Was wird aus unseren Kirchen - LVR-Amt für Denkmalpflege im ...
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<strong>Was</strong> <strong>wird</strong> <strong>aus</strong> <strong>unseren</strong> <strong>Kirchen</strong> ?<br />
Rheinisches <strong>Amt</strong> <strong>für</strong> <strong>Denkmalpflege</strong><br />
Sakralbauten <strong>im</strong> Wandel<br />
Eine Ausstellung der Fotowerkstatt des<br />
Rheinischen <strong>Amt</strong>es <strong>für</strong> <strong>Denkmalpflege</strong><br />
Fotos von Silvia-Margrit Wolf, Jürgen Gregori, Thomas Ströter<br />
Ausstellungskonzeption: Oliver Meys
<strong>Was</strong> <strong>wird</strong> <strong>aus</strong><br />
<strong>unseren</strong> <strong>Kirchen</strong>?<br />
Sakralbauten <strong>im</strong> Wandel<br />
Fotos von Silvia Margrit Wolf - Jürgen Gregori - Thomas Ströter<br />
Ausstellungskonzeption: Oliver Meys<br />
Rheinisches <strong>Amt</strong> <strong>für</strong> <strong>Denkmalpflege</strong><br />
Gesellschaftliche Veränderungen stellen einen zentralen Bestandteil<br />
unseres kulturellen Erbes in Frage: Die <strong>Kirchen</strong>. Schrumpfende<br />
Gemeinden, erhebliche <strong>Kirchen</strong>steuerrückgänge und wachsende<br />
Ausgaben <strong>für</strong> den Unterhalt haben in den letzten Jahren verstärkt zur<br />
Aufgabe, zur Umnutzung oder auch zum Abriss von Sakralbauten<br />
geführt. Besonders betroffen ist die große Zahl der nach 1945 errichteten<br />
<strong>Kirchen</strong>.<br />
Die Fotografien dokumentieren die vielfältigen Auswirkungen des<br />
„<strong>Kirchen</strong>schwindens“ anhand betroffener Baudenkmäler und zeigen<br />
mögliche Perspektiven <strong>für</strong> den Erhalt der Gebäude auf, die von<br />
kirchlichen über kulturelle bis zu rein kommerziellen Umnutzungskonzepten<br />
reichen. Andere Beispiele verdeutlichen, wie schwierig<br />
es sein kann, leer stehende <strong>Kirchen</strong> mit neuem Leben zu füllen,<br />
und dass davon nicht nur die häufig ‚ungeliebten’ modernen <strong>Kirchen</strong><br />
betroffen sind.
Leerstand<br />
Radevormwald, St. Gangolf <strong>Was</strong>senberg, St. Martin<br />
Es ist nichts Neues, dass <strong>Kirchen</strong> leer stehen, dass sie zum<br />
Teil über Jahrzehnte in diesem Zustand erhalten werden.<br />
Schwierigkeiten bereiten heute vor allem die oft „ungeliebten“<br />
modernen <strong>Kirchen</strong>. In großer Zahl vor allem in den neuen<br />
Siedlungsgebieten am Rande der Städte und Dörfer nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg errichtet, sind besonders diese Sakralbauten<br />
von den schwindenden Mitgliederzahlen der <strong>Kirchen</strong><br />
betroffen und nicht selten vom Abbruch bedroht.
Radevormwald-Bergerhof, ehem. kath. Pfarrkirche St. Gangolf<br />
Fotos: Jürgen Gregori, 2006/2007 (RD 8200 – PD 596)<br />
Der 1969/70 nach Plänen des Architekten Erwin Schiffer errichtete <strong>Kirchen</strong>bau ist ein bemerkenswertes<br />
Beispiel <strong>für</strong> den Stil des so genannten Brutalismus. Die erhoffte Entwicklung<br />
des Viertels Bergerhof blieb ebenso unvollendet wie der Bau der Kirche, die von weiteren<br />
Bauten – Campanile, Bibliothek, Pastorat – umgeben sein sollte. 2003 wurde der Beschluss<br />
gefasst, das <strong>Kirchen</strong>gebäude nicht weiter zu nutzen. Für die profanierte und leer stehende<br />
Kirche war unter anderem eine Umnutzung zur Lager- und Ausstellungshalle <strong>im</strong> Gespräch.<br />
Inzwischen liegt ein Abbruchantrag vor.
