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FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1<br />
Ich mache eine ganz neue Erfahrung. Wenn ich bis jetzt immer von so genannten "Wellblechpisten"<br />
gelesen habe, habe ich mir darunter ernsthaft aus Wellblech erbaute Straßen vorgestellt. Warum<br />
irgendjemand Straßen aus Wellblech bauen sollte, habe ich allerdings nie verstanden. Und heute<br />
verstehe ich erst, was mit dieser Form von "Wellblech" wirklich gemeint ist! Da die sandigen<br />
Schotterstraßen hier recht stark befahren sind, bildet sich durch die von den Fahrzeugen<br />
hervorgerufene Erosion im Laufe der Jahre ein Wellblechmuster. Dadurch bildet sich eine steinharte<br />
quer zur Fahrtrichtung verlaufende Wellblechform auf der Straße. Was das bedeutet, kann sich jeder<br />
selbst ausmalen. Es ist exakt so, als wenn man versuchen würde mit dem Rad auf einem<br />
Wellblechdach zu fahren! Und dieses gemeine Wellblech gibt es auch noch in unterschiedlichen<br />
Ausprägungen. Mal sind es nur kleine Wellen in der Straße, mal sind es Wellen mit je 10cm<br />
Höhenunterschied und 20cm Abstand voneinander. Damit wird das fahren zu reinsten Horror. Nach<br />
einem 4689 Meter hohen Pass geht es leicht bergab, doch davon spüre ich wenig. Es dauert lange,<br />
bis ich mich damit abfinden kann, nicht bergab fahren zu können. Inzwischen kann von vorwärts<br />
Hoppeln eher die Rede sein als von Fahren. Und so hopple ich Hubbel für Hubbel, Meter für Meter<br />
langsam vorwärts. Und das über mehrere Kilometer. Ausweichen kann ich nicht. Die vermeintlich<br />
feste Ödnis neben der Straße entpuppt sich beim Versuch sie zu befahren als gemeinste feine<br />
Vulkanasche, in der kein Vorwärtskommen möglich ist.<br />
Es ist zum Mäusemelken! Nach dem Motto: Entweder ertrage das Wellblech oder gehe im Sand ein.<br />
Teilweise halten meine Nerven diese Hoppelei nicht mehr aus. Ich trete fest in die Pedale und jage<br />
mein bockendes Rad geradedewegs über das Wellblech. Doch dadurch werden die Stöße kaum<br />
abgemildert und schon nach kurzer Zeit bringt mich die dünne Luft außer Atem. Hinzu kommt, dass<br />
sich dabei mein Hinterrad löst und mich fast während der Fahrt verlässt.<br />
Mit einem schmerzenden Rücken komme ich endlich an meinem Tagesziel an: Den Aguas Termales.<br />
Direkt neben den Thermalquellen befinden sich ein paar Adobeziegel und glücklich finde ich meine 5<br />
Liter Wasser hinter einem Ziegelhaufen.<br />
Ich baue mein Zelt neben der Straße auf und genieße den Blick auf die heißen Quellen und die<br />
dahinter liegende Lagune. Während ich mein Essen zubereite, umschleicht mich ein kleiner Fuchs mit<br />
gierigem Blick. Kurz darauf kommen zwei Bolivianer auf einem Motorrad von Norden her. Stolz zeigen<br />
sie mir die Marken auf ihren Jacken und geben damit zu erkennen, dass sie von der<br />
Nationalparkverwaltung sind. Sie haben einen Stützpunkt eineinhalb Kilometer nördlich von hier und<br />
täglich, nachdem die ganzen Touristen weg sind, kommen sie hier vorbei um den Müll einzusammeln.<br />
Freudig weist mich einer von ihnen auf den kleinen Fuchs hin. "Foto? Foto?". Nach dem Einsammeln<br />
einiger Plastiktüten setzen sie sich wieder auf ihr Motorrad und machen sich aus dem Staub.<br />
Meine Gesundheit ist wieder ganz schön mitgenommen. Abgesehen von meinen verkrusteten<br />
Atemwegen habe ich Kopfschmerzen und fühle mich ziemlich ermattet. Höchste Zeit Schlafen zu<br />
gehen und eine Paracetamol zu nehmen. Hier in der Wildnis möchte ich ungern liegen bleiben...<br />
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