Liebe Leserinnen und Leser, - BankPraktiker
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ungen der nicht identifizierten K<strong>und</strong>en<br />
geben. Im Übrigen habe eine strafbefreiende<br />
Erklärung lediglich Auswirkungen<br />
auf die Bestrafung, nicht aber darauf, dass<br />
der objektive <strong>und</strong> subjektive Tatbestand<br />
einer Steuerhinterziehung oder einer Beihilfe<br />
erfüllt war, welcher Voraussetzung für<br />
den Haftungsbescheid gem. den §§ 191,<br />
71 AO ist. Dass der Bankmitarbeiter die<br />
Gehilfe i. S. des § 27 StGB zur Steuerhinterziehung<br />
seiner K<strong>und</strong>en war, steht für<br />
das FG Düsseldorf fest. Denn mit den von<br />
ihm erstellten Anweisungen förderte er<br />
die Herbeiführung der Steuerverkürzung<br />
der nicht enttarnten K<strong>und</strong>en, wodurch<br />
die Wertpapiere anonym ins Ausland<br />
transferiert werden konnten, ohne die<br />
geforderte Legitimationsprüfung vorgenommen<br />
zu haben. Durch die von<br />
den K<strong>und</strong>en gewünschte Auslandsverwahrung<br />
der effektiven Stücke konnte<br />
auch auf die Aneignungsermächtigung<br />
gem. § 13 DepotG verzichtet werden,<br />
was anonyme Wertpapiertransfers ins<br />
Ausland förderte, da die Anonymität das<br />
Entdeckungsrisiko bei Nichtangabe der<br />
Kapitalerträge in den Steuererklärungen<br />
stark verringerte. Dem Bankmitarbeiter<br />
wurde seitens des FG Düsseldorf darüber<br />
hinaus bedingter Vorsatz unterstellt, da er<br />
nicht erläutert habe, welche Gründe die<br />
Anonymisierung des Wertpapiertransfers<br />
ins Ausland notwendig gemacht haben<br />
könnten <strong>und</strong> warum es gerade vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> der Einführung der Zinsabschlagsteuer<br />
zu der enormen Nachfrage<br />
von K<strong>und</strong>en auf Verzicht einer Legitimationsprüfung<br />
bei der Einlieferung effektiver<br />
Werte kam.<br />
Das FG Düsseldorf schließt sich insofern<br />
auch der Rechtsprechung des BGH<br />
an, wonach für die tatsächliche Förderung<br />
der Haupttaten durch den Gehilfen<br />
es ausreicht, dass dieser die Haupttat im<br />
Vorbereitungsstadium fördert, so lange<br />
die Teilnahmehandlung mit dem Willen<br />
<strong>und</strong> dem Bewusstsein geleistet wird, die<br />
Haupttat (hier der nicht enttarnten, bzw.<br />
nicht identifizierten K<strong>und</strong>en zu einer fiktiven<br />
Steuerhinterziehung) zu fördern.<br />
Würdigung der jeweiligen Argumentation:<br />
Bei der eigenen Beurteilung<br />
des Beschlusses des FG Düsseldorf vom<br />
10.02.2009 ist auf der einen Seite<br />
das Ermittlungsinteresse der Finanz<br />
<strong>und</strong> Steuerbehörden hinsichtlich der<br />
Steuerstraftaten im Interesse des Allgemeinwohls<br />
<strong>und</strong> der Volkswirtschaft, dem<br />
allgemeinen Steueraufkommen <strong>und</strong> dem<br />
Gleichbehandlungsgr<strong>und</strong>satz bei der Steuererhebung<br />
<strong>und</strong> auf der anderen Seite das<br />
Interesse des Steuerbürgers an rechtsstaatlichen<br />
fairen Verfahren zu berücksichtigen.<br />
Im Gr<strong>und</strong>satz gibt es also keinen Zweifel<br />
daran, dass die Gehilfen von Steuerhinterziehern<br />
für die hinterzogenen Steuern<br />
haften, wenn die Steuerschuldner nicht<br />
mehr zu greifen sind. Der hier zu diskutierende<br />
Beschluss des FG Düsseldorf gibt<br />
jedoch in anderer Hinsicht Anlass darüber<br />
nachzudenken, ob hier wirklich die<br />
rechtsstaatlichen Gr<strong>und</strong>sätze beachtet<br />
worden sind. Denn nach dem Gr<strong>und</strong>satz<br />
„in dubio pro reo“, der auch im Finanzgerichtsverfahren<br />
zu beachten ist, lässt sich<br />
möglicherweise ableiten, dass die Finanzbehörde<br />
im finanzgerichtlichen Verfahren<br />
die Feststellungslast für die den Steueranspruch<br />
begründenden Tatsachen trägt.<br />