<strong>Was</strong>senberg-Steinkirchen, kath. Pfarrkirche St. Martin<br />
Fotos: Thomas Ströter, 2007 (PD 678 – PD 679)<br />
Bereits um 1000 stand an der Stelle des heutigen B<strong>aus</strong> eine Steinkirche. Das Langh<strong>aus</strong> wurde<br />
1871-1874 nach Plänen des Architekten Heinrich Wiethase als dreischiffige neugotische<br />
Hallenkirche an den mittelalterlichen Westturm (15. Jahrhundert) angebaut. Bereits Ende des<br />
19. Jahrhunderts war absehbar, dass der Schwerpunkt der Pfarrgemeinde in das benachbarte<br />
Effeld verlegt würde, ein Prozess, der 1930 abgeschlossen war. Seit dieser Zeit <strong>wird</strong> die<br />
Kirche fast nicht mehr sakral genutzt. Um das Gebäude trotz des langen Leerstandes halten<br />
zu können, sanierte man 2001-2004 mit Mitteln des Bistums, des Landes, des Kreises, der<br />
Stadt und der <strong>Kirchen</strong>gemeinde Dach und Gewölbe. Durch die Herstellung eines „Rohbauzustandes“<br />
ist die Kirche <strong>für</strong> ihr weiteres Schicksal gerüstet.
Neues Leben in alten <strong>Kirchen</strong><br />
Essen, Marktkirche Duisburg-Hochheide,<br />
Liebfrauenkirche<br />
Grundsätzlich ist es ein Anliegen der <strong>Kirchen</strong>, ihre Sakralbauten<br />
weiterhin als solche zu nutzen. Die Verdichtung der<br />
Gemeindefunktionen in der Kirche und um sie herum ist da<br />
eine willkommene Lösung. Für <strong>Kirchen</strong> in zentraler Lage bietet<br />
sich außerdem das schon seit längerer Zeit praktizierte Modell<br />
der Citykirche an. Die neuen Räume innerhalb der <strong>Kirchen</strong>gebäude<br />
werden <strong>im</strong>mer wieder als Orte der Ruhe oder der Meditation<br />
gestaltet, als Angebot unter anderem an kirchenferne<br />
Besucher, sich auf spirituelle Erfahrungen einzulassen.
Essen, ev. Marktkirche<br />
Fotos: Jürgen Gregori, 2007 (RD 8110 – RD 8115 – PD 675 – PD 676)<br />
Die zweischiffige gotische Hallenkirche wurde nach schweren Zerstörungen <strong>im</strong> Zweiten<br />
Weltkrieg in veränderter Form wieder aufgebaut. Die Marktkirche dient nicht mehr als Gemeindekirche,<br />
sondern <strong>wird</strong> als täglich geöffnete Citykirche genutzt. Seit 2006 beherbergt<br />
sie auch eine Wiedereintrittsstelle der evangelischen Kirche. Baulicher Ausdruck der Nutzungsänderung<br />
ist der 2003-2005 errichtete gläserne Westchor (Architekturbüro Gerber und<br />
Partner, Dortmund). Der transparente Baukörper öffnet den <strong>Kirchen</strong>raum nach außen und<br />
schafft <strong>im</strong> Inneren einen Ort, der zum kontemplativen Verweilen einladen soll.
