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Biochemie der Pharmaka<br />

"Pharmakokinetik - Pharmakodynamik"<br />

Univ.-Doz. Dipl.-HTL-Ing. DDr. Hans Schön, MSc, EUR ING<br />

Zentrum für Pathobiochemie und Genetik – Medizinische Universität Wien<br />

Projektleiter für den Uni-Lehrgang „Klinische Ernährungsmedizin“ am Department für Klinische Medizin und<br />

Biotechnologie der Donauuniversität Krems<br />

Facharzt für medizinische und chemische Labordiagnostik<br />

Staatlich befugter und beeideter Ziviltechniker, Ingenieurkonsulent für Biologie (Humangenetik)


Pharmakokinetik<br />

Die pharmakokinetische Phase beginnt mit der Freisetzung des Pharmakons nach der Applikation,<br />

und beschreibt dessen Verhalten in vivo bis zum Erreichen des Wirkortes . Am Wirkort beginnt die<br />

pharmakodynamische Phase.<br />

Zur pharmakokinetische Phase gehören<br />

● Liberation - Freisetzung des Arzneistoffes aus der Applikationsform<br />

● Absorption - Aufnahme des Arzneistoffes in die Blut- u. Lymphbahn<br />

● Distribution - Verteilung im Körper<br />

● Metabolisierung/Biotransformation - <strong>biochemischer</strong> Um- und Abbau<br />

● Exkretion – Ausscheidung (biliär, renal, pulmonal, faecal, dermatogen, laktogen)<br />

auch als LADME-System bezeichnet<br />

2


Pharmakodynamik<br />

Die pharmakodynamische Phase des Pharmakons beginnt mit seiner mehr oder weniger spezifischen<br />

Reaktion mit seinem Rezeptor an der Zielzelle.<br />

Diese Arzneistoff-Rezeptor-Bindung löst eine Reaktionskette durch Mediatoren aus die zu einer<br />

biologischen Wirkung führt: → therapeutischer Effekt<br />

→ Nebenwirkungen<br />

3


Wichtige In-vivo-Prozesse nach Applikation eines Arzneimittels während<br />

der pharmakokinetischen und –dynamischen Phase<br />

4


Interaktionen verschiedener Faktoren in der Response auf<br />

Arzneimittel<br />

5


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase<br />

Distribution eines Arzneistoffes ist abhängig von:<br />

● Dissoziation des Pharmakons (Dissoziationsgrad, Dissoziationsenergie)<br />

● Verteilungskoeffizienten zwischen wäßriger/lipophiler Phase<br />

● Bindungsvermögen an Plasmaproteine/Biopolymere<br />

Stark hydrophile Wirkstoffe (quartäre Ammoniumstickstoffvbdg.) können die Blut-Hirn-Schranke<br />

nicht überwinden = nicht liquorgängig<br />

6


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase<br />

Metabolisierung/Biotransformation - <strong>biochemischer</strong> Um- und Abbau eines Pharmakons in der Phase-<br />

I- und Phase-II-Reaktion vor allem in den Lebermikrosomen<br />

● Phase-I-Reaktion: Oxidation – Reduktion – Hydrolyse eines Pharmakons zu oxidierten, reduzierten<br />

oder hydrolysierten Metaboliten.<br />

● Phase-II-Reaktion: Konjugation der Phase-I-Metaboliten zu konjugierten Metaboliten<br />

Was geschieht nun mit den Produkten des Phase-I- und Phase-II-Metabolismus in den Zellen?<br />

Für alle nachfolgenden Schritte hat sich der Begriff "Phase-III" eingebürgert.<br />

● Phase-III-Reaktion:<br />

● intrazelluläre nichtenzymatisch (spontan) Umwandlung primärer Biotransformationsprodukte zu Metabonaten<br />

● Export der Fremdstoff-Konjugate aus der Zelle mit Hilfe von Transportproteinen (Carrier) oder<br />

Effluxpumpen aus der Zelle (Multidrug Resistance-Related Proteine und ABC-Transporter)<br />

● finaler Export aus dem Organismus.<br />

● Vorbereitende Prozesse für Phase-III-Prozesse: Abbau des GSSG/GSH zu N-Acetylcystein, Cystein und Glutamat<br />

mittels γ-GT und Dipeptidasen.<br />

7


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase<br />

Phase-I-Reaktionen = Funktionalisierungsreaktionen, d.h. in das Molekül werden funktionelle<br />

Gruppen (-OH, -COOH, -NH 2,-SH) eingeführt bzw. bestehende funktionelle Gruppe verändert.<br />

Dadurch steigt die Hydrophilie und Exkretion.<br />

Die Reaktionen werden dabei durch Enzyme katalysiert, die eher eine relativ geringe<br />

Substratspezifität aufweisen, also auf eine ganze Gruppe chemischer Substanzen wirken.<br />

● Durch Biotransformation werden körpereigene oder -fremde Subtanzen (Prodrugs) in den<br />

eigentlichen Wirkstoff umgewandelt<br />

Cholecalciferol (Vitamin D3) → 1α, 25-Dihydroxycholecalciferol (Calcitriol)<br />

Levodopa zu Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin<br />

Metamizol oder der AT 1-Antagonist Olmesartan(e)<br />

Tamiflu (Oseltamivir wird nach oraler Einnahme nahezu vollständig durch hepatische Esterasen) in das aktive<br />

Stoffwechselprodukt (Metabolit) Oseltamivircarboxylat umgewandelt)<br />

Die Verwendung von Prodrugs ermöglicht eine orale Resorption und Bioverfügbarkeit, bewirkt die<br />

Verringerung des First-Pass-Effektes oder befähigt einen Arzneistoff die Blut-Hirn-Schranke zu<br />

passieren.<br />

8


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase<br />

Zu Phase-I-Reaktionen = Funktionalisierungsreaktionen<br />

Resorptionsester:<br />

Eine eigene Form der Prodrugs bilden die sogenannten Resorptionsester, d.s. Verbindungen, die<br />

eigens zu dem Zweck synthetisch verestert wurden, um besser oder überhaupt erst resorbiert<br />

werden zu können.<br />

Die Veresterung verbessert die Lipophilie und erhöht die Resorption des Arzneistoffes über die<br />

Darmschleimhaut.<br />

Der unwirksame oder wenig wirksame Resorptionsester wird entweder bereits beim Durchtritt durch<br />

die Darmschleimhaut oder später im Plasma durch die vorhandenen körpereigenen Esterasen<br />

hydrolysiert – es entsteht dabei wieder die pharmakologisch aktive Muttersubstanz<br />

Beispiele:<br />

aus der wirksamen virustatischen Substanz Aciclovir entsteht durch Veresterung ihrer<br />

Hydroxygruppe mit der Aminosäure Valin der Resorptionsester Valaciclovir.<br />

Vereinzelt werden auch Steroidhormone mit einfachen Carbonsäuren wie Essigsäure oder<br />

Valeriansäure (Pentansäure) zu besser resorbierbaren Derivaten verestert: Cortison-21-acetat oder<br />

Estradiol-17-valerat.<br />

9


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase<br />

Zu Phase-I-Reaktionen = Funktionalisierungsreaktionen<br />

● Körpereigene Prodrugs sind die Prohormone aus denen durch limitierte Proteolyse bei Peptid- und<br />

Proteohormonen oder durch Hydroxylierungen die eigentlichen wirksamen Hormone gebildet<br />

werden.<br />

Peptid- und Proteohormon: Proinsulin zu Insulin<br />

Hydroxylierungen: Vit.-D3 (Cholecalciferol) zu 1α,25(OH) 2Cholecalciferol)<br />

10


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase<br />

Phase-II-Reaktionen = Konjugationsreaktionen durch Transferasen<br />

Kovalente Bindung von aktivierten körpereigenen Stoffen an den in der Phase-I-Reaktion chemisch<br />

veränderten Wirkstoff. Es entsteht dabei das Konjugat.<br />

Konjugiert wird mit aktivierten körpereigenen Stoffen (PAPS/ 3`Phosphoadenosin-5`phosphosulfaft,<br />

UDP-Glucuronsäure, Acetyl-CoA)<br />

● aktivierte Schwefelsäure: Phenol-Sulfotransferase oder Hydroxysteroid-Sulfotransferase<br />

● UDP-Glucuronsäure: die Glucuronyltransferase überträgt die Glucuronsäure auf verschiedene<br />

funktionelle Gruppen:<br />

OH-Gruppe → O-Glucuronide (Verätherung, O-Alkylierung)<br />

NH-Gruppe → N-Glucuronide (N-Alkylierung)<br />

SH-Gruppe → S-Glucuronide (S-Alkylierung)<br />

COOH-Gruppe → Ester-Glucuronide<br />

Diese Reaktionen dienen der Konjugation von Steroiden, Bilirubin, Phenolringen, Alkoholen, Aminen,<br />

