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D<br />

Fr. 7.–<br />

NATURFREUND<br />

4 2012<br />

September<br />

Oktober<br />

AMI DE LA NATURE


2 NATURFREUND 4/2012


INHALT<br />

NATUR ERLEBEN 4–7, 20, 21<br />

Grosses Staunen über kleine Tiere: Insekten 4<br />

Herbst-Zeit ist Marroni-Zeit: die Edelkastanie in der <strong>Schweiz</strong> 20<br />

UNTERWEGS 8–19<br />

Ein Senior erzählt: zweite Heimat Onsernone-Tal 9<br />

Strohmanufaktur Onsernone: gestern und heute 12<br />

Wandertipps fürs Onsernone- und Vergeletto-Tal 14<br />

Onsernone: von Comologno nach Bern und zurück 16<br />

Onsernone: Herz des künftigen Nationalparks Locarnese 19<br />

GESUND LEBEN 22–23<br />

Was Neid und Gier mit unserer Gesundheit zu tun haben 22<br />

NF-WETTBEWERB 25<br />

Ein Wochenende im Palazzo Gamboni im Onsernone-Tal 25<br />

SERVICE 26, 28, 30<br />

Was, Wann, Wo: Angebote von und mit <strong>Naturfreunde</strong>n 26<br />

Nächste Termine für Leiteraus- und Weiterbildungskurse 28<br />

Profi tieren: Mehrwert-Angebote für <strong>Naturfreunde</strong> 30<br />

MITGLIEDSCHAFT 27, 29, 31<br />

Der NFS-Präsident bei <strong>Naturfreunde</strong>n in Kalifornien 27<br />

5 Fragen an… Plaudern mit NFS-Mitgliedern 29<br />

4 Fragen an… Plaudern mit NFS-Mitgliedern 31<br />

Impressum<br />

Titelbild<br />

Seit Jahren im Onsernone-Tal ansässig:<br />

der aus der Deutschschweiz stammende<br />

Philippe Räber, Bergbauer in Spruga, im hintersten<br />

Dorf des Tals. Winterfutter für seine<br />

Ziegen und Kühe gewinnt er auch im angrenzenden<br />

Vergeletto-Tal (Foto). Zuhinterst<br />

in jenem Vergeletto finden sich die Onsernone-Gneis-Steinbrüche.<br />

Foto: Michael Buholzer<br />

93. Jahrgang. Erscheint fünfmal jährlich.<br />

Herausgeber: <strong>Naturfreunde</strong> <strong>Schweiz</strong> (NFS), Geschäftsstelle, Pavillonweg 3,<br />

Postfach, 3001 Bern, Telefon 031 306 67 67, Telefax 031 306 67 68,<br />

E-Mail: herbert.gruber@naturfreunde.ch<br />

Redaktion: Herbert Gruber, François Grundbacher (Übersetzungen)<br />

Abonnement: <strong>Naturfreunde</strong> <strong>Schweiz</strong> (NFS), Telefon 031 306 67 67,<br />

Fr. 30.– pro Jahr, Ausland Fr. 42.–.<br />

Gesamtherstellung: Stämpfli Publikationen AG, Bern, Telefon 031 300 66 66<br />

Inserate: Stämpfli Publikationen AG, Bern, Telefon 031 767 83 30,<br />

E-Mail inserate@staempfli.com<br />

Papier: Cyclus Print, 100% Altpapier aus sortierten Druckerei- und<br />

Büroabfällen.<br />

Redaktionsschluss für 5/12: 25. Oktober 2012.<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser<br />

Neulich, an einem Geburtstagsfest, fragte ein Jazzmusiker, wo ein<br />

Mann sich mit seiner Familie zurückziehen könnte, falls das mit<br />

der Wirtschaft und den Arbeitsplätzen auch bei uns brutal<br />

bachab ginge. Ob, so seine Frage, ob das Onsernone so ein Ort<br />

wäre? Nun, es ist gut möglich, dass in eben diesem Onsernone<br />

der nächste <strong>Schweiz</strong>er Nationalpark realisiert wird. Das Onsernone<br />

liegt im Tessin, westlich von Locarno. Im vorliegenden Heft ist<br />

ausführlich davon die Rede – und damit auch von Menschen, die<br />

dort etwas realisiert, etwas aufgebaut haben (ab Seite 8).<br />

Das Onsernone als Rückzugsgebiet: zu den prominentesten, die<br />

im Tal eine zweite Heimat gefunden hatten (zumindest auf Zeit),<br />

zählten die Schriftsteller Alfred Andersch, Max Frisch und Golo<br />

Mann. Umgekehrt verliessen – auf der Suche nach Arbeit, einem<br />

Einkommen, einem besseren (!) Leben – die Einheimischen ihr<br />

Tal zu Hunderten: zwischen Ende des 19. und Mitte des 20. Jahrhunderts<br />

reduzierte sich die Bevölkerungszahl der Talschaft um<br />

die Hälfte.<br />

Die Idee, was ein Nationalpark zu sein hat, ist mittlerweile nicht<br />

mehr die gleiche wie vor 100 Jahren, als in Graubünden der erste<br />

<strong>Schweiz</strong>erische Nationalpark gegründet wurde. Je nach Zone innerhalb<br />

eines Parks gelten heute unterschiedliche Bestimmungen,<br />

also ist je nach Lage auch Wohnen und Arbeiten inmitten eines<br />

Nationalparks möglich (Seite 19). Was indes bleibt: ein<br />

Nationalpark umfasst eine klar umrissene Fläche. Und innerhalb<br />

deren Grenzen gelten andere Regeln als ausserhalb! Weil man etwas<br />

schützen, erhalten, bewahren will. Aus der Distanz betrachtet<br />

sieht dies so aus, als würden wir einerseits Grenzen, Landesgrenzen<br />

abbauen; und andererseits neue Grenzen, Parkgrenzen,<br />

Naturschutzgrenzen ziehen.<br />

Die Wälder in Laos, so warnt Michel Brancucci, Vize-Direktor<br />

des Naturhistorischen Museums Basel (Seite 7), seien akut bedroht,<br />

die Artenvielfalt schrumpfe rasant. Schuld sei der ungezügelte<br />

Raubbau. Fehlen uns, so möchte man fragen, fehlen uns Regeln,<br />

respektive fehlen uns Instanzen, die unser Begehren und<br />

Tun begrenzen? Was hierzu auffällt: dass die Weltreligionen diese<br />

Fragen (die auch mit Gier zu tun haben) stets stark gewichtet haben<br />

– im Wissen, dass Gier der Gesundheit kaum zuträglich ist.<br />

Anregungen dazu auf Seite 22.<br />

Ob Käfer oder Kastanien (Seite 22) – das Wissen darüber basiert<br />

auf Beobachten, und genaues Hinschauen bedarf der Geduld. Es<br />

sind Qualitäten, die man einüben kann; etwa so, wie wir uns um<br />

unsere körperliche Fitness sorgen. In diesem Sinne wünsche ich<br />

eine anregende Lektüre und gute Touren Richtung Herbst.<br />

Herbert Gruber<br />

Redaktor «Naturfreund»<br />

EDITORIAL<br />

NATURFREUND 4/2012 3


NATUR ERLEBEN<br />

Insekten<br />

Insekten – wo unsere Fantasie neue Nahrung kriegt<br />

Und welche Käfer zünden Bomben?<br />

Mit insgesamt über einer Million bekannter Arten sind die<br />

Insekten die grösste und erfolgreichste Tiergruppe auf unserem<br />

Planeten. Es gibt keinen Lebensraum, den Insekten nicht<br />

bewohnen, respektive in dem sie nicht überleben konnten.<br />

Und so erstaunlich die Anpassungsfähigkeit dieser Tiere ist,<br />

so faszinierend sind auch ihre Methoden der Nahrungsbeschaffung,<br />

des Kampfs und der Verteidigung; es gibt gar welche,<br />

die eigene «Explosionskammern» mit sich tragen…!<br />

Text: Michel Brancucci*<br />

Illustrationen: Max Heuberger<br />

Wir bewundern», so hat es ein Gelehrter<br />

mal formuliert, «wir bewundern<br />

dagegen den Rücken des Elefanten, da er damit<br />

Türme zu tragen vermag, den Nacken,<br />

mit dem der Stier seinen Feind empor<br />

schleudert, die Raubsucht des Tigers und die<br />

Mähne des Löwen. Aber wahrlich nirgends<br />

erscheint die Natur so gross wie in dem<br />

Kleinsten, das sie hervorbringt. Daher bitte<br />

ich den Leser, wenn er auch vieles von diesen<br />

Dingen gering achtet, ihre Beschreibung<br />

doch nicht zu verschmähen, da bei der Betrachtung<br />

der Natur nichts als unwichtig angesehen<br />

werden darf.» Zum Verständnis:<br />

dieser Gelehrte, den wir hier zitieren, wurde<br />

im Jahr 23 nach Christus in Rom geboren; es<br />

ist dies Plinius Secundo, bekannt geworden<br />

als Verfasser der voluminösen, 37 Bände umfassenden<br />

Enzyklopädie Historia Naturalis.<br />

Osterluzeifalter (Zerynthia polyxena), Süd- und Südosteuropa.<br />

4 NATURFREUND 4/2012<br />

Schön wie die Königin von Kastilien<br />

Bei nur wenig anderen Tieren sind Farben<br />

und Formen derart reich und vielfältig gestaltet<br />

wie bei den Insekten. Und diese verblüffende,<br />

oft unerwartete Schönheit hat<br />

Menschen von je her begeistert. Davon zeugen<br />

etliche Geschichten und Namensgebungen.<br />

Als Beispiel erwähnt sei der Augenfalter<br />

Graellsia isabellae. Seiner Schönheit und<br />

Eleganz wegen wurde dieser Falter im 19.<br />

Jahrhundert in ganz Europa bestaunt. Man<br />

nannte ihn »Isabella” und bezeichnete ihn<br />

gar als «die schönste europäische Entdeckung<br />

bei den Insekten». Isabella, dies als<br />

Nachtrag, war der Name der damaligen Königin<br />

von Kastilien!<br />

Um die Schönheit des Isabella-Schmetterlings<br />

ranken indes noch weitere Geschichten.<br />

So etwa hat der Entdecker dieses Falters,<br />

der Spanier Mariano Graëlls (1808-98),<br />

den ersten Fundort über 28 Jahre lang nicht<br />

verraten, was seinen naturwissenschaftlich<br />

Mittelmeer-Fruchtfliege (Ceratitis capitata), aus<br />

Afrika stammend.<br />

orientierten Kollegen missfi el, und sie dazu<br />

anstachelte, mit allen Mitteln den Fundort<br />

zu eruieren – jedoch stets ohne Erfolg. Erst<br />

im Jahre 1877 schliesslich veröffentlichte<br />

Graëlls eine kurze Notiz über die entsprechende<br />

Lokalität (in einer Bergregion in<br />

Zentralspanien). Er bemerkte dazu, dass er<br />

diesen Fund eigentlich seinem Hund zu verdanken<br />

habe, der ihn durch Hochheben seines<br />

Vorderlaufes auf den Falter aufmerksam<br />

gemacht habe.<br />

Symbolkräftiger Papillon – schillernde<br />

Morphofalter<br />

Ein anderer, seiner Schönheit wegen intensiv<br />

begehrter Schmetterling ist der südamerikanische<br />

Morphofalter (Morpho peleides).<br />

Allerdings forderte das Fangen und<br />

Sammeln dieser Falter viel Geduld und Geschicklichkeit,<br />

zumal diese Morphos die Angewohnheit<br />

haben, um die Krone hoher<br />

Bäume zu fl attern. Also bauten Schmetterlingsjäger<br />

ebenso hohe Türme, um auf diese<br />

Weise an die Falter zu kommen. Besonders<br />

wilde Geschichten dazu sind uns aus der Île<br />

du Diable (der Teufelsinsel) von Französisch-Guayana<br />

überliefert. Auf jener Insel,<br />

die Frankreich bis zum Ende des Zweiten<br />

Weltkriegs als Strafkolonie gedient hatte,<br />

sollen sich Ex-Häftlinge im Kampf um diese<br />

Papillons (mit deren Verkauf sie sich ihren<br />

Lebensunterhalt verdienten), respektive bei<br />

der Eroberung der besten und höchsten<br />

Fang-Türme gar gegenseitig umgelegt haben.<br />

Später haben Beobachtungen gezeigt,<br />

dass die schillernden Morphos auch untereinander<br />

heftige Kämpfe austragen. Aus dieser<br />

Erkenntnis heraus entwickelte der


Rüselkäfer (Eupholus bennetti), Papua Neuguinea.<br />

Rosenkäfer (Chelorrhina polyphemus), Zentral- und Westafrika (Tropen).<br />

Mensch eine neue, weniger aufwändige<br />

Fangmethode: vom Boden aus wird ein totes<br />

Tier entweder bewegt oder das Flattern mit<br />

einem Spiegel vorgetäuscht. Dadurch werden<br />

lebende Falter angelockt und können so<br />

mittels Netz gefangen werden. Übrigens: auf<br />

der Île du Diable spielt die Handlung des<br />

Bestseller-Romans und Films «Papillon»<br />

(mit Steve McQueen und Dustin Hoffmann)<br />

über den Sträfl ing Henri Charrière, der sich<br />

einen Schmetterling (als Symbol der Freiheit)<br />

auf die Brust hatte tätowieren lassen.<br />

Vier Augen – oder Anpassung bis<br />

zum Äussersten<br />

Ob Wasserlache, arktische Kälte oder die<br />

staubtrockene Hitze der Wüste – es gibt keinen<br />

Lebensraum, den sich Insekten nicht erschlossen<br />

haben. Diese Erfolge verdanken<br />

sie ihrer unglaublichen Anpassungsfähigkeiten<br />

und subtilen Überlebungsstrategien.<br />

Was immer die Bedingungen der Umwelt<br />

sind – Insekten haben sich perfekt an alle<br />

nur denkbaren Situationen angepasst! So<br />

etwa können gewisse Schwarzkäfer-Arten<br />

auch bei extrem hohen Temperaturen in der<br />

Wüste überleben. Mit ihren sehr langen Beinen<br />

graben sie sich – bei rund 58°C (!) –<br />

rasch ins Sandinnere. Dort, in zirka 10 Zen-<br />

timetern Tiefe, ist die Temperatur deutlich<br />

niedriger als an der Oberfl äche. Also entweichen<br />

sie auf diese Weise dem sicheren Tod.<br />

Neben der enormen Hitze ist die Wasseraufnahme<br />

in der Wüste eine weitere Hürde.<br />

Aber auch hierzu haben sich die Insekten<br />

etwas «einfallen» lassen: so sammeln zahl-<br />

Sägekäfer (Golopha imperialis), Mittelamerika bis Mexiko.<br />

NATUR ERLEBEN<br />

Insekten<br />

reiche Wüstenarten das Wasser aus dem<br />

Morgennebel, indem sie früh morgens auf<br />

Sanddünen klettern. Andererseits hält der<br />

starke Chitinpanzer der Käfer den Wasserverlust<br />

gering.<br />

Ein ebenfalls extremes Habitat bewohnt<br />

die im Tibet beheimatete, 8 Millimeter grosse<br />

Schwimmkäfer-Art (Agabus joachimschmidti).<br />

Dieser Käfer wurde im Hochland<br />

noch auf einer Höhe von 5100 Metern über<br />

Meer gefunden und schlägt damit sämtliche<br />

Rekorde der wasserbewohnenden Insekten.<br />

Auf dieser Höhe ist der Boden mindestens<br />

10 Monate im Jahr mit Schnee und Eis bedeckt<br />

– es ist bis heute ein Rätsel, wie sich<br />

diese räuberische Art unter diesen Umständen<br />

ernähren kann.<br />

Mehrere Insektenordnungen (wie Käfer,<br />

Wanzen, Steinfl iegen usw.) haben unabhängig<br />

voneinander den «Sprung» ins Wasser<br />

gewagt. Die Anpassungen an dieses Milieu<br />

sind tiefgreifend; zahlreiche Hürden waren<br />

zu überwinden: Atmung, Fortbewegung,<br />

Nahrung, usw. Die echten Schwimmkäfer,<br />

die sicherlich zu den geschmeidigsten Lebewesen<br />

im Wasser zählen, haben die Beine<br />

stark abgefl acht und schlagen synchron, die<br />

Körperform ist hydrodynamisch, und ein<br />

Raum unter den Flügeldecken dient ihnen<br />

als Luftreserve. Die meisten Arten sind gute<br />

Flieger, und sie können von Tümpel zu<br />

Tümpel fl iegen, dies mehrmals am Tag.<br />

Möchten sie allerdings wieder ins Wasser<br />

eindringen, treffen sie auf eine fast unüberwindbare<br />

Schwierigkeit: die Wasseroberfl ächen-Spannung!<br />

Sie müssen diese durchbrechen.<br />

Die kleineren Arten haben dazu<br />

folgendes Vorgehen entwickelt: sie drehen<br />

sich auf den Rücken, strecken alle Beine<br />

kopfwärts, damit verlagert sich das Körpergewicht<br />

und das Tier vermag auf diese Weise<br />

mit der dünnen Kopfkante ins Wasser zu<br />

tauchen. Die Vertreter einer anderen wasserlebenden<br />

Käferfamilie, die Taumelkäfer, hal-<br />

NATURFREUND 4/2012 5


NATUR ERLEBEN<br />

Insekten<br />

ten sich meist auf der Wasseroberfl äche auf,<br />

doch bei Störungen können sie abtauchen.<br />

Ihre Augen haben sich geteilt; sie besitzen<br />

vier unabhängig funktionierende Augen.<br />

Dies verleiht ihnen die Fähigkeit, gleichzeitig<br />

unter- und oberhalb des Wassers zu sehen.<br />

Das Nonplusultra jeglicher Anpassung jedoch<br />

fi ndet man bei jenen Käfern, die in<br />

Ameisenkolonien leben. Ein Vertreter davon,<br />

der Keulenkäfer (Claviger testaceus), ist<br />

derart an die Ameisen angepasst, dass er<br />

ohne sie nicht mehr überleben könnte. Angesichts<br />

der zurückgebildeten Mundwerkzeuge<br />

ist er nicht in der Lage, sich selbst zu<br />

ernähren. Der Käfer «erbettelt» seine Nahrung<br />

mittels Fühlertrillern, worauf er von<br />

den Ameisen Mund zu Mund mit Nahrungstropfen<br />

versorgt wird. Als «Gegenleistung»<br />

scheidet der Keulenkäfer ein Sekret aus, das<br />

von den Ameisen gierig aufgenommen wird.<br />

Dieses «Genussmittel» ist mit gewissen Narkotika<br />

zu vergleichen, und es führt – im<br />

Überdruss genossen – bei den Ameisen zu<br />

Degenerationserscheinungen. Es wird gar<br />

vermutet, dass die Käfer während des Hochzeitsfl<br />

uges von den Ameisen in neue Nester<br />

mitgenommen werden. Andere Arten wiederum<br />

ernähren sich selbstständig: sie verzehren<br />

in aller Ruhe Ameisenlarven, nachdem<br />

die Käfer die Ameisen unter den Einfl uss ihrer<br />

«Droge» gestellt haben.<br />

Subtile Überlebensstrategie<br />

Gute angepasst sein – das bedeutet auch gut<br />

geschützt sein vor möglichen Frassfeinden.<br />

Auch diesbezüglich setzen die Insekten äusserst<br />

vielfältige Strategien um: zu den gängigsten<br />

Methoden gehören Duftstoffe,<br />

Flucht, Beissen und Stechen.<br />

Droht beispielsweise dem Bombardierkäfer,<br />

einem Vertreter der Laufkäferfamilie,<br />

Gefahr, kann er zwei Substanzen aus seinen<br />

Hinterleibs-Drüsen in einer so genannten<br />

«Explosionskammer» vermischen, was eine<br />

Temperatur von bis zu 100°C erzeugt. Die<br />

dadurch entstehende Gaswolke tritt mit einem<br />

Knall aus seinem After aus, was seine<br />

Verfolger in Angst und Schrecken versetzt.<br />

Um die Grössenordnung dieser Aktion zu<br />

begreifen: ein Huhn kann ob so einer Gas-<br />

Ladung glatt erblinden! Andere Arten aus<br />

der gleichen Familie vermögen Ameisensäure<br />

bis zu 30 Zentimeter weit zu spritzen.<br />

Im Gegensatz dazu müssen Schwimmkäfer<br />

eine im Wasser effi ziente Methode zur<br />

Anwendung bringen. Bei Verfolgung sind<br />

Haselnussswickler (Apoderus coryli), Mitteleuropa bis Nordafrika und Teilen Asiens.<br />