Duisburg-Homberg-Hochheide, kath. Pfarrkirche Liebfrauen<br />
Fotos: Silvia-Margrit Wolf, 2007 (RD 8237 – RD 8242 – RD 8244)<br />
1930/31 wurde die schlichte Saalkirche mit eingezogenem Chor und Westturm errichtet.<br />
Die Größe der Kirche ermöglichte eine angesichts sinkender Mitgliederzahlen wünschenswerte<br />
räumliche Konzentration der Gemeindefunktionen in und unmittelbar neben der Kirche<br />
(2005/2006, Architekturbüro Herrmanns Architekten, Duisburg). Im ehemaligen Chor befindet<br />
sich ein Meditationsraum. Eine Wandscheibe, hinter der zwei Treppenaufgänge verborgen<br />
sind, trennt ihn vom <strong>Kirchen</strong>raum. Der moderne Erweiterungsbau neben der Kirche <strong>wird</strong><br />
als Gemeindezentrum genutzt.
Kultur<br />
Duisburg-Altstadt, Liebfrauenkirche Wuppertal-Barmen,<br />
Immanuelskirche<br />
Lässt sich keine Möglichkeit finden, einen Sakralbau auch in<br />
veränderter Funktion oder Form weiter als solchen zu nutzen,<br />
gilt sowohl <strong>für</strong> die Kirche als auch <strong>für</strong> die <strong>Denkmalpflege</strong> die<br />
‚Kultur-Lösung’ allgemein als die beste. Die Nutzung als Veranstaltungssaal<br />
oder als Ausstellungsraum kann ohne größere<br />
Eingriffe in die Substanz des Gebäudes verwirklicht werden.<br />
Diese Lösung funktioniert allerdings nur dann, wenn die kulturelle<br />
Nutzung erfolgreich genug oder <strong>aus</strong>reichend gefördert<br />
ist, um den Erhalt des Gebäudes zu sichern. Angesichts hoher<br />
Unterhaltskosten <strong>wird</strong> das, so muss man leider vermuten,<br />
nur bei wenigen Projekten möglich sein.
Duisburg-Altstadt, ehem. kath. Pfarrkirche Liebfrauen<br />
Fotos: Silvia-Margrit Wolf, 2007 (RD 8213 – RD 8216)<br />
Für die älteste <strong>Kirchen</strong>gemeinde Duisburgs wurde 1958-1962 eine neue Pfarrkirche nach<br />
Plänen des Architekten Toni Herrmanns als Doppelkirche errichtet. Die Kirche gehört zu den<br />
so genannten „weiteren <strong>Kirchen</strong>“, deren Unterhalt seit 2006 vom Bistum Essen nicht mehr<br />
finanziert <strong>wird</strong>. Die Stiftung „Brennender Dornbusch“ bemüht sich darum, in der Liebfrauenkirche<br />
ein Kunst- und Kulturzentrum zu etablieren. Schwerpunkt der programmatischen<br />
Ausrichtung ist der Dialog der Religionen und Kulturen.
Wuppertal-Oberbarmen, ehem. ev. Immanuelskirche<br />
Fotos: Jürgen Gregori, 2007 (RD 8019 – RD 8021)<br />
Die dreischiffige Emporenhalle mit einfacher Chorapsis wurde 1867-1869 <strong>für</strong> die reformierte<br />
Gemeinde von Barmen erricht. Die Strukturreform der protestantischen Gemeinden Wuppertals<br />
führte dazu, dass die Kirche 1984 als Gottesdienstort aufgegeben wurde. Seitdem<br />
betreibt der Trägerverein Immanuelskirche das einstige Gottesh<strong>aus</strong> in privater Trägerschaft<br />
als Saal <strong>für</strong> kulturelle Veranstaltungen. Für die neue Nutzung wurden <strong>im</strong> Eingangsbereich<br />
der Kirche Garderoben und Toiletten eingebaut. Der einstige Altarraum und die Chorempore<br />
sind heute Teil des Zuschauerraums (Architekt: Horst Dieter Lang, Wuppertal).
verkaufen<br />
Wuppertal-Elberfeld, Trinitatiskirche Kempen, Heilig-Geist-Kapelle<br />
Bei den meisten der betroffenen <strong>Kirchen</strong> ist der Verkauf an<br />
einen privaten Investor die letzte Möglichkeit, um den Leerstand,<br />
das heißt langfristig gesehen, den Verfall oder den Abbruch<br />
zu verhindern.<br />
Wird der <strong>Kirchen</strong>raum zum Verkaufs- beziehungsweise Ausstellungsraum<br />
eines Geschäftes umgebaut, so geschieht dies<br />
oft unter Berücksichtigung des ursprünglichen Raumeindrucks,<br />
schließlich soll die besondere Atmosphäre des Ortes<br />
<strong>für</strong> die angebotenen Produkte werben und mögliche Kunden<br />
zum Besuch an<strong>im</strong>ieren.
