FWF - Publikationen - Jahresbericht 2004
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PROJEKTE Biologie und Medizin<br />
Stefan Mayr<br />
erforscht das pflanz-<br />
liche Leben im<br />
sensiblen und sozio-<br />
ökonomischbedeu- tenden Ökosystem<br />
„Alpine Waldgrenze“.<br />
Ein Thema mit weit<br />
über Österreich<br />
hinausreichender<br />
Bedeutung: Stefan<br />
Mayrs Kooperationen<br />
umfassen<br />
Frankreich, ganz<br />
Skandinavien und<br />
die Vereinigten<br />
Staaten.<br />
Herausforderung für Wissenschaft<br />
54 JAHRESBERICHT <strong>2004</strong><br />
Körperliche Leistungsfähigkeit als wissenschaftliche Qualifikation? Für Stefan Mayrs<br />
Arbeit über Winter-Embolien bei Nadelbäumen der alpinen Waldgrenze sicher. Denn<br />
wenn seine KollegInnen und er ihre Forschungsstellen erreichen wollen, dann geht das<br />
nur mit Tourenskiern. Der Rucksack mit den Messgeräten wiegt dabei schon mal<br />
20 kg – und das noch ohne die Zweig-Proben, die bei eisigen Bedingungen unter extra<br />
mitgebrachtem Wasser geschnitten und ins Labor gebracht werden müssen.<br />
Doch wer das Leben unter Extrembedingungen erforscht, kann das nicht nur im Labor<br />
tun – und „extrem“ ist die alpine Waldgrenze per Definition. Denn in dieser Höhenlage<br />
sind klimatische Bedingungen erreicht, die den Nadelbäumen eine weitere Verbreitung<br />
untersagen. Was genau diese Bedingungen sind und welche Effekte sie verursachen,<br />
erforscht Stefan Mayr.<br />
Embolien bei Koniferen Einen wichtigen Beitrag konnte er in einem bereits abgeschlossenen<br />
<strong>FWF</strong>-Projekt leisten. Da gelang es ihm, schlüssig nachzuweisen,<br />
dass Koniferen im Winter Embolien erleiden. Dabei handelt es sich um<br />
Gasblasen, die durch Trockenheit oder Gefrier-Tau-Zyklen verursacht<br />
werden. In der Folge führen sie zu einer Blockade des Wassertransportsystems<br />
der Pflanzen (Xylem). Die Bäume haben als Reaktion darauf zahlreiche<br />
Anpassungsmechanismen entwickelt. Doch trotzdem treten Embolien<br />
massiv und regelmäßig auf. Aus dieser Tatsache ergab sich für Stefan<br />
Mayr die Fragestellung für das nun laufende Folgeprojekt: Wenn diese<br />
Winter-Embolien wichtige Lebensfunktionen der Bäume beeinträchtigen,<br />
sind sie dann vielleicht gar ein wesentlicher Faktor, der das Leben von<br />
Bäumen an der alpinen Waldgrenze limitiert?<br />
Spannende Ergebnisse So werden nun an Fichten, Zirben und Latschen Freilandbeobachtungen<br />
und Laborexperimente durchgeführt, um die Auswirkungen von Embolien<br />
auf Wasserhaushalt, Photosynthese und Wachstum zu untersuchen. „Nebenbei“<br />
wurde auch eine Druckapparatur entwickelt, die eine künstliche Induktion von Embolien<br />
ermöglicht. Schon jetzt zeigen sich spannende Ergebnisse der Arbeit. So gelang es<br />
Mayrs Team, die Wiederherstellung der Wasserleitfähigkeit nach Bildung einer Embolie<br />
zu zeigen. Dies mag auf einen Reparaturmechanismus der Bäume („Refilling“) oder aber<br />
auf die Neubildung von Wassertransportbahnen zurückzuführen sein. Zu erforschen, was<br />
die Ursache ist, motiviert Stefan Mayr, Ski und Rucksack öfter anzuschnallen.<br />
Ao. Univ.-Prof. Dr. Stefan Mayr vom Institut für Botanik der Universität Innsbruck<br />
sieht gerade auch in Österreich eine große Bedeutung der Pflanzenphysiologie.<br />
„Der Alpenraum kann nur aufgrund der Schutzwirkung alpiner Wälder besiedelt und<br />
genutzt werden. Trotz dieser Bedeutung ist der physiologische Mechanismus, der die<br />
Ausbreitung der Lebensform ,Baum' höhenmäßig begrenzt, noch nicht bekannt. Eine<br />
Erforschung ist für den Erhalt und die zukünftige Nutzung des alpinen Schutzwaldes von<br />
großer Bedeutung.“