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Altstadtsanierung am "Pelô"

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70 Bewohnerschicksale nach der Räumung<br />

deshalb häufig zu Streitereien k<strong>am</strong>, ist sie schließlich bei ihrer Mutter eingezogen, obwohl es<br />

da eigentlich gar keinen Platz gab. Dann ist nur einen Monat später auch das Haus ihrer<br />

Mutter geräumt worden und sie wußten nun beide nicht wohin. Die Militärpolizei hat alle<br />

ihre Sachen bei der Räumung einfach auf die Straße gestellt. Da sie Angst hatte, daß ihre<br />

Sachen gestohlen würden, weil sie keinen Ort zum unterstellen hatte, hat sie alles für 250<br />

Reais (ca. DM 400,-) an jemanden verkauft, der ihr bei der Räumung ein Angebot für ihre<br />

Sachen gemacht hatte. Auch den anderen Bewohnern bot er geringe Summen für deren<br />

Inventar an. Sie ist dann mit ihrer Mutter und der Tochter wieder zu ihrem Mann gezogen.<br />

Das ist aber erneut nicht gutgegangen, ständig ist es zu Streitereien gekommen. Sie wollte<br />

dann mit ihrer Mutter zu einer Tante, die früher im Stadtteil Liberdade gewohnt hat. Sie<br />

haben das Haus aber nicht wiedergefunden, weil sie seit ihrer Kindheit nicht mehr dagewesen<br />

war und alles so anders aussah. Auch die Leute, die sie nach ihrer Tante gefragt hatten,<br />

wußten nichts. Sie hat dann eine Zeitlang mit ihrer Mutter und ihrer Tochter in Hausein-<br />

gängen im Zentrum geschlafen, vorwiegend an der Rua Carlos Gomez und der Avenida Sete<br />

de Setembro. Da gab es aber immer Probleme, weil die Schlafstellen im Zentrum alle schon<br />

"reserviert" waren. "Gott sei Dank" hat ihr dann eine alte Freundin ein cômodo in einem<br />

anderen Haus im historischen Zentrum überlassen, nachdem sie vor kurzem geheiratet hatte.<br />

Hier wohnt sie nun zur Zeit mit ihrer Mutter und Tochter. Dieses Haus werde wahrscheinlich<br />

erst in zwei Jahren geräumt, hat man ihr im IPAC erzählt. Was sie danach machen werde,<br />

weiß sie noch nicht, aber sie habe ja auch noch Zeit.<br />

Die beiden Beispiele sind als Einzelschicksale sicher nicht exemplarisch, zeigen aber deutlich<br />

die ganze soziale Härte, die den Bewohnern durch die Vertreibung widerfahren kann. Vielen<br />

Vertriebenen ergeht es sogar noch schlimmer, da sie dauerhaft auf der Straße leben. Nach<br />

Schätzungen der Tribuna da Bahia (26.3.95) sind dies bis zu 10%.<br />

9. Das Haus Alfredo Brito 26: Ein Fallbeispiel<br />

Im folgenden soll nun abschließend ein Haus als musterhaftes Beispiel näher vorgestellt<br />

werden. Es handelt sich um das Haus Rua Alfredo Brito 26, dessen baulicher Zustand und<br />

dessen Bewohner die Merkmale widerspiegeln, die ich während der Feldforschungsphase für

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