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FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1<br />
Coca Cola". Nimm Aspirin! Juchhu! Leute schieben ihre Verwandten im Rollstuhl mit den daran<br />
befestigten Blubberflaschen gegen Lungenembolie durch die Strassen. Kleine Ambulanzen werben<br />
mit Leuchtreklamen mit der Aufschrift "Abierto 24 horas!" und so weiter...<br />
Raúl habe ich übrigens mal gefragt, wie es denn hier so mit dem Wetter ist. Heute ist es ziemlich<br />
bewölkt und die Sonne kommt erst gegen Mittag langsam wieder zum Vorschein. Wie man es von der<br />
deutschen Küste gewohnt ist, hätte es in dieser Zeit hier doch mindestens einmal regnen müssen.<br />
"Regen? Ja den hatten wir - in den letzten 3 Jahren immerhin zweimal!"<br />
Er erwähnte auch, dass mir alle Leute nachblicken würden.<br />
-"Wieso? Sehe ich denn aus, wie ein Nordamerikaner?"<br />
-"Nun ja, vielleicht ein wenig". Die Nordamerikaner werden hier übrigens nicht Gringos sondern<br />
Yankees genannt. Und stolz erzählt er mir davon, wie kosmopolitisch Antofagasta doch sei. "Sind die<br />
Nordamerikaner denn nicht ein wenig unbeliebt?", harke ich nach. Nun ja, da muss er dann doch<br />
zugeben, dass viele sie doch nicht so wirklich mögen.<br />
Und abgesehen von ein paar Ausnahmen kam mir diese Stadt bisher auch recht komisch vor. Wenn<br />
ich auf der Straße jemanden nach dem Weg frage, dann muss ich schon standhaft darauf beharren,<br />
sonst wollen mir besonders die älteren Leute keine Antwort geben. Und während ich mit dem Fahrrad<br />
und Gepäck unterwegs war, wollten erst recht die wenigsten etwas mit mir zu tun haben. Das hat sich<br />
erst gebessert, nachdem ich den Fahrradhelm abgenommen habe - eigentlich eine recht unkluge<br />
Entscheidung bei diesem Verkehr. Aber damit haben mich die Leute wenigstens wieder als Menschen<br />
erkannt.<br />
Ganz schön arrogant finde ich auch die Haltung gegenüber meinen recht schlechten<br />
Spanischkenntnissen. Ich habe zwar in der Schule als Bester abgeschlossen und in Spanien hat man<br />
sich immer geduldig mit mir gezeigt, doch hier haben viele Leute einfach kein Verständnis dafür. Oft<br />
heißt es dann nur hinter meinem Rücken "Ach, der versteht doch sowieso nichts." Seltsam ist die<br />
Reaktion der Leute, wenn ich ihnen zu verstehen gebe, dass ich diesen Kommentar durchaus<br />
verstanden habe...<br />
Als ich am Abend des zweiten Tages die Wäsche von der Wäscherei abhole, fällt mein Blick auf den<br />
im Sonnenuntergang daliegenden Pazifik. Ich gehe ans Ufer und genieße die frische Luft und den<br />
weiten Ausblick über die Bucht von Antofagasta. Da spricht mich plötzlich eine weibliche Stimme von<br />
hinten an und fragt mich ob die Fotos bei diesem Licht denn überhaupt was werden können. Ich hoffe<br />
doch schon, antworte ich ihr. Sie heißt Christina, kommt aus Spanien und ist seit 5 Monaten hier in<br />
Chile unterwegs - mit einem erstaunlich kleinen Rucksack! Sie erzählt mir davon, dass sie gerade aus<br />
einer Kirche geschmissen wurde, weil sie dort schlafen wollte. Geld für eine Übernachtung hat sie<br />
kaum noch, da ihr vor einigen Tagen 350 Dólares geklaut wurden und sie erst für August einen Job in<br />
La Serena in Aussicht hat. Wir stimmen beide damit überein, dass die Leute hier wirklich ziemlich<br />
"seco", also trocken sind - wie ihre Umgebung. Von Spanischer bzw. südamerikanischer Herzlichkeit<br />
und Lebenslust haben wir bisher beide wenig erfahren. Ich denke eine Weile darüber nach und<br />
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