6 NATURFREUND 4/2012<br />

Apollo (Parnassius apollo), auch in den <strong>Schweiz</strong>er Alpen anzutreffen.<br />

diese Käfer in der Lage, ihren Enddarm<br />

stossartig zu entleeren und so jegliche Angreifer<br />

(Fische und Frösche) auf Distanz zu<br />

halten.<br />

Ganz eigen und passiv geht andererseits<br />

die Larve des Maskierten Strolches (Reduvius<br />

personatus) vor. Sie wendet jedoch eine<br />

nicht minder effi ziente Möglichkeit an: sie<br />

macht sich unsichtbar! Diese Wanzenart lebt<br />

in unseren Estrichen. Die erwachsenen Tiere<br />

messen 16 bis 17 Millimeter, und sie saugen<br />

die Körperfl üssigkeit von anderen hausbewohnenden<br />

Insekten oder Spinnen aus. Bereits<br />

die jungen braunen Lärvchen sind<br />

klebrig und ziehen Staub an, von dem sie<br />

nach und nach ganz bedeckt werden, so<br />

dass sie kaum mehr erkennbar sind. Und<br />

diesen «Staubmantel» erneuern die Larven<br />

nach jeder Häutung – eine Schutzmassnahme<br />

par excellence.<br />

Jenseits von nützlich und schädlich<br />

Ohne die «Arbeit» der Insekten könnten wir<br />

Menschen fast keine Früchte und kein Gemüse<br />

ernten. Die Blütenbestäubung durch<br />

die Insekten ist ein immens wichtiger, unbezahlbarer<br />

«Dienst» der Insekten. Ein anderes<br />

Beispiel, das die Bedeutung der Insekten<br />

für uns Menschen untermauert, stammt aus<br />

Australien. Auf jenem Kontinent lebten ursprünglich<br />

keine Rinder; diese wurden aus<br />

anderen Erdteilen importiert. Nicht mit-importiert<br />

indes wurden die dazugehörenden<br />

Käfer. In den 1960er und 70er Jahren weideten<br />

in Australien rund 30 Millionen Rinder,<br />

die täglich Millionen von Kuhfl aden<br />

ausschieden. Der Rinderdung trocknete aus<br />

und bedeckte jährlich eine Fläche annähernd<br />

so gross wie die <strong>Schweiz</strong> – er wurde<br />

aber durch nichts abgebaut! In der Folge<br />

verödeten die einst saftigen Wiesen nach


Illustrationen von Max Heuberger<br />

Sämtliche auf diesen Seiten präsentierten Illustrationen<br />

stammen von Max Heuberger.<br />

Die in Max Heubergers Insekten-Bildern zum<br />

Ausdruck kommende Genauigkeit gilt bis<br />

heute als unerreicht. Auf die Schnelle war so<br />

etwas nicht zu haben: allein für ein einzelnes<br />

Käferbild rechnete der wissenschaftliche<br />

Zeichner mit einem Arbeitsaufwand von 300<br />

Stunden. Heubergers Bilder fanden und finden<br />

entsprechende Beachtung, so etwa wurden<br />

dessen Arbeiten in der Kunsthalle Basel,<br />

im Zoologischen Museum Zürich und im Naturhistorischen<br />

Museum Basel gezeigt (wo<br />

Max Heuberger von Anfang an Mitglied des<br />

Vereins «Käfer für Basel» war). Max Heuberger,<br />

1920 in Basel geboren, hatte erst eine<br />

Lehre als Dekorationsmaler absolviert; danach<br />

folgte eine Ausbildung zum Graphiker in Basel<br />

und an der Ecole des Beaux Arts in Genf.<br />

Max Heubergers spezielle Vorliebe waren Insekten,<br />

ganz speziell Käfer. Das früheste,<br />

spontan entstandene Aquarell stellte aber<br />

eine kriechende Weinbergschnecke dar – in<br />

der Natur beobachtet. Neben der wissenschaftlichen<br />

Akribie der Insektenaquarelle<br />

war ihm allerdings deren malerische Lebendigkeit<br />

genauso wichtig. Diese führte ihn zu<br />

den besonderen Ölbildern (Gedankenbilder)<br />

in realistischem Surrealismus. Max Heuberger<br />

verstarb am 4. Juli 2011.<br />

und nach, nichts mehr gedieh, ein Fiasko<br />

sondergleichen. Als späte Reaktion darauf<br />

wurden diverse Mistkäfer-Arten aus Afrika<br />

millionenweise gezüchtet und nach Australien<br />

eingeführt. Allmählich gelang es daraufhin,<br />

das Problem mit den Kuhfl aden wieder<br />

in den Griff zu bekommen.<br />

Und halt doch sehr oft unerwünscht<br />

Segen und Fluch – das Verhältnis des Menschen<br />

zu den Insekten ist und war oft<br />

schwierig. So etwa haben Wanderheuschrecken<br />

in früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden<br />

dem Menschen immer wieder<br />

tödliche Hungersnöte beschert. In modernerer<br />

Zeit gibt es weitere Beispiele; erinnert sei<br />

etwa an den Bergkieferkäfer (Dendroctonus<br />

ponderosae), eine 4 bis 7 Millimeter grosse<br />

Borkenkäfer-Art aus Kanada. Diese Art bewohnte<br />

ursprünglich den südlichen Teil<br />

Nordamerikas, wo sie eine bedeutende Rolle<br />

spielte, indem sie die kranken Bäume dezimierte<br />

und so die Ausbreitung des Jungwuchses<br />

förderte. Dank günstigen klimatischen<br />

Bedingungen während der letzten 15<br />

Jahren breitete sich diese Art nach Norden<br />

aus, speziell in die Provinz Britisch Columbia<br />

(westlich der Rocky Mountains), wo<br />

durch sie nun aber riesige Waldfl ächen zerstört<br />

wurden: mehr als 160’000 Quadratkilometer<br />

an Wald sind dadurch bereits abgestorben.<br />

Glücksbringer und andere Glaubens-<br />

Symbole<br />

Nochmals, Segen und Fluch – die Innigkeit<br />

des Verhältnis‘ des Menschen zu gewissen<br />

Käfern lässt sich gerade auch am Marienkäfer<br />

(Cocinella septempunctata) ablesen.<br />

Überlieferungen gemäss soll der Marienkäfer<br />

ein heiliges Tier der altnordischen Liebesgöttin<br />

Freyja gewesen sein. In Sanskrit hiess<br />

er «Hirt»; in unseren Breitengraden kennen<br />

wir für ihn Namen wie Gotteskühlein, Gotteskalb,<br />

Herrgottstierchen etc. Und wie wir<br />

wissen, ist dieser «Hirt» noch heute Symbol<br />

von Glück und Frieden, das bei geschäftlichen<br />

und gesellschaftlichen Angelegenheiten<br />

verwendet wird.<br />

Auch der Hirschkäfer (Lucanus cervus)<br />

hat im Laufe der Geschichte immer wieder<br />

Aufmerksamkeit erregt. Da der Blitz oft in<br />

einzeln stehende Eichen – des Hirschkäfers<br />

Futterbaum – einschlägt, glaubte der<br />

Mensch, dass der Hirschkäfer, als «heilige<br />

Kreatur» des germanischen Gottes Donar,<br />

Blitze anlocken würde. Nicht verwunderlich<br />

daher, dass der Hirschkäfer vielerorts auch<br />

unter dem Namen «Hausbrenner» oder<br />

«Feueranzünder» bekannt war. Die über ihn<br />

kursierenden Geschichten waren entsprechend:<br />

so wurde beispielsweise erzählt, der<br />

Hirschkäfer hebe mit seinen Zangen glühende<br />

Kohle auf, um sie auf Hausdächer – damals<br />

meist aus Stroh — zu tragen. Aber<br />

auch positive Eigenschaften wurden ihm zugeschrieben:<br />

wer in Bayern einen Kopf dieses<br />

Käfers in seiner Tasche trug, konnte auf<br />

Reichtum hoffen. Dieser Glaube hält sich in<br />

Bayern in gewisser Weise bis heute: im Freistaat<br />

sind jene nicht selten, die am Gurt ein<br />

aus dem Kopf des Hirschkäfers gefertigtes<br />

Schmuckstück tragen! ■<br />

Brasilianischer Bockkäfer (Pyrodes pulcherrimus), Südamerika.<br />

NATUR ERLEBEN<br />

Insekten<br />

Bockkäfer (Rosenbergia weiskei), Papua Neuguinea.<br />

* Dr. Michel Brancucci, 1950 in Delémont geboren, arbeitet<br />

als Konservator der Biowissenschaften am Naturhistorischen<br />

Museum Basel, dem er von 1981–<br />

2002 auch als stellvertretender Direktor gedient hat.<br />

Nebst anderem treibt er, als leidenschaftlicher Entomologe,<br />

in Laos (Südostasien) das von ihm initiierte<br />

Projekt zur Erforschung der Diversität der Käferfauna<br />

dieses Landes voran. Es könnte ein Wettlauf mit der<br />

Zeit sein: Michel Brancucci sieht die Wälder von Laos<br />

in akuter Gefahr. In Folge der gegenwärtigen, aus rein<br />

ökonomischen Interessen betriebenen Ausbeutung<br />

der Urwälder (Holz, Gold, etc.) dürften diese, die<br />

noch vor 30 Jahren nahezu unberührt waren, in naher<br />

Zukunft bereits zerstört sein.<br />

NATURFREUND 4/2012 7


UNTERWEGS<br />

Onsernone<br />

Am Anfang waren Dornen, Nesseln und eine Ruine<br />

Zweite Heimat Onsernone-Tal<br />

Einerseits die Auswanderer; bezüglich Onsernone-Tal eine eigene, eine lange<br />

Geschichte. Und andererseits die Zuwanderer, die um 1970 herum gekommen<br />

sind; etliche von ihnen sind wieder gegangen. Anfänglich hatten die Einheimischen<br />

diese «Aussteiger» als Cappelloni bezeichnet, als die Langhaarigen.<br />

Und da waren/sind jene, die sich im Tal ein Ferienparadies aufgebaut haben,<br />

oder vielleicht gar eine zweite Heimat. Der heute 86-jährige Andreas<br />

Haller-Roulin, ein gebürtiger Aargauer, ist einer von ihnen.<br />

Er ist, mit seiner Familie, im Sommer 1975<br />

erstmals ins Onsernone gereist.<br />

8 NATURFREUND 4/2012<br />

Fotos: Michael Buholzer


Dort wo der Clown Dimitri (1935 in Ascona<br />

geboren) sein Teatro eigerichtet<br />

und seine Scuola Teatro gegründet hat, dort<br />

zweigt die Strasse ab ins Onsernone-Tal.<br />

Dieses Dorf an der Centovalli-Bahnlinie (Locarno-Domodossola)<br />

heisst Verscio, und im<br />

nächstfolgenden Dorf, in Cavigliano, beginnt<br />

der Anstieg ins Onernone-Tal. Gleich<br />

am Anfang dieser Strassensteigung hat sich<br />

linkerhand der Granit-Händler Pollini eingenistet;<br />

und also hat man hier bereits eine<br />

erste Besonderheit dieses Tals vor sich: den<br />

Onsernone-Gneis. Heute wird dieser Stein<br />

zuhinterst im Vergeletto-Tal abgebaut, einem<br />

Seitental des Onsernone, und von dort in<br />

Tonnen schweren Stücken per Lastwagen<br />

(mit bis zu fünf Achsen) auf bisweilen<br />

schma ler Strasse zur Weiterverarbeitung<br />

und zum Verkauf hierher nach Cavigliano<br />

transportiert. Der Bau für diese Strasse ab<br />

Verscio, respektive ab Cavigliano hinein ins<br />

Onsernone-Tal (bis Russo) wurde übrigens<br />

Zur Geschichte der Piva: Andreas<br />

Haller berichtet<br />

Wie habt ihr diesen verlorenen Winkel im hintersten<br />

Zipfel der <strong>Schweiz</strong> überhaupt gefunden?<br />

So oder ähnlich werde ich oft gefragt, wenn ich<br />

von unserer Piva im Onsernone-Tal erzähle. Eigentlich<br />

gibt es darauf zwei Antworten. Zum Ersten:<br />

Wir haben nie nach einem Rustico im Tessin<br />

gesucht, denn wir hatten uns bereits im Bündnerland<br />

ein Feriennest zurechtgemacht. Das Angebot<br />

ist uns sozusagen zugefallen – und wir<br />

brauchten nur zuzugreifen. Zum Zweiten: Die Suche<br />

nach dem angebotenen Haus hatte seine Tücken.<br />

Wir fanden nach beschwerlicher Suche<br />

zwar ein Haus, erwarben es, begannen uns einzurichten,<br />

und dann, ja dann kam die grosse Überraschung...<br />

Nun aber der Reihe nach!<br />

Nach etlichen Ferienwochen im Bündnerland, wo<br />

ich für unsere Familie ein baufälliges Blockhaus<br />

gemietet und selber ausgebaut hatte, war das<br />

Angebot einer preisgünstigen Ferienwohnung im<br />

für uns noch fremden Onsernone-Tal verlockend.<br />

Mit den Kindern zusammen bewanderten wir<br />

1975 zwei Wochen lang Dörfer und Alpen, sammelten<br />

Heidelbeeren auf Pian secc und suchten<br />

Kastanien in Crana. Es waren Traumferien. Wobei<br />

mir eigentlich erst im Nachhinein so richtig bewusst<br />

wurde, dass wir uns dabei ausschliesslich<br />

auf der Bergseite oberhalb der Fahrstrasse bewegt<br />

hatten. Da oben gab es gepflegte Wanderwege<br />

und Wegweiser, und die zeigten alle bergwärts.<br />

Der bewaldete Hang unterhalb der Dörfer<br />

jedoch, das ganze Gebiet bis hinunter zum Fluss,<br />

war offenbar eine allgemein gemiedene Zone.<br />

Ein Jahr später erreichte uns die Mitteilung,<br />

dass für die uns bekannte Ferienwohnung in<br />

Spruga ein Käufer gesucht würde. Nichts für uns,<br />

dachte ich. Eine Wohnung mitten im Dorf hat zu<br />

erst im Jahre 1849 in Angriff genommen;<br />

dem damals noch jungen Kanton Tessin<br />

(1803 gegründet) fehlten zuvor die nötigen<br />

Mittel; und Vorrang hatten eh die Hauptachsen,<br />

respektive die Gotthardstrasse.<br />

Gut 20 Strassen-Kilometer sind es von<br />

diesem Taleingang bis nach Spruga, dem<br />

letzten Dorf des Tals. Man steigt dabei, von<br />

Verscio herkommend, um rund 900 Höhenmeter<br />

(lässt sich auch bestens per Velo «machen»).<br />

Aber das ist Nebensache; ans Herz<br />

gehen einem vielmehr die Ein- und Ausblicke,<br />

die sich einem von Kurve zu Kurve bieten<br />

(Einheimische sagen, es seien über 300<br />

Kurven bis hinauf nach Spruga). Und ans<br />

Herz gehen einem die Begegnungen, die<br />

sich während so einer kleinen Reise ergeben.<br />

Andreas Haller-Roulin, der im Sommer<br />

1975 mit seiner Frau Klara und den damals<br />

noch kleinen Kindern erstmals diese Strecke<br />

hochgefahren ist, weiss 1000 Geschichten<br />

darüber zu erzählen. Er kennt den alten An-<br />

wenig Freiraum für unsere 5-köpfige Familie. Ich<br />

fragte nach dem gesamten Inventar und fand<br />

darin tatsächlich den vielsagenden Vermerk «Casa<br />

colonica inabitabile alla Piva». Auf meine Fragen<br />

wurde mir erklärt, es handle sich um einen baufälligen<br />

Stall mit Wohnteil (im Hang unterhalb<br />

des Dorfes). Um diesen zu suchen – der Vermittler<br />

hatte ihn trotz eifriger Bemühung nicht gefunden<br />

–, um überhaupt durchzukommen sei allerdings<br />

ein Buschmesser erforderlich! Diese<br />

Aussage stachelte mich an; mit meiner Frau zusammen<br />

fuhr ich erneut nach Spruga. Bei einem<br />

nachtschwarzen Espresso versuchte ich mit dem<br />

betagten Wirt ins Gespräch zu kommen. Ja, ja, er<br />

kenne den Eigentümer bestens. Das Haus sei<br />

leicht zu finden, es stehe nahe zum Fluss, das<br />

Dach verlaufe wie das Tal, und der Hausteil talabwärts<br />

gehöre besagtem Eugenio. Dann beschrieb<br />

er uns den Weg und benutzte dafür sogar das<br />

Wort «Strada»! Das kann sicher nicht fehl gehen.<br />

Wir brachen auf...<br />

Bereits nach den ersten Schritten unserer Expedition<br />

verwies uns ein zähnefletschender<br />

Maulesel auf einen Umweg durch die wildwuchernden<br />

Brennesseln. Über die anschliessende<br />

Wiese konnten wir einem schwach erkennbaren<br />

Vom Land leben: Bergbauer Philippe Räber sorgt vor für einen langen Winter.<br />