Thiolen.<br />

11


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase<br />

Zu Phase-II-Reaktionen = Konjugationsreaktionen<br />

● Konjugation mit Acetyl- und Acylresten (Hippursäure (Benzoesäure+Glycin)) durch Acetyl- und<br />

Acyltransferasen<br />

Aromatische und aliphatische Amine, Abbau von Sulfonamiden und Koffein<br />

● Konjugation mit Aminosäuren (Glycin)<br />

Eine Fremdsäure wird zunächst mit S-CoA aktiviert und dann auf eine Aminosäure übertragen (z.B.<br />

Glycin wird an aromatische Säuren (Benzoesäure) gebunden)<br />

● Konjugation mit einer Methylgruppe<br />

Substrate wie Katecholamine, Phenole oder Thiole werden mit Hilfe von Methyltransferasen<br />

und SAM (S-Adenosylmethionin) methyliert, d.h. Methylgruppentransfer auf diese Substrate.<br />

● Konjugation mit Glutathion<br />

Durch Glutathion-S-Transferase wird zunächst die SH-Gruppe des Glutathion mit einer<br />

aromatischen oder halogenierten Verbindung verknüpft. Danach wird der Glycyl- und Glutamylrest<br />

abgespalten und der Aminostickstoff des verbleibenden Cysteinylrestes konjugiert mit Acetyl-CoA.<br />

Die Konjugate werden meist noch weiter metabolisiert zu Mercaptursäuren (konjugierte Cysteine,<br />

z.Bsp: Acetylcystein).<br />

12


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase<br />

Wichtigster Ort der Biotransformation sind die Lebermikrosomen<br />

Die NADPH-abhängigen Cytochrom P-450 Monooxygenasen (CYP) sind die Schlüsselenzyme der<br />

Biotransformation sämtlicher Xenobiotika.<br />

Ihre Aufgabe in der Phase I Reaktion besteht darin, molekularen Sauerstoff in eine reaktive Form zu<br />

überführen und diesen in die Substrate einzubauen.<br />

Die Redoxäquivalente werden hierbei von NADPH und einem Flavoprotein (NADPH-Cytochrom-P450-<br />

Oxidoreduktase) bereitgestellt: RH + 2e- + 2H+ + O2 → R-OH + H20<br />

Mikrosomale Alkohol- und Aldehyddehydrogenasen<br />

Mikrosomalen Aminooxidasen<br />

Andere reduzierend wirkende mikrosomale Enzyme<br />

Hydrolasen finden sich auch im Plasma und der Darmmucosa<br />

Wichtigste Vertreter im menschlichen Organismus: CYP1A1, CYP1A2, CYP2A6, CYP2B6, CYP2C8, CYP2C9, CYP2C19,<br />

CYP2D6, CYP2E1, CYP3A4, CYP3A5, CYP3A7, CYP4A11, CYP11A1, CYP24A1, CYP11B1, CYP11B2, CYP17A1, CYP19A1,<br />

CYP21A1, CYP27B1.<br />

Durch einige Arzneistoffe sowie Benzopyren, 3-Methylcholanthren im Zigarettenrauch kommt es zu<br />

einer mikrosomalen Enzym-Induktion und zu einer verminderten Wirkung der Arzneistoffe.<br />

Ein universeller Hemmer der NADPH-abhängigen Cytochrom P-450 Monooxygenasen ist Ketoconazol. 13


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase-I-Reaktion<br />

Entsprechend der Vielzahl von Giftstoffen existiert eine ganze Palette von CYP 450.<br />

Sie weisen eine geringe Substratspezifität auf.<br />

Die Expression dieser Enzyme wird durch ihre Substrate initiiert.<br />

Pharmaka, die über das gleiche CYP 450 abgebaut werden, beeinflussen sich gegenseitig in ihrer<br />

Pharmakokinetik.<br />

● Das brustkrebshemmende Arzneimittel Tamoxifen wird erst mittels CYP 2D6 in den aktiven<br />

Metaboliten Endoxife umgewandelt. In einer kanadischen Studie zeigte sich bei zusätzlicher<br />

Einnahme von Paroxetin (Seroxat) eine verminderte Wirksamkeit von Tamoxifen.<br />

● Inhaltsstoffe des Grapefruit-Saftes inaktivieren CYP 3A4.<br />

● Freiverkäufliche Zubereitungen mit Johanniskraut induziert CYP 3A4.<br />

Dieses Enzym baut eine große Zahl von Medikamenten ab: Verapamil, Nifedipin, aber auch<br />

Antikonvulsiva: Phenytoin, Diazepam, Antiarrhythmika: Amiodaron etc.<br />

Alkohole: Ethanol, Methanol und einige Antibiotika werden über das gleiche (Alkohol-DH-<br />

unabhängige!) Mikrosomale Ethanol-oxidierende System (MEOS) abgebaut. Die Wirkungen dieser<br />

Pharmaka können sich bei Alkoholgenuß nebenwirkungsreich potenzieren.<br />

Antibiotika wie Rifampicin (TBC, Lepra, MRSA) induzieren die verstärkte Expression verschiedener<br />

CYP 450. Dadurch werden Wirkstoffe der Kontrazeptiva (Pille) schneller abgebaut und verlieren ihre<br />

Wirkung.<br />

14


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase-I-Reaktion<br />

Mikrosomales Ethanol-oxidierende System (MEOS, ein Alkohol-Dehydrogenase unabhängiger Weg des<br />

Ethanolabbaus in den Leberzellen)<br />

Bei chronischem Alkoholkonsum wird das MEOS induziert und baut neben der ursprünglichen<br />

Alkohol-Dehydrogenase Alkohol ab und dadurch ist für die Toleranzentwicklung gegenüber Alkohol<br />

verantwortlich.<br />

● Die Aktivität des MEOS ist mit einer Aktivierung des Cytochrom P450 2E1 verbunden.<br />

● Durch das MEOS und die von ihm induzierten Cytochrome wird die Verstoffwechslung anderer<br />

Substanzen vermindert oder zu toxischen Metaboliten verschoben.<br />

● Dies erklärt nachteilige Arzneimittelreaktionen von chronisch Alkoholabhängigen.<br />

● Außerdem interferiert das MEOS mit dem Fettstoffwechsel der Leberzellen und wird auch als eine<br />

Ursache der Entstehung der Fettleber (Steatosis hepatis) gesehen.<br />

15


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase<br />

First-Pass-Effekte:<br />

Wird die zugeführte Substanz durch die Biotransformation in einen giftigen Metaboliten überführt,<br />

nennt man diesen Vorgang Giftung/Biotoxifikation.<br />

Beispiel: Methanol (ungiftig) wird im Abbauweg in das giftige Formaldehyd (HCOH) und später in<br />

Ameisensäure (HCOOH) umgewandelt.<br />

Ähnlich wie die Prodrugs wird Morphin durch Glucuronidierung in der Leber in das Morphin-6-<br />

Glucuronid überführt, das noch wesentlich stärker wirkt als Morphin selbst.<br />

Solche Umwandlungs- und Aktivierungseffekte können durch die erste Passage eines Stoffes durch<br />

die Leber erreicht werden = First-Pass-Effekte.<br />

16


Erläuterung wichtiger <strong>biochemischer</strong> Prozesse während der<br />

pharmakokinetischen Phase<br />

Durch First-Pass-Effekte könne reaktive Produkte entstehen, die nach kovalenter Bindung an<br />

Biopolymere (Nucleinsäuren, Proteine) Cancerogene, Mutagene, Teratogene oder Allergene<br />

bilden können (= Biotoxifikation).<br />

Die Biotransformation wird durch Alter, Geschlecht, Krankheiten, Genetik, Ernährungszustand,<br />

Polypharmazie und Umwelteinflüsse beeinflußt.<br />

Biotoxifikation von „p-Verbindungen“ zu Allergenen:<br />

Verbindungen mit p-ständigen Hydroxy- oder Aminogrupppen (Lokalanästhetika, Sulfonamide,<br />

Aminopenicilline, etc.)<br />

17


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (1)<br />

Beginnt mit der Wechselwirkung des Wirkstoffes mit molekularen Strukturen der Zielzelle –<br />

initialer Stimulus.<br />

Intermolekulare Wechselwirkungen sind abhängig von der Struktur des Wirkstoffes und können<br />

spezifisch oder unspezifisch sein! In beiden Fällen resultiert ein spezifischer biologischer Effekt<br />

