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Altstadtsanierung am "Pelô"

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208 Die Überzeugung von der politischen Ohnmacht<br />

die in den nicht-renovierten Häusern leben, dabei empfinden, wenn ihnen solche Ungerech-<br />

tigkeit widerfährt. Bira antwortet, das sei nur eine Ungerechtigkeit unter vielen. In einer nicht<br />

endenden Kette von Ungerechtigkeiten sei die einzelne Ungerechtigkeit schnell vergessen.<br />

Die Baianos besitzen nur ein kurzes Gedächtnis ("mente curta") bezüglich dessen, was ihnen<br />

an Üblem widerfährt. Morgen schon passiert die nächste Ungerechtigkeit und die Vertreibung<br />

von gestern ist vergessen. Bira sagt auch, daß die brasilianische Geschichte, angefangen von<br />

der Sklaverei bis zur Gegenwart, für die schwarze Bevölkerung Brasiliens solch eine nicht<br />

endende Kette von Ausbeutung und Unterdrückung sei. Das prägte natürlich das Bewußtsein<br />

(die "consciência").<br />

Auch die Überzeugung von der politischen Ohnmacht des Bürgers gegenüber der Staatsmacht<br />

wird durch die autoritäre Haltung der lokalen Politiker reproduziert, denn das Ignorieren der<br />

Verhältnisse und die Demonstration der Stärke mit autoritären Herrschaftsinstrumenten<br />

bestätigten die im historischen Prozeß gewachsene Erfahrung der lokalen Bevölkerung,<br />

keinen Einfluß auf die Politik zugunsten der eigenen Interessen nehmen zu können. Von<br />

dieser Unbeeinflußbarkeit der politischen Entscheidungsprozesse ist selbst der Präsident der<br />

Bewohnervereinigung überzeugt: Als ich mit Bira die Rua Alfredo Brito runtergehe, frage ich<br />

ihn, ob es denn keine Bewohnervereinigungen in den noch nicht renovierten Häusern auf der<br />

linken Straßenseite gäbe (die rechte Seite ist überwiegend renoviert. Der Kontrast ist hier be-<br />

sonders deutlich). Bira sagt: "Nein, wozu auch? Die werden sowieso alle vertrieben, dagegen<br />

können sie sowieso nichts machen".<br />

(4) Geringe soziale Kohäsion<br />

Der Grad sozialer Kohäsion ist ausschlaggebend für die Bereitschaft Organisationskosten zu<br />

tragen (vgl. Elias und Scotson 1993; Berner 1995a: 103; Nelson 1979). Obgleich die Wohn-<br />

dauer <strong>am</strong> Ort im Durchschnitt mehr als 19 Jahre beträgt, ist der Grad der Kohäsion zwischen<br />

Bewohnern und Nutzern der historischen Altstadt gering. Verständlich wird der geringe<br />

Zus<strong>am</strong>menhalt der Bewohner, wenn man sich an die Qualität der sozialen Beziehungen der<br />

Bevölkerung des Maciel/Pelourinho vor dem Beginn des ehrgeizigen Restaurierungsprojekts

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