UNTERWEGS<br />

Onsernone<br />

tonio und den Mario und den Luigo, er<br />

weiss um die Vipern, Ottern und Blindschleichen<br />

des Tals, er hat hautnah Bekanntschaft<br />

gemacht mit Siebenschläfern, hat die<br />

Raffi nesse von Waldmäusen kennengelernt,<br />

er hat Zuwanderer aus Deutschschweizer<br />

Städten kommen und gehen sehen, hat hier<br />

um das Leben seiner Frau gebangt (die nach<br />

einem Überraschungsangriff an Kopf und<br />

Oberkörper 15 Wespenstiche aufwies), und<br />

er hat sich über die Jahre aus einer einst von<br />

Sträuchern und Dornen umwucherten<br />

Steinruine ein Haus aufgebaut, eine temporäre<br />

Bleibe. Dieses Engagement zeugt einerseits<br />

von viel handwerklichem und praktischem<br />

Geschick, und andererseits von Mut<br />

und beträchtlicher Durchhaltekraft. Einem<br />

Diakon (dies die offi zielle Berufsbezeichnung<br />

Andreas Hallers; siehe Kasten Seite 10)<br />

traut der viel zitierte Volksmund und<br />

Stammtisch derlei Fähigkeiten meist nicht<br />

gerade auf Anhieb zu. hg.<br />

Pfad folgen, verloren aber jede Übersicht, als die<br />

angebliche Strada unter hüfthohen Farnkräutern<br />

verschwand. Wir folgten der Falllinie, turnten von<br />

Absatz zu Absatz, kämpften mit Dornen und<br />

scheinbar undurchdringlichen Büschen. In jenem<br />

kritischen Moment, als wir die Orientierung verloren<br />

hatten und meine Frau vernehmlich zur<br />

Umkehr mahnte, stand ich zu meiner Überraschung<br />

auf einem dem Hang entlang laufenden<br />

stark überwucherten Pfad. Wir pirschten taleinwärts<br />

bis zu einer als Brücke dienenden Granitplatte.<br />

Auf deren nassen Oberfläche glitt ich aus<br />

und unversehens lag ich platt auf dem Bauch mit<br />

dem Kopf über dem Abgrund. Glück gehabt! Unser<br />

Weg fiel von hier weg – durch dichten Baumbestand<br />

führend – steil ab in Richtung Fluss. Einige<br />

Minuten später standen wir unvermittelt<br />

vor einem gut erhaltenen Haus und bald vor einem<br />

zweiten. Aber keines entsprach der Beschreibung<br />

des Wirts in der Osteria. Dann folgten<br />

zu rechter Hand zwei Ruinen, in deren Inneren<br />

bereits Bäume wuchsen. Wenige Schritte später<br />

blieben wir wie angewurzelt stehen. Direkt unter<br />

uns gewahrten wir durch das Dickicht junger<br />

Eschen ein dunkles Steindach. «Unser Haus», riefen<br />

wir wie aus einem Mund. Die erste Besichti-<br />

NATURFREUND 4/2012 9


UNTERWEGS<br />

Onsernone<br />

gung stimmte uns euphorisch: Es war tatsächlich<br />

ein Doppelhaus mit zwei Wohnräumen, nahe<br />

beim Bach gelegen, richtig positioniert und ohne<br />

irgendwelche Wasserschäden. Auf dem Dachboden<br />

lag sogar noch Heu. Einzig die rings ums<br />

Haus laufende Laube, welche als Zugang zu den<br />

zwei massiven Eingangstüren diente, war morsch<br />

und ächzte bedrohlich unter unseren Füssen.<br />

Nach dem ersten Augenschein stiegen wir zum<br />

Fluss, dem Isorno hinunter und waren überwältigt<br />

von der uns umgebenden Schönheit und<br />

Wildheit der Natur, dem Spiel des glasklaren<br />

Wassers. Minutenlang sassen wir trotz leichten<br />

Regens stumm und staunend auf einem Steinblock.<br />

Unser Entschluss war gefasst: Hierher kehren<br />

wir wieder zurück!<br />

Erwachen auf dem Municipio in Comologno<br />

Im Spätherbst 1976 wurde der Kauf getätigt. Ein<br />

pensionierter in Bern lebender Spruganerbürger<br />

überliess uns auch den zweiten Hausteil samt<br />

Umschwung zu einem Spottpreis. Als stolze<br />

Hausbesitzer fuhren wir fortan verschiedentlich<br />

hin, trugen allen häuslichen Unrat auf eine Depo-<br />

Andreas Haller Roulin<br />

Andreas Haller-Roulin (86), der hier von seinen<br />

erlebnisreichen Zeiten im Onsernone-Tal<br />

erzählt, lebt heute mit seiner Gemahlin in<br />

Gwatt am Thunersee. Er ist, der sich in seinem<br />

Erstberuf zum Feinmechaniker hatte<br />

ausbilden lassen, reformierter Diakon und gehört<br />

der Diakonenschaft von Greifensee an.<br />

Diese ist heute als Verein konzipiert, früher<br />

war sie eine zentral geführte Brüderschaft,<br />

ähnlich einem Laienorden auf katholischer<br />

Seite. Während seiner 40-jährigen Berufstätigkeit<br />

wirkte Andreas Haller u.a. als «Assistente<br />

sociale» auf einer Gebirgsbaustelle im<br />

Tessin (Maggia-Tal), sieben Jahre als Gemeindediakon<br />

in einer Stadt-Kirchgemeinde (Zürich),<br />

21 Jahre im <strong>Schweiz</strong>erischen Wohn-<br />

und Arbeitsheim für Körperbehinderte in<br />

Gwatt und acht Jahre im Diakonenhaus Greifensee,<br />

wo er diverse Führungs- und Planungsaufgaben<br />

erfüllte. Wo es, in all diesen<br />

40 Jahren, jeweils auch um Bau-Fragen ging,<br />

da war Andreas Haller stets der dafür zuständige<br />

Mann. Sein ausgeprägter Sinn für praktisches<br />

Denken und Arbeiten, sein Erfindungsgeist<br />

und seine «Tüfteler-Natur» sind<br />

legendär.<br />

Das Haus in der Piva: Andreas Hallers Werk.<br />

10 NATURFREUND 4/2012<br />

nie, erkundeten die Umgebung und schliefen auf<br />

dem leicht angegrauten Heu. Bei unserem dritten<br />

Aufenthalt im Frühjahr machte ich einen Antrittsbesuch<br />

auf dem Municipio, der Gemeindeverwaltung<br />

in Comologno. Der Sekretär empfing<br />

mich freundlich und führte mich zum Grundbuchplan.<br />

Sein Finger zeigte auf einen bestimmten<br />

Punkt und er erklärte mir, hier dieses Rechteck<br />

sei unser Haus. Ich versuchte, ihm klar zu<br />

machen, es liege näher beim Fluss und wies auf<br />

einen anderen Punkt. Nun, natürlich war der Segretario<br />

im Recht! Meine Frau hatte im Freien auf<br />

mich gewartet. Auf meine Mitteilung reagierte sie<br />

mit schallendem Lachen. Allfällige Zeugen dürften<br />

sich gewundert haben über das nicht enden<br />

wollende Gelächter zweier auf einer Mauer sitzenden<br />

Deutschschweizer.<br />

Wie dem auch sei, aufgrund des Planes fanden<br />

wir auf dem Rückweg schliesslich das richtige<br />

Haus, «unser Haus»! Es lag etwas höher am Hang<br />

und glich dem zuerst belegten Haus wie ein Ei<br />

dem andern. Nur in einem entscheidenden Punkt<br />

unterschieden sie sich: Haus Nr. 2 war in seinem<br />

Innern völlig morsch und vom Holzwurm zerfressen.<br />

Doch der Gedanke ans Aufgeben währte<br />

nicht lange. Wir entschieden, uns auf das Abenteuer<br />

einzulassen. Der Dachstuhl und die Natursteinbedachung<br />

liessen sich dank der fachkundigen<br />

Arbeit eines einheimischen Maurers (es war<br />

Romano!) in der bestehenden Form retten. Das<br />

Mauerwerk wies breite Risse auf, die ich selber<br />

ausflicken konnte. Alle Balken aber und die Böden<br />

mussten wir herausbrechen; und was die hölzerne<br />

Laube betraf, so fiel diese mehr oder weniger<br />

von selbst in die Tiefe…(…).<br />

Ein Haus in «plain-nature» ist eine Daueraufgabe!<br />

Diesbezüglich vielleicht ein paar Worte zum<br />

Thema Trinkwasser. Anfänglich holten wir unser<br />

Wasser in Bidons aus einem Bach. Später zogen<br />

wir Kunststoffleitungen, und wir übten uns im<br />

Bau von Wasserfassungen. Heute beziehen wir<br />

das Wasser aus einem Bergbach hinter Spruga.<br />

Durch eine 500 Meter lange Leitung werden zwei<br />

Brunnen gespiesen, das Trinkwasser mithilfe von<br />

Kathadinfiltern gereinigt. Und zum Thema elektrische<br />

Energie: Die Piva ist ohne Stromanschluss.<br />

Die Abende erhellten wir durch Kerzen- und Petrollicht<br />

und kochten auf selbstgebauten Holzherden,<br />

die auch für die Raumheizung ihren Beitrag<br />

lieferten. Und zur Toilette: bis vor wenigen Jahren<br />

behalfen wir uns mit Camping-WCs. Und da wir<br />

in den Küchen absichtlich kein fliessendes Wasser<br />

installiert haben, fällt nur eine minime Menge<br />

Abwasser an. Mittlerweile ist die Piva mit einer<br />

Öko-Toilette ausgerüstet.<br />

Von Schlangen, Wespen und Siebenschläfern<br />

Wenn ich in unseren Anfangsjahren (ab 1976)<br />

oben im Dorf (Spruga) erzählte, wir seien an der<br />

Arbeit, die Piva wieder bewohnbar zu machen, reagierte<br />

männiglich mit Freude und manch eine<br />

Grossmutter begann aus (noch) früheren Zeiten<br />

zu erzählen. So erfuhren wir, dass noch bis in die<br />

1950er Jahre mindestens vier jener Häuser am<br />

Hang unterhalb des Dorfes während der Sommermonate<br />

durch Familien belegt gewesen seien.<br />

Und sie, die eine dieser Grossmütter, schilderte<br />

uns, wie damals die Kinder aus dem Dorf unten<br />

am Fluss gespielt hätten – aber heute (1976) getraue<br />

man sich nicht mehr da hinunter, das sei<br />

alles verwildert, ja wegen der vielen Schlangen<br />

gar lebensgefährlich; «Vipere sind giftig», rief sie<br />

mit ausfahrender Armbewegung.<br />

Vorsichtshalber besorgten wir uns damals also<br />

auch ein Schlangenserum. Wir mussten indes nie<br />

davon Gebrauch machen, obwohl wir im Laufe<br />

der Jahre zahlreichen Vipern und Ottern begegneten.<br />

Die einzige Vorsichtsmassnahme bestand<br />

darin, dass wir das Barfussgehen im Freien unterliessen.<br />

Leider aber hatten wir nicht daran gedacht,<br />

ein Mittel gegen Wespenstiche einzupacken!<br />

Es war im Sommer 1978, als meine Frau<br />

unweit der Piva unvermittelt von einem Wespenschwarm<br />

angegriffen wurde. Fürs erste rettete sie<br />

sich dadurch, dass sie spontan ihre Bluse über<br />

den Kopf zog und diese von sich warf. Die Wespen<br />

liessen sich täuschen und blieben bei der<br />

Bluse zurück, während sich meine Frau ins Haus<br />

flüchten konnte. 15 Einstiche an Kopf, Hals und<br />

Oberkörper habe ich gezählt – eine bedrohliche<br />

Situation! Die rund 200 Höhenmeter von unserer<br />

Piva hinauf zum Dorf, und damit zum nächsten<br />

Telefon, habe ich weder vorher noch nachher je<br />

schneller geschafft als damals! Und wir erachten<br />

es noch heute als ein Wunder, dass ich im Dorf<br />

von einer mir bis dahin unbekannten alten Frau<br />

(es war die gute Divina!) genau jenes Medikament<br />

(Sandosten) erhalten konnte, das mir die<br />

Ärztin vom Nottelefon des toxikologischen Insti-


Die Dörfer des Onsernone-Tals, angefangen von<br />

Auressio bis nach Spruga, liegen allesamt auf der<br />

linken Seite des Isorno. Im Vordergrund Loco.<br />

tuts genannt hatte. Seither liegt in unserer Apotheke<br />

eine Packung Calcium. Auf Schlangenserum<br />

jedoch verzichten wir.<br />

Mit dem Urbewohner alter Tessiner Häuser<br />

machten wir übrigens umgehend Bekanntschaft.<br />

Wenn es mitten in der Nacht in der Küche ru-<br />

Onsernone und die Welt<br />

Es gibt vieles, das einem in Comologno ins Auge<br />

sticht. Dazu gehören die diversen Palazzi, der<br />

Campanile, der Friedhof (von wo sich ein wunderbarer<br />

Blick talauswärts bietet), und dazu gehören<br />

die diversen Wandmalereien im Dorf, die<br />

1962 in einer durch die «Amici di Comologno»<br />

angeregten Aktion durch Künstler aus Lugano,<br />

Locarno und Bellinzona angebracht worden<br />

sind. Eines davon, es ist jenes von Emilio Rissone,<br />

und es prangt an der Fassade des Casa Comunale,<br />

thematisiert ein Phänomen, das absolut<br />

prägend war und ist für dieses Dorf, respektive<br />

für das gesamte Onsernone: die Auswanderung<br />

(Foto unten). Während es sich dabei in früheren<br />

Jahrhunderten um eine meist saisonale Emigration<br />

gehandelt hatte (die Männer belieferten<br />

italienische Märkte mit Strohhüten), setzte ab<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts (mit dem Niedergang<br />

besagter Strohindustrie) eine eigentliche<br />

Ab- und Auswanderungswelle ein. Die Bevölkerungszahl<br />

von Comologno etwa schrumpfte von<br />

687 im Jahre 1888 auf 352 im Jahre 1955. In<br />

Berzona (wo sich nebst dem Schriftsteller Max<br />

morte, wenn Konservendosen und Pfannendeckel<br />

zu Boden schepperten, dann waren die Siebenschläfer<br />

am Werk. Erst glaubten wir, sie vertreiben<br />

zu können. Mit der Zeit mussten wir akzeptieren,<br />

dass diese putzigen Tierchen hier die<br />

Hausherren, wir aber die Eindringlinge sind, die<br />

sich anzupassen haben. Mit den Jahren entwickelte<br />

sich ein nahezu freundschaftliches Verhältnis.<br />

Sassen wir abends Karten spielend um<br />

den Tisch, hiess es mitunter «er kommt» und aller<br />

Blicke richteten sich auf die Garderobe, wo wie<br />

von Geisterhand ein Hut nach dem andern zu<br />

schaukeln begann, bis ein Siebenschläfer auf dem<br />

Cheminéerand erschien, sich in Position setzte<br />

und uns mit seinen schwarzen Spickeraugen unverwandt<br />

beäugte. Wie soll ich ihn beschreiben?<br />

Die Grösse entspricht einer Feldmaus, er ist graubraun<br />

und sein besonderes Merkmal ist sein etwa<br />

12 Zentimeter langer buschiger Schwanz, der ihm<br />

beim Springen als Steuerruder dient. Kurz vor 22<br />

Uhr jeweils versammelten wir uns im Freien zur<br />

Galavorstellung. Stets zu genau gleicher Zeit erschien<br />

der erste Akteur auf dem Dachbalken,<br />

machte einen Sicherheitshalt, sprang auf die<br />

Dachkante, blieb einen Moment lang unbeweglich<br />

und beobachtend sitzen. Und dann sprang er,<br />

mit einem kühnen Sprung hinüber in die Esche,<br />

Frisch auch Golo Mann und Alfred Andersch<br />

einquartiert hatten) reduzierte sich die Einwohnerzahl<br />

zwischen 1860 und 1900 um 42%, in<br />

Russo um 34% (in Russo findet sich heute das<br />

für das Tal so eminent wichtige Centro Sociale<br />

Onsernonese). Aufs gesamte Valle bezogen: im<br />

Jahre 1870 lebten 3470 Personen ganzjährig im<br />

Tal, 1941 waren es noch 1730. In der Fremde<br />

bewährten sich viele dieser Auswanderer als<br />

Gipser und Maler, davon etwa zeugen die erfolgreichen<br />

(Familien-)Unternehmen der Bezzola<br />

und Mordasini (siehe Seite 16). Zu den vielleicht<br />

schillerndsten Namen des Tals dürften die<br />

Remonda zählen (der Handwerker Carlo Remonda<br />

aus Comologno hatte es in Napoleons Diensten<br />

gar zum General gebracht), und es sind diese<br />

Remonda, die (in der Fremde zu Wohlstand<br />

gekommen) in Comologno um 1770 unter anderem<br />

den Palazzo della Barca haben erbauen<br />

lassen (der 1929 in den Besitz des Ehepaars<br />

Rosenbaum-Valangin überging und den in den<br />

1930er Jahren so bekannte Persönlichkeiten<br />

aufsuchten wie Kurt Tucholsky, Ignazio Silone<br />

Hans Arp und Ernst Toller; siehe Seite 17).<br />

Ähnliche Beispiele gibt’s auch in anderen Dör-<br />

Emigration als Dauerthema im Onsernone: Fresko am Gemeindehaus von Comologno, realisiert 1962 durch Emilio Rissone.<br />

UNTERWEGS<br />

Onsernone<br />

von wo er blitzschnell in der Finsternis verschwand.<br />

Dieses Schauspiel wiederholte sich pro<br />

Abend bis zu zehn Mal. Während der Nacht hörte<br />

man sie im Wald pfeifen und schreien. Besonders<br />

laut ging es zu, wenn sie von ihren Erzfeinden,<br />

den Mardern verfolgt wurden.<br />

…und von verliebten Kröten und cleveren<br />

Mäusen<br />

An Regentagen begegneten wir unterwegs den<br />

leuchtend schwarzen Feuersalamandern, die<br />

durch ihre hellgelb geflammte Zeichnung auffallen.<br />

Sie nahmen jeweils kaum Notiz von uns, und<br />

sie gingen im Zeitlupentempo ihres Weges. Unerfahrene<br />

oder ängstliche Wanderer können mit<br />

Abscheu reagieren, wenn sie in der Dämmerung<br />

einer grauen Erdkröte in der Grösse einer Männerfaust<br />

begegnen. Doch es ist kurzweilig, sie zu<br />

beobachten, wie sie sich ausstrecken und mit<br />

Leichtigkeit Hindernisse von einem halben Meter<br />

Höhe überwinden. Einmal stiess ich da unten auf<br />

ein laichendes Krötenpaar. Ich ortete die beiden<br />

am Flussufer im Huckepack vereint, bewegungslos<br />

in schuhtiefem Wasser. Vom Weibchen weg<br />

schaukelte eine mindestens zehn Meter lange<br />

fern des Tal, also finden sich herrschaftliche<br />

Häuser auch in Russo und Loco, und oft waren<br />

es ebenfalls Auswanderer, die für die Dekoration<br />

ihrer Heimatkirchen aufgekommen sind; so<br />

etwa verfügt die Pfarrkirche von Loco über ein<br />

Gemälde des belgischen Malers Godfried Maes<br />

(geboren 1649), und in Monsogno findet sich<br />

eines des französischen Malers Pierre Bergaigne.<br />

Auffallend: etliche dieser Auswanderer haben<br />

sich nach ihrem Tod in der heimatlichen Erde<br />

bestatten lassen; diesbezüglich besonders ins<br />

Auge stechend: das Granit-Mausoleum der Remonda<br />

auf dem Friedhof von Comologno. Es ist<br />

dies zudem eine weitere Besonderheit des Onsernone-Tals,<br />

dass über all die Zeiten trotz massiver<br />

Ab- und Auswanderung relativ wenig<br />

Grundeigentum an Aussenstehende veräussert<br />

wurde. So sind es heute oft die Nachfahren<br />

der einst Ausgewanderten, die ins Tal zurückkehren<br />

– wobei die meisten davon bloss temporär;<br />

sie kommen in die ehemalige Heimat, renovieren<br />

ihre alten Häuser und geniessen die<br />

geruhsamen Seiten des Lebens. hg.<br />

Foto: Herbert Gruber<br />

NATURFREUND 4/2012 11


UNTERWEGS<br />

Onsernone<br />

Onsernone und das Stroh<br />

Gut 300 Jahre lang, bis gegen Ende des 19.<br />

Jahrhunderts, war die Strohmanufaktur für das<br />

Onsernone von zentraler Bedeutung. Frauen,<br />

Männer und Kinder waren in Anbau des Rohstoffs<br />

(Roggen), in die Produktion (Hüte, Taschen<br />

etc.) und den Vertrieb der Waren involviert.<br />

Letzterer war das Geschäft der Männer,<br />

die das Tal jeweils im Frühling in grosser Zahl<br />

Am Anfang war der Roggen…<br />

verliessen (saisonale Emigration) und von ihren<br />

Touren über die Märkte in Italien und Frankreich<br />

und der französischen <strong>Schweiz</strong> erst im<br />

Herbst zurückkehrten (Exporte gelangten später<br />

bis nach Amerika). Ausführlich dargestellt<br />

wird die Geschichte dieser Strohindustrie im<br />

Museo Onsernonese in Loco. In der Talschaft<br />

hat diese zeitweise für einen gewissen Wohlstand<br />

gesorgt (davon zeugen einerseits die<br />

herrschaftlichen Häuser des Tals und andererseits<br />

die Ausstattungen einzelner Kirchen, so<br />

etwa in Loco), indes konzentrierte sich der<br />

Reichtum bald auf wenige Familien. Um welche<br />

Mengen es sich bei der Produktion sehr bald<br />

schon gehandelt hat, belegt ein Dokument: am<br />

15. März 1757 versuchten vier Händler aus<br />

Loco, 10’000 Strohhüte aus dem Tal zu<br />

schmuggeln; dazu hatten sie 44 Träger angeheuert.<br />

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts jedoch<br />

hatte diese «Industria della Paglia» ihre<br />

Stellung vollständig und unwiderruflich verloren,<br />

und das Handwerk als solches drohte in<br />

Vergessenheit zu geraten. Eine Art Renaissance<br />

(wenn auch mengenmässig im bescheidenen<br />

Rahmen) hat nun eine Gruppe von Frauen eingeleitet:<br />

unter den Namen PagliArte hat diese<br />

Gruppe das Handwerk der Paglia im 2005 wie-<br />

Vom geflochtenen Stroh zum Hut.<br />

Im Atelier in Berzona: Francesca Mancini.<br />

der aufgenommen. Das Atelier der Gruppe findet<br />

sich in Berzona im ehemaligen Gemeindehaus;<br />

noch bis Ende Oktober ist dieses jeweils<br />

dienstags von 9.30 bis 11 Uhr geöffnet,<br />

Tel. 091 797 17 06. hg.<br />

Und es gibt auch Körbe… …und Kurse. Infos: www.pagliarte.ch<br />

12 NATURFREUND 4/2012<br />

Fotos: Michael Buholzer<br />

Laichschnur im Widerwasser. Das dürfte ein Festessen<br />

für die Forellen abgegeben haben!<br />

Apropos Waldmäuse! Vor Jahren erlebten wir<br />

eine eigentliche Invasion dieser Tiere. Als erstes<br />

Anzeichen davon bemerkte ich ein Loch im Deckel<br />

meines Ölbidons (fürs Kettenöl). Beim Öffnen<br />

des Bidons fand ich zu meinem Erstaunen darin<br />

15 tote Mäuse. Und alsbald entdeckten wir sie<br />

auch rund ums Haus, und bereits nach wenigen<br />

Tagen wimmelte es von haselnussbraunen, mit<br />

einem weissen Rabättchen dekorierten Mäusen.<br />

Sie drangen zum Glück nicht in die Wohnräume<br />

ein. Aber ausserhalb frassen sie so ziemlich alles:<br />

Die Salatsetzlinge im Garten verschwanden über<br />

Nacht und sogar die Himbeeren holten sie von<br />

den Stauden. Um sie genau beobachten zu können,<br />

baute ich einen Käfig mit einer Klapptüre<br />

und streute reichlich Futter hinein. Schon nach<br />

kurzer Zeit tummelten sich darin drei Mäuse,<br />

dann waren es nur noch zwei, dann wieder vier!<br />

Ich staunte über die Intelligenz dieser Tierchen:<br />

Nach genossener Mahlzeit kehrten sie zur Klappe<br />

zurück, packten sie mit den Zähnen an einer unteren<br />

Ecke, öffneten sie rückwärtsgehend und<br />

rannten dann schneller als die Klappe schliessen<br />

konnte, ins Freie. Übrigens, die Mäuse verschwanden<br />

so schnell, wie sie gekommen waren;<br />

sie überlebten den folgenden Winter nicht.<br />

Rehe und Gämsen beobachteten wir oft. Ich<br />

will jedoch nicht von ihnen erzählen, sondern<br />

von einem Vogel, einem Sonderling, den ich<br />

nachts gehört aber persönlich nie sah. Ich meine<br />

den Nachtkauz. Sein melancholischer Ruf lässt<br />

keinen Hörer unberührt. Das langgezogene «Uhhuuu»<br />

geht in die Knochen und kann durchaus<br />

ein Gruseln auslösen. Und natürlich lachte ich,<br />

als meine Schwägerin mir mal eines schönen<br />

Morgens berichtete, ein Nachtkauz hätte sie im<br />

Schlafzimmer belästigt (Ich vermutete hinter dem<br />

Spuk eine harmlose Fledermaus.). Jahre später<br />

aber musste ich ihr Abbitte leisten: Anlässlich einer<br />

Routinekontrolle, beim Öffnen der Eingangstüre<br />

zum leerstehenden Haus schlug meiner<br />

Schwiegertochter ein unsägliches Gerumpel und<br />

Gesause entgegen. Ein veritabler Nachtkauz flatterte<br />

verzweifelt vom Bücherbrett zum Kochherd,<br />

haarscharf an der Petrollampe vorbei um dann<br />

pfeilschnell durch die Türöffnung, hinaus ins<br />

Freie! Zurück blieben beispielloser Unrat und zerschlagene<br />

Glasdeckel. Die Spuren wiesen zum offenen<br />

Kamin, durch welches der Kauz eingestiegen<br />

sein musste. Wahrscheinlich wäre er in<br />

unserem Haus, das ihm zum Gefängnis geworden<br />

war, elend ums Leben gekommen, wäre ihm nicht<br />

der Zufall zu Hilfe gekommen.<br />

L’alluvione, Beppe und das Centro<br />

Während der 35 Jahre in denen wir regelmässig<br />

ins Tal kamen, hat sich vieles grundlegend verändert.<br />

Will ich darüber berichten, muss ich beim<br />

Fluss, dem Isorno beginnen. Es war am 5. August<br />

1978, als wir nach guten Wochen (zu denen stets<br />

auch das Planschen im Isorno gehörte) bei strahlendem<br />

Wetter aus dem Tal heimwärts Richtung<br />

Bernbiet fuhren. Keine 24 Stunden später brach<br />

über das ganze Onsernone-Gebiet eine Katastro-


phe herein. Ein grossflächiger intensiver Platzregen<br />

löste im Bereich der Landesgrenze eine<br />

Schlamm- und Steinlawine aus, die ihrerseits das<br />

Wasser aus dem italienischen Talkessel zu einem<br />

See aufstaute, bis unter dem Wasserdruck der<br />

Damm einbrach. Eine Flutwelle, die sich bei Hindernissen<br />

bis zu 10 Metern Höhe aufbäumte,<br />

donnerte das Tal hinunter und zerstörte sämtliche<br />

Brücken, darunter zahlreiche steinalte «Römerbrücken»<br />

aus Natursteingewölben. Eine Woche<br />

später sassen wir mit Tränen in den Augen<br />

am Flussufer, zu unseren Füssen eine Steinwüste,<br />

als wie wenn ein Riesentrax durchs Tal gefahren<br />

wäre. Unser Haus war heil geblieben und auch<br />

das Dorf Spruga hatte keine Schäden erlitten. Im<br />

Weiler Capellino jedoch war knapp unter dem<br />

letzten bewohnten Haus ein Sturzbach direkt in<br />

der Falllinie zu Tal gestürzt. An dieser Stelle hatte<br />

ich vorher drei Wochen lang unser Auto parkiert.<br />

Ein Tessiner Familienvater aber, der sein unweit<br />

davon abgestelltes Auto retten wollte, wurde von<br />

den tobenden Elementen mitgerissen und unauffindbar<br />

verschüttet. Übrigens: dieses Ereignis, dieses<br />

Unwetter, dieses «alluvione» soll es gewesen<br />

sein, das Max Frisch (der weiter vorne im Tal, in<br />

Berzona, einige Jahre gelebt hat) zu einer entspre-<br />

Mann der Tat: Gisueppe Savary, Talarzt.<br />

Auf dass die Menschen im Tal bleiben können: das Centro Sociale Onsernonese.<br />

