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Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?

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34<br />

WOLFGANG HEINZ<br />

justizieller Punitivität führt freilich zu einer Reihe von Unterfragen, die noch weiterer<br />

Differenzierung zugänglich sind:<br />

• Wessen Punitivität wird mit welchen Indikatoren gemessen? Als Indikatoren<br />

von justizieller Punitivität der Gerichte (sowohl hinsichtlich Verurteilung wie<br />

Strafrestaussetzung) kommen insbesondere in Betracht Art und Maß der verhängten<br />

Strafen, die Zahl der Insassen im Straf- und Maßregelvollzug, die<br />

Strafrestaussetzungsrate.<br />

Als Indikatoren zur Erfassung der Punitivität der sonstigen Beteiligten im<br />

Strafprozess kommen <strong>vor</strong> allem die Strafmaßanträge von Staatsanwaltschaft<br />

und Nebenklage sowie die Stellungnahmen der Jugendgerichtshilfe in Betracht.<br />

Angesichts der enormen Selektions- und Sanktionskompetenz der Staatsanwaltschaft<br />

(StA) – Einstellungen aus Opportunitätsgründen sind häufiger als<br />

Anklagen und Strafbefehlsanträge 24 – ist auch deren Entscheidungsverhalten<br />

Indikator für Punitivität.<br />

In einem weiteren Sinne zählt schließlich noch die Polizei dazu, die durch ihre<br />

faktische Schwerpunktsetzung mit darüber entscheidet, was letztlich als „aufgeklärt“<br />

auch verfolgt werden kann. 25<br />

• Welche Rechtsordnung wird auf Punitivitätstendenzen hin geprüft, das Erziehungsstrafrecht<br />

(JGG) oder das Schuldstrafrecht (allgemeines Strafrecht)?<br />

• Gibt es eine allgemeine Punitivitätstendenz oder ist sie auf bestimmte Tatund<br />

Tätergruppen begrenzt?<br />

• Für welchen Zeitraum lässt sich eine Punitivitätstendenz feststellen?<br />

2.2 Ergebnisse der Forschung<br />

Im internationalen wie im nationalen Vergleich sind, schon ihrer leichteren Verfügbarkeit<br />

wegen, <strong>vor</strong> allem die Gefangenenraten „der“ Indikator (oder zumindest ein<br />

„Grobindikator“) für zunehmende Punitivität. 26 Als weitere Indikatoren werden <strong>vor</strong><br />

allem Art und Maß der verhängten Strafen sowie die Strafrestaussetzungsraten verwendet.<br />

Gegenstand der bisherigen Forschung waren also nur die Entscheider, wobei<br />

– jedenfalls was die Gefangenenraten angeht – zumeist nicht unterschieden wurde<br />

zwischen den Entscheidungen über die Strafverhängung einerseits und über die Strafrestaussetzung<br />

andererseits.<br />

dinand, Th. N. (eds): International Perspectives on Punitivity. Crime and Crime Policy, vol. 4, Bochum<br />

2008, S. 1, 2). Diesem Vorschlag wird hier lediglich für das Entscheidungsverhalten gefolgt.<br />

24<br />

Vgl. 2. PSB (Anm. 8), S. 540 f.<br />

25<br />

Heinz, Wolfgang: Entlastung durch Beschleunigung und Vereinfachung – zur Krise des Strafprozesses,<br />

in: Festschrift für Winfried Brohm, München 2002, S. 351, 357.<br />

26<br />

Vgl. Hofer, Hanns, von: Die Entwicklung der Gefangenenraten in achtzehn europäischen Ländern,<br />

1983-2002 – ein Ausdruck für neue Straflust?, in: Lautmann et al. (Anm. 2), S. 193 ff., der aber bewusst<br />

den Begriff „Straflust“ oder Punitivität in diesem Zusammenhang nicht verwendet, weil er gewolltes<br />

Handeln impliziere, wo möglicherweise nur keine Gegenmaßnahmen ergriffen worden seien.

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