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Altstadtsanierung am "Pelô"

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142 Strukturelle Diskriminierung und das Problem der Wahrnehmung<br />

Die These vom "Problem der Wahrnehmung" bzw. von der Überzeugung der Mehrheit der<br />

brasilianischen Bevölkerung, daß phänophobische Vorurteile kein konstitutiver Teil der<br />

brasilianischen Gesellschaft sind, läßt sich anhand der hier vorgestellten Daten m.E. nicht<br />

länger aufrechterhalten. Die neuen demokratischen Freiheiten verändern zunehmend das<br />

Bewußtsein der Bevölkerung hinsichtlich der eigenen Probleme und deren Ursachen. Auch<br />

wenn sich nicht jeder Betroffene wehrt (s.o.), so ist dies heute ganz bestimmt kein Zeichen<br />

dafür, daß das Problem von der Bevölkerung nicht wahrgenommen wird. Im Gegenteil, die<br />

Wahrnehmung wächst unaufhaltbar, und mit diesem Bewußtseinswandel wächst auch die<br />

Bereitschaft zum Widerstand. Die Zunahme schwarzer Organisationen und Initiativen im<br />

ganzen Landen vor dem Hintergrund der Demokratisierung belegen dies. Aber nicht ganz<br />

Brasilien ist "demokratisch". Wenn in den Medien vom "autoritären baianischen Sonder-<br />

weg" 23) gesprochen wird, ist dies ein Hinweis darauf, daß die Beschränkungen der Militär-<br />

diktatur bezüglich einer freien Meinungsäußerung in Bahia zumindest zu einem Teil noch<br />

bestehen. Die repressive Art und Weise, in der die lokalen Politiker die Interessen der<br />

Bewohner, insbesondere in der ersten Phase der Restaurierung ignoriert, und den aufkeimen-<br />

den Widerstand der örtlichen Organisationen gegen die Vertreibung unterdrückt haben, 24)<br />

führte bei vielen von der Diskriminierung Betroffenen offenbar zu der Überzeugung, daß es<br />

sich nicht lohne, sich zu wehren. Diese Auffassung spiegelt sich auch in den Antworten der<br />

qualitativen Interviews wider, bei denen u.a. gefragt wurde, welche Organisationen in<br />

Salvador den Widerstand gegen die Diskriminierung aufgrund phänotypischer Unterschiede<br />

repräsentieren und wie die Bedeutung dieses Widerstands eingeschätzt wird. Zunächst wußten<br />

all diejenigen, die auch an die Existenz phänophobischer Diskriminierungen glauben, ver-<br />

schiedene lokale Organisationen zu nennen, die sich dagegen wehren. Am häufigsten wurde<br />

neben dem Movimento Negro Unificado (MNU) die schwarze Karnevalsvereinigung Olodum<br />

genannt, gefolgt von den Karnevalsvereinigungen Ilê Aiyê, Muzenza und Zumbi. Niemand<br />

wußte allerdings näheres über die politischen Inhalte und Zielsetzungen dieser Gruppen;<br />

bekannt war den Respondenten nur, daß sich deren Arbeit gegen die Diskriminierung auf-<br />

grund phänotypischer Unterschiede richtet. Es war auch niemand von den Befragten in einer<br />

23) Diese Charakterisierung ist jedoch irreführend und entspricht nicht der gesellschaftlichen Realität (vgl. Kap.<br />

III.B.).<br />

24) Vgl. Kap. III.A: 185f.

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