Bindungsarten:<br />

● kovalente Bindung (Alkylanzien, Insektizide (P-Ester)<br />

● Ionenbindung<br />

● Wechselwirkungen zwischen Ladungsträgern (→ Bindungskräfte → große Bedeutung in der<br />

Erkennungsphase) Ion-Dipol, Dipol-Dipol, Charge-Transfer-Komplexe = Elektronen-Donor-Akzeptor-<br />

Komplexe, Wasserstoffbrückenbindungen<br />

Van-der-Waals-Kräfte als Ursache der Van-der-Waals-Bindung<br />

● zwischen zwei Dipolen (Dipol-Dipol-Kräfte),<br />

● Dispersionswechselwirkung zwischen zwei polarisierbaren Molekülen (induzierter Dipol-<br />

induzierter Dipol-Kräfte), auch als Van-der-Waals-Kraft im engeren Sinne bezeichnet.<br />

Alle Van-der-Waals-Kräfte sind im Vergleich zur Atombindung und Ionenbindung schwache Kräfte.<br />

Hydrophobe Wechselwirkungen (z.B.: zwischen Lsm H 20 und Wirkstoff (siehe Proteinfaltung)<br />

18


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (2)<br />

Unspezifisch wirkende Pharmaka<br />

Ausschlaggebend für den biologischen Effekt sind physikalisch-chemische Eigenschaften des<br />

Wirkstoffes:<br />

● Verteilungskoeffizient<br />

● Dissoziation<br />

● (chemische) Adsorption (es wirken nur physikalische Kräfte, keine chemische Bindung!)<br />

● Redoxpotential<br />

Bsp: Pharmaka die die Zellmembranfunktion beeinflussen (Inhalationsnarkotika N 20, CHCl 3, C 2H 5) 2-<br />

O, Lokalanästhetika), Pharmaka die osmotische Verhältnisse verändern, Pharmaka die zweiwertige<br />

Metallionen binden.<br />

19


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (3)<br />

Strukturspezifisch wirkende Pharmaka besitzen die Struktur-Wirkungsbeziehung.<br />

Entscheidend sind dreidimensionale Strukturparameter des Pharmakons (Design)<br />

● bestimmte Atomgruppen<br />

● Elektronendichte an bestimmten Molekülpositionen<br />

● sterische Parameter<br />

Zusammen ergibt das eine strukturelle, sterische Komplementarität zur Bindungsregion des<br />

Wechselwirkungspartners (Rezeptor) und die Voraussetzung für die spezifischen Wechselwirkungen.<br />

20


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (4)<br />

Strukturspezifisch wirkende Pharmaka besitzen die Struktur-Wirkungsbeziehung.<br />

Die dreidimensionale Anordnung der essentiellen Strukturelemente eines Pharamkons bedingt<br />

dessen Wirkung am Rezeptor und wird als Phramakophor bezeichnet.<br />

Actophore Gruppen: aktivieren den Rezeptor<br />

Haptophore Gruppen: an der Rezeptorbindung beteiligt (meist hydrophobe Gruppen, Phenylreste,<br />

die die Nebenbindungsstellen am Rezeptor aufgrund der hydrophoben Wechselwirkungen besetzen)<br />

21


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (5)<br />

Die Bindung des Wirkstoffes (Ligand) am Rezeptor:<br />

Ligand-Rezeptor-Komplex → initialer Stimulus/Signal → Effekt<br />

Stimulus-Effekt-Transformation:<br />

Durch den Rezeptor (Insulinrezeptor) selbst oder durch funktionelle Komponenten die mit dem<br />

Rezeptor verbunden sind = Effektorsysteme: Enzyme (Adenylcyclase) oder Ionenkanäle.<br />

Die Stimulus-Effekt-Transformation führt zu einer Signalverstärkung.<br />

Unterscheide:<br />

Bindung des Pharmakons am Rezeptor<br />

mit (Agonisten, Mimetika) oder<br />

ohne (Antagonisten, Lytika) Wirkaktivität<br />

22


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (6)<br />

Strukturanaloga von Hormonen, Vitaminen und Enzymsubstraten (Metabolite) mit antagonistischer<br />

Wirkung = metabolische Inhibitoren = Antimetabolite<br />

Das sind viele Virostatika, Immunsuppressiva, Krebschemotherapeutika, Chemotherapeutika<br />

(„Antibiotika“).<br />

Metabolit Antimetabolit/Antagonist Arzneistoffgruppe<br />

Guanosin Aciclovir Virostatikum (Zovirax)<br />

Thymidin Zidovudin (Retrovir) Virostatikum geg. HIV/AIDS<br />

Xanthin Allopurinol Urikostatikum (Allobenz,<br />

Gichtex)<br />

Folsäure Methotrexat<br />

inhibiert kompetitiv und reversibel<br />

die Dihydrofolat-Reduktase<br />

Zytostatikum: UrothelCa,<br />

ALL, Non-Hodgkin-Lymphom,<br />

Autoimmun-KH, Psoriasis, PCP<br />

p-Aminobenzoesäure Sulfonamide Antibakt. Chemotherapeut.<br />

23


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (7)<br />

Wesentliche Funktionsänderungen durch Pharmaka:<br />

● Änderung der Enzymaktivität<br />

● Änderung der Informationsübertragung/Translation<br />

● Änderung der Membranpermeabilität bzw. Transportsysteme<br />

● Hemmung der Photosynthese (bei Herbiziden)<br />

durch:<br />

● direkten Angriff des Pharmakons am entspr. Funktionsträger: Enzym oder DNA<br />

● indirekten Angriff: rezeptorvermittelt (Hormonrezeptoren, Neurotransmitterrezeptoren)<br />

24


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (8)<br />

Angriff an Hormonrezeptoren durch Hormone und Neurotransmitter (Lokalhormone)<br />

Einteilung der Rezeptoren nach<br />

● Lokalisation, ● Art der Effektorsysteme<br />

● Intrazelluläre Rezeptoren<br />

● Membrangebundene Rezeptoren<br />

● muscarinischen und nikotinischen Ach-Rezeptor<br />

Schema eines ß1-, a1-adrenergen-Rez., nikotinischen ACh-Rezeptors<br />

25


Vegetatives Nervensystem<br />

26


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (8)<br />

Angriff an Hormonrezeptoren durch Hormone<br />

● Intrazelluläre Rezeptoren<br />

27


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (9)<br />

Angriff an der biologischen Membran<br />

Beeinflussung der Informationsübertragung (Neurotransmitter) und Transportvorgänge (Liganden-<br />

gesteuerte Ionenkanäle: GABA-Rezeptor, nicotinartige ACh-Rezeptor)<br />

● Chlorid-Kanal gekoppelter GABA-Rezeptor/Benzodiazepin-Rezeptor-Komplex<br />

GABA = wichtigste hemmende Neurotransmitter des ZNS! (neben GlyR, peripher nAChR)<br />

Der Rezeptor besitzt Bindungsstellen für GABA, Benzodiazepine (Tranquilizer, Diazepam: anxiolyse,<br />

zentral muskelrelaxierend, sedierend, hypnotisch, antikonvulsiv), Barbiturate, Konvulsiva (Glycin-<br />

Antagonist Strychnin, Tetanustoxin über GABA A-Rezeptoren), Hypnotika: Allgemeinanästhetika Etomidat und Propofol →<br />

GABA A-Rezeptoren.<br />

Die GABA-Wirkung wird dadurch potenziert : vermehrter Chlorideinstrom → Hyperpolarisation →<br />

Hemmung der Erregbarkeit der Zelle. Toleranzentwicklung der Benzodiazepine<br />

28


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (10)<br />

Angriff an der biologischen Membran<br />

Beeinflussung der Informationsübertragung und Transportvorgänge<br />

● Hemmung der Na/K-ATPase durch Herz(Digitalis)glycoside (Digoxin, Digitoxin<br />

aus Digitalis purpurea) → Anstieg der intrazellulären Natriumkonzentration →<br />

es nähern sich die intra- und extrazelluläre Natriumkonzentration also an →<br />

der für den Calciumtransport aus der Zelle notwendige Na-Konzentrations-<br />

gradient nimmt ab → Calcium verbleibt vermehrt in der Zelle → Positiv<br />

inotrope und bathmotrope Wirkung am Myocard.<br />

Positive bathmotrope Substanzen wie Adrenalin, Noradrenalin und Herzglykoside senken die Reizschwelle, negativ<br />

bathmotrope Substanzen: Acetylcholin und Lidocain erhöhen die Reizschwelle.<br />