chenden Schilderung in seiner Erzählung «Der<br />

Mensch erscheint im Holozän» inspiriert habe.<br />

Beträchtlich auch die Veränderungen am<br />

Wald- und Felshang unterhalb des Dorfes Spruga.<br />

Wie erwähnt, war dies vor 30 Jahren ein Dickicht<br />

von Dornen und Haselstauden! Diese sind<br />

heute fort, die aufstrebenden Eschen- und<br />

Ahornbäume hatten ihnen das Sonnenlicht weggenommen.<br />

Nun indes geraten diese selber in<br />

Bedrängnis – «Nutzniesser» sind die gegenüber<br />

Schatten unempfindlichen und langsam aufstrebenden<br />

Eichen. (…).<br />

Als wir 1976 ankamen, war Comologno mit<br />

seinen Weilern Capellino, Gorbella und Vocaglia<br />

inklusive Spruga eine selbständige politische Gemeinde<br />

mit einem durchgehend geöffneten Municipio.<br />

Und Spruga wie Comologno hatten je<br />

eine eigene Post und einen eigenen Lebensmittelladen<br />

(wo unter dem Ladentisch auch Medikamente<br />

verkauft wurden). In Spruga hatte man<br />

zudem die Wahl, den Durst an drei verschiedenen<br />

Orten zu stillen. Und in der «Bellavista» wurde sogar<br />

durchgehend warmes Essen serviert. Heute<br />

ist in Spruga einzig die Osteria übrig geblieben,<br />

während sich in Comologno (nebst dem Restaurant<br />

«Alla Posta») mit dem «Palazign» (gehört zum<br />

Gästehaus La Barca) eine Speisewirtschaft der<br />

gehobeneren Klasse installiert hat. Der Lebensmittelladen<br />

in Spruga (nach wie vor geführt von<br />

einem jener anfänglich belächelten «Aussteiger»)<br />

hat sich auf beachtlichem Standard behaupten<br />

können. Wie andernorts sind aber die Postbüros<br />

geschlossen worden. Die letzte Poststelle befindet<br />

sich in Russo und öffnet den Schalter lediglich<br />

zu gewissen Stunden. (…).<br />

In Russo wurde übrigens im 1989 ein Gesundheitszentrum<br />

realisiert, das nach Konzeption und<br />

Baustil einzigartig ist und bis ins letzte Detail die<br />

Handschrift des Talarztes Giuseppe Savary trägt.<br />

Dieser wird von jedermann freundschaftlich Beppe<br />

genannt und der Kontakt zu ihm ist entsprechend<br />

persönlich und direkt. Ich erinnere mich<br />

lebhaft, wie er mit seinem Landrover, ausgerüstet<br />

mit Seilwinde, Rettungsbrett und Notfallmaterial<br />

bis in den hintersten Krachen zu Hausbesuchen<br />

oder Notfällen ausrückte. Seit Bestehen des Centro<br />

führte er daselbst gemeinsam mit seinem<br />

Bruder Bruno eine Praxis, die jedem Talbewohner<br />

auch unangemeldet offen steht. Ich selbst habe<br />

den fachkundigen Dienst erfahren dürfen, als ich<br />

eines Morgens beizeiten mit zerquetschten Fingern<br />

dort um Hilfe bat. «Warum sind Sie nicht<br />

gleich gestern abend gekommen; Sie hätten bei<br />

uns schlafen können!», das war das erste, was ich<br />

dort vernahm. Zur Praxis gehört nämlich auch ein<br />

kleines Ambulatorium und eine Physiotherapie. In<br />

den oberen zwei Stockwerken befindet sich das<br />

Alterswohnheim, ausgerüstet mit allen Pflegemöglichkeiten<br />

und baulichen Details, die das behinderte<br />

Leben erleichtern. Selbst die Schulkinder<br />

begegnen hier täglich ihren Nonnas und Nonnos,<br />

denn sie verfügen im Centro über<br />

ihren eigenen Raum, in dem sie die Mittagszeit<br />

verbringen können und ein Essen serviert erhalten.<br />

Die Talschaft hat durch das «Centro Sociale<br />

Onsernonese» in der Tat einen lebendigen Mittelpunkt<br />

erhalten.<br />

Besser? Schlechter?<br />

UNTERWEGS<br />

Onsernone<br />

Für uns gilt es, Abschied zu nehmen von Spruga.<br />

Altersbedingt haben wir unsere «Piva-Tauglichkeit»<br />

verloren. Gedanklich aber werden wir dem<br />

«Dorf an der Grenze», wie es im Titel des Buches<br />

von Aline Valangin heisst (die ab 1936 in der Villa<br />

«La Barca» in Comologno gelebt hat), stets verbunden<br />

bleiben. Wie die Zukunft dieses Dorfes an<br />

der Grenze aussehen mag? Als wir vor 30, 35<br />

Jahren kamen, lebte hier noch eine Generation<br />

60- bis 80-jähriger Einheimischer. Bald darauf<br />

kamen die Aussteiger, ich habe davon erzählt;<br />

viele von ihnen fielen damals durch ihr zur Schau<br />

gestelltes Nichtstun und ihre vernachlässigte<br />

Kleidung auf. Andere versuchten, sich eine eigene<br />

Existenz aufzubauen und gründeten Familien.<br />

Viele von ihnen indes verliessen das Tal wieder,<br />

einige aber wurden sesshaft. Davon zeugen der<br />

heutige Dorfladen in Spruga, die Imkerei mit 200<br />

Bienenvölkern etwas ausserhalb des Dorfes, die<br />

zwei Handwebereien, der Biogemüsegarten oder<br />

auch die Sägerei eingangs Vergeletto-Tal. Andererseits,<br />

die Kinder dieser «ersten» Generation haben<br />

ihrerseits wieder das Weite gesucht. Das einfache<br />

Leben ihrer Eltern war ihnen offenbar zu<br />

eng. Meines Wissens sind lediglich zwei Brüder<br />

im Tal geblieben und haben Familien gegründet.<br />

Derzeit lebt hier also bloss ein einziges Tessiner<br />

Kind im Schulalter – damit sieht die Zukunft von<br />

Spurga wohl eher etwas düster aus. Abwanderung,<br />

Auswanderung, das erinnert an die alten<br />

Zeiten, an jene Zeiten, als die jungen Mordasini,<br />

die Candolfi, die Gamboni oder die Bezzola aus<br />

Spruga und Comologno ausgewandert sind.<br />

Was also ist besser geworden? Nun, die Zugangs -<br />

stras se ist breiter und sicherer geworden, die<br />

Böschungen werden regelmässig gemäht, in jedem<br />

Dorf hat es eine Sammelstelle für Abfälle;<br />

zweimal im Jahr gibt es eine Grossabfuhr, die<br />

Wilddeponien in Wald und an Wegrändern sind<br />

verschwunden, und die Wanderwege sind besser<br />

unterhalten und gut markiert. Was ist besser<br />

geworden? Vielleicht taugt die Frage wenig. Vielleicht<br />

müsste es heissen: Möglichkeiten bietet<br />

dieses Tal nach wie vor!<br />

NATURFREUND 4/2012 13


UNTERWEGS<br />

Wandern<br />

Unterwegs im Onsernone-Tal:<br />

Wandertipps eines Amici della Natura<br />

Auf Schusters Rappen<br />

«Das Centovalli, das Onsernone- und das Vergeletto-Tal<br />

gehören zu meinen liebsten Wandergebieten», der dies sagt<br />

ist Alfredo Henggeler, pensionierter Vermessungstechniker<br />

und langjähriges Mitglied der NF-Sektion Lugano. Für den<br />

«Naturfreund» hat er ein paar entsprechende, mit Senioren<br />

erprobte Tourenvorschläge zusammengestellt.<br />

Wandervorschlag Nr. 1<br />

bringt einem das Vergeletto-Tal vor Augen; es<br />

ist jenes Seitental des Onsernone, in dem der<br />

viel gelobte Onserone-Gneis abgebaut wird.<br />

Ausgangspunkt dieser leichten Tagestour ist<br />

die Talstation Zott (975 m, Bushaltestelle),<br />

respektive die Bergstation der Seilbahn Alpe<br />

Salei (1780 m). Alte Hasen wie Alfredo<br />

Henggeler, respektive Kenner nehmen dazu<br />

in Intragna (Bahnstation) das 7-Uhr-30-Postauto<br />

und benutzen in Russo die Pause beim<br />

Umsteigen auf den Vergeletto-Kleinbus, um<br />

in der Dorf-Bar (der Wirt stammt ursprünglich<br />

aus Bali) einen Kaffee zu trinken. Ab<br />

Bergstation Alpe Salei (1780 m) Beginn der<br />

Wanderung, westwärts für 2 km auf nahezu<br />

ebenem Weg zu Punkt 1786; dorthin gelangen<br />

auch jene, die ab Bergstation erst den<br />

14 NATURFREUND 4/2012 1/2012<br />

Abstecher zum Laghetto Salei gemacht haben,<br />

um ein Morgenbad zu geniessen. Weiter<br />

für 1 zirka Stunde via Pièci Bachei zur<br />

Capanna der Alpe di Arena (1689 m, mit<br />

Übernachtungsmöglichkeit). Anschliessend,<br />

stets oberhalb der Waldgrenze, zur Alpe di<br />

Madei (1762 m), und nach einer weiteren<br />

Stunde zur Alpe di Porcaresc (1796 m). Von<br />

dort Abstieg, teilweise steil, 400 Höhenmeter,<br />

bis Punkt 1361 (es ist dies der für die Knochen<br />

schwierigste Teil der Tour), dann auf<br />

Holper-Strässchen an der Alpe del Casone<br />

vorbei zum Grotto bei Punkt 1110 (ebenfalls<br />

Übernachtungsmöglichkeit). Besonderes:<br />

noch vor dem Grotto, auf der linken Talseite,<br />

liegen die Steinbrüche, wo der Onsernone-<br />

Gneis abgebaut und von wo er nach Cavigliano<br />

transportiert wird. Ab Grotto auf oder neben<br />

der (asphaltierten) Talstrasse für 3 km<br />

Postautohalt in Russo: beim Umsteigen reicht‘s für einen Kaffee.<br />

bis zur Seilbahnstation Zott (975 m), respektive<br />

zur Bushaltestelle.<br />

Wandervorschlag Nr. 2<br />

führt als Tagestour über den Passo della Garina<br />

(1078 m) aus dem Onsernone- ins<br />

Maggia-Tal. Die Wanderung beginnt in Berzona<br />

(711 m, Postauto), dem zweiten Dorf<br />

im Onsernone-Tal, und Berzona ist jenes<br />

Dorf, in dem Max Frisch ab 1964 in eigenem<br />

Haus gelebt hat (am Friedhof in Berzona<br />

erinnert eine Gedenktafel an den 1991 in<br />

Zürich verstorbenen Schriftsteller), und die<br />

Wanderung über den Garina-Pass ist jene<br />

Tour, die der Protagonist in Max Frisch’s<br />

1979 erstmals erschienenen Erzählung «Der<br />

Mensch erscheint im Holozän» unternimmt.<br />

In Berzona residierten übrigens noch weitere<br />

Berühmtheiten, so u.a. die Schriftsteller<br />

Golo Mann und Alfred Andersch. Abstieg<br />

vom Passo della Garina (1078 m) nach Aurigeno<br />

(341 m), wo in Ronchini der Bus Richtung<br />

Locarno hält.<br />

Bequeme Verbindung: Vergeletto–Alpe Salei.


Wandervorschlag Nr. 3<br />

führt ebenfalls ab Berzona (711 m) oder<br />

aber ab dem Nachbardorf Loco (678 m, mit<br />

sehenswertem Kirchen-Areal und Talmuseum!)<br />

zum Passo della Garina (1078 m) und<br />

von dort auf den Salmone (1580 m). Der<br />

danach folgende mitunter steile (!) Abstieg<br />

erfolgt vorab dem Grat nach über Forcla<br />

(1382 m) und Testin (1421 m) und danach<br />

nach Vii (1126 m) hinunter nach Verscio<br />

(276 m, Bahnstation). Als Alternative empfi<br />

ehlt Alfredo Henggeler zudem die Besteigung<br />

des Salmone ab dem Dorf Auressio<br />

(620 m) und zwar via Cortone.<br />

Wandervorschlag Nr. 4<br />

gilt als 2-Tages-Tour. Diese führt aus dem<br />

Vergeletto- ins Maggia-Tal. Ausgangspunkt<br />

ist der Eingang ins Valle della Camana (ca.<br />

920 m), etwa 1,5 km hinter dem Dörfchen<br />

Vergeletto. Aufstieg durchs Seitental zur<br />

Alpe Categn (1874 m) und weiter zur Boccnetta<br />

della Doia (2168 m) und auf der anderen<br />

Seite runter zum Lago di Alzasca<br />

(1855 m) und für die Übernachtung zur<br />

Capanna gleichen Namens (1734 m). Anderntags<br />

Aufstieg zum Corte di Cima<br />

(1917 m) und zum Grat bei Punkt 2135.<br />

Abstieg zum Lao di Sascola (1740 m) und wei-<br />

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ter durch Tannenwald hinab zum Monte<br />

Morella (1259 m). Auch hier ist es das letzte<br />

Teilstück, das einem in die Knie gehen könnte:<br />

es sind die Höhenmeter von Morella di sotto<br />

(950 m) nach Rovana bei Cevio (430 m).<br />

www.naturfreunde.ch<br />

Diese und weitere Wandervorschläge von<br />

Alfredo Henggeler (z.B. von Santa Maria<br />

Maggiore im Centovalli nach Spruga, dem<br />

hintersten Dorf im Onsernone-Tal) fi nden<br />

sich in ausführlicher Beschreibung unter<br />

www.naturfreunde.ch/ueber-uns/aktuelles;<br />

wer über keinen Internetzugang verfügt,<br />

kann die Wandertipps auf der NFS-Geschäftsstelle<br />

in Bern (031 306 67 67) anfordern.<br />

Übrigens: die <strong>Naturfreunde</strong>-Sektion<br />

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Lugano,<br />

in deren<br />

Vorstand<br />

sich der<br />

gebürtige<br />

Deutschschweizer<br />

Alfredo Henggeler jahrelang engagiert hat,<br />

führen nördlich von Lugano (Anreise ab<br />

Lugano per Postauto via Tesserette/Roveredo)<br />

das NF-Haus La Ginestra. In den letzten<br />

Jahren haben die Amici della Natura Lugano<br />

sehr viel in die Erneuerung des Hauses investiert;<br />

das Haus liegt auf 960 m, in bestem<br />

Wandergebiet (Pilze, Kastanien, ein nahes<br />

Kloster!) und ist garantiert autofrei.<br />

Information und Reservation:<br />

Tel. 091 941 73 09, oder via<br />

www.naturfreunde-haeuser.net. hg.<br />

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Di.–Fr. 8.00–12.00/13.30–18.30,<br />

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Montag geschlossen<br />

NATURFREUND 4/2012 15


UNTERWEGS<br />

Onsernone<br />

Von der Liebe des Auswanderers zur alten Heimat<br />

Comologno und Bern<br />

Einer der Familiennamen, der aufs engste mit Comologno im Onsernone verbunden ist,<br />

ist jener der Mordasini. Ein Sprössling jener Familie ist 1885 von dort ausgewandert und<br />

hat 1902 in Bern ein Malergeschäft gestartet, das heute noch floriert. Seit 1953 sind<br />

zwei der bei Bern ansässigen Mordasini-Familien zudem im Besitz des Palazzo della Barca<br />

in Comolgono; es ist dies jenes Castello, das in den 1930er Jahren zahlreichen Künstlern als<br />

Rückzugs-Oase gedient hatte, so auch Ignazio Silone, Wladimir Vogel und Kurt Tucholsky.<br />

Als Carlo Mordasini sein Heimatdorf Comologno<br />

im Onsernone verliess, um in<br />

der Fremde sein Glück zu suchen, war er<br />

knapp 13-jährig. Eine erste Station war Zürich,<br />

dann folgte Genf, wo er eine Lehre als<br />

Maler absolvierte. Danach gelangte er nach<br />

Bern und gründete 1902 mit seinem Bruder<br />

Augusto das Malergeschäft Mordasini. Dieses<br />

Geschäft (über 35 Angestellte) fi ndet<br />

sich noch heute an der gleichen Adresse: im<br />

Gebiet Wankdorf, Stade de Suisse, in Bern.<br />

Wer das Geschäftshaus der Mordasini betritt,<br />

sieht in dessen Korridor ein Fresko der<br />

Dorfansicht von Comologno. Und wer das<br />

Vergnügen hat, in diesem Haus dem 1937<br />

geborenen Orlando Mordasini gegenüber zu<br />

sitzen (der 1962 die Leitung des von seinem<br />

Grossvater Carlo gegründeten Betriebs übernommen<br />

hat), sieht sich alsbald vor einer<br />

16 NATURFREUND 4/2012<br />

Fülle von Episoden und Geschichten. Orlando<br />

ist zwar in Bern geboren (ein bekennender<br />

YB-Fan), aber sämtliche Ferien, als<br />

Schulbub und auch später noch, hat er vom<br />

ersten bis zum letzten Tag stets in Comologno<br />

verbracht. Er kannte dort jede Ecke und<br />

jeden Schleichweg (inklusive der winterlichen<br />

Rutschpartien runter zum Friedhof),<br />

sonntags diente er in der Kirche dem Pfarrer<br />

als Ministrant («am liebsten schwenkte ich<br />

das Weihrauchfass»), Comologno war für<br />

ihn der Nabel des Onsernone. Es ging weder<br />

um Loco noch um Russo! Onsernone,<br />

das bedeutete für ihn vorab und zuallererst<br />

Comologno! Und klar, da waren all die Verwandten,<br />

die Onkel, Tanten, Cousinen,<br />

Schwestern; und es gehörte sich für Klein-<br />

Orlando, diese jedes Mal alle zu besuchen,<br />

«da waren wir streng gehalten», das habe je-<br />

weils ganze Tage gedauert; und damit ist der<br />

pensionierte Malermeister mitten drin im<br />

Erzählen, und eine dieser Geschichten handelt<br />

von einer Totenwache, da war der offene<br />

Sarg mit dem Verstorbenen mitten im abgedunkelten<br />

Zimmer, überall Kerzen, ein<br />

paar Blumen, und da sind die alten Frauen,<br />

die Klageweiber, in Schwarz, von Kopf bis<br />

Fuss, sie beteten, sassen auf harten Stühlen<br />

am Sarg und beteten, «und es hing dieser<br />

Geruch in der Luft, unverkennbar, unvergesslich»<br />

und da waren die Männer, auch sie<br />

am offenen Sarg, sassen sich gegenüber, hatten<br />

sich zum Teil jahrelang nicht mehr gesehen;<br />

waren zurückgekommen, um vom Toten<br />

Abschied zu nehmen, «sie sassen am<br />

offenen Sarg, die Arme abgestützt an der<br />

Sargkante, sassen vorm Leichnam, und redeten<br />

über dies und jenes». Und einmal, so


Orte der Heimkehrer und Heimwehkranken: Kirche (Bild links) und Palazzo della Barca in Comologno.<br />