Wuppertal-Elberfeld, ehem. ev. Trinitatiskirche<br />
Fotos: Silvia-Margrit Wolf, 2007 (RD 8202 – RD 8203 – RD 8206)<br />
Die 1876-1878 als dreischiffige Emporenhalle errichtete Kirche wurde nach schweren Zerstörungen<br />
<strong>im</strong> Zweiten Weltkrieg ohne Emporen wieder aufgebaut. Der Rückgang der <strong>Kirchen</strong>steuereinnahmen<br />
veranlasste die evangelische <strong>Kirchen</strong>gemeinde Elberfeld-West, die<br />
Trinitatiskirche 1999 als Gottesdienstort aufzugeben und das Gebäude zu verkaufen. Seit<br />
Ende 2002 <strong>wird</strong> die Kirche als Ausstellungs- und Verkaufsraum <strong>für</strong> gebrauchte Pfeifenorgeln<br />
und Klaviere genutzt.
Kempen, ehem. kath. Heilig-Geist-Kapelle<br />
Fotos: Silvia-Margrit Wolf, 2007 (DI 3718 – DI 3719 – DI 3721)<br />
Die 1421 errichtete Spitalkapelle erlebte <strong>im</strong> Verlauf des 20. Jahrhunderts bereits mehrere<br />
profane Nutzungen (Restaurant, Frisörsalon, Stadtbibliothek). Erst ab 1990 wurde sie wieder<br />
sakral genutzt. Der katholischen <strong>Kirchen</strong>gemeinde fehlten aber bald die Mittel <strong>für</strong> den Unterhalt<br />
des Gebäudes. Seit 2005 nutzt die Choros Dienstleistungen <strong>für</strong> Religion GmbH die Kapelle<br />
als religiöse Buchhandlung. Bei den <strong>für</strong> die neue Nutzung notwendigen Ein- und Umbaumaßnahmen<br />
(Architekturbüro Dewey und Blohm-Schröder, Viersen) blieb die gotische<br />
B<strong>aus</strong>ubstanz weitgehend unangetastet.
wohnen<br />
Mönchengladbach-Rheydt,<br />
Friedenskirche<br />
Köln-Rondorf, Heilige-Drei-Könige<br />
Die Verwirklichung von Wohnraum in nicht mehr genutzten<br />
<strong>Kirchen</strong>gebäuden <strong>wird</strong> durch die Größe der Räume, die Form<br />
und die Verteilung der Fenster erheblich erschwert. Wenn<br />
eine kombinierte Wohn- und Büro- beziehungsweise Ateliernutzung,<br />
die den <strong>Kirchen</strong>raum weitgehend unverändert lässt,<br />
nicht umsetzbar ist, bleibt als einzige Lösung meistens nur die<br />
vollständige Veränderung des Innenraumes durch mehrgeschossige<br />
Einbauten. Eine solche Maßnahme ermöglicht ‚lediglich’<br />
den Erhalt des Äußeren als Dokument der Geschichte<br />
der Stadt und ihrer baulichen Entwicklung.
Mönchengladbach-Rheydt, ehem. ev. Friedenskirche<br />
Fotos: Silvia-Margrit Wolf, 2007 (RD 8142 – RD 8149 – RD 8155)<br />
Von dem 1864-1866 als dreischiffige Emporenhalle mit eingezogenem Chor und hohem<br />
Westturm errichteten <strong>Kirchen</strong>gebäude wurde nach schweren Kriegszerstörungen nur das<br />
Äußere in seiner ursprünglichen Form wieder hergestellt. Die Neustrukturierung der evangelischen<br />
<strong>Kirchen</strong>gemeinden Mönchengladbachs führte 1998 zur Aufgabe der Kirche als<br />
Gottesdienststätte. 1999-2001 errichtete die gemeinnützige Kreisbau AG innerhalb der historischen<br />
Umfassungsmauern achtzehn Sozialwohnungen, die um einen schmalen Lichthof<br />
herum angeordnet sind.