● Calciumantagonisten/Calciumkanal-Blocker/Calciumkanal-Antagonisten<br />

vom Nifedipin-, Verapamiltyp, Benzodiazepintyp hemmen den transmembranären Ca-Einstrom in<br />

kontraktile Zellen.<br />

Zur Behandlung von Hypertonie, koronarer Herzkrankheit und Herzrhythmusstörungen.<br />

Ein reduzierter Calciumionen-Einstrom führt am Herzmuskel zu einer Verminderung der Schlagkraft (negativ inotrope<br />

Wirkung) sowie der Schlagfrequenz (negativ chronotrope Wirkung)<br />

29


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (11)<br />

Angriff an der biologischen Membran<br />

● Calciumantagonisten/Calciumkanal-Blocker/Calciumkanal-Antagonisten<br />

ALLGEMEIN:<br />

Änderungen der intrazellulären Calciumkonzentration bewirken die elektromechanische Kopplung<br />

(Muskelkontraktion), die Synthese und Sekretion von Neurotransmittern und Hormonen, die Expression<br />

von Genen, steuern Enzymaktivitäten.<br />

Der wesentliche Teil des Calciumeinstroms in die Zelle erfolgt über spannungsabhängige Calciumkanäle,<br />

deren Öffnungsstimulus die Depolarisation (Aktionspotential) der Zellmembran darstellt.<br />

Calciumkanal-Blocker regulieren die Kontraktionskraft der Herzmuskulatur und der glatten Muskulatur der Blutgefäße.<br />

Die Calciumkanalblocker hemmen den Fluss von Calciumionen in die Muskelzellen.<br />

Der Calciumioneneinstrom ist der Auslöser der Muskelkontraktion, da er die Aktin-Myosin-Querbrückenbindung<br />

initiiert.<br />

30


Wirkstoffkombinationen bei Bluthochdruck<br />

31


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (12)<br />

Angriff an der biologischen Membran<br />

Beeinflussung der Informationsübertragung und Transportvorgänge<br />

● Membranstabilisierende Pharmaka: Inhalationsnarkotika und Lokalanästhetika: Wirkung korreliert<br />

mit Lipidlöslichkeit. Einlagerung in die Nervenzellmembran → Veränderung des Membranpotentials →<br />

Hemmung der Depolaristion → Ausbreitung des AP nicht möglich, keine Neurotransmitterfreisetzung,<br />

keine Nervenimpulsweiterleitung.<br />

● Ionophore Antibiotika: Aufnahme in die Phospholipid-Doppelschicht → Ausbildung von Ionenkanälen<br />

oder Ionencarrier oder hydrophiler Poren: Polyen-Antibiotika wie Nystatin, Amphotericin B → Bindung an<br />

Sterole → hydrophile Poren. Polyen- und Azol-Antimykotika hemmen die Sterolsynthese → Desintegration<br />

der Biomembran von Pilzen → Zytolyse.<br />

32


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (13)<br />

Angriff an Enzymen<br />

Vereinfacht dargestellte Bindungsstellen eines Hemmstoffs bei einer kompetitiven (links) bzw. nicht-<br />

kompetitiven (rechts) Enzymhemmung (E Enzym, I Inhibitor, S natürliches Substrat)<br />

Bei der nicht-kompetitiven Hemmung wird durch die Bindung des Inhibitors I an das Enzym E die<br />

Substratbindung nicht beeinflusst! Zum Unterschied zur allosterischen Enzymhemmung.<br />

Die Enzymhemmung kann reversibel oder irreversibel sein<br />

33


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (14)<br />

Allosterische Hemmung eines Enzyms<br />

Bei der allosterischen Hemmung (griech.: allos: anders; steros: Ort) lagern sich die Hemmstoffe<br />

(allosterische Effektoren), nicht (wie bei der kompetitiven Hemmung) an das aktive Zentrum, sondern an<br />

einer anderen Stelle des Enzyms (das allosterische Zentrum) an<br />

→ die Konformation des Enzyms wird so verändert, dass die Bindung des Substrats am aktiven Zentrum<br />

erschwert bzw. ganz unmöglich gemacht wird (Unterschied zur nicht-kompetitiven Hemmung)<br />

Die allosterische Hemmung lässt sich nur durch die Entfernung des Effektors rückgängig machen<br />

Ein Enzym, welches die erste Reaktion einer Reaktionskette katalysiert, wird oft durch die am Ende<br />

gebildete Produkt gehemmt (→ Endprodukthemmung/Feedback-Hemmung/negative Rückkopplung)<br />

34


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (15)<br />

Reversiblen Enzymhemmung → Inhibitor (I) wird vom Enzym abgespaltet oder verdrängt.<br />

Physiologisch zur Regulation verschiedener Stoffwechselprozesse genutzt, die zeitweise nicht ablaufen<br />

sollen<br />

Beispiel: Glykolyse zur Energiegewinnung aus Glucose<br />

Energie in der Zelle in Form von ATP gespeichert → hemmt als Inhibitor (I) die Phosphofructokinase und<br />

Pyruvatkinase<br />

Somit wird keine Glukose mehr in Energie, also ATP, umgewandelt.<br />

35


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (16)<br />

Irreversiblen Enzymhemmung → Inhibitor (I) wird an das Enzym kovalent gebunden → Dissoziation<br />

des Enzym-Inhibitor-Komplexes in freies E und I nicht möglich → Enzym bleibt für<br />

immer inaktiv. Die Aktivität hängt linear von der Inhibitorkonzentration ab.<br />

Beispiel: die meisten AChE-Inhibitoren binden irreversibel am Targetenzym<br />

(AChE wirkt vor allem im ZNS und an der motorischen Endplatte des VNS)<br />

● Organische Phosphorsäureeste (E-605, Tabun, Sarin, Soman) → Erhöhung des<br />

Parasympathikotonus → Krämpfe des Magen-Darm-Traktes, Tod durch Atemlähmung.<br />

Weitere AChE-Hemmstoffes Physostigmin, Neostigmin (Curare-Antagonist) → durchbricht die Wirkung von<br />

Curare (hemmt die ACh-Bindung an den postsynaptische Rezeptoren).<br />

Rivastigmin (Exelon), Pyridostigmin, Galantamin für die symptomatische Behandlung der AD.<br />

Analytik: Acetylcholinesterase zur Trinkwasserkontrolle und Untersuchung von Proben auf Insektizide oder<br />

andere acetylcholinesterasehemmende Giftstoffe (Nervenkampfstoffe).<br />

und die Carbamidsäureester (R 2N–COOH)/Carbamate/Urethane: Insektizide, Fungizide, Herbizide,<br />

Schlafmittel<br />

36


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (17)<br />

Angriff an Enzymen<br />

37


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (18)<br />

Angriff an Enzymen<br />

Von Bedeutung sind Enzyminhibitoren mit ihrem Angriffspunkt an der<br />

● Biosynthese oder am Abbau von Neurotransmitter, Hormonen oder „second messenger“<br />

● Biosynthes der Proteine und Nukleinsäuren<br />

Einsatz als Chemotherapeutika (Krebschemoth., Virostatika, antibakt. Chemoth., Antimalaria-Mittel)<br />

Bakterielle Chemotherapeutika/Antibiotika<br />

spezif. Enzymhemmer der Biosynthese der Zellwand<br />

Penicilline, Cephalosporine, Cycloserin (Tuberkulostatikum)<br />

Folsäureantagonisten<br />

Dihydrofolsäurereduktase-Hemmer: Trimethoprim, Protozoenmittel: Malariamittel: Proguanil (Malarone),<br />

Pyrimethamin (Daraprim: Toxoplasmose, Malaria), Methotrexat.<br />

PABA-Antagonisten hemmen Folsäuresynthese: Sulfonamide<br />

38


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (19)<br />

Angriff an der Nukleinsäuresynthese und Proteinbiosynthese<br />

Stoffgruppe: Zytostatika, Immunsuppressiva, Virostatika, Mutagene, Cancerogene, Teratogene.<br />

Funktionelle Angriffspunkte:<br />

● Nukleinsäuren und Proteine → Hemmung der Replikation, Transkription, Translation<br />

● Enzyme: DNA- u. RNA-abhängige Polymerasen<br />

● Topoisomerase I, Gyrase (Gyrasehemmer)<br />

● Enzyme der Nukleotidbiosynthese<br />

● Ribosomale Proteine der Proteinbiosynthese: Initiations-, Elongations-, Terminationsfaktoren<br />

● Mikrotubulus (Mitose) -Inhibitoren<br />

39


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (20)<br />

Angriff an der Proteinbiosynthese<br />

Stoffgruppe: Antibiotika wie Streptomycin, Tetracycline, Chloramphenicol (Reserve-AB (aplast. Anämie)<br />

