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Altstadtsanierung am "Pelô"

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Vierte Entwicklungsphase (ab 1985)<br />

Immer wieder k<strong>am</strong> es bei den Räumungen zu gewalttätigen Übergriffen durch Mitglieder des<br />

6. Bataillons gegen die Bewohner. Dabei waren natürlich auch leitende Mitarbeiter des IPAC<br />

anwesend, in deren Auftrag die Militärpolizei schließlich handelte. Gegen diese gewalttätige<br />

Haltung des IPAC gegen Wohnrecht und Menschenwürde erstattete die Kommission für<br />

Menschenrechte im November 1992 Anzeige. Wie mir die Geschäftsführer der Menschen-<br />

rechtsgruppe erzählte, wurde der Prozeß jedoch von den Behörden verschleppt und nach ca.<br />

einem Jahr aus Mangel an Beweisen eingestellt (vgl. Tribuna da Bahia, 26.11.92).<br />

Die anomische Situation, die das Leben in der Gemeinschaft des Maciel (comunidade do<br />

Maciel) prägte, 44) fand mit dem Beginn der Vertreibung der Bewohner ein schnelles Ende.<br />

Gerade in der Anfangsphase der Restaurierung richtete sich das Interesse des IPAC gezielt<br />

auf die "marginalen" Bewohner des historischen Zentrums. Ein leitender Mitarbeiter des<br />

IPAC erzählte in diesem Zus<strong>am</strong>menhang, daß die Restaurierung in der ersten Etappe aus-<br />

schließlich auf diejenigen Häuser konzentriert worden sei, in denen "ladrões e prostitutas"<br />

(Diebe und Prostituierte) gelebt haben, "d<strong>am</strong>it im Maciel endlich Ruhe einkehrt". Zu Beginn<br />

der zweiten Etappe seien "nur noch die "harmlosen" Bewohner übriggeblieben, und die sind<br />

etwas verantwortungsvoller (têm mais responsabilidade)", insbesondere im Hinblick auf den<br />

Umgang mit deren Entschädigung. Die Vertriebenen aus der 1. Etappe der Renovierungs-<br />

arbeiten haben sich von dem ausgezahlten Geld vor allem Kokain gekauft, viele auch einen<br />

Fernseher oder andere elektronische Geräte. Auf diese Weise sei das meiste Geld in kurzer<br />

Zeit verschwendet worden. Nur ein paar haben es geschafft, eine andere Bleibe zu finden.<br />

Viele der alten Bewohner seien heute auch nicht mehr <strong>am</strong> leben, da sie sich zuviel Kokain<br />

gekauft und ihren Konsum nicht mehr kontrolliert haben. Der Staat ist seit Beginn des ehr-<br />

geizigen Restaurierungsprojekts im historischen Zentrum allgegenwärtig. Die massive Poli-<br />

zeipräsenz zwang auch die noch übriggebliebenen "Marginalen" zur Anpassung; die all-<br />

tägliche Kriminalität und Gewalt in den engen Gassen der historischen Altstadt verschwand<br />

völlig aus dem Stadtteilleben. Die massive polizeiliche Intervention änderte jedoch nichts an<br />

den staatlichen und gesellschaftlichen Integrationsdefiziten und der d<strong>am</strong>it einhergehenden<br />

Orientierungslosigkeit der übriggebliebenen ("harmlosen") Bewohner. Im Gegenteil, die<br />

unsichere Zukunft, die die meisten der übriggebliebenen Bewohner nach der Vertreibung<br />

44) Vgl. die Ausführungen zur Comunidade do Maciel in Kap. I.B.3.<br />

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