Köln-Rondorf, ehem. kath. Pfarrkirche Heilige Drei Könige<br />
Fotos: Jürgen Gregori, 2007 (RD 7991 – RD 8012 – PD 671 – PD 687)<br />
Der älteste Bauteil der Kirche ist das 1899 errichtete einschiffige Langh<strong>aus</strong>. Erst 1957 erhielt<br />
sie ihren Turm. Nach der Auflösung der Gemeinde und der Profanierung der Kirche erwarb<br />
der Architekt Rolf Link das Gebäude und ließ es 1988/89 zu einem Wohnh<strong>aus</strong> mit Büros umbauen.<br />
Der Turm beherbergt vier Maisonette Wohnungen. Eine weitere Wohnung befindet<br />
sich <strong>im</strong> Chor. Der Architekt selbst nutzt das <strong>Kirchen</strong>schiff als Atelier und Büro
speisen<br />
Mönchengladbach-Rheindahlen,<br />
St. Georg<br />
Waldniel-Hostert, St. Josefshe<strong>im</strong><br />
Wie bei der Umnutzung zu Verkaufsräumen ist auch bei der gastronomischen<br />
Nutzung die Atmosphäre des <strong>Kirchen</strong>raumes<br />
von besonderem Interesse. Der Raumeindruck ‚Kirche’ ist sicherlich<br />
ein wichtiger Faktor, um die Neugier möglicher Kunden<br />
auf ein neues gastronomisches Angebot zu lenken. Es ist<br />
daher wahrscheinlich, dass bei dieser Art von Umnutzung der<br />
ursprüngliche Raumeindruck nur wenig verändert <strong>wird</strong>. Die<br />
„gastronomische Lösung“ bietet sich, kombiniert mit einer<br />
Nutzung als Hotel, besonders <strong>für</strong> solche <strong>Kirchen</strong>gebäude an,<br />
die Teil größerer Gebäudekomplexe wie ehemaligen Krankenhäusern<br />
oder ehemaligen Klöstern sind.
Mönchengladbach-Rheindahlen (Nordpark)<br />
ehem. Kirche der Provinzial Fürsorgeerziehungsanstalten<br />
Fotos: Silvia-Margrit Wolf, 2007 (RD 8227 – RD 8233)<br />
Die Kirche der 1907-1909 als parkähnliche Anlage erbauten Provinzial Fürsorgeerziehungsanstalten<br />
befindet sich <strong>im</strong> ersten Obergeschoss des Gebäudes, das die Schulräume der<br />
Anstalt beherbergte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage bis 1996 von britischen<br />
Truppen genutzt. Mit ihrem Abzug verlor der <strong>Kirchen</strong>raum seine sakrale Funktion. 2005/2006<br />
fand der Umbau des ehemaligen Kirch- und Schulgebäudes <strong>für</strong> die Nutzung als Restaurant<br />
und Hotel statt. Der Name „Palace St. George“ ist bewusst auf das Patrozinium der Kirche<br />
bezogen, die heute als Veranstaltungsraum dient.
Schwalmtal-Waldniel-Hostert, Kirche des ehem. St. Josefshe<strong>im</strong>s<br />
Fotos: Silvia-Margrit Wolf, 2007 (RD 8124 – RD 8132 – RD 8136)<br />
Die Kirche des 1911-1913 von den Franziskanern errichteten St. Josefshe<strong>im</strong>s war bis 1978<br />
auch Pfarrkirche der Gemeinde Kirspel. 1955-1992 nutzte die britische Armee die Gebäude<br />
des ehemaligen Behindertenhe<strong>im</strong>s. Mit ihrem Abzug endete die sakrale Nutzung der Kirche.<br />
Zur Zeit ist <strong>für</strong> den leer stehenden Gebäudekomplex eine Hotelnutzung mit anspruchsvoller<br />
Gastronomie geplant. Der <strong>Kirchen</strong>raum mit seinen bemerkenswerten Wandmalereien der<br />
1930er Jahre soll zum Restaurant umgestaltet werden.