Funktionelle Angriffspunkt:<br />

● bei Prokaryonten 70S-Ribosomen (Selektivität durch Eukaryoten 80S-Ribosomen)<br />

Angriff an der DNA<br />

Stoffgruppe: Aciclovir (Prodrug)<br />

Funktionelle Angriffspunkt:<br />

● phosphoryliert und aktiviert durch virusspezifische Thymidinkinase, Einbau des Nucleotids in die virale<br />

DNA → Störung der Virusreplikation.<br />

40


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (21)<br />

Angriff an der RNA<br />

Stoffgruppe: Azidothymidin (Retrovir)<br />

Funktionelle Angriffspunkt:<br />

● reverse Transkriptase, Revertase, Enzym in Retroviren (HIV 1-2, HTLV 1-4 (HTLV 3-4 = HIV1-2); für Virus-<br />

Replikation) das in Wirtszellen die Information eines RNA-Moleküls in eine einsträngige komplementäre<br />

DNA (copy DNA, cDNA) umschreibt. Diese DNA-Kopie (cDNA) ihrer RNA wird in das Erbgut der Wirtszelle<br />

integriert. Hemmung der RT – Hemmung der Virusreplikation.<br />

41


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (23)<br />

Integration von Antimetabolite anstelle von Metabolite in das Reaktionsprodukt: Proteine,<br />

Nukleinsäuren<br />

Nucleotid-Antimetabolite<br />

Stoffgruppe: Antibiotika: Rifamycine (TBC, Lepra) und Nucleosidantimetabolite: 5-Brom-, 5-Fluoruracil,<br />

5-Iododesoxyuridin, Cytosinarabinosid, 8-Azaguanin<br />

Funktionelle Angriffspunkt:<br />

● Hemmung der Synthese-Enzyme: bakt. DNA-abh. RNA-Polymerase: Unterdrückung der RNA-<br />

Transkription → Hemmung der Proteinbiosynthese = bakterizide Wirkung<br />

● enzymatische Inkorporation von Nucleosidantimetabolite in die DNA<br />

Aminosäure-Antimetabolite<br />

Stoffgruppe: p-Fluorphenyllanin<br />

Funktionelle Angriffspunkt:<br />

● enzymatische Integration des Antimetaboliten anstelle des Metaboliten in das Reaktionsprodukt:<br />

Proteine → ● Hemmung der Synthese-Enzyme<br />

42


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (24)<br />

Bakteriostatikum<br />

Eine Substanz die das Wachstum von Bakterien hemmt.<br />

Eine Substanz die Bakterien tötet = ein Bakterizid.<br />

Die Abgrenzung beider Begriffe ist dabei jedoch nicht sehr scharf<br />

→ hohe Bakteriostatika-Dosen wirken auch bakterizid<br />

→ niedrige Bakterizid-Dosen wirken auch bakteriostatisch<br />

Bakteriostatika wirken oft als Translationshemmer (binden an Ribosomen → hemmen Proteinbiosynthese)<br />

Tetracycline: Doxycyclin<br />

Makrolide: Erythromycin, Roxithromycin, Clarithromycin und Azithromycin<br />

Lincosamide: Clindamycin.<br />

oder DNA-Synthesehemmer = Replikationshemmer (Teilungs-/Vermehrungsverlust von Bakterienzellen)<br />

Hemmfaktoren von Stoffwechselwegen die ein Wachstum und eine Teilung der Zellen verhindern.<br />

Folsäureantagonisten (Trimethoprim, Daraprim, Methotrexat) und PABA-Antagonisten (Sulfonamide)<br />

43


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (25)<br />

Bakterizid<br />

Eine Substanz die Bakterien tötet = ein Bakterizid<br />

Eine Substanz die das Wachstum von Bakterien hemmt = Bakteriostatikum<br />

Forderung: Die Krankheitserreger müssen zu mindestens 99 % innerhalb der ersten 4 Stunden nach ihrer<br />

Anwendung abgetötet werden.<br />

Im Vergleich dazu haben bakteriostatische Substanzen lediglich eine das Wachstum hemmende Wirkung.<br />

Gruppe der Antiinfektiva (Antibiotika, Virustatika, Antimykotika, Anthelminthica) gegen Bakterien, Viren,<br />

Pilze, Protozoen, Würmer)<br />

Desinfektionsmittel: Oxidationsmittel mit bakterizider Wirkung: Peroxyessigsäure, H2O2, Jod, oder<br />

Aldehyde, Phenole, Natriumhypochlorit, Sterilium: 2-Propanol, 1-Propanol und Mecetroniumetilsulfat<br />

(MES, QAV).<br />

44


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (26)<br />

Angriffspunkte der Antibiotika bei Bakterien<br />

45


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (27)<br />

Wirkstoffe die unmittelbar an den Nucleinsäuren angreifen<br />

● Nichtkovalente Bindung an die Nucleinsäure = Adsorption<br />

● Nichtkovalent zwischen die Nucleinsäurebasen = Inkorporation und Interkalation (Wirkstoff dringt<br />

zwischen die Nucleinsäurebasen der DNA-Doppelhelix ein → Streckung der Helix → Hemmung der DNA-<br />

abh. RNA-Synthese (Acridinderivate: Acridin Orange (Acridin-Farbstoff), zum Nachweis der DNA und RNA, Actinomycine,<br />

Adriamycin)<br />

● Kovalente Bindung an die Nucleinsäure: Alkylanzien, elektrophile Reagenzien,<br />

Angriff an nucleophile Gruppierungen der Nucleinsäuren (N-Atome der Heteroringe (N 7-Atom von Guanin<br />

und Adenin bei Cisplatin), OH- u. NH2-Gruppen, O-Atome der verbindenen PO4-Gruppen.<br />

Daneben auch an die entsprechenden Gruppen der Proteine.<br />

LOSTE: Senfgas, Cyclophosphoamid (Endoxan), Chlorambucil), Aziridine (Mitomycin), Alkylsulfonsäureester (Busulfan), N-<br />

Nitroso-Verbindungen (Nitrosomethylharnstoff)<br />

46


Biochemische Prozesse während der pharmakodynamischen Phase (28)<br />

Als Chemotherapeutika: sind bifunktionelle Alkylanzien (Loste, Busulfan), Quervernetzung = cross-<br />

linking der DNA-Stränge (Interstrang- + Intrastrang-Quervernetzung),<br />

Bsp: Bindungsmöglichkeiten von Cisplatin (Diamindichloroplatin(II)-Komplex<br />

an DNA<br />

Hemmung der DNA-Replikation durch Interstrang- + Intrastrang-Quervernetzung<br />

Auslösung von Punktmutationen, Hemmung der DNA-Reparatur und der Telomeraseaktivität<br />

→ Zelle leitet die Apoptose ein.<br />

Wie andere Zytostatika auch wirkt Cisplatin nicht nur auf schnellwachsende Tumorzellen, sondern auch<br />

auf gesunde Körperzellen (Nebenwirkungen).<br />

Resistenzentwicklung durch Platinbinden SH-Gruppen von Glutathion und Metalloproteine, durch<br />