ein anderer Erinnerungsfetzen, der vor Orlando<br />

Mordasinis Auge auftaucht, «haben<br />

die Männer einen Sarg die enge Steintreppe<br />

runter tragen müssen, der Verstorbene hatte<br />

zuoberst im Haus gewohnt, und die Sargträger<br />

kamen mit dem Sarg kaum um die<br />

Ecken, das war ein Zirkeln und ein Hin und<br />

Her, «ich höre noch heute, wie es aus diesem<br />

Sarg gerumpelt hat».<br />

Schmuggler, Reis und die Grossmutter<br />

Dass vor und während des Zweiten Weltkriegs<br />

von Italien her, respektive aus dem Vigezzotal<br />

einiges an Schmuggel-Ware ins Onsernone und<br />

also in die Dörfer gelangte, ist hinlänglich bekannt.<br />

In ihren Büchern hat Aline Valangin, die<br />

ab 1929 die Sommermonate und später auch<br />

die Winter in Comologno verbrachte, wiederholt<br />

über Aktivitäten der Schmuggler geschrieben.<br />

«Sie brachten uns von allem und in Massen:<br />

Suppenwürze, Regenmäntel und Regen -<br />

schirme, Ballen Stoff für Mannskleider, Thermosflaschen,<br />

elektrische Apparate, Werkzeuge<br />

aller Art, Schreibmaschinen und Reis, Reis und<br />

nochmals Reis», so heisst es in Aline Valangin’s<br />

Roman «Dorf an der Grenze» (Text rechts).<br />

Orlando Mordasini, der heutige (Teil-)Besitzer<br />

des Palazzo della Barca erzählt dazu eine eigene<br />

Geschichte. Ja, dieses Hin und Her der<br />

Schmuggler sei gang und gäbe gewesen, «die<br />

sind jeweils mit Kind und Kegel gekommen»,<br />

und er glaube, die Grenzwächter hätten<br />

manchmal absichtlich ein Auge zugedrückt,<br />

«meist ging’s ja gar nicht um Geld, sondern um<br />

einen Tausch». Ein «Commerce» sei daraus erst<br />

später entstanden, mit Zigaretten, und da hät-<br />

Die Valangin und das Hündchen<br />

Und wie nun, endlich, wie war das mit dem<br />

Palazzo della Barca in Comologno? Wie war<br />

das mit der Schriftstellerin Aline Valangin<br />

(1889 in Vevey geboren) und dem jüdischen<br />

(1894 in Weissrussland geborenen) Rechtsanwalt<br />

Wladimir Rosenbaum? Alt-Malermeister<br />

Mordasini verweist einerseits auf<br />

ten die Grenzwächter (die in Spruga eine Kaserne<br />

hatten und deren Kinder im Dorf zur<br />

Schule gingen) aber hart durchgegriffen: «Bei<br />

uns in Comologno gab es zwei, die deswegen in<br />

der Kiste sassen». Aber anfänglich sei’s bloss<br />

um kleine Mengen gegangen, um Reis. Und so<br />

war es, dass Grossmutter Mordasini wieder mal<br />

ein Säckchen Reis entgegengenommen hatte,<br />

«Grossmutter hatte in der Küche eine rote Truhe»,<br />

dort habe sie das Feuerholz gelagert, und<br />

dorthinein habe sie das zuvor illegale erworbene<br />

Säcklein mit dem Reis verstaut, und da habe<br />

prompt der Grenzwächter vor der Tür gestanden,<br />

habe Einlass verlangt, «Grossmutter<br />

schaute sich rasch um in der Küche, hob mich<br />

von den Beinen und setzte mich und meinen<br />

Bruder auf diese rote Holztruhe! Da sassen wir,<br />

auf dem Reis, vor uns der Grenzwächter, der<br />

Kontrolleur, und neben uns die Grossmutter».<br />

Das Bild hat sich eingeprägt: zwei Kindergesichter,<br />

zwei unschuldige Buben auf einer Holztruhe<br />

sitzend, die Beine baumelnd, in Wollsocken,<br />

in wollenen Pullovern, und die Gross -<br />

mutter, im Rock, graues Haar, schwarzes Kopftuch,<br />

schwarz-graue Schürze – und in der<br />

Truhe ein «verbotenes» Säcklein mit Reis. hg.<br />

UNTERWEGS<br />

Onsernone<br />

eine Reihe von Büchern, vorab auf jene, die<br />

Aline Valangin (die erst hatte Pianistin werden<br />

wollen) selbst geschrieben hatte (zum<br />

Teil in Comologno), so auf «Die Bargada»<br />

(1944) und das (erst im Nachhinein, 1982,<br />

erschienene) Werk «Dorf an der Grenze»<br />

und andererseits auf die Palette an Sekundärliteratur,<br />

so von Eveline Hasler («Aline<br />

und die Erfi ndung der Liebe») und von Peter<br />

Kamber («Geschichte zweiter Leben –<br />

Wladimir Rosenbaum & Aline Valangin»).<br />

Wer in diesen Texten schmökert, begegnet<br />

alsbald so prominenten Namen wie C.G.<br />

Jung, James Joyce, Thomas Mann, Kurt Tucholsky,<br />

Ignazio Silone, Meret Oppenheim,<br />

Max Bill, Hans Arp, Max Ernst u.v.m. – allesamt<br />

Personen, mit denen Aline Valangin in<br />

Verbindung gestanden hatte, sei es in ihrer<br />

Wohnung in Zürich oder im Palazzo in Comologno,<br />

den das Ehepaar Valangin/Rosenbaum<br />

1929 käufl ich erworben hatte (Rosenbaum,<br />

der später sich nochmals zweimal<br />

verheiratete, war ein erfolgreicher Anwalt; in<br />

einer zweiten Karriere mauserte er sich in<br />

Ascona zum angesehenen Antiquar). Und<br />

klar, diese Barca, dieses Schlösschen mitten<br />

im Dorf und diese exotisch anmutenden<br />

Gäste, all diese Männer, das hat in Comologno<br />

stets viel zu reden und zu fantasieren<br />

gegeben, und wie Orlando Mordasini sich<br />

jener Jahre erinnert, steht ihm ein verschmitztes<br />

Lachen im Gesicht. Sie hätten<br />

damals, als Buben, oft auf diesen Palazzo<br />

gespäht, «um eine gute Sicht zu erhalten,<br />

kletterten wir auf Bäume oder auf die nahen<br />

Felsen», und manchmal hätten sie gar einen<br />

Blick auf die im Gartenbassin schwimmende<br />

NATURFREUND 4/2012 17


RUBRIK<br />

Onsernone<br />

Valangin erhaschen können. Und einmal, so<br />

eine ferne Erinnerung, einmal sei das Hündchen<br />

der Sciora (wie die Dörfl er die Frau<br />

nannten) einen Bach runter gefallen, das<br />

war in der Runse bei der Wegkappelle zwischen<br />

Spruga und Comologno (wo das Dorf<br />

mittels einer einfachen Turbine Strom erzeugte),<br />

dort sei das Hündchen runtergefallen,<br />

in den Sturzbach «uhh, das war eine Sache,<br />

die Sciora ganz durcheinander, das<br />

ganze Dorf in Aufregung». Und beim Erzählen<br />

blättert Orlando Mordasini in einem mit<br />

blauer Tinte beschriebenen Papier, es ist der<br />

Kaufvertrag über die Barca, den sein Vater<br />

Attilio und dessen Bruder Ernesto mit Aline<br />

Valangin im August 1953 unterzeichnet haben.<br />

«Der Maestro hat das damals eingefädelt»,<br />

und dieser Maestro hiess mit bürgerlichem<br />

Namen Gisuppe Gamboni, er war der<br />

Dorfl ehrer in Comologno, «aber wir nannten<br />

ihn Maestro; er und der Pfarrer, das waren<br />

die Könige». Jener Maestro also hatte die<br />

Gebrüder Mordasini über die Absicht der<br />

Valangin (die zu jener Zeit mit dem Musiker<br />

Wladimir Vogel lebte) ins Bild gesetzt. Im<br />

Willen, wonach der Palazzo möglichst in<br />

Tessiner Händen bleiben solle, hatte diese<br />

die Barca dem Kanton Tessin vermachen<br />

wollen. Jener aber hatte abgelehnt (die öffentliche<br />

Hand, so die Antwort, habe bereits<br />

genügend andere historische Bauten zu unterhalten),<br />

und also sind, nach Vermittlung<br />

des Maestro (der eine Tante von Orlando<br />

Mordasini zur Frau hatte), die Mordasini zu<br />

diesem Palazzo gekommen. Es ist ein Gebäude,<br />

das einem sogleich ins Auge sticht,<br />

bereits bei der Anfahrt nach Comologno;<br />

von der Talstrasse her, aus der Distanz betrachtet,<br />

erinnert einen der Palazzo mit seinem<br />

Türmchen mitunter an ein buddhisti-<br />

sches Kloster in den Bergen von Sikkim.<br />

Und, schliesslich, woher nun stammt denn<br />

der Name Barca (Schiff), warum «La Barca»?<br />

Dahinter steckt die Geschichte eines jungen<br />

Mannes aus Comologno (aus der Familie<br />

Remonda), der im 18. Jahrhundert in<br />

Frankreich hoch gepokert – und gewonnen<br />

hat. An der Pariser Börse hatte dieser Remonda<br />

ein Handels-Schiff ersteigert, das als<br />

verschollen gegolten hatte, dann aber dennoch<br />

eintraf – voll beladen mit Seide. Mit<br />

dem Verkauf der Stoffe hatte der Comologneser<br />

ein Vermögen gemacht – und sich in<br />

seinem Heimatdorf zuhinterst im Onsernone<br />

einen Palazzo erbauen lassen; diesen<br />

nannte er «La Barca», das Schiff.<br />

Schlafen im Palazzo?<br />

Jeden Sonntag abend, so alt-Malermeister Orlando<br />

Mordasini, telefoniere er von Bern nach<br />

Comologno, rede mit seinem Freund Sergio,<br />

das ist der Bruder von Dorina Ferrari, die bis<br />

vor kurzem im «della Posta» in Comologno<br />

gekocht hat (sie lebt heute im «Centro Sociale»<br />

in Russo), und ja gewiss, nach wie vor reise<br />

er gerne und regelmässig nach Comolgono<br />

(ganz bestimmt auch an Allerheiligen und Allerseelen),<br />

doch wenn er im Dorf weile, ziehe<br />

er sein Elternhaus dem Palazzo vor, sie hätten<br />

in der Barca alles so belassen wie es damals<br />

gewesen sei, mit all den Büchern, es seien<br />

Hunderte. «Aber so ein Haus kostet», immer<br />

müsse was repariert werden, neulich ging’s<br />

ums Aussichtstürmchen auf dem Dach, und<br />

die Handwerker wünschten dazu gar den<br />

Einsatz eines Helikopters.<br />

Nun, wer als Tourist nach Comologno<br />

reist, hat diese Wahl nicht; die Barca ist<br />

Und was sind dini Plän das Johr?<br />

nicht öffentlich zugänglich. Als Alternative<br />

bietet sich der nahe gelegene Palazzo<br />

Gamboni (siehe NF-Wettbewerb Seite 25),<br />

1780 errichtet und in den 1990er Jahren<br />

renoviert und ausgebaut (fi ndet sich in der<br />

Reihe der Swiss Historic Hotels). Wer im<br />

übrigen Onsernone nach Übernachtungsmöglichkeiten<br />

sucht, fi ndet diese entweder<br />

in Form von Ferienwohnungen oder einfachen<br />

Hotelzimmern. In Russo etwa, dem<br />

Zentrum des Tals, fi ndet sich die insbesondere<br />

bei Wandernden beliebte Osteria del<br />

Tiglio (091 751 97 49). Zu empfehlen sind<br />

zudem die Bed&Breakfast-Angebote; eine<br />

besondere Adresse für Freunde der Kultur<br />

des alten Himalaya (Bhutan, Tibet, Indien)<br />

ist diesbezüglich das Klanghaus von Bernhard<br />

Jäger in Loco, Tel. 091 797 20 23.<br />

hg.<br />

Möchten Sie einfach einmal die Natur geniessen, den Alltagsstress vergessen und sich kulinarisch verwöhnen lassen?<br />

Das Diemtigtal im Berner Oberland bietet Ihnen das alles und noch mehr! Egal ob im Sommer oder im Winter …<br />

Das Nüegg Team heisst alle Gäste herzlich willkommen und während Ihrem Aufenthalt gehören Sie mit zur Familie!<br />

Unser Restaurant bietet Ihnen frische Gerichte mit Zutaten aus der Region zu vernünftigen Preisen.<br />

Wir haben eine grosse Auswahl an roten und weissen Weinen, vorwiegend aus der <strong>Schweiz</strong>.<br />

Damit machen Sie jedes Essen zu einer Delikatesse!<br />

Öffnungszeiten 5. Mai–21. Oktober 2012<br />

Restaurant: 08.30–23 Uhr<br />

Küche: 11–22 Uhr<br />

Auf dem Friedhof in Comologno: Auswanderer<br />

(hier die Mordasini) gedenken ihrer alten Heimat.<br />

Info-Point Valle Onsernone<br />

Montag-Dienstag geschlossen<br />

Mittwoch-Freitag 8.30–13.00 / 14.30–18.00 (bei Regen bis 17.00)<br />

Samstag-Sonntag / Feiertage 9.00–13.00 / 14.30–17.00<br />

Tel. +41 (0)91 797 10 00<br />

info@onsernone.ch<br />

Geöffnet Ostern bis Ende Oktober (Mail ganzjährig)<br />

www.onsernone.ch<br />

Berghotel Nüegg 3756 Zwischenflüh Telefon: +41 (0)33 684 12 42 Email: berghotel@wiriehorn.ch Website: www.wiriehorn.ch<br />

18 NATURFREUND 4/2012


Der Weg zum Erfolg ist steinig, aber nicht unpassierbar …<br />

Herz des künftigen Nationalparks Locarnese<br />

Das Onsernone-Tal gehört zweifelsohne zu den intaktesten<br />

Gegenden der <strong>Schweiz</strong>. Mit seinen riesigen Waldreservaten,<br />

dem frei fliessenden Isorno und den zahlreichen Zeugen einer<br />

einst blühenden Strohwirtschaft passt das Tal hervorragend<br />

in das Projekt des künftigen Nationalparks Locarnese.<br />

Text: Andreas Weissen*<br />

In den letzten fünf Jahren sind in der<br />

<strong>Schweiz</strong> rund ein Dutzend regionaler Naturpärke<br />

und ein Naturerlebnispark entstanden.<br />

Im Weiteren befi nden sich zwei Nationalpärke<br />

in der Errichtungsphase, nämlich<br />

Adula GR/TI und Locarnese TI. Die Diskussion,<br />

ob überhaupt ein Nationalpark geschaffen<br />

werden soll, wird in den jeweiligen<br />

Regionen mit grosser Heftigkeit geführt.<br />

Auch an der Frage, welche Gebiete als Kernzonen<br />

mit Vorrang für die Natur und welche<br />

als Umgebungszone für die nachhaltige<br />

Wirtschaft ausgeschieden werden sollen,<br />

scheiden sich oftmals die Geister.<br />

Bereits vor zwölf Jahren verfolgte die Region<br />

Locarnese und Valle Maggia die Idee eines<br />

Nationalparks. Damals gab es auf nationaler<br />

Ebene noch keine rechtliche Regelung<br />

für die Errichtung neuer Pärke. Erst im Dezember<br />

2007 trat das entsprechende Gesetz<br />

in Kraft. Bald darauf reichte die Region beim<br />

Bund ein erstes Projekt ein. Nachdem sich<br />

mehrere Gemeinden in der Valle Maggia gegen<br />

den Park ausgesprochen hatten, musste<br />

das Projekt neu ausgearbeitet werden. Seit<br />

September 2011 ist Locarnese nun offi ziell<br />

Kandidat für einen Nationalpark. 14 Gemeinden<br />

und 13 Bürgergemeinden beteiligen<br />

sich am Projekt, dessen Perimeter<br />

222 Quadratkilometer umfasst.<br />

Natürliches und kulturelles Erbe<br />

in Wert setzen<br />

«Die Valle Onsernone ist das Herzstück des<br />

künftigen Nationalparks», erklärt Samantha<br />

Bourgoin, Projektleiterin des Parco nazionale<br />

del Locarnese. Und zwar nicht nur wegen<br />

der geographischen Lage und dem starken<br />

Rückhalt in der Bevölkerung, sondern wegen<br />

der ausserordentlichen natürlichen und<br />

kulturellen Werte: An der östlichen Talfl an-<br />

Fotos: Michael Buholzer<br />

ke des Onsernone-Tal liegt eines der grössten<br />

Waldreservate der <strong>Schweiz</strong>. Hier wird<br />

auf die forstliche Nutzung verzichtet und<br />

der Wald der Natur zur freien Entfaltung<br />

überlassen. Andererseits fi nden sich auf der<br />

westlichen Talfl anke unzählige Terrassen,<br />

befestigt mit Trockensteinmauern, allein<br />

um Loco in einer Gesamtlänge von 25 Kilometern.<br />

Das Talmuseum erzählt, dass hier<br />

während Jahrhunderten Roggen angepfl anzt<br />

wurde, um Stroh zu gewinnen und zu Zöpfen<br />

zu fl echten, aus denen dekorative Gegenstände<br />

fabriziert wurden. Hüte und<br />

Handtaschen aus dem Onsernone-Tal<br />

schafften es auf die Modemärkte von Mailand<br />

und Paris. Und brachten der Bevölkerung<br />

Einkommen und einigen Händlerfamilien<br />

erheblichen Reichtum. Die zahlreichen<br />

Palazzi zeugen von der Blüte der Strohwirtschaft<br />

in der Valle Onsernone.<br />

Eine Fülle von natürlichen und kulturellen<br />

Schätzen allein genügt nicht, um einen<br />

Park zu schaffen. Es braucht die Zustimmung<br />

der Mehrheit der Bevölkerung. Denn<br />

Pärke entstehen nur dort, wo die Bevölkerung<br />

dies ausdrücklich will und die Chancen<br />

sieht. Im Onsernone-Tal steht die Bevölkerung<br />

fast geschlossen hinter dem<br />

Nationalparkprojekt. «Wir haben wenig<br />

wirtschaftliche Möglichkeiten», erklärt der<br />

Gemeindepräsident von Isorno, Roberto Carazzetti.<br />

«Mit einem Park können wir unser<br />

Kulturelle Erbschaft: Mühle in Vergeletto.<br />

NATUR ERLEBEN<br />

Onsernone<br />

Erbe in Wert setzen.» Tatsächlich ist das<br />

Label «Park von nationaler Bedeutung» eine<br />

wertvolle Auszeichnung für eine Region, die<br />

mithilft, sanfte Tourismusangebote und regionale<br />

Spezialitäten besser zu vermarkten<br />

und so der ortsansässigen Bevölkerung Zukunftsperspektiven<br />

eröffnet. «Unsere sonnige<br />

Landschaft mit all ihrer Ruhe und Stille<br />

hat eine therapeutische Kraft», ist Carazzetti<br />

überzeugt.»<br />

Den Glauben an die Zukunft zurück<br />

bringen<br />

Bis der Nationalpark Locarnese in Betrieb gehen<br />

kann, wird noch viel Wasser Richtung<br />

Lago Maggiore fl iessen. Noch sind nicht alle<br />

interessierten Gemeinden derart überzeugt<br />

vom Projekt wie die des Onsernone-Tals. Gelegentlich<br />

werden Stimmen laut, dass ein Park<br />

viele Einschränkungen bringt. Doch die Aufl agen<br />

für die Nationalpärke der zweiten Generation<br />

sind weit weniger streng als im <strong>Schweiz</strong>erischen<br />

Nationalpark, der vor fast 100 Jahren<br />

gegründet wurde. So können in den Kernzonen<br />

der neuen Nationalpärke die Wege verlassen<br />

werden, Ski- und Schneeschuhtouren im<br />

Winter sind möglich und Berghütten dürfen<br />

mit dem Helikopter versorgt werden. Auch<br />

dürfen die Alpen und Maiensässe weiterhin<br />

mit Vieh bestossen werden.<br />

In den Umgebungszonen eines Nationalparks<br />

werden nachhaltige wirtschaftliche<br />

Aktivitäten nicht nur toleriert, sondern sind<br />

ausdrücklich erwünscht. Die neuen <strong>Schweiz</strong>er<br />

Pärke sollen nach dem Willen des Gesetzgebers<br />

nämlich nicht nur der Natur einen<br />

Mehrwert bringen, sondern auch der<br />

Bevölkerung neue Zukunftsperspektiven eröffnen,<br />

Arbeit und Einkommen verschaffen<br />

und den Glauben an die Zukunft zurück<br />

bringen.<br />

Kurz: Wir alle haben die Gelegenheit, die<br />

Errichtung eines zweiten und dritten Nationalparks<br />

in der <strong>Schweiz</strong> hautnah mitzuerleben<br />

und zu unterstützen, beispielsweise indem<br />

wir die Täler, Dörfer, Berge und nicht<br />

zuletzt die Menschen des Locarnese und des<br />

Adula besuchen. ■<br />

* Andreas Weissen ist Geschäftsführer des Netzwerks<br />

<strong>Schweiz</strong>er Pärke, der Dachorganisation aller Pärke. Er<br />

ist Mitglied der <strong>Naturfreunde</strong> <strong>Schweiz</strong> und Ehrenpräsident<br />

der Alpen-Initiative.<br />

NATURFREUND 4/2012 19


Edelkastanie<br />

Fotos: Beat Forster, WSL NATUR ERLEBEN<br />

Die Edelkastanie in der <strong>Schweiz</strong> – eine Renaissance?<br />

Herbst-Zeit – Marroni-Zeit<br />

Kastanien und das Bergell, das bringen wir hierzulande rasch<br />

miteinander in Verbindung. Weniger bekannt sind die Kastanien-Bestände<br />

auf der Alpennordseite. Und weniger bekannt<br />

wohl auch die Tatsache, dass seinerzeit mit der Abnahme der<br />

Zahl der Kastanien die Zahl der Kühe anstieg! Der nahende<br />

Herbst bietet gute Möglichkeiten zu einer erneuten Annäherung<br />

an den Marroni-Baum.<br />

Text: Ursula Heiniger*<br />

Die Edelkastanie, der Marroni-Baum<br />

(Castanea sativa) wächst in der <strong>Schweiz</strong><br />

nicht nur auf der Alpensüdseite. Auch auf<br />

der Nordseite gibt es schöne, wenn auch<br />

nicht sehr ausgedehnte Edelkastanienwälder<br />

und Kastanienhaine, die uns an den Süden<br />

erinnern. Im Juli sind die mächtigen Bäume<br />

von Weitem an ihrer Blütenpracht zu erkennen<br />

und der charakteristische, schwere Duft<br />

liegt in der Luft. Und jetzt, im Herbstlicht,<br />

leuchtet das gelb-braune Laub und lockt zu<br />

Spaziergängen.<br />

* Die passionierte Biologin Ursula Heiniger hat über<br />

Jahre für die WSL (Eidgenössische Forschungsanstalt<br />

für Wald, Schnee und Landschaft) gearbeitet. Sie ist<br />

Mitglied der <strong>Naturfreunde</strong>-Sektion Spitalpersonal<br />

Zürich.<br />

20 NATURFREUND 4/2012<br />

Kastanien als Zahlungsmittel<br />

Die Edelkastanie ist wärmeliebend und<br />

Spätfrost empfi ndlich. Sie fi ndet sich deshalb<br />

vor allem im Wallis, im Chablais, oberhalb<br />

von Morges am Genfersee, entlang der<br />

wärmenden, föhngeprägten Mittellandseen<br />

und im St. Galler Rheintal. Sie ist kalkfl iehend<br />

und wächst bevorzugt auf saurem Gestein<br />

oder auf Moränenschutt.<br />

Die Edelkastanie stammt aus der Türkei<br />

und wurde von den Römern ins Tessin gebracht.<br />

Sie gelangte wahrscheinlich bereits<br />

zur Römerzeit auf die Alpennordseite und<br />

über die oberrheinischen Tiefebene dem<br />

Rhein entlang bis nach Holland. Sogar in<br />

Südengland sind Edelkastanienwälder zu<br />

fi nden. Sehr oft wachsen Rebberge in deren<br />

Nähe.<br />

Edelkastanien, schön und bedroht: neuerdings auch<br />

durch die eingeschleppte Gallenwespe.<br />

Im Mittelalter war die Kastanienkultur<br />

auf der Alpennordseite sehr verbreitet. Dokumente<br />

zeigen, dass den Klöstern Kastanienfrüchte<br />

als Zehnten abgeliefert werden<br />

mussten. Auch viele Flurnamen deuten daraufhin,<br />

dass die Edelkastanie schon lange<br />

auf der Alpennordseite der <strong>Schweiz</strong> heimisch<br />

ist: Kastanienbaum, Kestenholz,<br />

Chestenewald, La Chataîgne etc.<br />

Die Edelkastanie wird wegen ihres vielfältigen<br />

Nutzens kultiviert. In vielen Gegenden,<br />

die für den Getreidebau ungünstig<br />

sind, waren die Kastanienfrüchte lange Zeit<br />

das Hauptnahrungsmittel. Die Früchte wurden<br />

geröstet und gekocht und als Mehl in<br />

Brot und Brei verwendet. Sie dienten auch<br />

der Schweinemast. Die Blätter wurden den<br />

Ziegen verfüttert und das Laub wurde als<br />

Streu im Stall verwendet. Das witterungsbeständige<br />

Holz war geschätzt für den Aussen-<br />

Edelkastanie – Rosskastanie<br />

Die beiden Baumarten sind nicht miteinander<br />

verwandt. Die Edelkastanie gehört zur Familie<br />

der Buchengewächse, die Rosskastanie zu den<br />

Rosskastaniengewächsen. Die Ähnlichkeit der<br />

Früchte hat ihnen den Namen gegeben: beide<br />

Arten bilden Igel – die Edelkastanie mit feinen,<br />

scharfspitzigen Stacheln, die Rosskastanie<br />

mit dicken, weichen Stacheln. Im Innern<br />

der Igel bildet die Edelkastanie meist 3 Samen,<br />

die Rosskastanie nur einen. Die Samen<br />

der Rosskastanien sind ungeniessbar. Die beiden<br />

Baumarten lassen sich gut an ihren Blättern<br />

unterscheiden: Die Edelkastanie hat ein<br />

einfaches, die Rosskastanie ein handförmig<br />

zusammengesetztes Blatt. UH.