Gesamtkunstwerk<br />
Duisburg-Hüttenhe<strong>im</strong>,<br />
Mariä-H<strong>im</strong>melfahrt<br />
Von Leerstand und Umnutzung bedroht sind zahlreiche <strong>Kirchen</strong>bauten<br />
der Nachkriegszeit, die aufgrund der Einheitlichkeit<br />
und durchgängig hohen Qualität der Gestaltung von Bau<br />
und Ausstattung bedeutende Gesamtkunstwerke der Moderne<br />
darstellen. Der Wert solcher Ensembles <strong>wird</strong> zunehmend<br />
erkannt und gewürdigt. Entfernt man anlässlich einer neuen<br />
Nutzung die Ausstattung, und sei es auch nur teilweise, so<br />
geht der sorgfältig komponierte Gesamteindruck des <strong>Kirchen</strong>raumes<br />
verloren. Da der Verlust angesichts von Leerstand und<br />
Umnutzung wahrscheinlich selten verhindert werden kann,<br />
kommt es darauf an, die bedeutenden sakralen Gesamtkunstwerke<br />
der Nachkriegsmoderne umfassend zu dokumentieren.
Duisburg-Hüttenhe<strong>im</strong>, ehem. kath. Pfarrkirche Mariä H<strong>im</strong>melfahrt<br />
Fotos: Jürgen Gregori, 2007 (RD 8019 – RD 8021)<br />
Die in den 1950er Jahren stark wachsende Einwohnerzahl machte die Gründung der Gemeinde<br />
und den Bau der Kirche notwendig, die 1957/58 nach den Plänen des bedeutenden<br />
<strong>Kirchen</strong>architekten Fritz Schaller errichtet wurde. Bemerkenswert ist die qualitätvolle Ausstattung<br />
der Erbauungszeit. Seit dem Beschluss der Neustrukturierung des Bistums Essen<br />
(15. Januar 2006) gehört sie zu den so genannten „weiteren <strong>Kirchen</strong>“, <strong>für</strong> deren Unterhalt<br />
das Bistum keine Mittel mehr zur Verfügung stellt. Die sakrale Nutzung des Gebäudes ist nur<br />
noch bis Ende 2007 gesichert.
Feiern beiderlei Gestalt<br />
Oberh<strong>aus</strong>en-Sterkrade, St. Bernhard<br />
Die Kombination einer kirchlichen Nutzung mit einer ‚profanen’<br />
<strong>im</strong> selben <strong>Kirchen</strong>raum ist bislang selten verwirklicht worden.<br />
Als Lösung bietet sich in diesem Fall <strong>für</strong> den nicht mehr<br />
benötigten Raum in der Kirche am ehesten die Umwidmung<br />
zum Veranstaltungssaal an. Konflikte, die möglicherweise bei<br />
gleichzeitiger Nutzung der unterschiedlichen Raumteile entstehen<br />
könnten, lassen sich durch gezielte Terminsteuerung<br />
vermeiden. Es wäre denkbar und wünschenswert, dass von<br />
dieser Art Doppelnutzung eines <strong>Kirchen</strong>gebäudes als Ort der<br />
Feier Impulse zur Stärkung seiner identitätsstiftenden Funktion<br />
in der Mitte der Gesellschaft <strong>aus</strong>gehen, die nicht allein<br />
seinem materiellen Erhalt förderlich sind.