Transportproteine, vermehrte DNA-Reparatur, Kreuzresistenz mit Carboplatin<br />

47


Orale Darreichungsformen<br />

Ein Wirkstoff ist noch kein Arzneimittel! Der Wirkstoff muss mit<br />

entsprechenden Hilfsstoffen in Tabletten, Kapseln, als flüssiges<br />

Arzneimittel, als Creme oder als Depotarzneimittel (Pflaster<br />

oder Implantat) dem Patienten zugeführt werden. Durch die<br />

Art der Darreichung und der Hilfsstoffe lassen sich auch die<br />

Dauer und die Konzentration der medizinischen Wirkstoffe im<br />

Blutplasma beeinflussen.<br />

Galenik = optimalen Darreichungsform eines Wirkstoffes,<br />

steuert die Wirkstofffreisetzung, Ort und Geschwindigkeit der<br />

Resorption<br />

Resorption im Magen – Lösung (Tropfen, Saft, Brausetrunk)<br />

Desintegration , Dissolution und Resorption im Darm<br />

Tablette<br />

Dragee = Überzugstablette – Überzug aus Zucker oder<br />

Zuckersirup, säurelabiler WS: Wachs oder Schellack<br />

Kapsel – Gelatine<br />

Matrixtablette – AS in einem Gerüst (Poly(meth)acrylate,<br />

Freisetzung per Diffusion)<br />

Retardierung = RKapsel od. RTablette (teilbar),<br />

unterschiedliche Granulationen (Pellets), Schichtdicke und<br />

Schichtdichte; wenn rasches Anfluten des AS unerwünscht od.<br />

kurze HWZ. Vermehrt werden auch Rtabl. eingesetzt, in denen<br />

Pellets zu Tabl. verpresst werden (Multiple Unit Pellet System)<br />

48


Darreichung durch Inhalation<br />

Inhalation: WS (ß2-SM, PSL, Corticoide,<br />

Cromoglicinsäure (Tiotropium, Formeterol,<br />

Beclometason, Cromoglykat) und Kombinationen)<br />

Form: Aerosol, Gas, Dampf über die luftzuführenden<br />

Wege in die Alveolen<br />

Aerosol: Gemisch aus festen = WS-Pulvers oder<br />

flüssigen Schwebeteilchen = WS-Lösung und einem Gas.<br />

Zerstäubung eines WS-Pulvers od. einer WS-Lösung.<br />

Wirkung: bronchospasmolytisch, Aktivierung des<br />

mucoziliären Transports (Clearance)<br />

CAVE: bis 90% der inhalierten Dosis in Mundhöhle,<br />

Magen-Darm, entspricht dem Nebenwirkungsprofil<br />

(feiner Tremor der Skelettmuskulatur, Unruhegefühl,<br />

Tachykardie, myokardiale Ischämien, Kopfschmerzen)<br />

Darreichung: als Dosieraerosol mit Druckgasinhalation<br />

(Treibgas Hydrofluoralkan (HFA/Tetrafluorethan<br />

134) oder ohne Treibgas (Diskus, Turbohaler).<br />

Elimination: präsystemische → geringe systemische<br />

Nebenwirkungen<br />

49


Dermatika als Hautschutz<br />

50


Dermatika als Hautschutz und Wirkstoffträger<br />

● Dermatika als Hautschutz<br />

PUDER: Talkum, Mg-Stearat, SiO2, Stärke →<br />

Gleitfilm →<br />

↓ mechanische Irritation, trocknender Effekt durch<br />

große Oberfläche<br />

SALBEN<br />

Lipophile Salben (Fettsalben), Grundlage:<br />

Paraffinöl, Olivenöl, Pflanzenöle, Vasiline,<br />

Wollfett + bis 1% ZnO-, TiO-, Stärke-Pulver od.<br />

Gemische<br />

Hydrophile Salben und Hydrogele: Gelbilder<br />

(Gelatine, Methylzellulose, Polyethylenglykol)<br />

Paste, Fettpaste: Fettsalbe + >10% pulverförmige<br />

Bestandteile<br />

CREME:<br />

lipophile Creme (Emulsion Wasser in Fett),<br />

hydrophile Creme (Öl in Wasser)<br />

LOTION: Emulsion oder Suspension von<br />

wasserunlöslichen/ lipophilen und festen<br />

Bestandteilen in Wasser<br />

51


Dermatika als Wirkstoffträger<br />

Wirkstoffträger ist hydrophile/lipophile Grundlage (G) + hydrophiler/lipophiler WS<br />

z.B.: Cortisonsalbe, Hormonpflaster, Hormongele, Scopolaminpflaster, Nitroderm-Pflaster,<br />

Neomycinsalbe (hydrophiler WS in lipophiler G mit gewünschter Oberflächenwirkung bei oberflächlich<br />

bakteriellen Hautinfektionen)<br />

52


Von der Applikation zur Verteilung im Körper<br />

Pfortaderkreislauf oder enterohepatischer Kreislauf: körpereigenen<br />

Substanzen (Gallensäuren) u. körperfremde Substanzen (Arzneistoffe,<br />

Toxine) zirkulieren mehrfach zwischen Darm, Leber und Gallenblase.<br />

Ein Phänomen mit gegenteiliger Wirkung auf die Bioverfügbarkeit ist<br />

der First-Pass-Effekt<br />

First-Pass-Effekt(-Metabolismus) beschreibt die Umwandlung eines<br />

Arzneistoffes während dessen erster Passage durch die Leber. Von<br />

Relevanz bei peroralen Arzneiformen: Tabletten, Kapseln, Dragees,<br />

Lösungen.<br />

Bsp.: präsystemische Glucuronidierung von Raloxifen. Die absolute<br />

Bioverfügbarkeit von Raloxifen beträgt nur 2 %. Raloxifen unterliegt<br />

somit einem ausgeprägten first-pass-Metabolismus in die<br />

entsprechenden Glucuronid-Konjugate<br />

Präsystemische Elimination durch First-Pass-Effekt oder Lokale<br />

Elimination.<br />

53


Mögliche Angriffspunkte zur pharmakologischen Beeinflussung der Zellfunktion<br />

54


Second Messenger 3´5´-cAMP und G-Protein-gekoppelte Signalkette<br />

55


Second Messenger<br />

IP3 und DAG und<br />

G-Protein-gekoppelte<br />

Signalkette<br />

56


Neurotransmitter<br />

im ZNS<br />

58


Äußere Schranken des Körpers<br />

Phospholipid – Doppelmembran mit integralen<br />

Membranproteinen<br />

Zonula occludens (tight junctions, ringförmig und<br />

durchgehend) als kontinuierliche Barriere zum<br />

Interstitium.<br />

Mehrreihige tight junctions mit hoher Barrierefunktion und<br />

geringem Stoffaustausch im Endothel der Hirngefäße<br />

(verhindern eine Vermischung der Funktionsproteine)<br />

Im Darmepithel – luminale Effluxpumpen (P-<br />

Glykoproteine)<br />

Epithelien – Desmosomen (punktuell, nicht<br />

durchgehend), permeabel nur für lipophile WS<br />

(transdermale Pflaster)<br />

59


Blut-Gewebe-Schranken<br />

Unterschiedliche Durchlässigkeit der Kapillarwand<br />

für Arzneistoffe!<br />

Beachte Untershiede: ZNS, Leber, Herzmuskel,<br />

Pankreas<br />

Blut-Hirn-Schranke: im Gehirn und Rückenmark<br />

(ZNS), Zonula occludens (Z)<br />

Endothelzellen besitzen keine Poren, keine<br />

Transzytose<br />

Weg des WS ist daher Überwindung der<br />

Endothelzelle samt Basalmembran<br />

Voraussetzung: WS mit bestimmten<br />

physikochemischen Eigenschaften od.<br />

Transportmechanismus (L-Dopa)<br />

(Dopamin ist ein polares Catecholamin!)<br />

Schutzmechanismus der Endothelien, P-Glykoprotein<br />

(Effluxpumpe)<br />

Weitere Diffusionsbarrieren: Plazentaschranke,<br />

Blut-Hoden-Schranke<br />

60


Membrandurchtritt<br />

61


Arzneistoff Transporter<br />

5% der menschlichen Gene codieren für<br />

Transportproteine (sorgen für die Aufnahme,<br />

Verteilung, Wirkung, Elimination)<br />

Familie der ABC-Transporter: Alle eukaryotischen<br />

ABC-Transporter sind Exporter = Effluxtransporter<br />

Luminales P-Glykoprotein (P-gp, MDR1, ABCB1) mit<br />

ubiquitärer Expression. Fördern die Ausscheidung<br />

von Arzneistoffen und -Konjugaten (Zytostatika,<br />

Digoxin im Darmepithel)<br />

Zahlreiche Arzneimittelinteraktionen entstehen<br />

durch Modulation von P-Glykoprotein und anderen<br />

ABC-Transportern (Itraconazol, Atorvastatin<br />

hemmen P-gp, dadurch Erhöhung der<br />

Bioverfügbarkeit.<br />

Rifampicin, Johanniskraut erhöhen P-gp Expression<br />

und Proteine der Biotransformation CYP450-<br />

Enzyme, GlucuronylTF).<br />

62


Arzneistoff Transporter<br />

Familie der ABC-Transporter: Alle eukaryotischen ABC-Transporter sind Exporter = Effluxtransporter<br />

Einige sind sehr substratspezifisch, andere multispezifisch.<br />

Jährlich sterben zehntausende Menschen an Krebs, weil die Chemotherapie aufgrund der starken<br />

Expression von ABC-Transportern im Tumorgewebe fehlgeschlagen ist.<br />

Beim Menschen können Mutationen in einem Gen, das für einen ABC-Transporter kodiert, zu<br />

verschiedenen Stoffwechselkrankheiten führen: Dazu zählen die zystische Fibrose (Mukoviszidose),<br />

Tangier-Krankheit, Adrenoleukodystrophie und spezielle Formen der spinocerebellären Ataxie.<br />

Alle ABC-Transporter sind aktive Transporter, mit zur Zeit nur wenigen bekannten Ausnahmen: CFTR<br />

(Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator) ist ein Chlorid-Ionenkanal. Die Mutation<br />

des CFTR-Gens führt zur sog. zystische Fibrose (Mukoviszidose: Bildung von zähem Schleim in der<br />