verbau und für Rebstickel und Pfähle. Es<br />

wird auch heute noch für Schindeln, Fensterrahmen,<br />

Gartenmöbel und den technischen<br />

Hangverbau gebraucht, da es nicht<br />

imprägniert werden muss. Und schliesslich<br />

war die Kastanie eine Tanninquelle für die<br />

Gerberei, bis dann in den 1950er Jahren die<br />

Tannine durch chemische Gerbmittel abgelöst<br />

wurden.<br />

Weideland anstelle des Kastanienhains<br />

Je nachdem, ob die Kastanie wegen ihres<br />

Holzes oder wegen der Früchte angebaut<br />

wird, wird sie anders kultiviert. Brennholz<br />

und Pfähle werden in sogenannten Niederwäldern<br />

produziert. In diesen Wäldern werden<br />

die Kastanien etwa alle 30 Jahre auf den<br />

Stock gesetzt. Die Kastanie produziert danach<br />

leicht wieder neue Stockausschläge.<br />

Für die Bauholzproduktion wachsen die<br />

Bäume in Hochwäldern und für die Fruchtproduktion<br />

werden Kastanienhaine (Selven)<br />

angelegt. Da die Früchte sich nur auf der<br />

Aussenseite der Krone entwickeln, werden<br />

die Bäume mit grossen Abständen gepfl anzt,<br />

so dass sie mächtige Kronen entwickeln können.<br />

Zwischen den Bäumen gibt es Weideland.<br />

Wilde Kastanien produzieren meist<br />

kleine Früchte. Deshalb werden vielerorts<br />

Die Edelkastaniengallwespe<br />

Seit einiger Zeit bedroht ein neuer Schädling<br />

die Edelkastanien in der <strong>Schweiz</strong>. Aus China<br />

stammend hat sich die Edelkastaniengallwespe<br />

(Dryocosmus kuriphilus) von Italien her im<br />

Tessin und von Frankreich her über das Rhone-<br />

Tal im Chablais ausgebreitet (die Eidgenössische<br />

Forschungsanstalt für Wald, Schnee und<br />

Landschaft WSL hatte im Juni 2012 ausführlich<br />

darüber berichtet). Auch auf der Alpennordseite<br />

wurde sie in Walchwil und in einigen<br />

Baumschulen entdeckt, wahrscheinlich mit<br />

Jungpflanzen oder Pfropfreisern vom Ausland<br />

eingeschleppt. Die kleine Gallwespe legt im<br />

die Bäume mit qualitativ hochwertigen Sorten<br />

veredelt – wie es im Obstbau geläufi g ist.<br />

In jedem Wuchsgebiet gibt es spezielle Sorten,<br />

die an die lokalen Boden- und Witterungsverhältnisse<br />

angepasst sind. So sind die<br />

Marroni eigentlich speziell grossfrüchtige<br />

Sorten aus Italien. Da die Edelkastanie weitgehend<br />

selbststeril ist, empfi ehlt es sich,<br />

mindestens zwei verschiedene Bäume anzupfl<br />

anzen, um Früchte zu erhalten.<br />

Mit der Verbreitung der Kartoffel und dem<br />

Bau der Eisenbahn, welche Importe von Reis<br />

und anderen Getreidearten verbilligte, verlor<br />

die Edelkastanie im 19. Jahrhundert ihre<br />

wirtschaftliche Bedeutung. In der Zentralschweiz<br />

wurden zudem die Edelkastanienhaine<br />

zugunsten von Weideland gerodet,<br />

als 1866 die Anglo-Swiss Condensed Milk<br />

Company in Cham gegründet wurde (die<br />

Firma fusionierte 1905 mit Nestlé). Mit der<br />

Abnahme der Zahl der Kastanienbäume stieg<br />

damals rasch die Zahl der Kühe.<br />

Überall auf der Alpennordseite geht die<br />

Edelkastanie seit langem zurück. Einerseits<br />

sind die Früchte und auch das Holz nur<br />

noch von lokalem Interesse, anderseits können<br />

sich die Edelkastanien auf der Alpennordseite<br />

nur halten, wenn sie mit forstlichen<br />

Eingriffen begünstigt werden. Zum<br />

Niedergang der Kastanie trägt leider auch<br />

die eingeschleppte Kastanienrindenkrankheit<br />

bei (siehe «Naturfreund» 4/11).<br />

Sommer ihre Eier in die frisch gebildeten Knospen.<br />

Aus den Eiern schlüpfen winzige Raupen,<br />

die sich im nächsten Frühling weiter entwickeln.<br />

Die Raupen regen die Knospen zur Gallenbildung<br />

an. Aus den befallenen Knospen<br />

treiben keine Blätter und Blüten. Dies schwächt<br />

die Bäume und reduziert die Fruchtproduktion.<br />

Achtung: Da ein frischer Befall durch die<br />

Edelkastaniengallwespe von aussen meist nicht<br />

erkennbar ist, besteht die Gefahr, mit Pflanzen<br />

diesen Parasiten unbeabsichtigt einzuschleppen.<br />

Deshalb: keine Jungpflanzen oder<br />

Pfropfreiser aus Befallsgebieten verwenden<br />

und Neupflanzungen regelmässig auf Befall<br />

kontrollieren! UH.<br />

Ein Zuhause für <strong>Naturfreunde</strong>, inmitten rauer, unzerstörter Natur<br />

(Landschaft des Jahres 2011)<br />

Hotel und Berghaus-Restaurant<br />

Val Sinestra<br />

– familiäre Atmosphäre<br />

– bezahlbare Preise<br />

– Bergwanderungen vom Haus aus<br />

– in der Nähe des Nationalparks<br />

– Postautoverbindung ab Scuol-Tarasp<br />

Hotel Val Sinestra<br />

(1500 M.ü.M.),<br />

7554 Sent, Unterengadin<br />

081 866 31 05<br />

val-sinestra@bluewin.ch<br />

www.sinestra.ch<br />

NATUR ERLEBEN<br />

Edelkastanie<br />

Heute werden Anstrengungen unternommen,<br />

die Edelkastanienwälder und -haine<br />

als Teil der Kulturlandschaft wieder herzustellen.<br />

So setzen sich die IG Pro Kastanie<br />

Zentralschweiz, die Kantone und der Fonds<br />

Landschaft <strong>Schweiz</strong> für den Erhalt der letzten<br />

Hainrelikte ein. In der Zentralschweiz<br />

soll ein Netz von Kastanienhainen entstehen,<br />

in dem alte Haine restauriert und auch<br />

neue Kastanienhaine angelegt werden.<br />

Vier Ausflugstipps zur Edelkastanie<br />

Jetzt im Herbst werden vielerorts typische<br />

Kastanienfeste gefeiert, so am 13./14. Oktober<br />

die «Fête de la Châtaigne» in Fully im<br />

Unterwallis (unweit von Martigny; www.fetedelachataigne.ch/fr);<br />

am 20./21. Oktober die<br />

Chilbi in Murg (am Walensee), wo der Verein<br />

Pro Kastanie Murg mit einem Kastanienbeizli<br />

vertreten ist (www.kastaniendorf.ch/);<br />

und am 28. Oktober die «Chestene-Chilbi<br />

Greppen» am Vierwaldstättersee. Neben<br />

Kastanienprodukten werden dabei auch<br />

Produkte von lokalen Bauernhöfen verkauft<br />

(www.kastanien.net/events/kalender-01.<br />

htm). So ein Festbesuch lässt sich zudem<br />

ideal mit Spaziergängen und Wanderungen<br />

in die nahe gelegenen Kastanienwälder kombinieren.<br />

So gibt es in Fully oberhalb des<br />

Dorfes einen schön gepfl egten Kastanienhain<br />

mit Kastanienlehrpfad. Beim Bahnhof Murg<br />

beginnt ein beschilderter Kastanienweg und<br />

am Vierwaldstättersee führt der Rigi-Chesteneweg<br />

von Immensee nach Ingenbohl. In<br />

allen drei Gebieten stehen Tafeln, die über<br />

die Edelkastanie und deren Kultur informieren.<br />

Und zu guter letzt: Im <strong>Schweiz</strong>erischen<br />

Freilichtmuseum Ballenberg (am Brünigpass)<br />

gibt es im Tessinerhaus von Cugnasco eine<br />

Ausstellung zur Kastanienkultur. ■<br />

Literatur und weiterführende Infos:<br />

Heiniger Ursula, 1994. Die Edelkastanie in der<br />

<strong>Schweiz</strong>. Kastanienkultur im Wandel der Geschichte.<br />

<strong>Schweiz</strong>. Z. Forstwes. 145: 201-212.<br />

Verbundprojekt Kastanienhaine Zentralschweiz:<br />

www.wsl.ch/medien/news/edelkastaniengallwespe_<br />

2012/index_DE<br />

NATURFREUND 4/2012 21


GESUND LEBEN<br />

Neid und Gier<br />

Was haben Neid und Gier mit unserer Gesundheit zu tun?<br />

Vom Kleinen zum Grossen<br />

Die Überwindung der Habgier ist ein zentraler ethischer<br />

Grundsatz in allen Weltreligionen. Wo aber Habgier zur<br />

Tugend mutiert, geht dies über kurz oder lang auf Kosten<br />

der Gesundheit, und zwar nicht nur auf jene des einzelnen<br />

Menschen.<br />

Text: Heinrich A. Meyer-Reichenau*<br />

Neid entsteht, wenn wir uns mit anderen<br />

vergleichen. Es gibt immer Menschen,<br />

die mehr haben als wir und die – auf verschiedene<br />

Weise – besser sind als wir oder es<br />

zu sein scheinen. Neid ist ein Gefühl, und<br />

Gefühle können wir nicht steuern. Sie sagen<br />

etwas über uns und nötigen uns, genauer in<br />

uns hineinzuschauen. Das Gefühl des Neides<br />

kann sich positiv oder negativ auswirken.<br />

Die Zürcher Psychologin Andrea Kager<br />

schreibt: «Neid ist nützlich.» Wer sich ihm<br />

stelle und die richtigen Schlüsse ziehe, könne<br />

davon profi tieren. Denn oft sei Neid eine<br />

treibende Kraft für Innovation. Sie plädiert<br />

dafür, Neidgefühle nicht einfach zu verdrängen.<br />

Der Neid zwinge uns nämlich, entweder<br />

mehr aus unserem Leben und uns zu machen<br />

oder die Vorstellung von uns selbst und dem,<br />

was wir begehren, zu ändern. Sie erinnert an<br />

Sigmund Freud, der die Meinung vertrat,<br />

dass unser frühester Neid, der Geschwisterneid<br />

wesentlich dazu beitrage, uns zu soziali-<br />

22 NATURFREUND 4/2012<br />

sieren. Das ist ein interessanter Aufruf zu einem<br />

konstruktiven Umgang mit dem Neid.<br />

In der Regel hat aber der Neid, der sich in<br />

uns festsetzt, destruktive Wirkungen. Neid<br />

beschämt uns, und wir neigen dazu, ihn vor<br />

uns selbst zu leugnen. Aber gerade dadurch<br />

gewinnt er an Kraft. Anhaltender Neid verbindet<br />

sich oft mit den Gefühlen der Missgunst<br />

und der Minderwertigkeit. Das tut weh<br />

und ist kaum auszuhalten. Neid, der sich in<br />

die Seele frisst, der zu lodern beginnt wie ein<br />

verzehrendes Feuer, kann sich dann in zerstörendem<br />

Handeln entladen.<br />

Von Kain und Abel: Geschwister-<br />

Neid<br />

Es gibt eine bekannte biblische Geschichte,<br />

die uns diese Dramatik des Neides wie einen<br />

Spiegel vor die Augen stellt. Es ist die Geschichte<br />

von Kain und Abel. Kain, der Erstgeborene<br />

von Adam und Eva, wird ein<br />

Ackerbauer; Abel, sein Bruder, ein Schafhirt.<br />

Als sie Opfer darbringen – Kain von den<br />

Früchten des Ackers, Abel von den Erstlingen<br />

seiner Schafe – sieht Gott auf das Opfer<br />

Abels und nicht auf das Opfer Kains. Das<br />

empfi ndet Kain als tiefe Verletzung. Ist nicht<br />

Abel der Jüngere? Ist Gott nicht ungerecht?<br />

Dass Gott auf das Opfer Abels sieht und<br />

nicht auf das Kains ist sein Geheimnis und<br />

bedeutet nicht, dass Kain Gott egal ist und<br />

von ihm verworfen wird. Gottes Bemühen<br />

um Kain in der ganzen Geschichte zeigt das<br />

Gegenteil. Als Gott sieht, dass Kain sehr zornig<br />

wird und sich sein Blick senkt, redet er<br />

ihn warnend an: «Warum bist du zornig,<br />

und warum ist dein Blick gesenkt? Ist es<br />

nicht so: Wenn du gut handelst, kannst du<br />

frei aufblicken. Wenn du aber nicht gut handelst,<br />

lauert die Sünde vor der Tür, und nach<br />

dir steht ihr Begier, du aber sollst Herr werden<br />

über sie.» Gott appelliert an Kains Verantwortung,<br />

versucht ihn abzuhalten von bösem<br />

Handeln. Doch Kain hat kein Gehör.<br />

Neid und Zorn machen ihn taub und blind<br />

und schlagen um in nackte Gewalt. Er tötet<br />

seinen Bruder. In dieser Geschichte wird ein<br />

Urkonfl ikt dargestellt: Kaum sind zwei Kinder<br />

auf der Welt, da gibt es schon Geschwister-Rivalität.<br />

Sie ist unser erstes soziales Lernfeld.<br />

Wir müssen lernen, zu teilen und uns<br />

zu behaupten. Dies kann gelingen. Es kann<br />

aber auch zu lebenslangen Verletzungen führen,<br />

zu bleibender Missgunst, zu Erbstreitigkeiten<br />

und Gerichtsverfahren. Dann ist der<br />

Friede in einer Familie verloren gegangen,<br />

und das hat schwere Auswirkungen auf das<br />

psychische Wohlbefi nden der Betroffenen.<br />

Foto: Patrik Burkhart


Wenden wir uns nach dem Neid der Gier<br />

zu! Neid und Gier bezeichnen verschiedene<br />

Gefühle, haben aber denselben Wurzelgrund<br />

in der menschlichen Psyche. Wir<br />

Menschen sind begehrende Wesen. Das<br />

hängt zusammen mit unserer hormonalen<br />

Ausstattung, die unsere Triebe steuert. Die<br />

Sprache unterscheidet zwischen Begierde<br />

und Gier. Unsere Begierden zielen zunächst<br />

auf unsere Grundbedürfnisse: Nahrung,<br />

Kleidung, Wohnung, Arbeit, medizinische<br />

Versorgung, soziale Kontakte, Liebe. Typisch<br />

menschlich ist aber, dass wir noch mehr<br />

wollen, dass aus Begierden Gier wird. Gier<br />

wird gefährlich und zerstörerisch, wenn sie<br />

keine Grenzen mehr einhält. Die letzten beiden<br />

der zehn Gebote verbieten die Begierde<br />

nicht grundsätzlich. Das wäre unsinnig. Sie<br />

setzen aber der Begierde Grenzen, wenn es<br />

um Personen oder Sachen geht, die unseren<br />

Nächsten gehören. Dass wir begehrende<br />

Wesen sind, zeigen Kinder deutlicher als Erwachsene,<br />

die gelernt haben, Gefühle zu<br />

verbergen und zu unterdrücken. Wer mit<br />

kleinen Kindern zum Einkaufen geht, wird<br />

mit laut geäusserten Begehren konfrontiert<br />

und muss alle Erziehungskunst aufbieten,<br />

um Grenzen zu setzen. Auch Erwachsene<br />

müssen lernen, Begierden zu beherrschen,<br />

so dass daraus nicht Gier wird – eine lebenslange<br />

Aufgabe.<br />

Wirtschaftssystem ohne Schuldbewusstsein<br />

Die Überwindung der Gier, vor allem der<br />

Habgier ist ein zentraler ethischer Grundsatz<br />

in allen Weltreligionen. Auch in der christlichen<br />

Tradition galt die Habgier immer als<br />

Aargauer Reisen<br />

WILLI VOGELSANG Reiseleitung von A bis Z<br />

Unsere Spezial Natur- und Kulturreisen<br />

Abschlussreise ins Piemont<br />

Sommer 2013<br />

19.–21. Oktober 2012 Würzburg–Nürnberg – romantisches Altmühltal<br />

3 Tage HP im DZ: CHF 498.–<br />

21.–26. Juli 2013<br />

Frühjahr 2013<br />

6Tage HP im DZ: CHF 849.–<br />

Wachau - Burgenland und Neusiedlersee Vorschau Herbst 2013<br />

21.–28. April 2012<br />

Korsika «Insel der Schönheit» aktiv erleben!<br />

8 Tage HP im DZ: CHF 1258.–<br />

22.–29. September 2012<br />

Verlangen Sie das<br />

Reiseprogramm!<br />

Laster. In unserer heutigen Welt aber ist<br />

Habgier zur Tugend mutiert. Eine merkwürdige<br />

Karriere!<br />

Gier ist der eigentliche Motor des heutigen<br />

kapitalistischen Wirtschaftssystems, das<br />

von den herrschenden Eliten der Wirtschaft<br />

und Politik weltweit durchgesetzt wird und<br />

das wir, verharmlosend, «die Globalisierung»<br />

nennen. Diese Gier zielt auf den grenzenlosen<br />

Profi t, auf die permanente Akkumulation<br />

des Kapitals. Auch der Neid<br />

kommt in diesem System zu Ehren, denn es<br />

funktioniert nur durch den unbeschränkten<br />

Wettbewerb auf den Märkten. Aus Geschäftspartnern<br />

werden dann Rivalen, Gegner,<br />

Feinde. Dieses Wirtschaftssystem hat<br />

tödliche Folgen. Es spaltet die Gesellschaft<br />

und zerstört die Natur. Die Schere zwischen<br />

arm und reich geht immer weiter auseinander.<br />

Laufend werden Arbeitsplätze wegrationalisiert<br />

und Produktionsstätten verlagert.<br />

Profi te sind wichtiger als das Auskommen<br />

und Wohlergehen der Arbeitnehmer/Innen.<br />

Die Gier in diesem System hat kein Schuldbewusstsein.<br />

Die berechtigte Frage nach der<br />

Gerechtigkeit und nach vernünftigen Massstäben<br />

wird abgewiesen und als Sozialneid<br />

diffamiert.<br />

Fragen wir nach den Auswirkungen<br />

massloser und grenzenloser Gier auf die<br />

menschliche Gesundheit, dann sprechen die<br />

Opfer des heutigen kapitalistischen Wirtschaftssystems<br />

eine deutliche Sprache. Die<br />

Mehrheit der Weltbevölkerung lebt in Armut.<br />

In den industrialisierten Ländern werden<br />

Arbeitsplätze wegrationalisiert. Armut<br />

und strukturelle Arbeitslosigkeit wirken sich<br />

verheerend aus auf die physische und psychische<br />

Gesundheit der betroffenen Menschen.<br />

Blicken wir auf die Seite der Gewin-<br />

Aargauer Reisen Willi Vogelsang<br />

Kindergartenstrasse 1<br />

5412 Vogelsang AG im Wasserschloss<br />

www.vogelsang-reisen.ch, info@vogelsang-reisen.ch<br />

Telefon: 056/223 22 53, Natel: 079/400 95 45<br />

Fax: 056/223 22 54<br />

NFS-Schneeschuhwandern in Grächen/Zermatt<br />

14.–18. Januar 2013<br />

Mit Hotel-Unterkunft/HP, 3 geführten Wanderungen um Grächen, Gspon<br />

und Zermatt; inkl. Marschtee und Transporte Fr. 480.– pro Person im DZ,<br />

bzw. Fr. 520.– pro Person im EZ. Nicht-Mitglieder Fr. 580.–, bzw. Fr. 640.–.<br />

Infos + Anmedlung: Nichtraucher-Hotel Stutz, Grächen, Tel. 027 956 36 57,<br />

www.hotelstutz.ch<br />

GESUND LEBEN<br />

Neid und Gier<br />

ner des Systems, so stellt sich die Frage, ob<br />

ein Leben im Reichtum, ohne Solidarität<br />

und Engagement für das Gemeinwohl ein<br />

gesundes Leben sein kann.<br />

Soziologische Untersuchungen weisen<br />

nach, dass soziale Ungleichheit einsam und<br />

krank macht. Kate Pickett und Richard Wilkinson<br />

schreiben in ihrem Buch mit dem Titel<br />

«Gleichheit ist Glück» Ungleichheit wirke<br />

wie ein alles durchdringender Schadstoff<br />

in allen Bereichen der Gesellschaft. In Gesellschaften<br />

mit extremer Ungleichheit beobachten<br />

die Autoren ein Ansteigen der Alkohol-<br />

und Drogensucht, der psychischen<br />

Erkrankungen, vor allem der Depressionen<br />

und Angstkrankheiten. Dies betrifft Menschen<br />

aus allen Schichten.<br />

Das Fazit dieser soziologischen Untersuchung<br />

lautet: «Mehr Gleichheit kommt der<br />

gesamten Gesellschaft zugute: Alle sind gesünder,<br />

nicht nur die am unteren Ende der<br />

Stufenleiter.»<br />

Die Zügelung der Gier im Wirtschaftsleben<br />

ist eine politische Aufgabe.<br />

Im privaten Bereich sollten wir wieder hören<br />

auf Gottes Gebot: Du sollst nicht begehren,<br />

was deinem Nächsten gehört! Man<br />

könnte dieses Gebot auch so formulieren:<br />

Du sollst dich nicht mit anderen vergleichen!<br />

Gott will uns schützen und verhindern,<br />

dass wir Opfer unseres Neides und<br />

Sklaven unserer Gier werden. ■<br />

* Heinrich A. Meyer-Reichenau ist pensionierter reformierter<br />

Pfarrer und wohnt in Bern. Er stammt aus<br />

Bremen in Norddeutschland und war zuletzt Gemeindepfarrer<br />

in Lauperswil im oberen Emmental.<br />

NATURFREUND 4/2012 23


24 NATURFREUND 4/2012


Im Onsernone verfügen die <strong>Naturfreunde</strong> über kein<br />

eigenes <strong>Naturfreunde</strong>haus. Das zur Talschaft nächstgelegene<br />

