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FietsPad.De – Traum Südamerika – Teil 1<br />
Wirklich Problematisch wird es, als plötzlich ohne Vorwarnung mein Vorderrad blockiert! Das Fahrrad<br />
kommt sofort zum Stillstand, das Hinterrad hüpft samt Gepäck nach oben und ich "hüpfe" unfreiwillig<br />
über meinen Lenker hinaus. Ein Glück, dass meine Beine mich in einer schnellen Reaktion weich<br />
auffangen und mir in dem dichten Verkehr nichts passiert!<br />
Das Ganze hat allerdings nur so gut funktioniert, weil - wie ich später merke - meine Gabel die meiste<br />
Stoßkraft "abgefangen" hat. Das erste Mal in "unseren" 5 Jahren nimmt mir mein Rad einen Unfall<br />
wirklich übel. Die Gabel hat einen ordentlichen Knick über den Bremsen und ist stark nach hinten<br />
verbogen. Zuerst fällt es mir gar nicht auf und ich will gleich nach dem Unfall wieder aufsteigen und<br />
weiterfahren. Dumm nur, dass das nicht geht. Der Reifen liegt an der unteren Querstrebe des<br />
Rahmens an und ich kann nur noch nach links und rechts lenken - aber nicht mehr geradeaus. Toll!<br />
Ich werde wohl kaum die ganze Zeit hier auf der Hauptstraße aus bunter Lustigkeit im Kreis fahren!<br />
Bei der Fehlersuche entdecke ich auch recht schnell den Verursacher. Mein Linker Schuh (welcher<br />
auch sonst...) hat sich zwischen Lowrider und Speichen verheddert. Es ist zusätzlich ein Wunder,<br />
dass die Speichen und der Schuh bei diesem abrupten Stopp mit voll bepacktem Fahrrad keine<br />
Schäden davon getragen haben.<br />
Doch jetzt stehe ich vor einem riesigen Problem. Oder realistischer ausgedrückt: Vor einem ganzen<br />
Haufen von Problemen. Wie komme ich jetzt mit einem fahruntüchtigen Rad die letzten 10 Kilometer<br />
in die Stadt? Wo bekomme ich eine neue Gabel in einem Land, in dem es nur 26-Zoll-Fahrräder gibt?<br />
Und wie komme ich überhaupt ohne Geld weiter? Bis jetzt habe ich noch keine Bank gesehen und<br />
habe nicht einen Peso in meinen Taschen. So kann ich mir auch die Möglichkeit einen Bustransports<br />
aus dem Kopf schlagen. Mist! Verdammt! Sch...!!! Fluchend schiebe, hebe und trete ich mein Rad<br />
durch die nicht enden wollende Vorstadt. Hin -und wieder gelingt es mir das das Vorderrad so weit<br />
gerade zu treten, dass ich auch ein paar Meter fahrend zurücklegen kann bis sich die Gabel wieder<br />
zurückgebogen hat. Dieser Jux hat allerdings nur zur folge, dass ich noch zwei weitere Male über den<br />
Lenker hinausfliege. Es ist zum verzweifeln! Schon längst ist es dunkel und die Vorstadt mit ihren<br />
hinter großen Mauern und Zäunen liegenden Häusern scheint mir alles andere als sicher. Kläffende<br />
Köter verfolgen mich und werden kurz darauf von umstehenden Menschen mit Steinen beworfen. Das<br />
ist allerdings die einzige Hilfe, die mir die Menschen hier geben. Und erst nachdem ich den Helm<br />
abgenommen habe, ernte ich auf meine Fragen wortkarge Antworten anstatt nur sture Blicke. Über<br />
die Hilfsbereitschaft dieser Menschen hier kann ich keinesfalls Loblieder singen. Auf meine Fragen<br />
nach der Entfernung zum Zentrum bekomme ich nur kurze Antworten mit dem Inhalt "Noch weit", oder<br />
"Nicht mehr weit". Nur ein kleines Mädchen, die ihren kläffenden Köter von mir wegzerrt spendet mir<br />
ein paar mehr Worte. Der kleine sei einmal vom Fahrrad angefahren worden und möge Radfahrer<br />
deswegen überhaupt nicht, erklärt sie mir. Dann frage ich mich allerdings, wie bei so wenigen<br />
Fahrrädern so viele Hunde schon traumatische Erlebnisse mit Fahrrädern gehabt haben wollen, dass<br />
sie so hinter mir her sind.<br />
Ich kann die vielen Eindrücke der neuen Welt kaum verarbeiten. Und nach endlosen Torturen und<br />
endlosen Flüchen erreiche ich Stunden später endlich die Innenstadt. Inzwischen stehe ich schon<br />
ziemlich neben mir. Beim Abheben am Geldautomaten übersehe ich bei meinen beiden Geldkarten<br />
fast dreimal das Eingabefeld für die Geheimnummer und muss mir von einem Sicherheitsbeamten<br />
und einem netten Ehepaar helfen lassen. Das erste Hostal macht auf mich einen alles andere als<br />
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