Oberh<strong>aus</strong>en-Sterkrade, kath. Pfarrkirche St. Bernhard<br />
Fotos: Silvia-Margrit Wolf, 2007 (RD 8249 – RD 8251 – RD 8252)<br />
Die dreischiffige neugotische Basilika mit zwei Querhäusern wurde 1927 errichtet. Als Folge<br />
der 2006 beschlossenen Neustrukturierung des Bistums Essen verlor die Gemeinde ihre<br />
Selbständigkeit. Das neue Konzept einer kombinierten Nutzung des Gebäudes als <strong>Kirchen</strong>raum/Gemeindezentrum<br />
und Gastronomiebetrieb wurde 2006/2007 umgesetzt (Architekturbüro<br />
zwo+ architekten, Essen). Eine Glaswand trennt die beiden Nutzungsbereiche. Im<br />
Gemeindebereich ersetzte man das feste Gestühl durch eine freie Bestuhlung. Im Gastronomiebereich<br />
beherbergt das Querh<strong>aus</strong> eine Bartheke. Der Raum unter der Empore lässt<br />
sich <strong>für</strong> kleinere Veranstaltungen vom Rest der Kirche trennen.
Werke der Barmherzigkeit<br />
Aachen, St. Josef Oberh<strong>aus</strong>en, Heilige-Familie<br />
‚Tote begraben’ – Die Umnutzung leer stehender <strong>Kirchen</strong>gebäude<br />
zu Urnenbegräbniskirchen, so genannten Kolumbarien,<br />
erfreut sich zur Zeit großer Beliebtheit, gehört doch das<br />
Begraben der Toten zu den Werken der Barmherzigkeit und somit<br />
zu den wichtigsten christlichen Handlungsmax<strong>im</strong>en. Auf<br />
diese Weise ist die neue Nutzung <strong>im</strong> weitesten Sinne noch Teil<br />
der Religions<strong>aus</strong>übung und daher bei den <strong>Kirchen</strong> beliebt. Ob<br />
diese Nutzung allerdings dauerhaft den Unterhalt der Gebäude<br />
sichern kann, <strong>wird</strong> die Zukunft zeigen.<br />
‚Arme speisen…’ und andere karitative Aufgaben sind ebenfalls<br />
beliebt als Möglichkeit ungenutzten <strong>Kirchen</strong>raum <strong>im</strong><br />
christlichen Sinne umzunutzen.
Aachen, ehem. kath. Pfarrkirche St. Josef<br />
Fotos: Jürgen Gregori, 2007 (RD 7018 – RD 7021 – RD 7025 – RD 7027)<br />
Die neugotische Hallenkirche wurde 1893/1894 errichtet. Über hundert Jahre war sie religiöser<br />
Mittelpunkt des Aachener Ostviertels. Seit 2005 <strong>wird</strong> St. Josef nicht mehr als Gemeindekirche<br />
genutzt. Um den Erhalt des Gebäudes zu ermöglichen wurde der Umbau zur Urnenbeisetzungskirche<br />
beschlossen und bis Ende 2006 realisiert (Architekturbüro Hahn Helten<br />
+ Assoziierte, Aachen). Die Ausstattung der neuen Nutzung als ‚Grabeskirche’ (Urnenstelen,<br />
Totenschiff, <strong>Was</strong>serlauf <strong>im</strong> Mittelschiff, Kiesböden) ist auf gelungene Weise in das Erscheinungsbild<br />
des historischen <strong>Kirchen</strong>raumes eingefügt.
Oberh<strong>aus</strong>en, ehem. kath. Pfarrkirche Heilige Familie<br />
Fotos: Jürgen Gregori, 2007 (RD 8099 – RD 8267 – RD 8272)<br />
Der architektur- und liturgiehistorisch bemerkenswerte Bau wurde 1955-1958 nach Plänen<br />
des Architekten Rudolf Schwarz errichtet, dessen Schaffen den modernen <strong>Kirchen</strong>bau in<br />
Deutschland maßgeblich beeinflusste. Nach der Auflösung der <strong>Kirchen</strong>gemeinde <strong>wird</strong> das<br />
Gebäude seit Juni 2006 nicht mehr sakral genutzt. Die Kirche soll künftig der Oberh<strong>aus</strong>ener<br />
Tafel als Stützpunkt dienen, die überproduzierte, überschüssige – nicht abgelaufene – Lebensmittel<br />
sammelt und an bedürftige Personen verteilt.