NF-Haus findet sich im Hinterland von Lugano.<br />

Wie heisst jenes NF-Haus nördlich von Lugano, respektive<br />

bei Roveredo?<br />

La Ginestra? La Châtelaine? Ova-Spin?<br />

NF-WETTBEWERB<br />

Das Onsernone-Tal – eine naturfreundliche Tessiner Spezialität<br />

Und ein Wochenende im Palazzo …!<br />

Onsernone – an diesem Namen haftet etwas Zauberhaftes,<br />

Geheimnisvolles. Onsernone – viele verbinden diesen Namen<br />

mit Hoffnung, mit Sehnsucht. Hier beim NF-Wettbewerb<br />

geht’s zudem um eine Nacht in einem legendären Palazzo.<br />

Ursprünglichkeit, natürlicher<br />

Charme, Naturoase, Waldreservat,<br />

Aufbruch – es sind Begriffe, die<br />

einem in Zusammenhang mit dem<br />

Onsernone heute oft zu Ohren<br />

kommen. Überhaupt, es ist wieder<br />

vermehrt vom Onsernone die Rede!<br />

Überraschend ist dies indes nicht.<br />

Zumal das Tal dereinst das Herzstück<br />

des zweiten Nationalparks der<br />

<strong>Schweiz</strong> werden könnte (Seite 19).<br />

Zu den Besonderheiten des Onsernone<br />

gehören nicht allein die<br />

Wälder. Nein, zu den Spezialitäten<br />

des Tales gehören auch die Palazzi.<br />

Von so einem Haus, dem Palazzo<br />

della Barca in Comologno, ist im<br />

vorliegenden Heft ausführlich die<br />

Rede (Seite 16). In unmittelbarer<br />

Nachbarschaft zu jener «Barca» findet<br />

sich mit dem Palazzo Gamboni<br />

ein weiteres derartiges Erbstück der<br />

Talgeschichte. Beides sind dies Häuser,<br />

die sich Auswanderer, die in der<br />

Fremde zu Wohlstand gekommen<br />

waren, in ihrer alten Heimat hatten<br />

erbauen lassen. Beim Palazzo Gamboni,<br />

um 1780 errichtet, handelt es<br />

sich insofern um einen zusätzlichen<br />

Glücksfall, als dass dieser (seit 1996<br />

im Besitz der Bürgergemeinde Comologno)<br />

sanft renoviert und erweitert<br />

wurde und seit 2001 als Hotel<br />

dient (Swiss Historic Hotel). Im<br />

historischen Teil des Palazzo Gamboni<br />

weisen zwei der fünf Zimmer<br />

gar noch die Originalmöbilierung<br />

auf.<br />

Die einstige Abgeschiedenheit als<br />

Chance für die Zukunft? Tatsache<br />

ist, dass die Talschaft für Ruhe suchenden<br />

Menschen eine Oase ist.<br />

Ein sanfter Tourismus mit Einbezug<br />

der öffentlichen Verkehrsmittel, der<br />

Gastronomie, der Dorfländen, der<br />

Landwirtschaft etc. kann einen<br />

gangbaren Weg in die Zukunft weisen.<br />

Ergo geht es beim NF-Wettbewerb<br />

auch um kleinere und grössere<br />

Freuden für uns Wandernde! hg.<br />

1. Preis:<br />

Eine Übernachtung im historischen<br />

Teil des Palazzo Hotel Gamboni in<br />

Como logno mit Frühstück für zwei<br />

Personen, im Wert von Fr. 230.–.<br />

Sonnige Aussichten für Ihr Geld.<br />

Seit 1991 bauen wir Solarkraftwerke, verwirklichen<br />

Klima Pilotprojekte, fördern Solarenergie in<br />

den ärmsten Ländern.<br />

Mit dem Zeichnen von<br />

rückzahlbaren Darlehen<br />

machen Sie konkreten<br />

Klimaschutz möglich.<br />

2.–6. Preis<br />

Je ein Set Karbon-Wanderstöcke der<br />

Firma KVt Alba, versehen mit Logo<br />

Ticino Turismo im Wert von Fr. 80.–.<br />

7.–16. Preis<br />

Je ein Tessin-Wanderführer aus dem<br />

Verlag ADAC, erschienen im 2010,<br />

im Wert von rund Fr 10.–.<br />

Antworten gehen an:<br />

<strong>Naturfreunde</strong> <strong>Schweiz</strong>, Vermerk<br />

NF-Wettbewerb, Postfach,<br />

3001 Bern, oder via Mail an<br />

info@naturfreunde.ch.<br />

Einsendeschluss:<br />

23. Oktober 2012. Über den<br />

Wettbewerb wird keine Korrespondenz<br />

geführt.<br />

Solarspar<br />

Bahnhofstrasse 29<br />

4450 Sissach<br />

Tel. 061 205 19 19<br />

Fax 061 205 19 10<br />

info@solarspar.ch<br />

www.solarspar.ch<br />

NATURFREUND 4/2012 25


SERVICE<br />

Was Wann Wo<br />

Freizeit mit <strong>Naturfreunde</strong>n – zusätzliche Termine auf www.naturfreunde.ch > aktivitäten<br />

Anlass Datum Ort Organisation Info und Anmeldung<br />

WANDERN / RANDONNEE / ESCALADE / BERGSTEIGEN / KLETTERN<br />

Hochtour Oberalpstock (T4)* 22./23.9.12 Oberalpstock GR Sektion Dübendorf Erich Vetterli ................. 044 201 75 59<br />

Bergwanderung ab Schwägalp/Toggenburg* 23.9.12 Hinterfallenkopf SG Sektion Küsnacht-Erlenbach Ernst Uster ..................... 044 915 35 35<br />

Wandertour Mürren/Schilthorn* 22./23.9.12 Schilthorn BE Sektion Winterthur Marcel Frank ................. 052 345 06 61<br />

Wandern im Turbenthal 29.9.12 Turbenthal-Wila ZH Sektion Senioren Zürich Anni Camastra ............. 044 400 11 53<br />

Vollmond-Wanderung im Mühletal/Fernsehturm 29.9.12 Raum Zofingen LU Sektion Brittnau Ruedi Nyfeler ................ 062 797 50 02<br />

Grimseltour mit Kristallweg und Gelmerbahn* 30.9.12 Grimsel/Gelmersee Sektion Basel-Riehen Alois Kaufmann ........... 061 481 56 17<br />

Wandern zum Etang de la Gruère 30.9.12 bis Tramelan BE Sektion Aarau Berthold Nagel ............. 062 842 59 00<br />

½-Tags-Wanderung Wenkenpark – Lange Erle 4.10.12 via Hörnlifelsen BL Sektion Muttenz/Birsfelden Oskar Lei ......................... 061 461 16 17<br />

Klettern auf Melchsee-Frutt* 6.10.12 Melchsee-Frutt OW Sektion Züri Walter Keller ................. 044 831 20 22<br />

Speleo-Exkursion: Schauhöhle Orbe-Grotten 7.10.12 Orbe VD Sektion Züri Adolf Winkler ............... 044 700 16 75<br />

Familien-Wanderung Heiden-Rheineck 7.10.12 Heiden-Rheineck AR Sektion Dübendorf Elisabeth Bürkler ......... 044 941 16 52<br />

Familien-Wanderung mit Metzgete 13.10.12 noch offen Sektion Maiengrün Theo Burkhardt ............ 062 896 18 56<br />

Wandern im Jura 14.10.12 Solothurner Jura Sektion Langendorf Erich Struss ................... 062 622 42 66<br />

Wandern zum Etang de la Gruère 14.10.12 ab Tramelan BE Sektion Basel-Riehen Alois Kaufmann ........... 061 481 56 17<br />

Wandern auf dem Gürbetaler Höhenweg 14.10.12 ab Kühlewil BE Sektion Obergösgen Silvan Jäggi ................... 062 212 36 31<br />

Bergwanderung Nüenchamm (T2) 14.10.12 ab Filzbach GL Sektion Dübendorf Marlies Tschanen ........ 044 932 49 92<br />

Wanderwoche Puschlav* 29.9.-6.10.12 Puschlav GR Sektion Gossau Guido Rutz ..................... 071 385 79 37<br />

Kleine Gourmet-Wanderung: Polenta im Tessin 17.1012 Tessin Sektion Senioren Luzern Hansruedi Heer ............ 041 360 96 73<br />

Wanderung im Schwarzwald 21.10.12 Todtnau-Herzogenhorn Sektion Birsigtal-Birseck Johanna Speiser .......... 061 272 96 59<br />

Elsass-Wanderung, durch die Weinberge 21.10.12 Hunawihr/Elsass Sektion Basel-Riehen HR.+Verena Zoller ...... 061 301 03 14<br />

Sauser-Bummel am Bielersee 21.10.12 Bielersee BE Sektion Winterthur Marcel Frank ................. 052 345 06 61<br />

Mondschein-Wanderung 26.10.12 noch offen Sektion Langendorf Werner Etter ..................062 622 78 72<br />

Klettern am Mattstock 28.10.12 Mattstock SG Sektion Dübendorf Erich Vetterli ................. 044 201 75 59<br />

Allerheiligen-Wanderung 1.11.12 noch offen Sektion Birsigtal-Birseck Nik Pfister ...................... 061 361 70 76<br />

Herbst-Wanderung: Denti della Vecchia (Lugano) 3./4.11.12 Denti della Vecchia TI Sektion Winterthur Marlies Tschanen ........ 044 932 49 92<br />

Kleine Gourmet-Wanderung: Käse in Gruyère 21.1112 Gruyère FR Sektion Senioren Luzern Alex Schönberger ........ 041 220 15 46<br />

Kletter-Training im Gaswerk Schlieren* 4.12.12 Schlieren ZH Sektion Züri Walter Keller ................. 044 831 20 22<br />

*Gilt insbesondere für Bergtouren/Hochtouren/Klettern: zum Abklären vorgängige Absprache mit Tourenleiter erforderlich!<br />

VELO / BIKE<br />

Velotour ins Elsass 9.9.12 Elsass Sektion Birsigtal-Birseck August Huwiler .............. 061 462 06 14<br />

Veloreise Elsass-Vogesen 5.–15.9.12 Vogesen F Sektion Züri Christoph Rüegg ........... 044 461 60 94<br />

Radgenuss im Schwarzwald 8.-16.9.12 Schwarzwald D Sektion Züri Walter Coesemans ....... 044 710 06 78<br />

Velotour Pratteln-Laufenburg-Pratteln 7.10.12 Laufenburg BL Sektion Pratteln-Augst Hans Kupper .................... 061 811 16 20<br />

Pfingst-Velotour 2013 18.–20.5.13 noch offen Sektion Bülach Ueli Wepfer ..................... 043 810 71 22<br />

AUSLAND/ETRANGER<br />

Istanbul – Inspiration am Bosporus 22.–29.12.12 Istanbul/Türkei Sektion Birsigtal-Birseck Hasan+Ursula Topkaya 061 703 16 85<br />

Süd-Vietnam, mit Ho Chi Minh, Mekong Delta etc. 2.2.–23.2.13 Vietnam NF Region Bern-Mittelland Ernst Schumacher ........ 031 741 33 44<br />

Natur- und Kulturreise Wachau-Neusiedlersee 21.–28.4.13 Österreich NF-Region Glattal Fritz Renold .................... 052 335 24 39<br />

Naturreise Donaudelta/Schwarzes Meer 1.–9.6.13 Rumänien NF-Region Glattal Fritz Renold .................... 052 335 24 39<br />

Kultur- und Städtereise Würzburg und Nürnberg 21.–26.7.13 Deutschland NF-Region Glattal Fritz Renold .................... 052 335 24 39<br />

Busreise Korsika mit Wandern 22.–29.9.13 Korsika NF-Region Glattal Fritz Renold .................... 052 335 24 39<br />

SKI / SNOWBOARD / WINTER / HIVER<br />

Skitour je nach Verhältnissen* 17.o.18.11.12 je nach Verhältnissen Sektion Züri Christoph Rüegg ........... 044 461 60 94<br />

Skitour je nach Verhältnissen* 23./24.11.12 je nach Verhältnissen Sektion Züri Erich Vetterli ................... 044 201 75 59<br />

Skitour je nach Verhältnissen* 1.o.2.12.12 je nach Verhältnissen Sektion Züri Christoph Rüegg ........... 044 461 60 94<br />

Schneeschuh-Weekend im Schwarzwald 8./9.12.12 Schwarzwald D Sektion Birsigtal-Birseck Peter Stalder ................... 061 421 83 21<br />

Abend-Schneeschuhtour 28.12.12 noch offen Sektion Langendorf Bruno Geiser ................... 032 623 60 84<br />

Neujahrslager in Bumbach (Langlauf, Alpin etc.) 28.12.–2.1.13 Bumbach/Emmental BE Sektion Züri Ernst Uster ....................... 044 915 35 35<br />

Schneeschuhwandern in Zermatt/Grächen/Gspon 14.-18.1.13 Grächen VS Hotel Stutz/NFS Hans Oggier .................... 027 956 36 57<br />

Skitour Wildspitz* 19.1.13 Wildspitz SZ Sektion Kriens René Rindlisbacher ...... 041 340 97 16<br />

Skiweekend in Vella 17.-21.1.13 Vella GR Sektion Bülach Vreni Rayroux ................. 044 867 31 84<br />

*Gilt insbesondere für Skitouren: zum Abklären vorgängige Absprache mit Tourenleiter erforderlich!<br />

NATUR / KULTUR / DIVERSES<br />

Kulturausflug (für Senioren) nach Bern 4.10.12 Bern Sektion Brittnau Vreni Scheibler ................. 062 751 17 38<br />

Kulturausflug nach Lausanne 11.10.12 Lausanne KV beider Basel Erwin Bezler ...................... 061 322 16 60<br />

Aarberger Sonne: Besichtigung der Zuckerfabrik 13.10.12 Zuckerfabrik Aarberg BE Sektion Waldenburgtal Theo Rudolf ....................... 061 901 35 32<br />

Souper chasse et journée du travail 10.11.12 Chalet Prise Milord Section La Côte Peseux Laurent Béguin ................ 079 752 12 80<br />

Exkursion Lebkuchen-Museum 27.10.12 Einsiedeln SZ Sektion Winterthur Heidi Ruckli ...................... 052 233 84 47<br />

Hütten-Weekend neue NF-Hilfernhütte 3./4.11.12 NF-Haus Hilferental BE Sektion Hasle-Rüegsau Annemarie Schüpbach .. 034 422 71 41<br />

Live-Reportage mit Dani Arnold, Profi-Bergsteiger 9.11.12 Stäfa ZH Sektion Stäfa Res Egli .............................. 044 926 48 89<br />

Besuch (neues) Alpines Museum in Bern 17.11.12 Bern Sektion Chur Jakob Dietrich .................. 081 284 68 79<br />

26 NATURFREUND 4/2012


IMPULS – das Wort des Präsidenten<br />

<strong>Naturfreunde</strong> gibt’s nicht<br />

nur in Europa – nutzen<br />

wir die Kontakte!<br />

Liebe Naturfreundinnen und <strong>Naturfreunde</strong><br />

Die <strong>Naturfreunde</strong>-Bewegung macht an unserer Landesgrenze<br />

nicht halt. Nein, unsere Bewegung besteht grenzübergreifend,<br />

sei dies in in Europa, in Afrika oder in Amerika. Also können wir, als<br />

NF-Mitglieder, Besuche bei <strong>Naturfreunde</strong>n in Europa oder auch<br />

in Übersee tätigen. Dies gibt uns Gelegenheiten, neue Freunde<br />

zu fi nden und wundervolle, schöne Weltgegenden zu entdecken.<br />

Diesbezüglich denke ich gerne an die letzten Monate zurück. Ich<br />

war, im Juli dieses Jahres, einmal mehr geschäftlich (und anschliessend<br />

ferienhalber) in den USA unterwegs. Noch vor der<br />

Abreise hatte ich erfahren, dass die <strong>Naturfreunde</strong>-Sektion von<br />

San Francisco (Kalifornien) heuer ihr 100-Jahre-Jubiläum feiern<br />

wird. Meine Frau Doris und ich konnten daher unsere Rückreise<br />

so planen, dass wir den Zwischenstopp bei den <strong>Naturfreunde</strong>n<br />

von San Francisco just zu deren «Sommerfest 2012» würden einlegen<br />

können. Ich meldete mich also bei Christine Lemor-Drake<br />

(sie ist, als gebürtige Französin, langjähriges Mitglied der <strong>Naturfreunde</strong><br />

San Francisco), um ihr mein Vorhaben anzubringen.<br />

Christines Antwort kam postwendend: man erwarte uns, wir seien<br />

herzlich willkommen!<br />

Am 14. Juli trafen wir in der Gegend ein, wo die <strong>Naturfreunde</strong><br />

San Francisco (SF) ihr Haus besitzen. Es liegt inmitten der Muir<br />

Woods (nördlich der Stadt, respektive der Golden-Gate-Bridge),<br />

es ist dies das Gebiet der legendären Redwood-Tannen, die bis<br />

zu 110 Meter hoch wachsen. Beim NF-Haus Muir Woods angekommen,<br />

wurden wir von Braden Bahr (ein weiteres Mitglied der<br />

NF in SF) willkommen geheissen. Er zeigte uns die Zimmer, von<br />

denen wir uns eines aussuchen durften. Anschliessend traf Christine<br />

ein, die uns auf dem Areal des Hauses herumführte und uns<br />

alles zeigte und erklärte. Wir wurden zahlreichen Mitgliedern vorgestellt<br />

und es ergaben sich alsbald interessante, herzliche Gespräche.<br />

Und nach und nach füllte sich das Areal mit Frauen,<br />

Männern und Kindern, immerhin wurden gut 1200 Personen zu<br />

diesem Fest erwartet. Der grösste Teil davon waren übrigens<br />

Nichtmitglieder, die extra an das «Sommerfest 2012» der <strong>Naturfreunde</strong><br />

anreisten.<br />

Eine Musik-Kapelle (u.a. mit Trompete und Handorgel) spielte den<br />

ganzen Tag über zur Unterhaltung auf. Dazu wurde ausgiebig<br />

Wanderferien mit Hund<br />

Das Hotel für Ferien mit Ihrem Vierbeiner.<br />

Schöne Sommer- und Winterwanderwege. Idealer<br />

Ausgangspunkt für Ausflüge in der Region.<br />

Hotel Résidence<br />

Saanenstrasse 4, 3770 Zweisimmen,<br />

Tel +41 (0)33 722 17 15, Fax +41 (0)33 722 31 55<br />

info@hotel-residence.ch<br />

getanzt, und zwar in Form von Volkstänzen, d.h. von Gruppentänzen,<br />

mit denen die Verbundenheit zur alpinen Kultur der ehemaligen<br />

Herkunftsländer (Deutschland, Österreich, <strong>Schweiz</strong>) zelebriert<br />

wurde. Da meine Frau und ich anschliessend im NF-Haus<br />

übernachteten, ergab sich uns zudem die Gelegenheit, einen geselligen<br />

Abend (bis in die frühen Morgenstunden) mit den Mitgliedern<br />

der <strong>Naturfreunde</strong> San Francisco zu geniessen – und dazu<br />

gehörten nicht allein angeregte Gespräche sondern auch intensivstes<br />

Jenga spielen!<br />

Am nächsten Morgen staunten wir erneut nicht schlecht, hatte<br />

doch Braden Bahr bereits für ein feines Frühstück im NF-Haus<br />

gesorgt. Nun, all dies liegt jetzt bereits wieder ein paar Wochen<br />

zurück, aber meine Frau und ich denken gerne an diese Stunden<br />

im NF-Haus Muir Woods zurück. Wir haben Freunde gefunden,<br />

wir haben gute Begegnungen erlebt. Und wer weiss, vielleicht<br />

werden wir bald schon mal <strong>Naturfreunde</strong> aus Kalifornien bei uns<br />

in der <strong>Schweiz</strong>, in einem unserer Häuser begrüssen dürfen. Für<br />

mich ist dies das Zusammenspiel, das ich unter uns <strong>Naturfreunde</strong>n<br />

fördern möchte. Es drückt sich in jenem Leitgedanken aus,<br />

den ich mehrmals schon geäussert habe: «alleine addiert man,<br />

zusammen multipliziert man».<br />

Liebe Naturfreundinnen und <strong>Naturfreunde</strong>, ich möchte euch<br />

empfehlen, solche Gelegenheiten auch mal wahrzunehmen; besucht<br />

auch mal eine Sektion oder ein NF-Haus im Ausland, sei’s<br />

nun im nahen oder fernen Ausland. Für mich jedenfalls ist klar:<br />

dies war nicht meine letzte Begegnung mit einer Sektion ausserhalb<br />

der <strong>Schweiz</strong>.<br />

Ich verbleibe mit einem herzlichen «Berg frei» und wünsche allen<br />

einen schönen Spätsommer und einen wundervollen Herbst!<br />

Hans Imhof, Präsident <strong>Naturfreunde</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

