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Altstadtsanierung am "Pelô"

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f) Coronelismo<br />

Coronelismo<br />

Die Grundlage der "Politik der Gouverneure" war das regionale Wahlsystem und der soge-<br />

nannte coronelismo. Der coronel (Oberst) stellte in den Gliedstaaten das Bindeglied zwischen<br />

dem Gouverneur und den Großgrundbesitzern dar. Der coronel besetzte in den Munizipien<br />

der Gliedstaaten die prominenteste Position, er war der "politische Boss" der Munizipien (vgl.<br />

Leal 1977: 2). Der Titel des coronel wurde nicht über den Militärdienst erworben, sondern<br />

es handelte sich um einen Titel der Nationalgarde, einer Bürgerarmee, die 1831 in allen<br />

Munizipien, "to maintain domestic law enforcement and national defense against external<br />

enemies" (Pang 1979: 8), eingerichtet wurde und in der Regel dem mächtigsten und ein-<br />

flußreichsten Mann der Region unterstand. Der Titel des coronel konnte auch ehrenhalber<br />

oder käuflich erworben werden; das Offizierspatent verlor auf diese Weise mit der Zeit<br />

immer mehr an Bedeutung. Der Titel blieb jedoch und wurde auf diejenigen Großgrundbe-<br />

sitzer angewandt, die in einer Region den größten politischen Einfluß, das meiste Vieh, das<br />

meiste Land und die bedeutendsten Handelsunternehmen etc. besaßen (vgl. Germano 1983:<br />

34). Der Titel drückte also vor allem die wirtschaftliche und politische Macht einzelner<br />

Großgrundbesitzer aus und diente als "sozioökonomisches Barometer" lokaler Macht- und<br />

Besitzverhältnisse (vgl. Pang 1979: 11).<br />

In den Munizipien verfügten die Coronéis über die absolute politische Macht, die sie sich<br />

gegenüber Konkurrenten mit Hilfe ihrer sogenannten capangas (Leibgarde/Totschläger)<br />

sicherten oder eroberten. Der Coronel war im wahrsten Sinne des Wortes der absolute "Boss"<br />

der Gemeinden; er "kontrollierte u.a. die Polizei, die Richter, sogar die Priester in seinem<br />

Bezirk. Jeder war auf irgendeine Weise von ihm abhängig. Mit dem Oberst auf gutem Fuß<br />

zu stehen, war ein Gebot der Klugheit" (Germano 1983: 33f.). Die Klientel des coronel<br />

bestand in der Regel aus verschiedenen vilas oder einer ganzen Stadt im Innern des Landes<br />

mit bis zu 50.000 Menschen. Der politische Einfluß des Oberst war dabei nicht allein<br />

Ergebnis seines Reichtums oder der tatkräftigen Unterstützung durch seine Schlägertruppen,<br />

sondern basierte vielmehr auf der Anerkennung seiner Macht durch den Gouverneur des<br />

Staates, der ihm eine Blankovollmacht (carta branca) für alle administrativen und juristi-<br />

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