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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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WOLFGANG HEINZ<br />

den. Weiterer Klärung bedarf, ob dieses, die bisherigen Befunde nicht bestätigende<br />

Ergebnis eine regional begrenzte Sanktionierungspraxis widerspiegelt oder eine <strong>vor</strong>rangig<br />

an Tatschweregesichtspunkten orientierte und damit eher vereinheitlichende<br />

Strafzumessung bei schweren Delikten gegen die Person.<br />

E. Zusammenfassung und Ausblick<br />

1. Wird Punitivität verstanden als Strafquantum, dann steht ein „punitive turn“ in<br />

der Praxis des deutschen <strong>Jugendkriminalrecht</strong>s außer Frage. Denn sowohl die<br />

absolute Zahl der (informell und formell) Sanktionierten, der Verurteilten wie<br />

der Jugendstrafe verbüßenden Gefangenen haben seit 1990 zugenommen. Aber<br />

diese Entwicklung hat viel zu tun mit registrierter Kriminalität. Der Verlauf<br />

der Verurteiltenzahlen folgt – sowohl abgeschwächt als auch mit größer<br />

werdendem Abstand – dem Verlauf der Tatverdächtigenzahlen. Auch die (erst<br />

seit 1965) verfügbaren Gefangenenraten folgen im Jugendstrafrecht strukturell<br />

den Verurteiltenzahlen.<br />

2. Punitivität meint freilich „mehr und härtere Strafen“, und zwar bei vergleichbaren<br />

Sachverhalten. Anhand der Aggregatdaten der amtlichen Strafrechtspflegestatistiken<br />

lässt sich dies nur begrenzt prüfen. Eines der größten Hindernisse<br />

ist insbesondere der zunehmende Gebrauch der Diversionsmöglichkeiten<br />

des JGG. Deshalb empfiehlt sich – bei Gesamtbetrachtungen – eine Bezugnahme<br />

nicht nur auf die Verurteilten, sondern auch auf die (informell und<br />

formell) Sanktionierten. Gäbe es keine Diversion, dann wäre dies ohnedies die<br />

einzige Grundgesamtheit.<br />

3. Justizielle Punitivität kann ihren Niederschlag finden sowohl auf der Ebene<br />

der Staatsanwaltschaft, des Jugendgerichts als auch der Vollstreckung und des<br />

Vollzugs. Die Daten der amtlichen Strafrechtspflegestatistiken sind zur Prüfung<br />

der Punitivitätsthese aus Gründen der Erfassung und Aufbereitung der<br />

Daten nur bedingt geeignet, weil die erforderlichen statistischen Nachweise<br />

entweder fehlen oder zu grob sind. Die Praxis der Jugendgerichte setzt auf<br />

ahndende Sanktionen, <strong>vor</strong> allem auf Zuchtmittel (2006: 77, 7% der schwersten<br />

verhängten Sanktion) und Jugendstrafen (2006: 15,9%). Da weder die Höhe<br />

der Geldauflage noch die Zahl der abzuleistenden Stunden der Arbeitsauflage<br />

noch die Dauer des Dauerarrestes statistisch erfasst werden, bleiben etwaige<br />

Veränderungen in diesem Bereich im Dunkelfeld. <strong>Das</strong>selbe gilt hinsichtlich<br />

der Länge der Jugendstrafe. Bekannt ist nur die Veränderung der Häufigkeit<br />

der Kategorien, nicht bekannt ist dagegen die genaue Dauer. Es gibt deshalb<br />

keine Möglichkeit, die Veränderung der durchschnittlichen Haftdauer zu messen.<br />

Da die Ausfilterungseffekte durch Diversion wegen fehlender Differenzierung<br />

weder nach Tat- noch nach Tätergruppen quantifiziert werden können,<br />

ist auch nicht bekannt, inwieweit es hierdurch zu einer Verschiebung zu<br />

schwereren Deliktsformen im Bereich der Abgeurteilten kommt. Ebenso wenig<br />

ist es möglich, aufgrund der veröffentlichten Daten der StVerfStat die<br />

Auswirkungen der – <strong>vor</strong> allem bei schweren Delikten erfolgenden – Einbezie-

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