Nichtraucher-Hotel STUTZ<br />

Ursula + Hans Oggier<br />

3925 Grächen/VS – Tel./Fax 027 956 36 57/58<br />

www.hotelstutz.ch – hotel.stutz@bluewin.ch<br />

Aus unserem Ferienprogramm 2012 für NFS-Mitglieder<br />

08. – 12. Okt. Wein-Wanderwoche Vispertäler - Sierre, ab Fr. 735.–/Pers.<br />

26. – 28. Okt. Safran-Weekend, Südrampe - Mund, ab Fr. 305.–/Pers.<br />

MITGLIEDSCHAFT<br />

NATURFREUND 4/2012 27


SERVICE<br />

Ausbildung / Fortbildung<br />

GPS-Einführungskurs: in Bern und Aarau<br />

Und wie funktioniert ein GPS-Gerät? Immer häufiger greifen auch<br />

Wandernde nach diesem Hilfsmittel – und sind begeistert von den<br />

Möglichkeiten, die sich ihnen damit eröffnen. Darum hier ein GPS-<br />

Kurs extra für Neu-Einsteiger: einer bei Bern, einer bei Aarau (die<br />

Kurse sind inhaltlich identisch).<br />

� Wann/Wo: 18. November, Region Bern; oder 25. November, Region Aarau.<br />

� Anforderungen: keine GPS-Vorkenntnisse erforderlich.<br />

� Kosten: Tourenleiter NFS mit esa Anerkennung Fr. 80.–, Tourenleiter NFS<br />

Fr. 120.–, Tourenleiter Nichtmitglied mit esa-Anerkennung Fr. 120.–, NFS-<br />

Mitglied ohne Leiteranerkennung Fr. 160.–.<br />

� Fachbereichsleiter: Tom Zwahlen, Bergführer, J+S-Experte<br />

� Anmeldeschluss: 18. Oktober 2012.<br />

GPS-Kurs für Fortgeschrittene: in Bern<br />

Dieser Kurs richtet sich an Personen, die bereits eine Ahnung haben,<br />

was mit einem GPS alles möglich ist – und nun aber einen Schritt<br />

weiter gehen wollen. Dieser Kurstag bietet die Gelegenheit zu x-verschiedenen<br />

Übungen, sei’s vorgängig am PC oder dann im Gelände.<br />

� Wann/Wo: 1. Dezember, Region Bern.<br />

� Anforderungen: GPS-Vorkenntnisse.<br />

� Kosten: Tourenleiter NFS mit esa Anerkennung Fr. 80.–, Tourenleiter<br />

NFS Fr. 120.–, Tourenleiter Nichtmitglied mit esa-Anerkennung Fr. 120.–,<br />

NFS-Mitglied ohne Leiteranerkennung Fr. 160.–.<br />

� Fachbereichsleiter: Tom Zwahlen, Bergführer, J+S-Experte<br />

� Anmeldeschluss: 2. November 2012.<br />

Kurs für Erste Hilfe / Bergmedizin: in Aarau<br />

Als NFS-TourenleiterIn oder privat unterwegs in den Alpen oder<br />

Voralpen und plötzlich – jemand verletzt sich! In solchen Momenten<br />

muss man/frau handeln können. Darum geht es in diesem Kurs:<br />

um Sofortmassnahmen, um Hilfsmittel, um die Herausforderung, auch<br />

in solchen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren.<br />

� Wann/Wo: 2. Dezember, Region Aarau.<br />

� Anforderungen: Basiskenntnisse Erste Hilfe. � Kosten: Tourenleiter<br />

NFS mit esa Anerkennung Fr. 100.–, Tourenleiter NFS Fr. 140.–, Tourenleiter<br />

Nichtmitglied mit esa-Anerkennung Fr. 140.–, NFS-Mitglied ohne Leiteranerkennung<br />

Fr. 180.–.<br />

� Fachbereichsleiter: Tom Zwahlen, Bergführer, J+S-Experte<br />

� Anmeldeschluss: 2. November 2012.<br />

Fortbildung FK Schneeschuh-Touren Senioren: Bannalp NW<br />

Das Gehen auf Schneeschuhen erfreut sich zunehmender Beliebtheit,<br />

auch bei älteren Semestern. Umso mehr sind die jeweiligen Leiter-<br />

Innen gefragt: wie lege ich eine «Senioren-gerechte» Spur an, wie<br />

sieht‘s aus bezüglich Lawinen, wie schütze ich den Raum der Wildtiere?<br />

Um derlei geht’s bei diesem gemeinsam mit Pro Senectute<br />

durchgeführten Kurs.<br />

� Wann/Wo: 15./16. Dezember, Bannalp NW.<br />

� Anforderungen: LeiterIn Schneeschuhtouren; vorgängiger Lawinenkurs<br />

wird empfohlen. � Kosten: Tourenleiter NFS/PS mit esa Anerkennung<br />

Fr. 240.–, Tourenleiter NFS Fr. 320.–, Tourenleiter Nichtmitglied mit esa-Anerkennung<br />

Fr. 320.–, Nichtmitglieder Fr. 450.–, (jeweils mit Halbpension).<br />

� Fachbereichsleiter: Tom Zwahlen, Bergführer, J+S-Experte.<br />

� Anmeldeschluss: 15. November 2012.<br />

Anmeldung jeweils an: <strong>Naturfreunde</strong> <strong>Schweiz</strong>, Postfach, 3001 Bern, Tel. 031 306 67 67, E-Mail: info@naturfreunde.ch<br />

28 NATURFREUND 4/2012


<strong>Naturfreunde</strong>haus im Kiental sucht neuen Pächter<br />

Gastgeberin auf der Gorneren?<br />

Die Strasse vom Tschingelsee hinauf<br />

zur Griesalp, zuhinterst im Kiental BE,<br />

gilt als steilste Postautostrecke der<br />

<strong>Schweiz</strong>. Genau dort oben, zuhinterst<br />

im Kiental, findet sich das NF-<br />

Haus Gorneren (www.nfh.ch/gorneren).<br />

Es bietet seit Jahrzehnten<br />

www.pronatura.at<br />

eco-deco GmbH · Schauraum<br />

Gerberstr. 3 · 4410 Liestal<br />

Tel.: 061-923 18 70 · eco_deco@yahoo.com<br />

Gastro-Leistungen für Gruppen und<br />

Einzelgäste an. Für dieses NF-Haus<br />

wird ein neuer Pächter/Gastgeber<br />

gesucht (spätestens auf Mai 2013).<br />

Infos bitte per Mail anfordern bei<br />

ph.pellaton@nfh.ch. NF<br />

Balmer fertigt Schuhe nach individuellem Mass<br />

Fertig mit Problemfüssen<br />

Beim Bergsteigen oder Wandern<br />

werden die Füsse stark beansprucht.<br />

Darum sollte man darauf achten,<br />

geeignetes Schuhwerk zu tragen.<br />

Damit ein Schuh sicher passt, erstellt<br />

der Schuhmachermeister Oscar Balmer<br />

aus Latterbach BE persönliche<br />

Leisten, also persönliche Formstücke.<br />

Er formt über die individuell angefertigten<br />

Mass-Leisten Bergschuhe,<br />

Bergwanderschuhe usw. Die Schuhe<br />

eignen sich speziell auch für «Prob-<br />

lemfüsse». Auf Wunsch stellt Balmer<br />

orthopädische Sporteinlagen nach<br />

Gipsmodellen her. Ein Schuh ist für<br />

Fr. 890.- (plus Leisten bei Erstanfertigung<br />

Fr. 350.–) erhältlich. Für das<br />

persönliche Massnehmen ist eine<br />

Anmeldung erforderlich. Nähere Infos<br />

und Anmeldung: Bergsportzentrum<br />

Oscar Balmer. 3758 Latterbach,<br />

Tel. 033 681 22 00, www.balmerbergsport.ch.<br />

NF<br />

Rückenschmerzen?<br />

Vielleicht liegt es an Ihrem Bett? Denn jeder Körper ist<br />

einzigartig und verdient ein individuelles Schlafsystem!<br />

Mit einem Bettsystem von ProNatura kann sich Ihr<br />

Körper jede Nacht regenerieren. Damit Sie am nächsten<br />

Morgen wieder fit und voll leistungsfähig sind.<br />

5 Fragen an …<br />

PLAUDERN MIT NFS-MITGLIEDERN<br />

Heute gehen die 5 Fragen<br />

an Beat Schüpbach in Burgdorf<br />

BE. Nachdem er erst als<br />

Kondukteur und dann als<br />

Zugführer bei der ehemaligen<br />

VHB gearbeitet hat, ist er<br />

heute als BLS-Gärtner im Einsatz.<br />

Anfänglich aber hatte er<br />

sich zum Landwirt ausbilden<br />

lassen. Er ist Mitglied der<br />

<strong>Naturfreunde</strong>-Sektion Hasle-Rüegsau.<br />

Die BLS sind ein Transport-Unternehmen; sie betreiben u.a. die<br />

Eisenbahnlinie durch den Basis-Tunnel am Lötschberg und weiter<br />

durch den Simplon nach Italien. Und was nun aber ist die Auf gabe<br />

eines BLS-Gärtners?<br />

Meine Aufgabe besteht darin, dass ich für die Gartenarbeiten rund um<br />

die Bahnhöfe der BLS (ausgenommen Südrampe) zuständig bin. Mit meinem<br />

Mitarbeiter bin ich verantwortlich für die Grünflächen, <strong>Rabatt</strong>en,<br />

Sträucher und Baumpflege. Ab und zu bepflanzen wir auch eine Neuanlage.<br />

Es macht mir viel Freude und ist abwechslungsreich.<br />

Irgendwo habe ich mal aufgeschnappt, dass die Platanen zu deinen<br />

Lieblingsbäumen gehören. Was fasziniert dich an diesem Baum?<br />

Die Platane ist ein robuster, pflegeleichter Baum, der bis 1000 Jahre alt<br />

werden kann. Für unsere Grosskinder habe ich einen solchen Baum in<br />

ihren Garten gepflanzt. Nun können Nina und Elin bereits darunter im<br />

Schatten spielen.<br />

Im vorliegenden Heft geht’s unter anderen ums Tessin, respektive<br />

ums Onsernone-Tal. Das Tessin ist eines der Verbreitungsgebiete der<br />

Edelkastanie. Welche Beziehung pflegst du zu diesen Bäumen?<br />

Edelkastanien sind an unseren Bahnhöfen nicht sehr verbreitet. Im Winter<br />

schneiden wir sehr viele Rosskastanien, alle zirka 100-jährig, also aus<br />

den Anfangszeiten der <strong>Schweiz</strong>er Eisenbahnen. Übrigens, das Onsernone-Tal<br />

ist ein sehr wildes, schönes Wanderparadies, das wir zum Teil bereits<br />

erwandert haben.<br />

In letzter Zeit ist oft von den sogenannten Neophyten die Rede.<br />

Hast du mit diesen «eingewanderten» Pflanzen auch beruflich zu<br />

tun? Oder nur privat?<br />

Beruflich habe ich im Moment fast täglich mit Neophyten zu tun. Zu<br />

dieser Gattung gehören zum Beispiel Goldrute, Berufskraut, Riesenbärenklau,<br />

Springkraut, Japanischer Knöterich und die Ambrosia, die meldepflichtig<br />

ist. Zum Glück können wir die Bahnhöfe von diesen dominanten<br />

Pflanzen noch recht sauber halten. In unserem Privatgarten aber<br />

haben diese Pflanzen keine Chance, zu wachsen.<br />

Du bist Tourenleiter der <strong>Naturfreunde</strong>-Sektion Hasle-Rüegsau.<br />

Welches sind deine nächsten Touren? Und wer darf dich dabei begleiten?<br />

Als Tourenleiter habe ich meine Touren fürs Jahr 2012 bereits durchgeführt.<br />

Die letzte war am 12./13. August auf das Schnidejoch. Als nächstes<br />

gehe ich als Teilnehmer mit den NF-Hasle-Rüegsau für drei Tage auf<br />

Walserwegen nach Rimella (Ossolatäler). Am 3./4. November organisiert<br />

meine Frau ein Hüttenweekend in der schönen neu umgebauten Hilfernhütte.<br />

Meistens bin ich mit den <strong>Naturfreunde</strong>n Hasle-Rüegsau, mit<br />

Kollegen oder der Familie unterwegs.<br />

NATURFREUND 4/2012 29


Natürlich lohnt es sich, <strong>Naturfreunde</strong>-Mitglied zu sein!<br />

Unsere Sektionen stellen speziell für Dich interessante und breit gefächerte Aktivitäten<br />

zusammen – im Sommer wie im Winter! In den <strong>Naturfreunde</strong>häusern kannst Du vergünstigt<br />

übernachten! Du erhältst das Jahresabonnement unseres Magazins „Naturfreund“.<br />

Um Dir noch mehr für Deine <strong>Naturfreunde</strong>-Mitgliedschaft zu bieten, haben wir das<br />

Mitgliedervorteilsprogramm geschaffen. Profitiere bei zahlreichen Partnern von attraktiven<br />

Vergünstigungen. Bei Besuchen einfach die Mitgliederkarte vorweisen.<br />

Alle Vorteile unter www.naturfreunde.ch<br />

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Via 7141 Sumvitg Luven 4<br />

7141 T/F +41(0)81 Luven 544 GR 57 07<br />

M +41(0)79 452 35 56<br />

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Hergiswiler Glas AG<br />

Seestrasse 12<br />

6052 Hergiswil/NW<br />

www.glasi.ch<br />

Hergiswiler Glas AG Bergbahnen Motta Naluns Scuol-Ftan-Sent AG<br />

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Gwattstrasse 12<br />

8808 Pfäffikon<br />

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3 Nächte für 2<br />

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Marcel Forter<br />

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3127 Mühlethurnen<br />

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nicht mit Halbtax oder GA kumulierbar<br />

Bergbahnen Motta Naluns Scuol-Ftan-Sent AG<br />

Postfach 149<br />

7550 Scuol<br />

info@bergbahnen-scuol.ch<br />

Stadtbad Zürich AG<br />

Stauffacherstr. 60<br />

8004 Zürich<br />

www.stadtbadzuerich.ch<br />

Burgerbad<br />

Rathausstrasse 32<br />

3954 Leukerbad<br />

www.burgerbad.ch<br />

Stadtbad Zürich AG<br />

<strong>20%</strong> <strong>Rabatt</strong><br />

Burgerbad<br />

2 für 1 Eintritt<br />

Hotel Stutz<br />

Safran-Weekend<br />

26. – 28. Okt. 2012<br />

300.– statt 320.- im DZ<br />

330.– statt 350.- im EZ<br />

Nichtraucher-Hotel Stutz<br />

3925 Grächen<br />

hotel.stutz@bluewin.ch<br />

www.hotelstutz.ch<br />

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Kasernenstrasse 15<br />

7000 Chur<br />

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Thermalbad Zurzach AG<br />

Thermalbad Zurzach AG<br />

Dr. Martin Erb Strasse 1<br />

5330 Bad Zurzach<br />

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freunden <strong>Schweiz</strong> bieten<br />

möchten? Senden Sie einfach<br />

eine E-Mail mit dem Betreff<br />

«Mehrwert» an:<br />

rolf.kaeser@naturfreunde.ch


75 Jahre <strong>Naturfreunde</strong>haus Ämmital<br />

Heute gar mit Wickelecke!<br />

Das NF-Haus liegt am Wanderweg Eriswil-Ahorn-Napf , auf<br />

Gemeindegebiet Wasen, und es ist im Eigentum der Sektionen<br />

Huttwil, Lotzwil-Madiswil und Roggwil. Übers Wochenende<br />

vom 1./2. September hatten die <strong>Naturfreunde</strong> zur Feier<br />

«75-Jahr-Ämmitalhaus» geladen.<br />

Für dieses Fest hatten sich die Hausgemeinschaft<br />

Ämmital (Präsident<br />

Daniel Hegi) und das eigens einberufene<br />

OK (Leitung Sabine Heiniger) einiges<br />

einfallen lassen. Was dabei auf<br />

schöne Weise zum Ausdruck gelangte:<br />

die <strong>Naturfreunde</strong> und ihr Ämmitalhaus<br />

sind in der Region gut<br />

verankert, und sie haben Freunde.<br />

Dies belegt allein schon ein Blick in<br />

die 44-seitige Festschrift, in der Dutzende<br />

lokaler Unternehmen (vom<br />

Getränkehändler bis zum Bäcker und<br />

Hörgerät-Experten) mit bezahlten<br />

Anzeigen vertreten sind. Dabei hatten<br />

die <strong>Naturfreunde</strong> vor 75 Jahren<br />

durchaus vor gewisser Skepsis gestanden.<br />

So etwa hatte die Gemeinde<br />

Luthern LU, auf deren Boden die<br />

<strong>Naturfreunde</strong> ihr Haus ursprünglich<br />

hatten bauen wollen mit der Begründung<br />

abgelehnt, wonach die<br />

katholische Bevölkerung befürchte,<br />

dass sich um so ein NF-Haus alsbald<br />

halb nackt sonnende Leute herumtreiben<br />

würden. Also kam es, dass<br />

die Emmentaler <strong>Naturfreunde</strong> andernorts<br />

fündig wurden, auf der Alp<br />

Höchschwendeli (1150 m), wo sie<br />

im 1936 einen Kaufvertrag über<br />

1438 m 2 zu Fr. 1.– pro m 2 unterzeichneten.<br />

Dank unzähliger Stunden<br />

an Fronarbeit konnten sie bekanntlich<br />

bereits im Folgejahr, 1937,<br />

zur Eröffnung einladen. Nachdem<br />

nun insbesondere auch in den letzten<br />

Jahren sehr viel an Geld und Arbeit<br />

in die Erneuerung dieses Hauses<br />

investiert wurde (im 2011 ging’s um<br />

Umbau und Sanierung der WC-Anlagen<br />

und Waschräume) präsentiert<br />

sich das Ämmitalhaus heute als attraktiver<br />

Gastgewerbebetrieb inmitten<br />

einer einzigartigen Voralpen-<br />

Landschaft. So bietet das NF-Haus<br />

jeweils sonntags, nebst Kioskwaren,<br />

Glacen sowie Suppe und Brot, auch<br />

ein Tagesmenü an (und auf Vorbe-<br />

4 Fragen an …<br />

Heute gehen die 4 Fragen an<br />

Theo Burkhardt, Sektion Maiengrün<br />

AG. Theo engagiert<br />

sich in der Sektion als als TourenTourenleiter.leiter. Eine seiner seiner letzten Touren<br />

führte ins Münstertal Münstertal GR –<br />

zumindest teilweise auf dem<br />

Kulturweg Kulturweg Alpen, den die NFS im<br />

Herbst 1999 lanciert hatten.<br />

Die Tour nach Müstair hatte in Zuoz angefangen - und nicht erst in<br />

Lavin oder Susch. Ging es dir mit Zuoz um den Schällen-Ursli, oder<br />

waren deine Überlegungen anderer Art?<br />

Der rote Faden der Tour, mit Start in Zuoz, galt der Durchquerung des<br />

Nationalparks und bildete den Abschluss der Weitwanderung Kulturweg<br />

Alpen in Müstair. Gestartet sind wir im September 2001 in Montreux und<br />

wanderten in 10 Tagesetappen nach Sachseln OW. Von dort im Jahr 2005<br />

in weiteren 10 Etappen ins Bleniotal. Im Juli 2008 folgten wir dem Kulturweg<br />

Alpen über die Greina nach Vrin. Ab Vrin wählte ich eine Variante «plus»<br />

die via Vals, Safien, Savognin, Park Ela nach Zuoz führte.<br />

«Ora et labora» (bete und arbeite), so gilt der Grundsatz der Benediktiner-Regel,<br />

nach der sich die Ordensschwestern im Kloster St. Johann<br />

in Müstair ausrichten. Wie habt ihr den Besuch im Kloster erlebt?<br />

Der Besuch der Klosterkirche und dem besinnlichen Spiel des Organisten<br />

zuzuhören erfüllte mich mit einer tiefen Ruhe. Es gab mir die Möglichkeit,<br />

die Erlebnisse, Eindrücke und die damit verbundenen Gefühle während der<br />

Tour nochmals aufleben zu lassen und zu vertiefen. Es war ein würdiger<br />

Abschluss.<br />

Wandern mit anderen: du organisierst entsprechende Touren. Was<br />

denkst du, was macht den Reiz des gemeinsamen Unterwegs-Seins aus?<br />

Für mich ist Wandern die natürlichste Art vorwärts zu kommen und unterwegs<br />

zu sein. Gemeinsam unterwegs zu sein mit Kolleginnen und Kollegen,<br />

sich austauschen im Gespräch, zu zweit oder in der Gruppe: so kommt viel<br />

Wissen und Erfahrung zusammen. Sei es über Pflanzen, Tiere, Kultur und<br />

Landschaft. Aber auch Witzeln und «Sprüche klopfen» gehört dazu.<br />

Du bist ja auch auf Hochtouren anzutreffen. Und auf Skitouren? Wohin<br />

führen dich deine nächsten Touren?<br />

Da ich nie ein versierter Skifahrer war, habe ich die Tourenskis durch<br />

Schneeschuhe ersetzt. Das Schneeschuhlaufen bietet mir weiterhin die<br />

Möglichkeit, verschneite Gipfel zu besteigen und das besondere Flair der<br />

Winterlandschaft zu geniessen. Obendrein bleibt die sportliche Fitness und<br />

Ausdauer erhalten. Auf der Wunschliste für den Herbst steht u.a. die Bergtour<br />

auf den Bristen. Ein anderes Wanderprojekt haben meine Frau und ich<br />

letztes Jahr in Angriff genommen: die Idee ist, von unserem Heim aus via<br />

Grenzpfad Napfbergland und der Via Sprinz südwärts zu gehen. Auf dem<br />

Nufenen treffen wir auf den Fernwanderweg GTA. Der Weg durchzieht in<br />

68 Tagesetappen den gesamten italienischen Westalpenbogen. Für unsere<br />

Sektion werde ich im 2013 Schneeschuhtouren, Familienwanderungen und<br />

Bergtouren organisieren und leiten. Auch Nichtmitglieder sind an unseren<br />

Anlässen stets willkommen und herzlich eingeladen.<br />

stellung hin gibt’s auch Frühstück).<br />

Insgesamt bietet das Haus 49 Schlafplätze,<br />

wovon 2 Zimmer mit je<br />

2 Betten und eines mit 3 Betten.<br />

Und Familien mit Kleinkindern seien<br />

daran erinnert: neuerdings gibt’s im<br />

PLAUDERN MIT NFS-MITGLIEDERN<br />

Ämmitalhaus sogar eine Wickelecke!<br />

Achtung: von November bis Februar<br />

ist das Haus geschlossen. hg.<br />

Für nähere Infos und Reservation:<br />

Daniel Hegi, Tel. 062 929 14 22,<br />

e-mail: nauticus@bluewin.ch.<br />

NATURFREUND 4/2012 31


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