Lunge, im Verdauungstrakt, Neigung zu Infektionskrankheiten bewirkt.<br />

63


Multiple Drug Resistance<br />

Der MDR1-Transporter ist der erste im Menschen charakterisierte ABC-Transporter.<br />

MDR steht für Multiple Drug Resistance = Resistenz gegen mehrere Medikamente<br />

Am Transporter beteiligt sind das Multiple Drug Resistance Protein 1 (MDR1) und das Multidrug<br />

Resistance-Related Protein 1 (MRP1).<br />

MDR-Transporter kommen u. a. in der Blut-Hirn-Schranke, aber auch in Tumorzellen vor.<br />

Krebszellen mit hoher MDR-Expression können im Rahmen einer Chemotherapie eine erhöhte<br />

Toleranz gegenüber Cytostatika aufweisen.<br />

Arzneistoff Transporter<br />

64


Arzneistoff Transporter<br />

SLC-Transporter (solute carrier): Sammelbegriff für<br />

etwa 48 Familien von menschlichen transmembrane<br />

Transportproteinen (Carrier) mit bald 400 Genen. Solute<br />

(gelöste Stoffe), die transportiert werden, sind geladene<br />

und ungeladene organische Moleküle, sowie anorganische<br />

Ionen.<br />

Influx- und Effluxtransporter<br />

Transport durch erleichterte Diffusion od. durch<br />

sekundär aktiven Transport z.B. über einen durch<br />

Na+/K+-ATPase aufgebauten Na+-Gradienten wird<br />

Ca2+ hinausgepumpt.<br />

Wesentlich an der Permeation von Arzneistoffen<br />

beteiligt.<br />

Hemmende Arzneistoffe wie Antidpressiva hemmen<br />

den Serotonin und Noradrenalintransporter (SLC-<br />

Transporter) in Neuronen.<br />

65


Möglichkeiten der Verteilung eines Wirkstoffs<br />

66


Bindung von Arzneistoffen an Plasmaproteine<br />

67


Die Leber als Ausscheidungsorgan<br />

68


Enterohepatischer Kreislauf, Kopplungsreaktionen<br />

69


Biotransformation und Entgiftung<br />

Ort: glattes endoplasmatisches Reticulum (Sitz der<br />

mikrosomalen mischfunktionellen Oxidoreduktasen)<br />

Zweck: Reduktion der Wirksamkeit (Entgiftung),<br />

Zunahme der Hydrophilie, Ausscheidung über die<br />

Leber (Galle) und Nieren (Harn)<br />

Phase I: oxidative Umwandlung, reduktive<br />

Umwandlung, Hydrolyse (Einfuhr von –OH, -COOH)<br />

Phase II: Konjugation, Kopplung an UDP-<br />

Glucuronsäure (-TF) oder –SO3H (PAPS, SulfoTF).<br />

Acetylierung (Acetyl-COA), Amidierung (AS),<br />

Methylierung (Glycin), Thioetherbildung<br />

(Glutathion)<br />

Konjugation: Steroide, Phenole, Gallensäuren,<br />

Bilirubin<br />

70


Metallothioneine = cysteinreiche (30%), histidinreiche cytoplasmatische Proteine mit hoher Affinität zu<br />

Me2+: Cd, Hg, Pb, Ag.<br />

Regulatorische Funktionen für physiologische Metalle wie Kupfer und Zink<br />

Ist Teil eines Schutzmechanismus gegen oxidativen Stress: Cystein-Reste können reaktive<br />

Sauerstoffspezies wie das Hydroxylradikal und Superoxidanion binden.<br />

Cystein (-SH) wird dabei zu Cystin (-S-S- oxidiert) - die gebundenen Metalle werden freigesetzt.<br />

In 4 Isoformen exprimiert, in großen Mengen vor allem in Leber und Nieren, auch in Neuronen des<br />

Gehirns.<br />

Schwermetallentgiftung<br />

Durch Binden und Freisetzen der Zinkionen wird die Konzentration des Ions im Organismus reguliert.<br />

Zink fungiert als Aktivator von Transkriptionsfaktoren (Zinkfinger).<br />

71


Arzneistoffmetabolismus durch Cytochrom P450 Enzyme<br />

Sind Hämproteine, katalysieren Phase I Reaktionen,<br />

60 Gene für CYP450 ídentifiziert.<br />

CYP1,2,3. für AS-Metabolismus entscheidend<br />

Lokalisation in Leber und Darmepithelien (Ort des AS-<br />

Metabolismus)<br />

CYP-Enzyme: breites Substratspezifität, daher AM-<br />

Interaktionen jederzeit möglich<br />

CYP-Metabolizer: AS die durch CYP metabolisiert<br />

werden<br />

CYP-Inhibitoren: hemmen den AS-Abbau<br />

CYP-Induktoren: erhöhen die Expression von CYP und<br />

P-gp durch Aktivierung Transkriptionsfaktoren →<br />

erhöhte Metabolisierung und Efflux, AS-Wirkung sinkt<br />

72


Arzneistoffmetabolismus durch Cytochrom P450 Enzyme<br />

CYP Inhibitoren und CYP-Induktoren haben besondere Bedeutung bei multimorbiden Patienten mit<br />

Polypharmazie.<br />

d.h.: Prüfung der Arzneimittel auf CYP-Inhibitoren und CYP-Induktoren<br />

Beispiel Organabstoßung und Cyclosporin A: Herz, Lunge, Nieren<br />

Johanniskrautextrakte Grapefruitsaft, Sporanox (Itraconazol)<br />

73


Die Niere als Ausscheidungsorgan<br />

74


Exponentielle Ausscheidung eines Wirkstoffs<br />

Plasmahalbwertszeit t ½<br />

Ct = Co x e E-kt<br />

Hepatische Clearance plus renale Clearance (metabol.<br />

AS + unverändertes AM)<br />

� t 1/2 = ln 2 x V app. / Cl tot<br />

Kurze t 1/2 bei Cl tot<br />

Renale Cl [ml/min] = (SHarn x 24-Harnvol. X 1.73 qm)/<br />

(1440 x SPlasma x KO qm)<br />

Hepatische enzymatische Elimination – exponentieller<br />

Abfall<br />

Ausnahme: ETOH, Alk-DH (Halbsättigungskonzentration<br />

bei 80 mg/l = 0.08 Prom., konstante Abnahme 0.15<br />

Prom./h). Kurvenbild: rascher Anstieg (Resorption) und<br />

linearer Abfall über die Zeit (Promill vs. Zeit)<br />

75


Zeitverlauf der Wirkstoffkonzentrationen im Plasma<br />

76


Zeitverlauf der Wirkstoffkonzentrationen bei regelmäßiger und unregelmäßiger<br />

Einnahme<br />

77


Kumulation: Dosis, Dosisintervall und Auslenkung des Plasmaspiegels, Änderung<br />

der Eliminationscharakteristik im Verlauf der AS-Therapie<br />

78


Nukleinsäuren: Molekularbiologische Diagnostik<br />

DNA-Amplifikation, PCR: Southern Blot<br />

Denaturation: 94-95°C<br />

Annealing: 55-65°C<br />

Extension: 72°C<br />

Replikationszyklen: 30-40<br />

Kopien: ca. 2 30 – 2 40 (=10 9 – 10 12 Kopien)<br />

Verwendung: Infektiologie, prädiktive und pränatale<br />

Diagnostik, Gerichtsmedizin<br />

79


Nachweis von Mutationen<br />

Direkter Mutationsnachweis für autosomal rezessiv od. autosomal dominant vererbte<br />

Allele.<br />

80


Agarose Gel Laktoseintoleranz<br />

Mutiert gesund heterozygot gesund Wildtyp krank<br />

81


Pharmokogenetik<br />

● Beschreibt die genetische Variabilität der Arzneiwirkungen hinsichtlich der genetischen Varianten der<br />

Pharmakokinetik und der genetischen Varianten der Pharmakodynamik<br />

● Gen-Polymorphismus: Häufigkeit des mutierten Gens > 1 %Polymorphismen in autosomalen Genen (Single<br />

nucleotide polymorphisms, SNPs)<br />

● mit oft geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Ausprägungen (Epigentik)<br />

● Verantwortlich sind Modifikationen auf DNS-Ebene (Methylierung) sowie kovalente<br />

Modifikationen von Kernproteinen (Acetylierung von Histonen), die sich zwischen den Geschlechtern<br />

deutlich unterscheiden<br />

● Bei der Behandlung von Krankheiten und bei der Durchführung von Studien zur genetischen Disposition<br />

für komplexe Erkrankungen und Studien für Arzneiwirkstoffe müssen in Zukunft geschlechtsspezifische<br />