Ob die Finanzbehörde <strong>und</strong> das FG wirklich<br />
nachgewiesen haben, dass unbekannte<br />
Dritte – also die nicht enttarnten <strong>und</strong><br />
nicht identifizierten Steuerhinterzieher<br />
– Steuerhinterziehung begangen haben,<br />
erscheint fraglich. Denn der Tatbestand<br />
der Steuerhinterziehung ist gegenüber<br />
diesen unbekannten Dritten denknotwendig<br />
<strong>und</strong> denklogisch nicht nachgewiesen,<br />
da diese Personen nicht einmal identifizierbar<br />
sind. Überspitzt formuliert haftet<br />
der Bankmitarbeiter für eine vermutete<br />
Steuerhinterziehung nicht geklärter Steuerart<br />
in nicht feststehender Höhe in noch<br />
aufzuklärendem Steuerjahr einer „Fata<br />
Morgana“, die möglicherweise sogar noch<br />
strafbefreiende Erklärungen abgegeben<br />
hat. Dass die hinterzogenen Steuern hinsichtlich<br />
des Veranlagungszeitraums <strong>und</strong><br />
der Steuerart lediglich vermutet werden<br />
<strong>und</strong> hinsichtlich der Höhe der hinterzogenen<br />
Steuern lediglich geschätzt<br />
werden, ohne greifbare Vergleiche heran<br />
ziehen zu können, erscheint rechtsstaatlich<br />
bedenklich. Es erscheint kaum mehr<br />
vertretbar, ohne Kenntnis der Steuerart,<br />
des Veranlagungszeitraums <strong>und</strong> des Steu<br />
06 / 2009 <strong>BankPraktiker</strong><br />
Aktuell<br />
erpflichtigen die hinterzogenen Steuern<br />
unter Anlehnung an die Feststellungen<br />
bei den enttarnten K<strong>und</strong>en nach § 162 AO<br />
zu schätzen. Denn gr<strong>und</strong>sätzlich ist eine<br />
Schätzung nach § 162 AO zwar erlaubt<br />
<strong>und</strong> vorgesehen, gem. § 162 Abs. 1 Satz 2<br />
AO sollten jedoch alle Umstände berücksichtigt<br />
werden, die für die Schätzung von<br />
Bedeutung sind. Dies ist ohne jeglichen<br />
Anhaltspunkt für eine konkrete Person<br />
überhaupt kaum möglich. Daran schließt<br />
sich die Haftung für die Hinterziehungszinsen<br />
nach §§ 71, 235 AO an. Insofern ist<br />
auch die Begründung im Beschluss des<br />
FG Düsseldorf, dass „die Berechnung der<br />
Hinterziehungszinsen im angefochtenen<br />
Haftungsbescheid schlüssig ist“ nicht<br />
überzeugend. Ausgehend von Fantasiezahlen<br />
kann selbstverständlich immer<br />
irgendeine schlüssige Berechnung durchgeführt<br />
werden. Das FG Düsseldorf hat<br />
zu Recht wegen gr<strong>und</strong>sätzlicher Bedeutung<br />
der vorstehend erörterten Fragen<br />
die Beschwerde zugelassen. Zu klären<br />
bleibt also nicht nur im Beschwerdeverfahren<br />
des einstweiligen Rechtschutzes,<br />
sondern auch im Hauptsacheverfahren<br />
unter Heranziehung gr<strong>und</strong>sätzlicher<br />
rechtsstaatlicher Kriterien, ob „bei der<br />
Überzeugungsbildung vom Vorliegen<br />
einer Steuerhinterziehung durch unbekannte<br />
Täter, zu der der in Haftung<br />
genommene Bankmitarbeiter Beihilfe<br />
geleistet hat (haben soll; Anmerkung<br />
des Autors) Feststellungen zu anderen<br />
Steuerhinterziehungen berücksichtigt<br />
werden können (in Bezug auf bekannte<br />
Täter; Anmerkung des Autors), auf die sich<br />
der angefochtene Haftungsbescheid nicht<br />
erstreckt.“ Schließlich darf das Strafverfahren<br />
gegen den Bankmitarbeiter wegen<br />
Beihilfe zur Steuerhinterziehung nicht mit<br />
dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren<br />
<strong>und</strong> der summarischen Überprüfung<br />
beim FG bis zur endgültigen Überprüfung<br />
des Haftungsbescheids gegen den Bankmitarbeiter<br />
in Bezug auf nicht enttarnte<br />
K<strong>und</strong>en verwechselt werden. £<br />
Dr. Reinhold Roller, Rechtsanwalt, Fachanwalt<br />
für Steuerrecht, Fachanwalt für<br />
Bank <strong>und</strong> Kapitalmarktrecht, Partner<br />
der Kanzlei Dr. Roller & Partner – Rechtsanwälte,<br />
München<br />
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