gerade Lohnabrechnungen und lässt sich scheinbar ungern von mir stören. Er kann mir nur<br />

mit dem Wortspiel "Wir sind doch hier kein Campamento" antworten und die Männer in der Runde<br />

beginnen zu lachen. Sehr witzig! Ich lasse ihn meine Ratlosigkeit spüren und nach einer Weile ringt er<br />

sich endlich zu einer Entscheidung durch.<br />

Ich darf im Essraum übernachten, aber morgen um 7 muss ich mich wieder auf den Weg machen, da<br />

die Arbeiter dann zum Frühstück kommen. Ich nehme mein Rad mit in den Essraum und breite meine<br />

Sachen auf dem kalten Betonboden aus. Innerlich macht es mich nach diesem harten Tag sehr<br />

wütend, dass ich nur begafft werde, aber scheinbar niemand mit mir reden will. Es dauert eine ganze<br />

Weile, bis einige Arbeiter die Barriere zu mir brechen. Der erste ist ein junger Mann, der mich erstaunt<br />

zu meinem rauschenden Benzinkocher befragt. Nach dem Abendessen zeige ich einigen meine<br />

Flugkarte von Bolivien - das Beste, was zu dieser Region zu bekommen ist. Mit großen Augen beugen<br />

sie sich über die Karte und versuchen ihre viel zu kleinen Dörfer darauf zu finden. Es sind ja dort nicht<br />

einmal das Campamento oder die hierhin führende Straße verzeichnet. Doch auch wenn die Dörfer<br />

verzeichnet wären; die Männer sehen das erste Mal eine Karte von ihrer Gegend und können zum<br />

größten Teil sowieso nicht Lesen und Schreiben.<br />

Nach Einbruch der Dunkelheit wird der Generator angeschaltet und der Essraum füllt sich mit<br />

Arbeitern. Das hat einen ganz simplen Grund: Im Essraum steht der Fernseher! Nach einer Weile<br />

kommt ein Jeep in das Lager und alle laufen wie die kleinen Kinder zu ihm hin. Nach dem Motto:<br />

"Was hat er uns denn heute schönes mitgebracht?". Und ich verstehe die Aufregung. Der Fernseher<br />

hat nämlich keinen Empfang und der Jeep hat ein Video mitgebracht! Ich bin selbst schon gespannt,<br />

was für ein Film das bloß sein mag und freue mich schon auf die Raubkopie eines Hollywoodfilms.<br />

Nun, es sind harte im Salz arbeitende Männer. Vielleicht sehen sie auch einen Porno an, was ich<br />

ihnen auch nicht verdenken könnte. Doch was dann kommt haut mich wirklich aus dem Schuhen:<br />

Eine stundenlange Aufnahme des Volkstanz-Wettbewerbs in La Paz! Inklusive schrecklicher Musik<br />

und allem Drum und Dran. Die Männer sitzen gebannt am Bildschirm und starren auf die relativ leicht<br />

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