Aspekte viel stärker berücksichtigt werden als bisher.<br />

82


Genetische Varianten der Pharmakokinetik: Absorption, Distribution, Metabolisierung, Exkretion.<br />

Der Plasmaspiegel + biologsiche Effekt variieren (TPMT-PM, N-AcetylT2-PM (Benzodiazepine,<br />

Sulfonamide, Isoniacid), CYP-450-Isoenzyme-2D6: Metoprolol, trizykl. AD<br />

Cave: toxische Effekte bei langer Halbwertszeit<br />

83


Genetische Varianten der Pharmakodynamik: Genpolymorphismen in Genen die direkt od. indirekt<br />

die biol. Wirkung (den therapeutischen Effekt) von AS vermitteln.<br />

Der Plasmaspiegel bleibt unverändert, der biologische Effekt variiert. (Bsp. ß1-Rez-PM u. ß-Blocker)<br />

Cave: Medikamente mit geringer therapeut. Breite<br />

Genanalytik: Identifikation von PM in Zielmolekülen von AS mit geringer therapeutischer Breite oder<br />

langer Halbwertszeit mit festgesetztem Dosierschema. 84


Osteoporose


Unerwünschte Arzneimittelwirkung während Schwangerschaft und Stillzeit


Unerwünschte Arzneimittelwirkung - Hautreaktion


Adrenozeptoren<br />

89


Entgiftung bei Schwermetall- und Umweltgiftbelastung<br />

Dosierungsempfehlungen bei Schwermetallbelastungen<br />

Im Gegensatz zu anderen Chelatbildern wie DMSA oder DMPS kann Dihydroliponsäure in alle Bereiche des zentralen und peripheren<br />

Nervensystems eindringen ! 90


Vitamin A und ß-Carotine<br />

Nebenwirkungs- und Wechselwirkungsprofil<br />

von Mikronährstoffen<br />

GA: Raucher. SST: MTD 5000 IE A, Hypervit. bei Hyper-TG, WW<br />

Kontrazeptive (erhöhen A-Blutspiegel), Antigoagulantien(verstärkt),<br />

Isoretinoide, Antacida, Cholestyramin, Fettresorptionshemmer (Orlistat,<br />

Ezetrol)<br />

Vitamin K (Phytomenadion)<br />

NW Allergie bis Schock, Thromboembolie. WW:<br />

Cumarine, Salizylate, Cephalosporine<br />

Nur nach Injektionen von Vitamin K in sehr hohen Dosen können<br />

allergische Reaktionen und Veränderungen der Blutzusammensetzung<br />

auftreten. Einige Menschen haben einen Gendefekt, bei dem es durch<br />

Überdosierung von Vitamin K zu Thrombosen kommen kann.<br />

91


Extrinsic factor/B12<br />

NW: Anaphylaxie, BB, Haut<br />

Nebenwirkungs- und Wechselwirkungsprofil<br />

von Mikronährstoffen<br />

WW: Biguanide, p-Aminosalizylsäure, verschleiert einen Folsäuremangel<br />

Folsäure/B9<br />

WW mit Antikonvulsiva, Chemotherapeutika, Zytostatika, 5-FU, Chloramphenicol,<br />

orale Kontrazeption.<br />

GA: Megaloblastenanämie bzw. Vit.-B12-Mangel<br />

Vitamin B 6<br />

WW mit L-Dopa (abgeschwächt), INH, D-Penicillamin, Cycloserin<br />

92


Vitamin B3<br />

„Flush“, Pruritus, Cephalea, Sinus-TK,<br />

Rhythmusstörungen, Hypotension,<br />

Myalgien, Ikterus.<br />

WW: C2H5OH,Antigoagulantien, Verstärkt<br />

Antihypertensiva und Koronardilatantien.<br />

CAVE: instabile AP, st.p. akuter MCI, akute<br />

Magen/Darm-Ulcera<br />

Vitamin B1<br />

Nebenwirkungs- und Wechselwirkungsprofil<br />

von Mikronährstoffen<br />

NW Schweißausbrüche, Sinus-TK, Haut<br />

PUFA<br />

WW: orale Antikoagulation – Verlängerung<br />

der Blutungszeit<br />

NW: Magen-Darmtrakt, Haut, Leber<br />

Vitamin-C<br />

GA: Oxalat-Urolithiasis, Fe-Speicher-KH,<br />

G-6P-DH-Mangel.<br />

WW: Antikoagulantien, Aspirin,<br />

Chemotherapie - mind. 3 Tage Abstand<br />

Tocopherol<br />

WW: verstärkt Gerinnungshemmer,<br />

reduziert Fe-Resorption<br />

93


Kationen/Kupfer<br />

Selen<br />

Nebenwirkungs- und Wechselwirkungsprofil<br />

von Mikronährstoffen<br />

GA: M. Wilson, Gallenwegsobstruktionen,<br />

schwere Leberschäden.<br />

Zn: Kupferantagonist (Anämie, Osteopenie,<br />

TU-Zell-Wachstum, Leukopenie durch eine<br />

Knochenmarksdepression, HDL-C-Abnahme)<br />

Vit.-D fördert Zn-Resorption<br />

WH: Serumionogramm, aPase<br />

WW mit Eisen, P, Tetracycline<br />

WW:Kombination mit Vit.-C oder anderen<br />

reduz. Substanzen.<br />

ÜDO knoblauchart. Geruch, neurolog.<br />

Störungen, Nagel- u.Haarwachstum gestört<br />

L—Carnitin<br />

bei Dialyse paradoxe Zunahme der TG u.<br />

TZ-Aggregation<br />

Thioctacid/alpha-Liponsäure<br />

als Coenzym im mitochondrialen<br />

Multienzymkomplex – unterstützend bei<br />

diabetischer Polyneuropathie<br />

WW Cisplatin (WiVerlust), verstärkt BZ-<br />

Senker<br />

94


D-Hormon<br />

Nebenwirkungs- und Wechselwirkungsprofil<br />

von Mikronährstoffen<br />

ÜDO: Atherosklerose, Hyperkalzämie,<br />

Entkalkung des Knochens,<br />

WW: Magnesium (Hyper-Mgämie),<br />

Cholestyramin, Fettresorptionshemmer<br />

(Orlistat, Ezetrol) wirken<br />

resorptionshemmend.<br />

WW: Herzglykoside (Hypercalciämie,<br />

Arrhythmien)<br />

Cave: Hyperparathyreoidismus<br />

95


Zusatzstoffe von Mikronährstoffen<br />

● Mikronähstoffe (Wirkstoff einer „Arznei“) müssen in einer darreichungsfähigen und<br />

resorbierbaren Form verpackt sein. Die Verarbeitung und Galenik entscheidet über seine<br />

Wirksamkeit, Haltbarkeit und Verträglichkeit.<br />

● Zusatzstoffe (Grund- und Hilfsstoffkomosition): Methylhydroxypropylcellulose,<br />

Dicalciumphosphat, Stärkehydrolysat, Polyvinylpyrrolidon, Laktose, Sorbit, Gelatine, Fette,<br />

(Pflanzen-)Öle, Glycerol, Mg-Stearat,Titandioxid, Aromastoffe, Indigocarmin, Chinolingelb,<br />

Aluminiumsalze, Talkum und widerstandsfähige Polymere.<br />

● Die Zusammensetzung differiert, auch wenn die Produkte wirkstoffgleich sind.<br />

● Eine Tablette enthält mehrere Zusatzstoffe: einen verpressbaren Tablettengrundstoff, der<br />

beispielsweise aus Laktose oder Dicalciumphosphat (Trägerstoff), einem Bindemittel und einem<br />

stark quellendem "Sprengmittel" bestehen kann. Das Sprengmittel (z. B. Stärke) sorgt für den<br />

schnellen Zerfall der Tablette, damit sich der Wirkstoff rasch freisetzt. Ein glatter Überzug aus<br />

Polymer (Methylhydroxypropylcellulose schützt die Tablette und erleichtert die Einnahme.<br />

● Retardpräparate: * verkapsulierte kleine wirkstoffhaltige Retard-Kügelchen (Pellets)<br />

(unterschiedlicher Größe) * oder der Wirkstoff wird in eine sich langsam erodierende Matrix<br />

eingebracht, * oder er wird in eine besondere (magensaftresistente) Kapsel gefüllt und<br />

verzögert (kontrolliert) über Osmose freigesetzt.<br />

96


Arzneistoff unabhängige Wirkungen


Serotonin


Substanz P, Glutaminsäure und y-Amino-Buttersäure


Biotransformation

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