Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen
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1. Was will die Rückfallstatistik?<br />
Ziele und Anlage der Untersuchung 11<br />
Rückfallverhinderung ist eine der wichtigsten Aufgaben des Strafrechts. In welchem Maße<br />
dies gelingt, ist in Deutschland indes weithin unbekannt. Obwohl schon seit mehr als 100<br />
Jahren gefordert, fehlte es bislang selbst an einer deskriptiven, alle <strong>Sanktionen</strong> einbeziehenden<br />
Rückfallstatistik. Relativ differenzierte Informationen liegen vor über die Zahl der polizeilich<br />
ermittelten Tatverdächtigen und der gerichtlich Verurteilten <strong>nach</strong> Straftat, Alter, Geschlecht<br />
und Sanktion. Gänzlich unbekannt ist aber - aus der Sicht der amtlichen Statistik - die weitere<br />
strafrechtliche Auffälligkeit dieser Personen.<br />
Im derzeitigen System der amtlichen Rechtspflegestatistiken kann anhand der Strafverfolgungs-<br />
und der Strafvollzugsstatistik lediglich der Anteil der Verurteilten bzw. der Strafgefangenen<br />
ermittelt werden, die bereits früher verurteilt worden sind. Diese Vorbestraftenanteile<br />
sind aber nicht identisch mit Rückfallraten. Bei Ermittlung von Vorbestraftenanteilen<br />
wird, ausgehend von den in einem Berichtszeitraum Verurteilten, retrospektiv da<strong>nach</strong> gefragt,<br />
wie viele davon bereits früher, also vor der jetzigen Verurteilung, verurteilt waren. Bei der<br />
Ermittlung von Rückfallraten wird dagegen prospektiv da<strong>nach</strong> gefragt, wie viele der in einem<br />
Berichtszeitraum Verurteilten künftig - in einem bestimmten Zeitraum - erneut straffällig und<br />
verurteilt werden. Eine derartige prospektive Betrachtung erlaubt derzeit lediglich die<br />
Bewährungshilfestatistik, die Angaben über Personen enthält, bei denen die<br />
Straf(rest)aussetzung zur Bewährung „nur oder auch wegen neuer Straftat“ widerrufen wurde.<br />
Rückfälligkeit lässt sich hierdurch freilich selbst für die Gruppe der Bewährungshilfeprobanden<br />
nicht messen, weil zum einen nicht jede Straftat zwingend einen Widerruf<br />
<strong>nach</strong> sich zieht, zum anderen ein Widerruf auch ohne neue Straftat erfolgen kann.<br />
Mit der hier vorgelegten Rückfallstatistik wird erstmals für Deutschland die Forderung <strong>nach</strong><br />
einer alle strafrechtlich Sanktionierten einbeziehenden Rückfallstatistik erfüllt. Dazu werden<br />
alle in einem Basisjahr (hier: 1994) strafrechtlich Sanktionierten oder aus der Haft Entlassenen<br />
während eines vierjährigen Rückfallzeitraums (hier: bis 1998) weiterverfolgt, um zu<br />
erkennen, ob sie wieder straffällig werden. Datenbasis hierfür sind die personenbezogenen<br />
Eintragungen im Zentral- und Erziehungsregister, die in der Regel mindestens fünf Jahre<br />
erhalten bleiben 1 .<br />
Mit diesem Ansatz unterscheidet sich die Rückfallstatistik grundlegend von den herkömmlichen<br />
Rechtspflegestatistiken. Können diese nur für das jeweilige Basisjahr die betroffenen<br />
Personen erfassen - ohne die geringste Möglichkeit zu erfahren, was aus ihnen später wird,<br />
erlaubt es die einzigartige Datenquelle des Bundeszentralregisters (BZR), die justiziell<br />
erfassten Personen weiterzuverfolgen.<br />
Allerdings kann es nicht darum gehen, die einzelnen Personen in ihrem individuellen Verlauf<br />
abzubilden; vielmehr muss die Vielfältigkeit der Daten für die Zwecke einer Statistik zurückgeführt<br />
werden auf wenige handhabbare und aussagekräftige Kriterien und Kategorien. Dies<br />
bedeutet nicht eine endgültige Festlegung auf ein bestimmtes Auswertungsmuster im Sinne<br />
einer Statistik, das Datenmaterial (in Form von Individualdatensätzen) ist grundsätzlich auch<br />
für andere Auswertungsmöglichkeiten offen.<br />
Aufgrund der Daten des BZR ist es möglich, umfassend über die Rückfallraten in Abhängigkeit<br />
von Sanktion, Delikt, Alter und Geschlecht der Sanktionierten zu informieren.<br />
Damit wird eine zentrale Lücke im bisherigen System der Rechtspflegestatistiken geschlossen.<br />
1 Im Erziehungsregister bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres; Details zu den Löschfristen siehe B 4.2.3.